Interessante Diskussion zu der ich auch noch was zu sagen hätte. Mir ist schon des Öfteren aufgefallen, dass selbst sehr kluge Köpfe dazu neigen sich selbst und/oder ihre Erfahrungen auf andere zu übertragen und deshalb zu einer "extremen" Ansicht neigen. Die Menschen sind eindeutig egoistisch, weil... oder, die Menschen sind eindeutig gutmütig, weil... Du bist doch auch nicht auf den Kopf gefallen, also solltest du eigentlich wissen, dass es unmöglich ist über Milliarden Menschen ein pauschales Urteil zu fällen.Schopenhauer hat geschrieben: ↑08.12.2020 13:37Kooperation ist lediglich eine Notwendigkeit und kein Ausdruck von Altruismus. Wenn jeder alles könnte, sei es ein einzelner Staat oder eine einzelne Person, würde er keine Hilfe benötigen und gnadenlos seine Interessen durchzusetzen versuchen.dx1 hat geschrieben: ↑08.12.2020 00:04Falls Aggression und Egoismus unsere normalen Verhaltensweisen sind, in unserer Natur liegen, bleibt mindestens diese Frage:Schopenhauer hat geschrieben: ↑07.12.2020 12:20 …apokalypse …
Da Menschen Gewohnheitstiere sind, würde sie diese Situation früher oder später in ihre alten destruktiven und egoistischen Verhaltensweisen zurückfallen lassen. Das liegt in der Natur des Menschen.
Wie konnte sich Kooperation als Erfolgsmodell durchsetzen?
Von "Jägern und Sammlern" zur ersten Gesellschaft mit Arbeitsteilung: Jäger und Sammler. Darin hat jemand, der vielleicht kein Jäger war, mehr Zeit und Geschick gehabt, um bessere Jagdwaffen herzustellen. Weniger als zwei Millionen Jahre später ist ein Großteil der Menschheit glückliches Rädchen in gleich mehreren abstrakten Getrieben mit Bezeichnungen wie Staat, Unternehmen oder Markt (z.B. für Videospiele) als Bürger, Produktionsfaktor-zur-Verfügung-Steller (alias Arbeitnehmer) und Konsument. Jeder ist ersetzbar.
Und wenn wegen eines lokalen Hochwassers oder Stromausfalls in nur einer Fabrik irgendwo auf dem Planeten weltweit Festplatten (Thailand, November 2011) oder Speicherbausteine (Taiwan, Dezember 2020) teurer werden, bricht nicht gleich Krieg aus, obwohl die Globalisierung (Kooperation) so viele Menschen betrifft und Einkommen sowie Ausgaben, am Ende Lebensqualität bedeuten, weil sie von der Verfügbarkeit von und damit den Preisen für Arbeit, Rohstoffe, Vorprodukte und Waren abhängen.
Der absichtlich falsch ausgelegte Darwin (survival of the fittest) erlitt u.a. 1945 eine Niederlage. Die Entmenschlichung des Gegners ist nicht einfach so fester Bestandteil aller Konflikte, die Abstrakt sind, also über die persönliche Wahrnehmung hinaus gehen. Wer würde denn wirklich wegen eines knurrenden Magens einem Fremden im Wald, der Nachbarin auf der anderen Straßenseite oder dem eigenen Bruder den Schädel einschlagen? Die Geschichtsbücher sind voll von Schiffbrüchigen, die viel zu spät zu Kannibalismus übergegangen sind, kein Fett mehr aus den Getöteten aufnehmen konnten und sich darum doch nicht mehr retten konnten. Und auch erfolgreicher Kannibalismus betrifft nur Kleinstgruppen in extremen Situationen. Gefängnisausbruch einer reinen Männergruppe in kargem Gelände – egal, wie viele Überlebende es gibt, Fortpflanzung ausgeschlossen.
Ich empfehle, über altruistische und egoistische Gene zu lesen und zu extrapolieren.
Es besteht eine Interdependenz zwischen Staaten und zwischen Menschen, um die Effizienz zu erhöhen und den Frieden zu sichern. Letzteres wird jedoch von Menschen bedroht, deren Interessen über die bloße Rohstoffgewinnung oder profane Bedürfnisse hinausgehen: Überzeugungen. Die Menschen sind die einzigen Lebewesen, die sich aus irgendwelchen Überzeugungen heraus mit tödlicher Gewalt bekämpfen, nicht weil es überlebenswichtig wäre, sondern aus Prinzip.
Ursachen des 2. Weltkriegs: Rassenhass/-wahn, Megalomanie (Bestrebung, die Welt zu beherrschen).
Ursachen für Anschläge und Kriege: religiöser Fanatismus, geostrategische Erwägungen.
Ursachen für Mord: Eifersucht, Hass, Habgier, Verschleierung einer Vergewaltigung, allgemein niedere Beweggründe.
Fast alle von mir aufgezählten Motive für Kriege und Morde haben eine Sache gemein: das (kränkbare) Ego des Menschen.
Wenn man sich nun vorstellt, dass nach einer Apokalypse eine neue Weltordnung entstehen soll, dauert es gar nicht so lange, bis die ersten Konfliktherde entstehen. Nehmen wir mal an, eine sehr große Gruppe von Menschen schickt sich nach der Apokalypse an, eine demokratisch geformte Gesellschaft zu gründen. Es wird Gegenstimmen geben, die versuchen werden, das zu unterbinden. Sie werden sagen, dass diese Staatsform nichts gebracht habe, Menschen bräuchten eine harte Hand. Und schon haben wir den ersten Konflikt der neuen Weltordnung, basierend auf politischen Überzeugungen. Eine weitere Gruppe tritt in Erscheinung. Diese ist bibeltreu und sieht die Apokalypse als untrügliches Zeichen Gottes, dass wir unseren Unglauben ablegen und einen Gottesstaat gründen müssen, der sich strikt nach der Bibel richtet. Somit tritt eine weitere Gruppe auf den Plan: religiöse Fanatiker, die Konflikte aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen austragen.
Wie Menschen so sind, werden sich um jede Gruppe genügend Überzeugte scharen. Zunächst wird heftig diskutiert, alte und längst im Schutt der Apokalypse begraben geglaubte Konflikte flammen erneut auf und treiben die Gemeinde in blutige Auseinandersetzungen. Denn in einer Welt, in der es kein Regulativ wie den Staat und die Polizei gibt, fällt der Griff zu den Waffen wesentlich leichter. Die Verlierer geben auf, ziehen sich aus dem Gebiet zurück und gründen ihre eigenen Gemeinschaften, die allmählich zu Staaten heranwachsen und ihre Nachbarn argwöhnisch beäugen. Im Grunde beginnt wieder alles von vorne: History repeats itself – und warum? Wegen der menschlichen Natur.
Weiß du, was an dem Menschen wirklich so besonders ist? Seine Ambivalenz. Es gibt Menschen, die würden ohne mit der Wimper zu zucken einem "Feind" den Kopf abschlagen und seine Frau vergewaltigen. Das ist die traurige Realität, aber genauso gibt es Menschen, die sich für die betroffene Person einsetzen würden.
PS: Weil vorhin jemand "Religion" erwähnte nehme ich mal Jesus von Nazareth als Beispiel. Ein Mann, der pausenlos von Nächstenliebe und Gemeinschaft predigte. Er hätte sogar sein letztes Hemd an einen armen Bettler verschenkt, wenn es nötig gewesen wäre und eben dieser Mann wurde eiskalt gekreuzigt. Opfer und Täter waren beides Menschen. Der eine würde alles für seine Anhänger tun und der andere hat kein Problem damit seine Freunde zu verraten.
PPS: Noch ein Beispiel: In den Medien und auch im Unterricht wird es häufig so dargestellt als hätten die Nationalsozialisten ohne jeglichen Widerstand, die Weimarer Republik in eine Diktatur umgewandelt, da die Menschen ja dermaßen egoistisch und Gewaltverherrlichend waren, dass diese Entwicklung ein reiner Selbstläufer und damit unaufhaltbar war, aber das entspricht ebenfalls nicht der Wahrheit. In den Reichstagswahlen 1932 bekam die NSDAP lediglich 33%. In der darauffolgenden Reichstagswahl 1933 bekam sie zwar 43%, aber die Wahlen vom 5. März 1933 fanden bereits im Schatten der beginnenden Diktatur statt.
Obwohl es schrecklich war/ist, dass über 40% tatsächlich bereit waren einen wahnsinnigen Diktator zu wählen bedeutet das oben genannte Ergebnis im Umkehrschluss, dass selbst zu einem Zeitpunkt, an dem bereits marodierende SA-Banden durch die Straßen zogen und wahllos Menschen verprügelten, über 50% der Wahlberechtigten gegen die NSDAP stimmten. Auch hier haben wir wieder diese Ambivalenz von der ich vorhin sprach oder ganz einfach ausgedrückt. Es gibt gute Menschen, es gibt böse Menschen und es gibt sehr viele, die sich zwischen den beiden Extremen befinden. Daher ist es unmöglich ein pauschales Urteil über die Menschheit an sich zu treffen. Ob dieses Urteil nun Positiv oder Negativ ausfällt ist völlig nebensächlich.