Ich verstehe nicht so ganz wieso du einen Widerspruch erkennst, denn mein Einwand betrifft nicht irgendeine Leugnung von Unterschieden verschiedener Regionen und Kulturen sondern vielmehr den Umstand das die Behauptung aus den von mir beschriebenen vielfachen Unterschieden in Deutschland, die du ja genauso wahrzunehmen scheinst, eine Art deutsche Leitkultur oder eine Art Gesamtkultur entsteht. Das so etwas wie ein türkischer Einfluss, ein islamischer Einfluss oder meinetwegen auch nur ein osteuropäischer Einfluss demgegenüber dann ein nicht dazu passender oder nicht integrierbarer Fremdkörper darstellt. Mehr noch das dieser Fremdkörper als eine Bedrohung der angeblichen deutschen Kultur konstruiert wird. Das ist mein Einwand.Euthydemos hat geschrieben:@Wulgaru
Gewiss gab und gibt es auch innerhalb Deutschlands regionale Mentalitätsunterschiede, nirgends habe ich das Gegenteil behauptet. Wenn du solche Unterschiede in der Geschichte und auch der Gegenwart durchgehend wahrnimmst, dann spricht das aber doch eher dafür, dass sie eben nicht lediglich fiktiv bzw. willkürlich „zusammengezimmert“ sind. Diese regionalen Identitäten reproduzieren sich immer auch im Vergleich mit und in Abgrenzung zu anderen. Und selbstverständlich kann das Ergebnis eines solchen Vergleichs lauten, dass manche eine gewisse Familienähnlichkeit aufweisen, die sie mit anderen nicht teilen. Es erschließt sich mir nicht, warum es sich mit nationalen Identitäten anders verhalten sollte, warum die, im Gegensatz zu den regionalen, künstlich sein sollten. Und jede Gemeinschaft schafft sich ihre Symbole, aber sie erschöpft sich nicht in diesen.
Ich kann schwer nachvollziehen, wie du in einem Absatz schreiben kannst, dass z.B. Norddeutsche und Bayern eine völlig andere Mentalität haben, um dann gleich im nächsten Absatz, wenn es um mögliche Unterschiede zwischen Menschen aus unterschiedlichen Ländern geht, plötzlich zu der Aussage zu springen, so etwas wie eine Mentalität gäbe es eigentlich gar nicht. Wie bist du zunächst zu deiner Feststellung über die Unterschiedlichkeit der „deutschen Stämme“ gelangt und warum lässt sich diese Methode nicht auf den Vergleich zwischen verschiedenen Nationen übertragen? Willst du damit sagen, dass die regionalen Unterschiede innerhalb Deutschlands größer oder gleich den Unterschieden gegenüber Zuwanderern etwa aus dem islamischen Kulturkreis sind?
Die Länge deines Textes ist zwar sehr als solches sehr lesenswert, aber wenn du mehr oder weniger bewusst meinen zentralen Punkt falsch auslegst, der meiner Meinung nach zudem nicht allzu schwer zu verstehen war, könntest du dir Mühe auch sparen.
Zu dem Einwand der vernünftigen Komponente Pegidas stellst du die Sachlage so dar, wie sie dem klassischem konservativem Narrativ entspricht. Diese besteht in der Unterstellung der völligen Schönrederei jeglicher Multikulti-Gesellschaften, was natürlich in dieser Form eine naive Illusion ist, das ist ganz richtig. Pegida ist in diesem Narrativ die gesellschaftliche Reaktion auf diese Schönfärberei. Diesen mangelnden Willen die unangenehme Wahrheit auszusprechen. Dies wäre eventuell richtig, wenn diese Realität des wegsehens und problemschönredens wirklich existieren würde.
Faktisch ist Integration bereits seit Ende der 90er eine sehr viel realistischere Sache und zwar in allen politischen Lagern. Der konservative Aufschrei, die Wut der angeblichen schweigenden Mehrheit oder wie man es auch nennen will...die Sarrazins, die Pegidas, der rechte Flügel der Afd ist keineswegs eine gesamtgesellschaftliche Reaktion auf irgendetwas sondern die Bildung einer neuen rechtskonservativen Strömung die vorher nicht vorhanden war. Die Gründe sind glaube ich aufgrund unserer Vergangenheit sehr klar.
Bringt es etwas sich darüber zu beklagen? Nein, denn ich stimme dir zu das es für eine Gesellschaft spricht, wenn viele politische Strömungen vorkommen und zugelassen werden. Nur fehlt mir der konstruktive Gedanke innerhalb dieser "neuen" Strömung. Er scheint mir im wesentlichen aus reiner Ablehnung zu bestehen oder wahlweise darin gesellschaftliche Probleme jeglicher Art auf fremde Einflüsse zu schieben. Auch das muss man aussprechen.