Kajetan hat geschrieben:PS: Baldurs Gate 2 und PS:T sind herausragende Spiele, aber keine Kunst, weil sie beide die sichtbare Wahrnehmungsebene nicht verlassen. Da steckt nicht mehr drin, als an Daten drin steckt. Da gibt es keine versteckten Bedeutungen, keine Allegorien, keine Symbolik, keine Interpretationen, keine Mehrschichtigkeit. Alles ist so, wie es auf den ersten Blick ist. Eine Handlung, ein bestimtes Featureset und eine Interaktivität innerhalb dieser Rahmenbedingungen. Und spielt man das Spiel zu Ende, dann ist das Spiel einfach zu Ende. Da ist nicht mehr als nur das Spiel.
Dear Esther soll also mehr sein als das plumpe Ablatschen karger Felsformationen, weil es bewusst, ganz ohne Budget-Hintergedanken, auf alle Gameplayaspekte verzichtet und lieber ein paar OneLiner aus den Boxen raushaut? Wohl eher das Resultat deiner blühender Fantasie.
Man kann auch einen Scheißhaufen betrachten und es als höchste Form der Kunst und haste-nicht-gesehen interpretieren. Was mag demjenigen wohl durch den Kopf gegangen sein, als er das Ei abseilte? Welche Vergangenheit mag diesen Mensch gezeichnet haben und was hätte er alles zu erzählen gehabt? Da steckt ja so wahnsinnig viel dahinter. Auch wenn's nur ein Scheißhaufen ist...
PS:T, das sich bei der eigenen Identität mit einem der bedeutsamsten Themen seit Menschengedenken befasst und trotz 1,5 Millionen Zeilen Text jede Menge Interpretationsfreiheiten gewährt, verfügt folglich über keine Mehrschichtigkeit. Die inhaltslose Grafik-Demo Dear Esther hingegen hat sie, ja? Na dann viel Spaß mit dem nächsten Futuremark-Produkt, da dürfte einigen der Zylinder hochgehen und das Monokel in den Champagner fallen vor so viel Kunstfertigkeit und Tiefsinn.