Kajetan hat geschrieben:gollum_krumen hat geschrieben:Wenn wir uns über das Menschenbild einig wären, dann würden sich auch die meisten (politischen) Diskurse vermeiden lassen. An dem Punkt sind wir aber nicht.
Du vermischt hier zwei Dinge.
Das eine ist der Umstand, dass Menschen besser sind manche Menschen glauben wollen, weil Menschen als Gemeinschaftswesen sich in ihrer Gemeinschaft mehrheitlich nicht-egoistisch verhalten, um diese Gemeinschaft nicht zu gefährden.
Viele unserer Probleme rühren aber daher, dass sich Menschen eben (noch) nicht zur großen Gruppe aller Menschen zählen, sondern sich immer noch Teil einer kleinen Untergruppe (Angehörige einer Nation, einer Religion oder Einkommensschicht) begreifen, die in Konkurrenz mit anderen Gruppen stehen. "Teile und herrsche" ist dabei der größte Feind der Menschheit und nicht das egoistische Verhalten einiger weniger. Von daher sollte man dem Internet den Friedensnobelpreis verleihen, ermöglicht es doch die schnelle und ultraeinfache Kommunikation zwischen Menschen weltweit. Jeder Eingriff in diese Kommunikationsfreiheit ist daher ein Angriff auf den Frieden zwischen den Menschen, weil man damit versucht sie wieder in kleine, besser kontrollierbare Gruppen zu halten, die man nötigenfalls besser aufeinander hetzen kann.
Naja Moment mal. Es gibt empirisch eben nur zweifelhafte Daten zum Thema Altruismus und Gesellschaftlichkeit von Menschen. Die Annahme, Menschen wären nicht komplett egoistisch, ist weit verbreitet, aber eben nicht empirisch untermauert, genausowenig wie die Annahme der Ökonomen empirisch wirklich viel Halt hat, der Mensch sei ein rationaler Nutzenmaximierer. Fakt ist jedoch eins. Keine dieser Annahmen (auch deine) ist die Wahrheit. Sowas wie Wahrheit gibt es in den Sozialwissenschaften IMO schlicht und ergreifend nicht (ja ich weiss, dieser Satz ist in sich paradox etc. du weisst aber worum es geht).
Dein Kosmopolitismus ehrt dich, leider ist es nicht so einfach. Was nämlich empirisch relativ gut nachgewiesen werden kann, ist das sehr eingeschränkte Empathievermögen der Menschen im Allgemeinen. Das heißt nicht, dass ich behaupte, der Mensch wäre schlecht, Empathie ist in diesem Zusammenhang vielmehr wertneutral gemeint. Das Einbeziehen, also "relevant setzen", anderer Menschen bei Gruppen, die eine Anzahl von etwa 30-40 Menschen (also die klassische Sippe) überschreiten, ist schon sehr viel schwieriger (weil abstrakter) als in einer kleinen Gruppe. Das steigert sich, bis schließlich alles über ca. 120 Menschen sich deinem emotionalen Zugriff total entzieht. Will heißen, du hast zu Menschen darüber hinaus keinen emotional-affektiven, sondern nur noch einen kognitiven Zugang. Das bedeutet wiederum, dass du zwar im Sinne komplett fremder Menschen fühlen kannst, aber im Zweifels- und Konfliktfall den eigenen Rahmen wieder enger setzt und dich auf die jeweils kleinere Struktur "zurückbesinnst". Das alles ist wieder nur eine Theorie, das ist mir klar, aber sie ist die Überlegung wert und nicht mal ansatzweise so konservativ, wie sie gerade klingt. Wenn es dich interessiert, belies dich mal (wenn du es nicht schon getan hast) zum "Kommunitarismus" - vor allem nach Michael Walzer. Leider sprengt es hier den Rahmen darauf einzugehen, warum ich diese Denkrichtung empirisch und theoretisch als sehr stimmig empfinde.
Zum eigentlichen Thema:
Journalismus ist im Prinzip auch nur eine Dienstleistung, die nachgefragt wird. Eine Presselandschaft ist daher immer ein Spiegel derer, die sie nachfragen und so gern ich den Gedanken teilen würde, Videospiele würden sich künstlerisch emanzipieren, so sehr bin ich leider vom Gegenteil überzeugt. Die Kundschaft, die Spiele nachfragen, hat sich insgesamt meiner Meinung nach nicht gesetzt, sondern ist im Gegenteil verjüngt.
Ich würde es so sehen: Als Videospiele in den 80ern aufgekommen sind, waren sie ein Nischenphänomen, entsprechend hoch war teilweise ihr Anspruch. Mit zunehmender Akzeptanz ging zunehmende Kommerzialisierung einher und wir sind schließlich (~2008 rum) an einen Punkt gelangt, wo der Unterhaltungsmainstream stark dominiert hat. Mit Möglichkeiten, Indieproduktionen gezielt zu fördern und zu vertreiben, ändert sich das in den letzten Jahren wieder. Ich glaube, dass sich dadurch zwei Ebenen entwickeln. Die unterhaltungsindustrielle Herangehensweise und die ästhetische. Dies bildet sich im zugehörigen Journalismus ab. Ich glaube die Vermengung von PR und Presse ist nur logisch, wenn genau diese Form des Einheizens nachgefragt wird. Parallel beobachtet man eine Zunahme von wirklich kritischen Blogs, die sich auch zunehmend auf Indieproduktionen konzentrieren. 4Players steht nun da genau zwischen den Stühlen und das macht es so schwierig. Wir haben hier zum Einen nach jedem Testbericht den Forenmob, der mehr PR will und die ganzen alten Säcke, die mehr Journalismus wollen. Ich denke, dass die Gratwanderung auf lange Sicht vermutlich sehr schwierig wird und habe recht große Bedenken, dass 4P sich letztlich doch in ersteres Lager entwickelt, da sonst enorme Ressourcenvorteile flöten gehen und man sich sehr verkleinern müsste. Deswegen ist es für mich sehr erfreulich, dass sich die Redaktion dennoch sehr gegen diese Nachfrage nach Hype und PR aufbäumt und ihre Linie verteidigt, auch wenn sie dafür beschimpft wird.
Also an dieser Stelle ein großes Lob von mir.