chrische5 hat geschrieben: ↑28.12.2020 00:08
Hallo
Nein. Wenn es um Rechtsfragen geht, ist nicht deine, meine oder gar unsere Meinung interessant, sondern das Urteil eines Gerichtes. Solange das aussteht, ist der Rest zwar deine Meinung, aber eben kaum wichtig. Dass Gerichte immer mal wieder zu anderen Urteilen kommen, als man das vorher dachte, dürfte dir ja auch klar sein. Eventuell haben sie mehr Wissen oder eben eine andere Rechtsaufassung. Du tust hier so, als müsse irgendjemand was beweisen. Du behauptest was und manche sind da skeptisch.
Christoph
Ich habe nie behauptet, mein Standpunkt wäre in einer Form "wichtig", das wären nur die Meinungen der beteiligten Akteure. Dennoch denke ich wohl, behaupten zu dürfen, dass er in einer Diskussion juristischer Natur unter uns Unbeteiliigten fundierter begründet ist, als ein Standpunkt, der keine juristischen Argumente dagegen anführt.
Wie gesagt, Gerichte entscheiden nicht willkürlich, oder nach Zufall, oder sonst unberechenbaren Mysterien, sondern folgen allgemeinen, grundsätzlich auf jeden Einzelfall anwendbaren Regeln, auch was die Auslegung von Äußerungen und die Würdigung von Beweisen angeht.
Die "immer mal wieder anderen Urteile als man vorher dachte" im Sinne von wirklichen Überraschungen sind sehr viel seltener als weithin angenommen wird. Die weit meisten Entscheidungen, die vor allem die erstinstanzlichen Gerichte jeden Tag fällen, sind doch sehr voraussehbar, vorausgesetzt man kennt sowohl die Rechtsgrundlagen als auch die Tatsachenbasis, auf der entschieden wurde. Wirklich unvorhersehbare Fälle sind nur die, wo eine Beweismittel-Pattsituation besteht, bei z.B. zwei gleich glaubwürdigen Zeugen oder eine Rechtsfrage umstritten ist oder gar eine Lücke besteht.
Allerdings ist die Tatsachenbasis, also Wortlaut der Aussagen von CDP (vorausgesetzt es gibt keine abweichende bisher nicht veröffentlichte Kommunikation zwischen den Parteien) hier wohl unbestritten, ebenso der dokumentierte Zustand des Spiels auf Konsolen. Das einzige, was noch "offen" ist, ist, wie die Aussagen von CDP gegenüber den Investoren zu interpretieren sind - eine Rechtsfrage. Die zur Lösung dieser Rechtsfrage dienenden Regeln sind bekannt und auch nicht umstritten -> Es entscheidet der objektive Empfängerhorizont. Deren Unterregeln wiederum auch -> sofern kein Spezialkontext mit beidseitigem Sonderwissen besteht, ist allgemeiner Sprachgebrauch maßgeblich.
Das macht die ganze zwar noch nicht zu 100% sicher, denn eine allerletzte Restunsicherheit besteht immer -> z.B. dass ein Gericht eigenartigerweise ständige Abstürze eines Programms unter "keine Probleme" im allgemeinen Sprachgebrauch subsumieren möchte. Es gibt ja keine verbindliche Tabelle des allgemeinen Sprachgebrauchs mit jeder denkbaren Phrase und deren Bedeutung für jeden Kontext. Aber wir haben aus unzähligen Entscheidungen ähnlicher Art in allen denkbaren Kategorien von Produkten die allgemeine Regel ableiten können, wie entsprechende Formulierungen zu verstehen sind. Dies führt dazu, dass eine abweichende Entscheidung als doch ziemlich unwahrscheinlich gesehen werden kann.
Was eine Klage viel eher "zu Fall" bringen könnte, wären uns bisher noch nicht bekannte Details der Vertragsbeziehungen der Parteien, z.B. besondere Vertragsklauseln, die etwa die Haftung einschränken, oder Ähnliches, oder Probleme beim Nachweis der Kausalität der Aussagen zu einem finanziellen Schaden.
Allerdings alle uns bekannten Punkte der Klage, nämlich
Aussagen, die gegenüber Investoren getätigt worden sind, sowie
der tatsächliche Zustand des Spiels zu Release.
legen eine recht eindeutige Fallkonstellation nahe.
Oder ich habe über die Zeit fundamentale Fehlvorstellungen im Bereich des Common Law entwickelt (meine Ausflug in die anglo-amerikanischen Rechtssysteme ist etwas her) oder aktuelle Änderungen übersehen, sodass meine Annahme der internationalen Entsprechungen im Bereich der Rechtsgeschäftslehre nicht mehr zutrifft. Aber derartige Regeln ändern sich in der Regel nicht so schnell und weichen ohnehin nicht erheblich voneinander ab, weil vertrauensvolle internationale Vertragsbeziehungen privater Akteure sonst kaum möglich wären.