EintopfLeiter hat geschrieben: ↑29.04.2021 12:41
Mir ging es um eine Wertschätzung einer geleisteten Arbeit und das Bedürfnis entsprechend zu entlohnen oder vielleicht sogar darüber hinaus, unabhängig davon, ob das jetzt muss. Andere Mittel haben wir als Käufer ja nicht. Ich kann Deck 13, um beim Beispiel The Surge 2 zu bleiben, ja nicht zum Essen einladen. Ich wollte auch nicht endlos über moralische Empfindungen diskutieren. Es stimmt nämlich, das ist wahrscheinlich ähnlich zielführend, wie eine Diskussion über Pizza oder Schnitzel und was nun besser schmeckt (Schnitzel!).
Mich hat es einfach nur interessiert, wie jemand anderes darüber denkt. Jemand, der (so glaube ich) lieber rabattiert kauft. Aber wenn ich Deinen Text richtig deute, ist das für Dich kein Thema (muss es auch nicht), ich wiederum habe da schon eher mal das Verlangen.
VG
Also das hängt halt sehr stark von individuellen Faktoren ab. Ich kaufe auch oft rabattiert, aber Spiele, auf die ich wirklich sehr heiß bin, kaufe ich auch direkt zum Release. "Sehr heiß" bedeutet nicht, dass ich sehr euphorisch oder gehypet bin, sondern dass ich das Produkt in einem digitalen Store sehe und mir denke: "Das sieht aus, als hätte jemand viel Herzblut reingesteckt, und der Preis ist auch vollkommen in Ordnung in Relation".
Als Beispiel führe ich hier mal Stardew Valley an, was zum Release 13,99 oder 14,99 Euro gekostet hat. War ein Instantkauf gewesen, weil ich das Konzept großartig finde und es optisch auch sehr ansprechend aussah. Als ich es gespielt habe, war mir klar: Das wäre auch locker 20 Euro wert gewesen. Aber bei 25 Euro hätte ich tatsächlich nicht zugeschlagen und erstmal auf einen Rabatt gewartet. Pathologic 2 habe ich damals instant gekauft, weil ich wirklich die Devs unterstützen wollte und weil ich wusste, dass es das inhaltlich anspruchsvollste Spiel des Jahrzehnts werden würde, was ja auch zum Glück eingetreten ist. Aber selbst da habe ich nur 30 Euro bezahlt - für das erste Drittel des Spiels.
Vor einigen Jahren gab es das Spiel "The Witness" oder so, ein Indie-Puzzlegame, was 40 oder 50 Euro zu Release kostete und auch eine Preisdiskussion auslöste, ob ein Indiespiel so viel Geld kosten darf. Das war in meinen Augen die falsche Frage, weil es viel wichtiger war, ob dieses eine Spiel wirklich das Geld wert ist oder nicht. Aber ob ein Spiel wirklich sein Geld wert ist, lässt sich halt pauschal nicht sagen, und da muss man dann zwangsläufig wieder in die wirtschaftliche Ebene gehen: Leuten mit viel Geld jucken Vollpreise nicht, Leute mit wenig Geld dagegen schon.
In meinen Augen ist heute fast kein Spiel, das auf den Markt kommt, 60 Euro oder mehr wert. Warum? Weil ich knauserig bin oder die Arbeit nicht schätze, die dort eingeflossen ist? Weil ich die Entwickler nicht unterstützen will? Nein, weil ich weiß, dass das Produkt, welches ich für 60 Euro erhalte, nicht vollständig ist und noch weitere Monetarisierungsmechanismen enthält in Form von DLCs und Mikrotransaktionen. Anno 1800 z.B. habe ich auch heute noch nicht gekauft und nicht gespielt, eben aus den Gründen, und ich hole es mir höchstens, wenn es wirklich mal ein komplettes Komplettpaket geben sollte. Und das sage ich als jemand, der wirklich Anno liebt und den Aufwand zu schätzen weiß, den Devs reinpacken; und doch sind 200 Euro einfach nicht gerechtfertigt für die vollständige Anno-Erfahrung. Andere sehen das dann wieder anders, was ja auch in Ordnung ist.
Verweise ich nun noch einmal auf die Aussage zu Pathologic 2, für das ich gerne 30 Euro hingeblättert habe, obwohl es nur ein Drittel des eigentlichen Spiels ist (man erlebt eine Geschichte aus der Sicht von 3 Charakteren, aber im bisherigen Teil ist nur einer spielbar, was finanzielle Gründe hatte). D.h. für die vollständige Erfahrung würde ich am Ende 90 Euro hingeblättert haben, für ein Spiel, in das ich weitaus weniger Stunden investieren würde als in ein Anno 1800. Ziemlich widersprüchlich, nicht wahr? Das ist richtig, und ich könnte diesen Widerspruch nicht einmal wirklich erklären, sondern ihn einfach nur hinnehmen. Vielleicht liegt es daran, dass das eine ein Indie-Titel ist und das andere ein Ubisoftspiel, vielleicht liegt es daran, dass Anno einfach so viele Mikro-DLCs rausballert, während man bei Pathologic den Ball flachhält, vielleicht liegt es auch einfach nur an der Experience, die mir ein Pathologic bieten kann, nicht aber ein Anno, welches mir auch eine gute Experience bieten kann, aber auf einem ganz anderen Level.
Es ist also schwer zu begründen, warum jemand rabattiert kauft, da spielen immer individuelle Vorlieben eine Rolle. Aber ich denke, wir können uns auf einen Punkt einigen: Wenn du ein Spiel veröffentlichst, dass sich nicht allzu deutlich von der restlichen Masse abhebt, sowohl thematisch als auch mechanisch, dann solltest du nicht jammern, wenn dein Spiel nur eine geringe Kaufpriorität bei der Kundschaft erhält.