Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

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Skabus
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von Skabus »

Alter Sack hat geschrieben:Aber sein Fokus hauptsächlich auf das spielerische zu legen zeigt mir das er irgendwo stecken geblieben ist.
Worauf basiert denn deine These, dass der filmische Ansatz "modern" ist und Warren Spectors Ansatz "steckengeblieben" ist?

Das erscheint mir nicht wirklich logisch.

MfG Ska
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casanoffi
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von casanoffi »

Alter Sack hat geschrieben:Ich zitiere:
"Interaktive Filme und Titel wie Uncharted, The Walking Dead und Heavy Rain holten einfach nicht genug aus den Möglichkeiten des Mediums Videospiel heraus. Die Möglichkeit, sich als Spieler in der Handlung einzubringen und auszudrücken, fehle weitgehend."

Seine weitere Begründung ist die mangelnde Interaktion. Das ist nach meiner Meinung sein Denkfehler. Wenn ich mir allein Heavy Rain und TWD anschaue hab ich da trotz "mangelnder" Interaktion mehr das Gefühl gehabt mich dort einzubringen als bei Deus Ex (was eines seiner positiven Beispiele war).
Das sehe ich anders. In Deus Ex habe habe ich sehr schnell bei jeder noch so unwichtig erscheinenden Unterhaltung genau aufgepasst, worum es geht und was mein Gesprächspartner wirklich gesagt hat - eben weil ich durch mein Verhalten und meine Antworten den Spielverlauf dirigieren durfte und konnte, ja sogar musste.
Und dieses Dirigieren beschränkte sich eben nicht allein darauf, ob ich nun A oder B drücke, ob jemand stirbt oder nicht und es danach halt einfach weitergeht.
In Deus Ex musste man sich tatsächlich in das Gespräch mit seinem Gegenüber hineindenken und sehr klug darauf achten, wie der Gesprächspartner reagieren könnte.

Heavy Rain und The Walking Dead haben mich sogar sehr gut unterhalten - aber hier genoß ich bei weitem nicht die gleiche Entscheidungsfreiheit bzw. die gleiche Macht als Regisseur des Spielverlaufs wie in Deus Ex. Und deshalb kann ich mich auch sowohl bei Heavy Rain als auch bei The Walking Dead eigentlich kaum noch daran erinnern, was im großen und ganzen eigentlich alles geschehen ist. Bei Deus Ex brauchst Du mir nur eine einzige Szene zeigen und ich kann Dir genau sagen, wie damals das gesamte Gespräch verlaufen ist und mit welchen Mittel ich meinen Willen durchsetzen konnte...


Ich gebe Herrn Spector absolut Recht - selbst gute Vertreter wie Heavy Rain oder The Walking Dead holen immer noch viel zu wenig aus ihrem Medium heraus. Und ich denke nicht, dass es ihm hier um einen völlig unvoraussehbaren Verlauf oder gar Ende eines Spiels geht. Das ist logischerweise überhaupt nicht möglich...

Rooster hat geschrieben:schön dass so eine aussage ausgerechnet von spector kommt der in den letzten 15 jahren einfach gar nichts in der spielebranche gerissen hat... :roll:.
Deshalb hat er aber nicht Unrecht.
Und wenn es nur darum ginge, dann dürften wir Konsumenten überhaupt gar nichts kritisieren...
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Lord Hesketh-Fortescue
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von Lord Hesketh-Fortescue »

Ach, im Großen und Ganzen ist ihm da schon beizupflichten. Ob er sich mit dieser (notwendigerweise willkürlich starr wirkenden) 3er-Kategorisierung und seiner hundeartigen Revierverteidigung („Verzieht euch aus meinem Medium, wau wau!“ ) angesichts der ungemein verzweigten Spielebandbreite einen Gefallen tut, sei mal dahingestellt. Aber die Grundforderung, lineare Spiele auf der Gameplayebene in einer Weise stärker für die Autonomie des Spielers zu öffnen, dass diese Ebene - quasi automatisch und ohne losgelöstes Regie-Skript - auch zur erzählerischen wird bzw. mit dieser verschmilzt, kann ich schon teilen.

Ein schönes modernes Beispiel, das er nennt, ist auch für mich Dishonored. Obwohl simpler und daher genau genommen eigentlich ein Long-Term-Regress, habe ich mich als Spieler sofort an die großen Titel der 2000er Ära erinnert gefühlt. Denn ICH kann als Spieler unter unzähligen Vorgehensweisen die für mich passende auswählen, ich kann mit dem Level und meinen Möglichkeiten aktiv spielen, und erliege dadurch der so gewollten Illusion, MEINE individuelle Geschichte jenseits der Makro-Story zu schreiben. Man merkt solchen Spielen auch an, dass die Entwickler diese appellative Einladung an den Spieler auch genau so aussprechen wollten. Das Leveldesign als Einladungskarte. Und all das tun sie, ohne sich in einer Sandbox-Beliebigkeit zu verlieren, die das auf Kosten der erzählerischen (und nicht selten damit auch spielerischen) Dichte natürlich mit einer ähnlichen Freiheits-Illusion hinbekäme, sofern die nötigen Tools dem Spieler vor die Füße geworfen werden (auch in FarCry4 kann ich ja ein Lager locker auf 10 und mehr völlig verschiedene Weisen leerräumen!).

Und dieser Drive, dieser spürbar herausfordernde Appell an den Spieler, sich zu entscheiden, rumzuprobieren, auszuloten etc., fehlt in vielen grundsätzlich linearen Story-Spielen schon in auffälliger Weise these days. Dafür geleiten und schleusen, bisweilen hetzen, treiben und korsettieren sie den Spieler zu stark. Und dieser schlichte Befund macht ein Heavy Rain oder ein Uncharted im Übrigen ja auch keinen Deut schlechter, zeigt aber auf, was hierdurch an spielerischen Bedürfnissen eben nicht mehr abgedeckt werden kann.

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Das Miez
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von Das Miez »

Kajetan hat geschrieben:Was Deine Vorstellung eines dichten, sich wie ein Fraktal entfaltendes Handlungsknäuels, je nachdem, welche Entscheidungen man trifft, angeht, so liegt die Realisierung solcher Konzepte nicht in einer unerreichbaren, idealen Welt. Denn was die einen schon als Untergang der schreibenden Kunst bezeichnen, kann auch neue Pfade in Bereiche öffnen, die heute noch als kaum begehbar erscheinen.

Ich rede von Sprachalgorithmen, wo kein organisches Gehirn Worte zu Sätze zu Textblöcken zu Romanen zusammenfügt, sondern ein Programm nach vorgebenen Kriterien Erzählstrukturen mit automatisch generierten Inhalten füllt. Triebfeder dieser Entwicklung ist die Peitsche der Kosteneinsparung, die in zehn(?), zwanzig (?) Jahren alle vor sich hin treiben wird, die heute noch mit dem Verfassen strukturierter Texte ihre Brötchen verdienen. Werber, technische Redakteure, Nachrichtenschreiber, Drehbuchautoren für Telenovelas usw. usf. könnten in ein, zwei Dekaden teilweise oder vollständig durch "Kreativ"-Programme ersetzt werden, die strikte, formale Texte erstellen oder immer wiederkehrende Handlungsmuster und Klischees leicht abwandeln.

Solche Programme können dabei helfen die von Dir vorgeschlagenen Welten zu erschaffen. Du gibt Deine Parameter ein, eine bestimmte Handlungskomplexität, Größe der Welt, Dichte der sozialen Interaktionen, Art der sozialen Interaktionen und die Software erstellt dann automatisch Inhalte und verknüpft diese miteinander. Zusammen mit Texturgeneratoren, Modellgeneratoren und anderen Tools zur automatischen oder halbautomatischen Erstellung von Bild, Animation und Ton können diese Inhalte in 3D-Welten übertragen werden. Diese Konzepte gibt es bereits, daran wird überall auf der Welt geforscht. Ob diese automatisch generierten Inhalte dann auch was taugen, inwieweit man händisch "nachjustieren" muss, ist natürlich eine ganz andere Frage, aber solche Tools können bei der Erstellung solcher Welten enorm helfen.
Hört sich irgendwo zwischen extrem innovativ-interessant (Technik/Evolution) und erschreckend (kapitalistischer Arbeiter-/Künstlerverschleiss) zugleich an. Endzeitstimmung - bin dabei, vor allem, wenn die Zeitprognose +/- zutrifft. Ansonsten hoffe ich bald auf gute Kryosysteme. :)
Lebensplanung...ähm...Spaß beiseite. Gut konzipiert und programmiert, wäre das schon ein verdammt mächtiges Toolkompendium (das irgendwann später als erwerbbarer Editor zwangsläufig (?) auch Endkunden erreicht).
"Computer, ich hätte gerne eine offene Welt, in der [...]"
computing...computing...computing...
"Genau so, danke!"
Und dann so in der virtuellen Uni: "Ey, hast du den armen Schlucker getroffen? Der schreibt seine Stories, erstellt seine Diagramme und malt seine Pics noch alleine PER HAND. Oh, Mann..."

Um nochmal auf mein angesprochenes Konzept des "mitten-im-Spiel-zufrieden-Seins" zurückzukommen...gibt's (bis) gegenwärtig so etwas in der Art? :Kratz: Vielleicht Minecraft, klar...aber so im tendenziell unter dem Deckmantel eines Settings bzw. einer "groben", übergeordneten Story stattfindenden Spiels? Hmmm...
Dürfte auch die wenigsten Gamer zufriedenstellen, nicht das theoretisch bestmögliche Endergebnis zu erzielen (storymäßig, nicht im Sinne von: hab's auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad durch). Da hängen halt zu viele Faktoren dran: "Hab das Spiel doch (teuer) gekauft!" - "Die anderen haben es auch geschafft!" - "Halb durch erfüllt mich nicht!" Wäre sonst eine nette Parabel aufs Leben: Man kann nicht alles haben. Um jetzt nicht wieder die Weissagung der Cree auszupacken...machen wir's mal etwas gelassener (= weniger dramatisch) und lyrischer.
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Steffensteffen
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von Steffensteffen »

Vielleicht ein wenig überspitzt, aber im Kern richtig. Die prominentesten Videospiele der heutigen Zeit sind der stagnierede Teil des Mediums. Innovation kommt fast ausschließlich von kleineren Entwicklerstudios (nicht zwangsläufig Indies). Das wiederum ist größtenteils den finanziellen Realitäten des Videospielmarktes geschuldet. Intelligentes Design findet sich bei großen Titeln meist nur darin wieder, wie man das Produkt und dazugehörige Folgeprodukte möglichst effektiv vermarkten kann. Season Pass, DLCs etc. lassen grüßen.
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mr archer
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von mr archer »

Lord Hesketh-Fortescue hat geschrieben: Man merkt solchen Spielen auch an, dass die Entwickler diese appellative Einladung an den Spieler auch genau so aussprechen wollten. Das Leveldesign als Einladungskarte. Und all das tun sie, ohne sich in einer Sandbox-Beliebigkeit zu verlieren, die das auf Kosten der erzählerischen (und nicht selten damit auch spielerischen) Dichte natürlich mit einer ähnlichen Freiheits-Illusion hinbekäme, sofern die nötigen Tools dem Spieler vor die Füße geworfen werden (auch in FarCry4 kann ich ja ein Lager locker auf 10 und mehr völlig verschiedene Weisen leerräumen!).
Danke! Gut zusammengefasst.
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Kajetan
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von Kajetan »

The Antagonist hat geschrieben: Hört sich irgendwo zwischen extrem innovativ-interessant (Technik/Evolution) und erschreckend (kapitalistischer Arbeiter-/Künstlerverschleiss) zugleich an. Endzeitstimmung - bin dabei, vor allem, wenn die Zeitprognose +/- zutrifft. Ansonsten hoffe ich bald auf gute Kryosysteme. :)
Alles, was eine Chance ist, ist auch ein Risiko. Und umgekehrt. Sorglos die Rosinen rauspicken is nicht. Abgesehen davon ist Veränderung eh die einzige Konstante im menschlichen Universum :)
Um nochmal auf mein angesprochenes Konzept des "mitten-im-Spiel-zufrieden-Seins" zurückzukommen...gibt's (bis) gegenwärtig so etwas in der Art? :Kratz: Vielleicht Minecraft, klar...aber so im tendenziell unter dem Deckmantel eines Settings bzw. einer "groben", übergeordneten Story stattfindenden Spiels? Hmmm...
Spontan ist mir vorhin "Dwarf Fortress" eingefallen. Das hat zwar keinen Storymodus, aber ich meine mitbekommen zu haben, dass die Zwerge, deren Generationen man durch Freud und Leid führt, offenbar die Fähigkeit bekommen sollen Grafitti in Textform zu hinterlassen. So ähnlich wie "Kilroy was here!". Der Spieler soll dann später mit diesen Text-Grafitti sich besser vorstellen können, wie seine Bevölkerung gelebt hat, soll die Zwerge aus ihrem ASCII-Dasein holen und sie lebendiger machen. Auch sonst soll sich das Spiel einer ziemlich hohen Unvorhersagbarkeit erfreuen.
Dürfte auch die wenigsten Gamer zufriedenstellen, nicht das theoretisch bestmögliche Endergebnis zu erzielen (storymäßig, nicht im Sinne von: hab's auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad durch). Da hängen halt zu viele Faktoren dran: "Hab das Spiel doch (teuer) gekauft!" - "Die anderen haben es auch geschafft!" - "Halb durch erfüllt mich nicht!" Wäre sonst eine nette Parabel aufs Leben: Man kann nicht alles haben.
Ein Spiel nach der Devise: Der Weg ist das Ziel! Schau mer mal, was die Zukunft noch bringt. Denn je mehr sich die Erstellung von Inhalten wie z.B. Videospielen von kommerziellen Zwängen lösen kann, umso zahlreicher kann experimentiert werden. Irgendwer wird dann herausfinden, wie man packende, mitreissende Geschichten "individualisieren" kann. Stelle mir dann vor, dass man solche individuellen Erzählstränge abpeichern können wird, um sie anderen zur Verfügung zu stellen: "Schaut her, wie mir in XYZ ergangen ist!". Zum selber Nachspielen! Und natürlich mit der Möglichkeit diesen Erzählstrang abzuändern, wenn man sich an einem Punkt einfach anders entscheiden möchte.
Um jetzt nicht wieder die Weissagung der Cree auszupacken...machen wir's mal etwas gelassener (= weniger dramatisch) und lyrischer.
Jahaaa, Kurti ist immer wieder gut.
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sphinx2k
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von sphinx2k »

Im Film gibt es diesen schönen Satz "Show don't tell". Also im Endeffekt nicht eine Szene wo jemand was erzählt "Ja das war so und so" sondern das eben als Szene zeigen was passiert ist. Dafür ist es eben ein Film und kein Hörspiel.

Ich denke so kann man das hier auch übertragen. Lass es den Spieler selbst erleben und nicht nur Passiv (pseudo Passiv mit QTE) zuschauen.

Kann man in beiden Fällen machen ohne das das Endprodukt automatisch Müll ist. Trotzdem zeigt es eben das man das Medium verstanden hat wenn man es richtig nutzt.
Shevy-C hat geschrieben: Und sollte das deiner Ansicht nach noch nicht kreativ sein, was ist es denn dann? Was ist denn ein innovatives Gamedesign? Ich lese ständig und seit Jahren nur den Wunsch nach Kreativität und Innovation, aber ohne ein argumentativ erbrachtes Beispiel, das nicht von vor 20-30 Jahren stammt, als ein Spiel wie Outrun kreativ war.
Es geht gar nicht um Kreativ oder Innovativ bei der Aussage.
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mr archer
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von mr archer »

Kajetan hat geschrieben: Ein Spiel nach der Devise: Der Weg ist das Ziel!
Ich sage nur: Tale of Tales. Beinahe jedes ihrer Spiele lässt (oder besser: ließ) sich unter diesem Motto zusammenfassen. Schaut euch mal "The endless forest" an.
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Skabus
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von Skabus »

sphinx2k hat geschrieben:Aber die ganze Künstliche Intelligenz in Spielen Geschichte ist irgendwie absolut eingeschlafen die letzten Jahre. So wirklich was bahnbrechend neues gab es ewig nicht mehr.
Das ist aus meiner Sicht genau der Punkt. Hier wird immer wieder die technische Entwicklung auf diesen Gebieten als "unmöglich" deklariert, weil irgendwer vor 60 Jahren mal gesagt hat, dass KI-Technologie nicht funktionieren wird und es heute viel zu oft wiederholt wird.

Es gibt noch mehr am Horizont und man sollte nicht den Fehler machen nur alte Pfade zu betreten(Filme) sondern auch produktiv in die Zukunft zu schauen und sich zu überlegen: Wie kann man bessere, spannendere und vor allem mediumspezifische Lösungen finden, die am Ende die Spielebranche berreichern wird.
4P|IEP hat geschrieben:Erinnert ihr euch noch an diese Abenteuer-Bücher von damals, wo man je nach Entscheidung auf eine bestimmte Seite blättern musste? Für mich sind das auch Spiele, obwohl man quasi wie auf Schienen durch das Buch gefahren wird.
Aua. Ganz schlechtes Beispiel. Du weißt schon, dass solche Entscheidungen in so einem Abenteuerbuch weit mehr Konsequenzen hatte, als die Mini-Konsequenzen in einem TellTale-Abenteuer? Das ist ja wieder der Punkt. Text ist billig produziert und absolut modular anlegbar.

Aber wir haben ja 2015. Da darf man niemanden mehr mit zu viel Text langweiligen und es muss halt alles vertont sein und halt auch voll inszeniert, mit AAA-Grafik. Und das dann halt Spiele rauskommen, denen es absolut an Interaktivität mangelt und wo man sich denkt, dass die Alibiknöpfchendrückerei, aus dem interaktiven Film im Grunde auch nicht wirklich ein Spiel machen.
Prof_Dr_Faust hat geschrieben:Du gehst hingegen davon aus, dass Spiele mit weniger Gameplay unwürdig für das Medium sind, weshalb du es auch nicht als Zusatz zum Vorhandenen ansiehst, sondern als einen Zweig, der in die falsche Richtung abgebogen ist.
Nein. Aus meiner Sicht ist deine Analogie falsch. Generell würde ich dir zustimmen. Aber du vergisst einen wichtigen Punkt! Ich gehe mit dir absolut konform, dass nicht nur das Perfektionieren einer bestimmten Fähigkeit einen Fortschritt darstellt, sondern natürlich auch das Erlernen neuer Fähigkeiten. Das ist natürlich per se die Definition von Fortschritt.

Was passiert jetzt aber, wenn bestimmte Fähigkeiten komplett vernachlässigt werden? Sodass eben nur noch die jüngst neu erlernte Fähigkeit weiterverfolgt wird.

Darum kann ich auch die These von "Alter Sack" nicht nachvollziehen. Er geht davon aus, dass das vernachlässigen einer wichigen Grundlage für Videospiele(Gameplay) "modern" sei, wärend das Festhalten an selbiger "altbacken" ist oder "hängengeblieben".

Filmische Spiele haben ihre Berechtigung. Wenn sie aber die anderen Richtungen und Strömungen z.T. oder vollständig ersetzen, dann ist deine Analogie wie gesagt fehlerhaft. Denn in diesem Fall verkümmert die "alte" Fähigkeit zu Gunsten einer Neuen. Natürlich ist auch das in gewisser Weise Fortschritt. Aber ein negativer, aus Warren Spectors Sicht, ebenso aus meiner Sicht.

Man darf gewisse Kerndisziplinen nicht einfach fallenlassen. Innovatives Gameplay wurde aber von der AAA-Branche schon lange fallen gelassen und durch einfaches, lineares, kaum anspruchsvolles Gameplay ersetzt. Es fand also sicher eine Erweiterung der Vielfalt statt, aber im selben Atemzug hat man dafür das Gameplay vernachlässigt. Das ist der Knackpunkt aus meiner Sicht.

MfG Ska
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sphinx2k
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von sphinx2k »

Kajetan hat geschrieben:
The Antagonist hat geschrieben:
Dürfte auch die wenigsten Gamer zufriedenstellen, nicht das theoretisch bestmögliche Endergebnis zu erzielen (storymäßig, nicht im Sinne von: hab's auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad durch). Da hängen halt zu viele Faktoren dran: "Hab das Spiel doch (teuer) gekauft!" - "Die anderen haben es auch geschafft!" - "Halb durch erfüllt mich nicht!" Wäre sonst eine nette Parabel aufs Leben: Man kann nicht alles haben.
Ein Spiel nach der Devise: Der Weg ist das Ziel! Schau mer mal, was die Zukunft noch bringt. Denn je mehr sich die Erstellung von Inhalten wie z.B. Videospielen von kommerziellen Zwängen lösen kann, umso zahlreicher kann experimentiert werden. Irgendwer wird dann herausfinden, wie man packende, mitreissende Geschichten "individualisieren" kann. Stelle mir dann vor, dass man solche individuellen Erzählstränge abpeichern können wird, um sie anderen zur Verfügung zu stellen: "Schaut her, wie mir in XYZ ergangen ist!". Zum selber Nachspielen! Und natürlich mit der Möglichkeit diesen Erzählstrang abzuändern, wenn man sich an einem Punkt einfach anders entscheiden möchte.
Es gibt ja dieses Beispiel von Let's Playern oder Streamern. Die von einem Teil ihrer Zuschauer gesagt bekommen "Du Spielst falsch, weil du nicht die optimale Option gewählt hast". Das es in einem RPG der Weg das Ziel ist, ist vielen gar nicht klar.

Ein Spiel wo man auch mal verlieren kann ohne ein Game over zu sehen hätte generell etwas. Ja man hat an Punkt X versagt die Welt ist dadurch ein schlechterer Ort geworden. Aber man kann versuchen damit klar zu kommen und versuchen doch noch alles zu retten. Shadow of Mordor hat das mit dem Nemesis System zumindest angeschnitten.

Noch nicht selbst gespielt, aber Undertale soll ja über das einzelne Spiel hinweg persistent sein, heißt ein NPC weiß das er im letzten Spieldurchgang getötet wurde, oder ist gar nicht vorhanden weil er ja tot ist. Glaub sogar die dem Spiel beiliegende digitale Anleitung ändert sich je nach im Spiel getroffener Entscheidung.
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Das Miez
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von Das Miez »

Kajetan hat geschrieben:Spontan ist mir vorhin "Dwarf Fortress" eingefallen. Das hat zwar keinen Storymodus, aber ich meine mitbekommen zu haben, dass die Zwerge, deren Generationen man durch Freud und Leid führt, offenbar die Fähigkeit bekommen sollen Grafitti in Textform zu hinterlassen. So ähnlich wie "Kilroy was here!". Der Spieler soll dann später mit diesen Text-Grafitti sich besser vorstellen können, wie seine Bevölkerung gelebt hat, soll die Zwerge aus ihrem ASCII-Dasein holen und sie lebendiger machen. Auch sonst soll sich das Spiel einer ziemlich hohen Unvorhersagbarkeit erfreuen.
Dwarf Fortress, Dwarf Fortress...da musste man doch vor einigen Jahren eine Rezension schreiben, wenn man die Bewerbung für die Trainee-Stelle bei 4P haben wollte, oder? ;) Muss das nochmal richtig angehen, danke für die Erinnerung!
mr archer hat geschrieben:
Kajetan hat geschrieben: Ein Spiel nach der Devise: Der Weg ist das Ziel!
Ich sage nur: Tale of Tales. Beinahe jedes ihrer Spiele lässt (oder besser: ließ) sich unter diesem Motto zusammenfassen. Schaut euch mal "The endless forest" an.
Womöglich passen Spiele dieser Art zur Diskussion von vorhin: Endless-Game + Social Media-Aspekt + kein übergeordnetes Ziel, nur kleinere Zwischenziele. DayZ könnte hier auch reinpassen...
sphinx2k hat geschrieben:Es gibt ja dieses Beispiel von Let's Playern oder Streamern. Die von einem Teil ihrer Zuschauer gesagt bekommen "Du Spielst falsch, weil du nicht die Optimale Option gewählt hast". Das es in einem RPG der Weg das Ziel ist, ist vielen gar nicht klar.

Ein Spiel wo man auch mal verlieren kann ohne ein Game over zu sehen hätte generell etwas. Ja man hat an Punkt X versagt die Welt ist dadurch ein schlechterer Ort geworden. Aber man kann versuchen damit klar zu kommen und versuchen doch noch alles zu retten. Shadow of Mordor hat das mit dem Nemesis System zumindest angeschnitten.

Noch nicht selbst gespielt, aber Undertale soll ja über das einzelne Spiel hinweg persistent sein, heißt ein NPC weiß das er im letzten Spieldurchgang getötet wurde, oder ist gar nicht vorhanden weil er ja tot ist. Glaub sogar die dem Spiel beiliegende Digitale Anleitung ändert sich je nach im Spiel getroffener Entscheidung.
Auf so etwas hätte ich mittlerweile richtig Bock; zumal die Luft in den letzten Monaten/Jahren doch etwas raus ist.
"Ironman" + Häufige automatische Saves bei XCOM haben da ganz gut getan, wenn man gezwungen wird, mit unliebsamen Konsequenzen zu leben (ich sag mir sonst bei jedem - Genrewechsel - RPG zu Beginn: Ein Savegame, finale Konsequenzen. Dann: Erster Dialog dämlich gelaufen, erste Quest vergeigt: Neustart. Argh!^^).

Hmm, vielleicht ist ja auch so eine Art "Projektion des/eines Lebens" die Antwort für so ein noch zu entwickelndes Spiel - im optionalen (?) Austausch mit anderen weltweit. Am Anfang sagt man dann, was man sich als Ziel setzt und versucht anschließend, dieses alleine...gemeinsam mit anderen...? zu erreichen. Ende, Statistik, Vergleich mit anderen, sharen, Neustart unter neuer Prämisse...

Ach ja - Far Cry 3 hatte ich nach rund zwei Stunden durch. War einfach froh, Vaas überlebt zu haben und wollte kein Held werden, auch wenn Rodgers es einem ständig einredete. :lol:
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Kajetan
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von Kajetan »

sphinx2k hat geschrieben:Ein Spiel wo man auch mal verlieren kann ohne ein Game over zu sehen hätte generell etwas. Ja man hat an Punkt X versagt die Welt ist dadurch ein schlechterer Ort geworden. Aber man kann versuchen damit klar zu kommen und versuchen doch noch alles zu retten. Shadow of Mordor hat das mit dem Nemesis System zumindest angeschnitten.
WIng Commander. Schlappe 25 Jahre alt. Durch schlecht geflogene Missionen verliert man strategische Positionen, man muss ein System räumen, es droht der ganze Sektor an die Kilrathi zu fallen. Dann werde ich besser, weil Übung macht den Meister. Missionen werden härter, weil die Kilrathi auf Grund ihrer Siege stärker werden und "unsere Jungs" mit starken Verlusten zu kämpfen haben, doch ich kann nochmal das Ruder rumreissen. Der Vega-Sektor ist gesichert, der finale Bombing Run kann stattfinden. Vor 25 Jahren.

Oder Darklands. 1992. Openworldiger geht es nicht mehr. Es gibt in Darklands keinen zentralen Plot. Ich ziehe los und bekämpfe das Übel in der Welt. Nehme kleinere Aufträge an. Ein Monster hier. Ein böser Fürst dort. Banditen müssen der Gerechtigkeit zugeführt werden. Bis ich eines Tages genug habe und mich mit meinen Kumpels zur Ruhe setze. Und meinen angesammelten Ruhm bewundere. Arg viel weiter sind heutige Openworld-Spiele auch nicht. 23 Jahre ungenutzt verstrichen.
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von Das Miez »

Andere Stoßrichtungen, aber auch innovativ (und altbekannt):

- Homeworld (One-Savegame-Run) [kam bis zur letzten Mission und ich schwöre nach zig Versuchen, dass mir exakt ein größeres Schlachtschiff aus der vorigen Mission für den ersten Ansturm fehlte^^]
- Earth 2150: Flucht von der Erde gegen ein (bei guter Spielweise) recht gütiges Zeitlimit. Ab und an freie Missionsverzeigungen/-wahlen, optionales Weitersuchen nach Ressourcen...Rushen, um nochmal mehr Ressourcen fürs Großprojekt abzugraben...

(hier ging es prinzipiell um Spiele mit langfristigen Unverzeihlichkeiten: wer trödelt / schlecht plant, verliert)

Mit Kajetans Beispielen: "Klopf, klopf, GOG, haben Sie noch geöffnet?" ;)
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mr archer
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Re: Warren Spector: "Uncharted, Heavy Rain und interaktive Filme holen nicht genug aus ihrem Medium heraus"

Beitrag von mr archer »

"The Sunless Sea" ist da sicher auch zu nennen. Hat allerdings nix mit AAA zu tun.
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