Auch ich habe seinerzeit "Heavy Rain" als "Spiel des Jahres" kritisch gesehen. Aber man muss HR zugestehen, dass es sowohl einen hohen künstlerischen Wert hat (Grafik, Musik und Abstimmung aufeinander von Feinsten) und auch einen hohen Spielwert bietet (Entscheidungsmöglichkeiten, Story, Herausforderung (Schwierigkeit), Spielzeit, Wiederspielbarkeit etc.) Ich finde es zwar persönlich schade, dass HR all diese hochwertigen Mittel für teilweise unsinnige oder widerwärtige Handlungen nutzt (z.B. eine Vergewaltigung mit der Bohrmaschine, da hört für mich der Spielspaß auf), aber ich kann trotzdem akzeptieren, dass der Kunst- und Spielwert insgesamt so hoch ist, dass der Titel "Spiel des Jahres" in Ordnung geht.SardoNumspa hat geschrieben:Ich hätte auch Heavy Rain anno 2010 nicht zum GotY gewählt und habe das auch seiner Zeit geschrieben - war mir zu pathetisch/klebrig/"gefühlsduselig" und das dümmliche Rumgerüttel an Stick und Knöpfchen hat mich genervt. Pech gehabt.
Bei aller Liebe sehe ich diese "Spiel des Jahres"-Gesamtwertigkeit bei Journey dagegen nicht. Der Kunstwert liegt enorm hoch, aber der Spielwert (Entscheidungsmöglichkeiten, Story, Herausforderung (Schwierigkeit), Spielzeit, Wiederspielbarkeit etc.) ist sehr dünn. Deshalb mein Vergleich der beiden Spiele, die für mich auch beides keine Actionspiele sind (trotz Aktionen), sondern moderne Adventures. Warum Heavy Rain bei 4P ein 3D-Adventure (mit viel Action) ist, Journey dagegen ein Actionspiel (mit Null Action), weiß wohl nur der Weihnachtspunsch...
Kann ich so unterschreiben. Aber warum muss ein einzigartiges Spiel wie Journey dann durch Preise hochgejubelt werden, die eigentlich andere Spiele verdient hätten? Tut man Journey wirklich einen Gefallen, durch gewissen Preise Erwartungen zu wecken, die das Spiel für viele Leser (und künftige Journey-Spieler) nicht erfüllen kann?SardoNumspa hat geschrieben:Journey ist doch in jedem Fall eine tolle Bereicherung für unser Medium. Es hat unsere Spielewelt um neue Facetten erweitert, und hat nicht zuletzt auch denjenigen, die mit Zocken nichts am Hut haben, gezeigt, wie extrem vielseitig unser Medium geworden ist. Eben all das, was Spiele AUCH sein können. Pure Ästhetik. Pure Form, in welcher - und mit welcher - ich spielen darf. Dass das nicht jedem individuell gefallen muss, darüber müssen wir doch nicht reden.
Wenn die "prognostische Relevanz" das Kriterium wäre, hätte dann nicht Skyrim in jedem Fall das Spiel des Jahres 2011 werden müssen, nachdem selbst viele Konkurrenten erklärt haben, sich an diesen Maßstäben orientieren zu wollen? Die Rollenspiele der nächsten Jahre sehen ähnlich wie Skyrim aus, auch andere Spielsparten haben bereits Skillbäume bekommen. Portal 2 ist dagegen als gewähltes 4P-Spiel des Jahres 2011 zwar spielerisch klasse, aber welche "prognostische Relevanz" hat dieser sehr spezielle Rätseltitel wohl auf die verschiedenen Spielesparten real? Bei Journey ist es ähnlich, es dürfte - bei aller Schönheit - kaum reale Auswirkungen auf künftige Titel aus den verschiedenen Spielesparten haben, dafür ist es einfach zu speziell. Was mir deshalb eher gefallen hätte: Den Titel dadurch zu ehren, dass 4P dafür die neue Kategorie "Spielkunst" oder "Kurzspiel" eingeführt hätte.SardoNumspa hat geschrieben:Darum geht es bei der GotY-Wahl: Es geht nicht um Maximal-Wertungen, oder wie lang das Spiel in Relation zum Preis ist, oder wieviel "Kunst" oder "Nicht-Kunst" es ist, ... Es geht tatsächlich um die Impulse, um die schon sichtbaren Spuren bzw. den "digitalen Fußabdruck", den Journey hinterlassen hat, und die man mit so einer Wahl entsprechend würdigen möchte. Es geht schlicht um die bisher wahrgenommene und natürlich immer auch prognostische Relevanz.
Ich finde Kritik in diesem Fall wichtig, weil ich mit einigen Preisen die Fairness gebenüber anderen Titeln und gutgläubigen Lesern/Käufern verletzt sehe (besonders im Actionbereich). Aber ok, wenn es nervt, soll dies mein letzter Post dazu gewesen sein, solange von den um eine persönliche Meinung gebetenen 4P-Fachredakteuren auch keiner was dazu schreiben mag. Das "Sparring" unter uns Lesern allein macht zwar auch Spaß, bringt aber wohl effektiv nix mehr außer Beulen.SardoNumspa hat geschrieben:[Deine Kritik] ist mir zu destruktiv. Ich verstehe es nicht. Und ich füge hinzu: Ich bin froh, dass ich es nicht verstehe.
