Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

4P|T@xtchef hat geschrieben:
Aber was will man machen? Etwa betonen, dass man mir genau das unterstellt, was ich explizit nicht fordere und schon gar nicht sehen will? Dass ich seit Ewigkeiten nicht Gore für Sadisten, sondern eine reifere Dramaturgie für erwachsene Abenteurer fordere? Dass ich über Gewalt als ein Stilmittel von vielen diskutiere? Dass schon mein erster Satz all dem widerspricht, was hier an ekelhaftem Unsinn fabuliert wird? Ach, das wird immer und ewig so bleiben. Die digitale Spirale der Ignoranz dreht sich in Foren so wund, dass es zu abstrusen Verdrehung der eigentlichen Argumentation kommt – intellektuell überaus schmerzhaft.
Tja. War zu erwarten. Jörg ist einfach der klassische Fall eines Menschen, der gerne gegen den Wind pisst, hinterher aber rummjammert, wenn es untenrum irgendwie nass ist. Da ist das Netz dann plötzlich Hort von ganz böswilligen Leuten und man zeigt mit anklagendem Robbenblick die Beulen vor, die einem der Hass des Forenmobs mal wieder geschlagen hat.

Gähn. Wie ich es hasse, wenn man mich so gar nicht zu überraschen versteht.

Ich bin mal so frei und zitiere mir wesentliche Passagen der Kolumne:

"Die Spielewelt braucht mehr Gewalt. Nicht auf dem oberflächlichen Niveau explodierender Köpfe, cooler Takedowns oder multipler Kills - davon hat sie wahrlich genug. Aber wie wenig das bewegt, wie stumpf und belanglos diese Action wirken kann, hat kürzlich nicht nur Max Payne in Endlosschleife demonstriert."

"Die Gewalt muss viel öfter in die Tiefe gehen, indem sie die einzelne Situation komplexer darstellt und nicht nur den Akt des Tötens gezielt verlangsamt, sondern auch die grauenhaften Folgen zeigt. Die Kamera muss viel näher ran, das Tempo muss raus und das Bild muss so authentisch sein, dass sich einem der Magen umdreht."

"Als anspruchsvoller Erwachsener wird man von der Action der Spielewelt kaum noch angesprochen. Wie könnte das gehen? Man müsste der explosiven Harmlosigkeit die Maske vom Gesicht reißen, damit uns die schreckliche Fratze dahinter anstarren kann. Wie ist Gewalt? Brutal, grauenvoll, bedrückend. Die Bildregie in Spielen muss viel öfter mit diesen Konsequenzen schockieren, damit das Reflektieren beginnen kann."

"Dass es diese Form der plumpen Gewalt gibt, ist überhaupt nicht das Problem. Dass es so wenig darüber hinaus gibt, das ist das Problem!"

"Denn in jedem Magazin dieser Spielwelt werden Krieg und Kills seit Jahren wie blöde gefeiert. Coole Explosionen! Packendes Mittendrin-Gefühl! Prächtiges Schlachtgemälde! Blutige Schnetzelplatte! Das ist okay. Nur bitte die Gewalt nicht zu genau zeigen, sonst wird uns beim Spielen schlecht? Das ist nicht okay! Dann lasst einfach die Finger davon, ihr erwachsenen Weicheier und Moralapostel!"

"Aber dass sie mit der Kamera so draufhalten und die Brutalität in ihrer realistischen Langsamkeit einfangen, dass sie ähnlich wie im Film das schockierende Erlebnis und nicht das kompetitive Gewinnen in den Vordergrund stellen wollen, macht Hoffnung auf weniger oberflächliche Glorifizierung, sondern mehr Action für Erwachsene."


Nah rangehen, sich den Magen umdrehen lassen, riskieren, dass es den Leuten vor dem Bildschirm schlecht wird. Deine Worte. Und all das soll aber bitte weiterhin im Rahmen einer von Dir als "Action"-Genre bezeichneten Sparte des Videospiels stattfinden - also DEM Genre schlechthin, wenn es um die Vorgauklung von Immersion in einer Ich-Perpektive für den Spieler geht. Nur halt für Erwachsene, da die angeblich extrem auf sowas warten.

Also ich bin erwachsen. Und ich warte darauf dezidiert NICHT. Die Gründe dafür habe ich hier in mehreren Posts dargelegt. Du darfst das gerne anders empfinden und als Chefredakteur hier auch so schreiben. Jederzeit. Offensichtlich gibt es da ja wirklich ein tiefgehendes Bedürfnis Deinerseits, eine als schmerzhaft empfundene Leerstelle, die von Jahr zu Jahr weiter klafft. Muss ich ja nicht verstehen. Da sich alles immer entwickelt, wenn auch nicht zwangsläufig zum Besseren, wird es sicherlich auch bald Titel geben, wie Du Dir sie anscheinend erträumst - also im Besten aller Fälle "Schuld und Sühne". Und im Schlimmsten eben "American Psycho".

Aber hier einerseits "Gewalt - jetzt aber richtig" propagieren und dann andererseits zum wiederholten Mal das arme missverstandene Opfer geben, wenn einem dann einzelne Feedbacks nicht behagen (natürlich ohne sich mit deren Argumenten wirklich zu befassen) - als ob Du nicht beim Schreiben sehr genau wüsstest, mit welchen Worten man welche Reaktionen beim Leser erzeugt - nun ja. Sagen wir mal so: ich bin als erwachsener Spieler und Leser dieses Videospielportals schon ernster genommen worden. Werd erwachsen, Jörg.
Zuletzt geändert von mr archer am 18.06.2012 21:35, insgesamt 1-mal geändert.
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zmonx
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von zmonx »

"Gewalt - jetzt aber richtig". Wo sagt er das denn?... genau in dieser Auslegung von dir/vielen, liegt das Problem!

Ihr scheint auch immer weiterzupissen... voll auf die schicken Cowboy-Wildlederstiefel ^^
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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

zmonx hat geschrieben:"Gewalt - jetzt aber richtig". Wo sagt er das denn?
Äh, in der Überschrift? Und nein, ich drehe ihm mit meiner Umformulierung nicht die Worte im Mund um oder akzentuiere neu. Jörg möchte "Gewalt für Erwachsene". Was in seiner Diktion meint, "Gewalt, die sich ernst nimmt". Und ich bekäme gern erklärt, wie das innerhalb des Action-Segments umgesetzt werden soll ohne dass man das Spiel nach der ersten Konfrontation bedient zur Seite legt.
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ColdFever
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von ColdFever »

D_Radical hat geschrieben:Ich würde dir also anraten, deine Definition von Spaß bzw. deine Kriterien um Spaß zu empfinden, nicht auf allles und jeden zu projizieren und darüber allgemeingültige Aussagen zu fällen, wo der Spaß beginnt und wo er aufhört.
Im "authentischen" Leben ringen Notfallsanitäter und Soldaten jahrelang mit den Spätfolgen "authentischer" Gewalt. Wer bei der Betrachtung solcher Dinge "Spaß" hat, "Freude" empfindet und entsprechende Darstellungen genießen kann, hat m.E. entweder bereits einen Schaden oder kennt vielleicht einfach (zum seinem Glück) noch nichts von dem, um was es hier geht.

Bei einem intelligenten Ansatz hätte die Kolumne anregen können, das Medium der "Videospiele" in das Medium der "Computerdramen" weiterzuentwickeln. So ähnlich ist es auch bei der Entwicklung des Films geschehen. Anders bei reinen Unterhaltungsmedien wollen die Konsumenten beim Drama keine freudige Unterhaltung, sondern eigene Betroffenheit erleben. Dies kann durch unterschiedliche Mittel geschehen, z.B. durch ernsthafte Beschäftigung mit Leid, Krankheit und Tod, auch Gewalt kann hierbei eine Rolle spielen.

Stattdessen hat die schreckliche Kolumne einfach platt eine authentischere Gewaltdarstellung mit "Brutalität in ihrer realistischen Langsamkeit" gefordert. Wem dann "beim Spielen schlecht wird", sei ein "Weichei und Moralapostel!" Wie kann man einen Großteil seiner Leser und den eigenen Intellekt nur so beleidigen und der eigenen Sache so schaden. Genau in diese Schublade der ausufernden Gewalt bis zur Übelkeit wollen manche Interessengruppen uns Spieler stecken. Diese Kolumne heischt nach Klicks und Aufmerksamkeit, dürfte aber letztlich in der Wirkung ein Bärendienst für die Spieler sein.
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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

Um meine Kritik zu erweitern: letztlich plädiert Jörg hier für eine weitere Verscriptung und stärkere Hinwendung zur Spielerfahrung als Film (was er an anderer Stelle immer wieder kritisiert). Soll der Gewaltakt durch die Spielfigur wirklich zum bestenfalls katartischen Schockerlebnis für den Spieler werden, dann darf er sich nicht spielerisch (also im Gameplay) permanent wiederholen. Das ist aber das Ende des Action-Genres wie vieler anderer Spielgenre. Dann kann ich auch ins Kino gehen oder ein Buch lesen. Dostojewski lässt Raskolnikow in "Schuld und Sühne" für einen ungeplanten Mord einen ganzen Roman lang über mehrere hundert Seiten büssen. Auf diesem erzählerischen Niveau müsste sich die Sache denke ich abspielen.

Na? Juckts Euch alle schon in den Fingern?
Jadreinhe
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Jadreinhe »

(Ist wohl ein etwas längerer Text geworden sehe ich gerade bei der Vorschau. Ich poste ihn aber dennoch mal)

Was eine richtig eingesetzte Dramaturgie bei Spielen alles vermag - so auch bei Filmen, Theateraufführungen und Literatur. Natürlich können Schocks richtig eingesetzt werden, selbst die übelste und authentischste Gewalt kann so eingesetzt werden, dass diese aufgefangen, distanziert betrachtet werden und im Nachgang dann wirklich verdaut werden kann (aber natürlich: wer braucht das schon?). Die Dostojewski Idee finde ich toll. Es ist eine Frage der Komposition und der Nunacen, schließlich der Magie des jeweiligen Mediums. Und es ist verblüffend, wenn man völlig entfesselt wieder aus dem Film/Spiel aufwacht und bemerkt, wie tief man drin war.

Allerdings zu glauben, das Videospielen und seine schlimmsten Szenen könnten nicht wärend des Spielens "abgeschaltet" werden, ist, finde ich, ein Irrtum. Die Filmbranche hat viele Leute gelehrt innerhalb einer visuellen, kurbelnden Kultur wegzuschauen oder abzuschalten. Als man den toten Osama bin Laden in einem meiner Seminare auf eine große Leinwand projizierte, wurde mir schlecht, ich wollte weg, fand es anmaßend und grauenvoll jemanden so zu entblößen, auf Fotopapier gebannt, egal was er getan hat. Meine Kommilitonen hingegen sahen aus als hätten sie gerade eine Fimsequenz gesehen, in der einer am Fluss steht und angelt.
Das Medium Spiel spricht andere Rezeptionskanäle an als es im Theater der Fall ist und beim Buch, auch beim Fim - das mit Sicherheit. Vor allem das man physisch distanziert von der Darstellung ist (beim Film nicht so ausgeprägt) und sich jederzeit auf dieses Gefühl berufen kann, macht einen Unterschied zum Videospiel, in dem man ja tatsächlich Hand anlegt, Prozesse bremst, beschleunigt und also das Steuer bis zu einem gewissen Grad übernimmt.

Rein pädagogisch gesehen ist die aktuell häufige Darstellung von Gewalt dumm. Es bringt niemandem wirklich etwas, nicht der Dramaturgie und auch nicht den Menschen, vielleicht aber einem "boah geil-Gefühl?"Ich weiß nicht. Ist wahrscheinlich ein bisschen wie bei McDonalds: Man geht rein, ist ziemlich bunt alles, schmeckt auch gut einheitlich, und dabei schreien parallel wahrscheinlich in nicht allzuweiter Ferne die Küken um ihr Leben. Wird aber trotzdem gut und oft gekauft und damit auch weiterhin produziert. Filme über diesen Fresskonsum beschreiten ganz andere Etappen und geben dem Sehenden die Möglichkeit sich selbst zu bilden: eben das können Videospiele auch, wahrscheinlich sogar weit besser als jeder Film. Gewalt um der Präsenz des Spiels willen lutscht sich hingegen beständig selbst aus und im Endeffekt ist Gewalt natürlich auch in diesem Sinne sumpfiger Selbstzweck.

Nehmen wir nun The Whitcher, so dient die wohl proportionierte Gewalt in der Darstellung einer doch recht feindseligen Umwelt (überhaupt ist The Whitcher ein wirklich tolles erwachsenes Spiel). Man kann also auch anders, telos-orientierter, nicht so banane. Wie Jörg sagt, steckt das Videospiel in vielen Bereichen seiner Psyche noch immer in den Kinderschuhen - und bellt immer dann laut auf, wenn was viel Kohle einbringt, oder zukünftig Kohle einbringen könnte.

Würden da feinfühlige Dramaturgen Hand an die Spiele legen und die Magie entfachen (wie es beispielsweise das aktuelle Journey schafft, finde ich), würde das Medium seine Adoleszenz erreichen können. Dafür brauchen Entwickler zum einen Platz und Raum (nötiges Budget), zum anderen ein außerordentliches Feingefühl UND eine Menge Intelligenz. Ich glaube, gerade an Letzterem mangelt es vielen. Wenn ich mir die Interviews von Entwicklern so durchlese, habe ich nahezu immer das Gefühl, dass die gar nicht wirklich wissen was sie tun, aber sie tun es, weil irgendetwas cool ist oder wichtig, oder so. Von Reflexion weit entfernt.

Es ist sehr die Frage danach zu stellen, was man in und durch Spiele als Erfahrung etablieren will und da fehlt es dem Medium schlicht und ergreifend an aussagekräftiger Theorie. Mit dem romantischen Akt "Spielen" kann man da weniger argumentieren, weil Entwickler für die Erschaffung eines Videospiels nun mal potentiell höchst psychologisch vorgehen müssen, um den Spieler dann auch völlig in das Erlebnis zu integrieren.
Da müssten also Multitalente ans Werk und wie gesagt, braucht das ganze einen geisteswissenschaftlichen Unterbau.

Zu hoffen das McDonalds ausstirbt ist bis auf weiteres wohl utopisch, aber die Leute, die wirklich Potential bei der Entwicklung haben, Geschichten erzählen können (sei es im Stil von 'No Country for old Man') oder mythische Grundmuster spicken (so wie es früher Zelda geschafft hat), müssen unterstützt werden. Und ich glaube, auf dem Weg sind wir bereits und intelligente Zombiespiele folgen bald ;-P.
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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

Jadreinhe hat geschrieben:
Rein pädagogisch gesehen ist die aktuell häufige Darstellung von Gewalt dumm. Es bringt niemandem wirklich etwas, nicht der Dramaturgie und auch nicht den Menschen, vielleicht aber einem "boah geil-Gefühl?"
Danke für den interessanten Beitrag. Vor allem beim Witcher bin ich ganz bei Dir. Zu Deinem Zitat eine Anmerkung, die ich hier im Thread auch schonmal gepostet habe. Für mich wird in 99 % aller Videospiele mit Kampfbetonung keine Gewalt gezeigt. Sondern "Gewalt". Und zwar nicht deswegen, weil da irgendwer moralische Bedenken hätte - Gott bewahre. Sondern weil es letztlich nicht einmal in "Mortal Kombat" um Gewalt geht. Es geht ums Kloppen auf Pixel, bei dem das visuelle Trefferfeedback ein bisschen brachialer dargestellt wird. "Max Payne" ist in seinen Graphic-Novel - Sequenzen eine recht kluge Auseinandersetzung mit dem Gewaltmotiv Rache. Wenn diese Sequenzen vorbei sind, spielt man coole Shootdodge-Manöver, ohne auch nur den Hauch irgendwelcher tieferen Reflektionen zu verspüren.

In herkömmlichen Actionspielen ist Gewalt kein Thema. Höchstens "Gewalt". Weil das schlicht nicht im Zentrum der Spielerfahrung steht. Hier nicht zu trennen, ist für mich bereits der Urfehler von Jörgs Beitrag.
Verruckt Birdman
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Verruckt Birdman »

Abgesehen davon das die Kolumne ziemlich unglücklich formuliert ist und über Strecken den Eindruck erweckt, Jörg wolle primär brutalere und realistische Spiele, wird er auch der Branche nicht gerecht.
Bezogen auf unsere typischen E3-gehypten AAA-Shooter präsentiert sich das Medium sicherlich nicht sehr "reif", auch wenn es löbliche Ausnahmen gibt. Doch macht der Film es in dem Bereich besser? Dank der über das letzte Jahrhundert(!) gewachsenen Industrie gibt es natürlich häufiger kleine und große Perlen, doch schaut man sich die Äquivalenten zu den Splinter Cells, Call of Dutys und Battlefields an, ist das Blockbuster-Kino nicht meilenweit vorraus.
Schaut man in der Spiele-Branche abseits von den großen Namen wird man Indie-Titel finden die auf ihre eigene, eine dem Spiel einzigartige Art, Geschichten erzählund und Emotionen wecken ohne am Tropf des "großen Bruders" Film zu hängen. Jörg selbst hat Spiele wie Journey rezensiert und auch diese E3 zeigte zum Beispiel mit The Unfinished Swan beeindruckende Ansätze.
Bezogen aufs Storytelling findet man auch neue Wege wie Bastion es letztes Jahr tat.
Realismus ist nicht das Werkzeug, mit dem das Medium Spiel bei mir Emotion auslöst.
Zudem bin ich immer ein wenig angefressen, wenn ich von sogenannten erwachsenen Spielen höre. Es schwingt dann immer mit, andere Titel wären irgendwie minderwertig, was einfach nicht stimmt. "Erwachsen" ist mittlerweile für mich sowieso nur noch eine abgedroschene Marketingphrase, die Leute wie Jörg neugierig machen soll, hinter der sich allerdings fast immer nur ein leicht nach oben geschraubter Anteil von Sex und Blut verbirgt.
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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

Verruckt Birdman hat geschrieben: Realismus ist nicht das Werkzeug, mit dem das Medium Spiel bei mir Emotion auslöst.
Erst habe ich gejubelt, bei Deinem Satz. Und ich finde ihn immer noch schön und zum Einrahmen. Doch dann musste ich an den Total Conversion Mod von S.T.A.L.K.E.R. und an Cryostasis und You are empty denken. Um nun eingestehen zu müssen: das hat damals auf visueller Ebene doch Emotionen bei mir ausgelöst. Ich guck schon auch ganz gern.
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Verruckt Birdman »

mr archer hat geschrieben:
Verruckt Birdman hat geschrieben: Realismus ist nicht das Werkzeug, mit dem das Medium Spiel bei mir Emotion auslöst.
Erst habe ich gejubelt, bei Deinem Satz. Und ich finde ihn immer noch schön und zum Einrahmen. Doch dann musste ich an den Total Conversion Mod von S.T.A.L.K.E.R. und an Cryostasis und You are empty denken. Um nun eingestehen zu müssen: das hat damals auf visueller Ebene doch Emotionen bei mir ausgelöst. Ich guck schon auch ganz gern.
Schöne Gegenbeispiele gibt es immer und das ist ja das wundervolle an dieser Industrie, irgendwo gibt es immer das eine Spiel, was eine Sache ganz besonders richtig macht.
Realismus ist für mich eher eine Entscheidung, die am Anfang der Entwicklung steht, ähnlich wie die Frage nach dem Genre. Ob daraus etwas Gutes oder gar Emotionales wird steht zu dem Zeitpunkt noch in der Sternen.
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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

Verruckt Birdman hat geschrieben:
mr archer hat geschrieben:
Verruckt Birdman hat geschrieben: Realismus ist nicht das Werkzeug, mit dem das Medium Spiel bei mir Emotion auslöst.
Erst habe ich gejubelt, bei Deinem Satz. Und ich finde ihn immer noch schön und zum Einrahmen. Doch dann musste ich an den Total Conversion Mod von S.T.A.L.K.E.R. und an Cryostasis und You are empty denken. Um nun eingestehen zu müssen: das hat damals auf visueller Ebene doch Emotionen bei mir ausgelöst. Ich guck schon auch ganz gern.
Schöne Gegenbeispiele gibt es immer und das ist ja das wundervolle an dieser Industrie, irgendwo gibt es immer das eine Spiel, was eine Sache ganz besonders richtig macht.
Realismus ist für mich eher eine Entscheidung, die am Anfang der Entwicklung steht, ähnlich wie die Frage nach dem Genre. Ob daraus etwas Gutes oder gar Emotionales wird steht zu dem Zeitpunkt noch in der Sternen.
Habe übrigens gerade beim nochmaligen Rekapitulieren des Threads Deinen Post auf Seite 2 gelesen, der mir bisher entgangen war. Vollste Zustimmung! Zum doppelt und dreifach unterstreichen.
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NotSo_Sunny
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von NotSo_Sunny »

Passend zum Thema möchten vielleicht einige auch diesen Artikel von Cory Davis, dem LeadDesigner von SpecOps:TheLine, lesen.

Das Geschriebene spiegelt in etwa das wieder, was ich versucht habe, zu dem Thema zu äußern und was wie ich vermute auch Jörg zum Ausdruck bringen wollte. Wenn man schon eine ernstgemeinte Geschichte ezählt, die nicht unerheblich auf Gewalt aufbaut, dann muss man es auch entsprechend ernst mit der Gewalt meinen. Dabei geht es nicht darum, sich an selbiger zu ergötzen, sondern darum (bis zu einem vertretbaren Grad) Glaubwürdigkeit zu vermitteln. Nur so kann das entsprechende Thema transportiert werden, ohne das man sich der Lächerlichkeit preisgibt.
Das man bei interaktiven Videospielen dabei eine Gratwanderung begeht, stellt auch Davis in seinem lesenswerten Schlusswort fest. Ich für meinen Teil denke, dass es richtig ist, dieses Risiko einzugehen. Hätten Filmemacher ihrer Zeit nicht auch entsprechende Grauzonen erforscht, wären uns heute einige Meisterwerke entgangen und ich bin gespannt, ob "Spiele"-Entwickler nicht eines Tages diese Werke erreichen, wenn nicht so sogar mit Hilfe der Interaktivität überflügeln können.
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KATTAMAKKA
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von KATTAMAKKA »

The Line ist arschlahmes Schlauchgeballer mit noch lahmeren Dialogen und deren ihr Bild vom Schrecken des Krieges und der Gewalt ist plastik pur und ihr Gameplay so einfallslos wie eintönig und minnimalistisch.zugleich. Kreatrivitöt und spielerische Freiheit null vorhanden, und genauso wirkt auch die Storry . Man muss die Storry zusätzlich ertragen zusammen mit den Filmchen alle 3 Meter. Man kann dem nur entgehen wenn man die Konsole ausschaltet. Die Fantasie und kreativität der Macher ist genauso orginell wie die der Macher von ``Nur die Liebe zählt``Von Zocken ist dazu weit und breit nichts zu sehen. .Ballern , laberfilmchen, Baller Laberfilmchen Ballern Laberfilmchen und das alle 3 Meter. DAs ist der aktuelle Deutsche Beitrag zum Kastraten Gaming streng nach Script im Superschlauch. Das Game wird sowas von floppen. Und was der Typ da so rumlabert interessiert null , das Game ist Schrott und das zählt.
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JunkieXXL
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von JunkieXXL »

ColdFever hat geschrieben:
4P|T@xtchef hat geschrieben:Wieso sorry? Und wieso willst du mit deiner Meinung gleich alle Spieler einbegreifen? Geht's noch? Den Satz zu Heavy Rain lass ich heute noch genau so stehen. Und überhaupt: Dann spiel es doch nicht! Wenn du es nicht brauchst, was vollkommen okay ist, dann lass es einfach.
"Sorry" sage ich, weil ich Deine Tests und Kolumnen früher sehr geschätzt habe. Deshalb tut es mir ehrlich leid tut, wenn ich Deine grenzwertigere Kolumne angreifen muss. Aber irgendwo hört der Spaß auf. Geht es hier eigentlich noch um Videospiele? Ich habe mir z.B. das Spiel Heavy Rain allein wegen Deines Reviews geholt und war danach enttäuscht, eine so dermaßen unrealistische Story zu spielen. Die Vergewaltigung mit der Bohrmaschine hat das Maß dann voll gemacht, das war einfach nur noch krank. Letztlich geht es bei Heavy Rain gerade nicht um eine glaubhafte Erzählung, sondern um eine Aneinanderreihung von Schockmomenten. Erwachsene Medien sehen anders aus. Was ernsthafte Spieler brauchen, sind authentischere Geschichten, keine authentischere Gewalt.
Ziemlich sonderbare Meinung zu Heavy Rain. Das Spiel zeigt einen tollen Thriller bzw Psychothriller. Psychothriller sind meistens etwas krank und abgehoben bzw unrealistisch, das bringt das Genre so mit sich. Das kannste z.B. auch vielen Meisterwerken von Hitchcock vorwerfen.

Du scheinst dich da einfach in ein dir unsympathisches Genre verirrt zu haben, mein Lieber. Da kann Jörg nix für. Er hat Heavy Rain im Test als Thriller etikettiert.
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Obelus
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Obelus »

4P|T@xtchef hat geschrieben:Guten Morgen du grelle Hysterie,

wie siehst du denn aus? Hast du nicht gut geschlafen? Vermutlich ist das nach deinen Alpträumen nicht so leicht, denn wenn die Spielezukunft so aussieht, dass man fotorealistisch mit Fingern in Gedärmen wühlt, Frauen virtuell vergewaltigt oder Föten pixelgenau seziert, dann kann einem wahrlich die Galle hoch kommen.

Ich frage mich, wer so etwas fordert…ach so! Na schönen Dank, du strunzdumme Tante. Splatter? Orgien? Gräuelcommander 2.0? Kannst du nicht lesen? Diese Fantasie ist deine, nicht meine.

Leute, Leute.

Diese Lust an der digitalen Verleumdung ist ja auch nur eine tagtägliche Form von plumper Gewalt. Hier erahnt man vielleicht, warum es zu wenig subtile Spiele und kaum reifere Abenteuer mit Grauzonen gibt. Wo sind denn die Abnehmer? Wenn die warme Oberfläche von Gut und Böse immer so reizvoll ist, dass man selbst dann nicht tiefer tauchen will, wenn interessante Silhouetten darunter sichtbar werden, dann bleibt man eben auf der Luftmatratze liegen, mitten in der prallen Sonne. Da ist Spiel dann bitteschön Spaß, alles andere Ketzerei. Es ist seltsam, dass man angesichts der Beschränktheit aktueller Action-Inszenierungen tatsächlich gegen mehr Vielfalt, mehr Regie poltern kann.

Aber was will man machen? Etwa betonen, dass man mir genau das unterstellt, was ich explizit nicht fordere und schon gar nicht sehen will? Dass ich seit Ewigkeiten nicht Gore für Sadisten, sondern eine reifere Dramaturgie für erwachsene Abenteurer fordere? Dass ich über Gewalt als ein Stilmittel von vielen diskutiere? Dass schon mein erster Satz all dem widerspricht, was hier an ekelhaftem Unsinn fabuliert wird? Ach, das wird immer und ewig so bleiben. Die digitale Spirale der Ignoranz dreht sich in Foren so wund, dass es zu abstrusen Verdrehung der eigentlichen Argumentation kommt – intellektuell überaus schmerzhaft.

Es reicht aus, wenn ein paar Leser mit zu einer Debatte tauchen, wo es angenehm kühl, turbulent und vielschichtig sein kann. Die Grundvoraussetzung dafür ist nicht die Zustimmung, sondern ganz einfach das Verständnis der Argumentation. Irgendwann werden Spiele erscheinen, die über den reinen Spaß hinaus zum Reflektieren und Diskutieren anregen, in denen Gewalt ein wichtiges Stilmittel ist – darum geht es. Noch steckt das Spiel in der kulturellen Pubertät, mit allen fantastischen Höhen und hysterischen Tiefen.

Es wird auch bekannte Pfade verlassen müssen, um zu reifen.
Soweit ich das nach Beurteilung des von mir gelesenen sagen kann, haben bis auf einige Ausnahmen doch recht viele hier durchaus verstanden, was die Intention deiner Kolumne war. Die teilweise scharfe Kritik daran rührt daher, dass du mit deiner Meinung auf dem Holzweg bist (nicht grundsätzlich, aber die Lösung des Problems berteffend).

Zunächst: Eine authentische, realistische Gewalt muss nicht unbedingt besonders explizit oder gar „in Zeitlupe“ „minutenlang“ gezeigt werden, um die von dir gewünschte, „erwachsene“ (für normal entwickelte Menschen also als unangenehm empfundene) Wirkung zu haben. In guten Filmen und Büchern reichen Andeutungen und erzählerisches Können meist aus, um die gewünschten Reaktionen beim Publikum/Leser zu erreichen.

Wenn schon Gewalt, dann nicht durch verstörende Bilder und unwichtige, effekthaschende Einzelheiten, sondern durch geschickte narrative Strukturen und durch auskleiden der Auswirkungen auf Geist, Seele und Menschlichkeit.
Das nenne ich einen erwachsenen Umgang mit dem Thema.

Das geht bei Spielen auch. Man kann die Auswirkungen der Gewalt durchaus reflektiert darstellen, ohne das bereits gegessene Mittagessen zu gefährden. Mit subtilen, aber effizienten Mitteln.

Deshalb ist es absolut nicht nötig, die ohnehin schon allgegenwärtige Darstellung von Gewalt (auch wenn diese meist poliert und geschliffen präsentiert wird) auch noch durch unangemessene Details, die die meisten Menschen nicht sehen wollen, zu verschärfen. Gerade bei Spielen nicht.

Das Problem bei Spielen ist doch, dass man als Spieler immer ein Teil der Geschichte ist. Anders als beim Buch oder Film, kann man hier nicht aus der Rolle des Beobachters heraus an der Sache partizipieren, sondern ist immer in der ausführenden, aktiven Rolle. Damit zwingt einen das Spiel oft, gerade durch die Immersion, die Gewalt selbst ausüben zu müssen, von der man sich als Zuschauer oder Leser noch distanzieren könnte. Dadurch verstärkt sich der unangenehme Effekt auf das eigene Befinden, wenn die Gewalt und Brutalität auch noch allzu ausufernd gezeigt werden.

Es wäre demnach also angebracht, wenn Spiele grundsätzlich weniger von Gewalt geprägt wären und mir die Möglichkeit geben würden ganz tief in die Geschichte eintauchen zu können, ohne von mir ständig Dinge zu verlangen, die mir nicht liegen (sprich: Töten, Menschen Leid zufügen, Schusswaffen gebrauchen). Oder besser Gesagt: Dinge, die ich nicht mehr sehen kann, weil sie seit Jahren immer und immer wiederkehren und ich dabei älter und reifer werde, während die Konzepte nicht weiter reifen.

Es ist doch so: In beinahe allen Spielen bekomme ich als erstes irgendeine Waffe in die Hand gedrückt. Abgesehen von wenigen Ausnahmen besteht mein Tun in der Welt des Spiels beinahe immer aus Töten, Schlagen, Treten, Schießen, gefährliche Zauber sprechen, Leute verfluchen oder verhexen. Ob als Soldat oder Söldner, Barbar, Schurke, Gangster, Attentäter, Terrorist, ja selbst als Mönch, Zauberer, Bauer oder unschuldiger kleiner Junge wird meine Einflussnahme auf die Pixelwelt überwiegend mittels Schwert, Pistole, Gewehr, Bogen, Feuerball, Dolch, Drahtseil, Keule, Faust oder Stiefel stattfinden. Selbst als Klempner springe ich anderen Figuren auf den Kopf ;-).

Dagegen stehen ein paar Knobel- oder Sportspiele, vielleicht noch ältere Adventures und neuerdings zum Glück vermehrt die Indie-Spiele. Insgesamt erschreckend wenig und als Gegengewicht kaum erwähnenswert.

Und jetzt kommst du und willst mit deinen Forderungen nach abschreckender Gewalt noch mal eine Schippe drauf werfen. Und das, obwohl der Grad der Darstellung (sowohl des Details aus auch quantitativ gesehen) ohnehin seit vielen Jahren bereits deutlich oberhalb der Geschmacksgrenzen liegt.

Du siehst, dass ich dasselbe will wie du, nur der Weg dahin führt bei mir nicht über Magenverstimmung und Übelkeit sondern über die neuen Wege, die du ja auch forderst. Ich frage mich demnach, wieso du nicht auch zunächst an das naheliegende gedacht hast und stattdessen die abstruse Theorie mit der Abschreckung bevorzugst.