Kelad hat geschrieben:Ich hab das Gefühl als wenn das erste Mass Effect schon jetzt mit der verklärten Nostalgie betrachtet wird, mit der nicht nur Rollenspieler den Blick in die erklärtermaßen "bessere" RPG-Vergangenheit zurückwerfen. Natürlich waren KotoR und BG2 geniale Rollenspiele, aber das sollte weder die Errungenschaften des einzigartigen Jade Empire noch die spektakuläre, actionreichere Inszenierung eines Mass Effect entwerten.
Ich habe das erste Mass Effect verschlungen. ca. 8mal durchgespielt, 6 unterschiedliche Charaktere zum Finale geführt. Mein letzter Durchgang fand direkt vor dem taggenau geplanten (ja, bissle verrückt isses schon.

) Eintreffen von ME2 statt. Sicher ist das Finale genial ... sicherlich wirkt die Story dichter, aber erinnert sich eigentlich keiner mehr an die Längen des Spiels? Durch Noveria musste ich mich richtiggehend durchbeißen. Viele der Questen habe ich beim dritten Durchlauf nicht mehr angefasst (Geth Incursion, Dogs of Hades usw.) und das Gameplay war schon ohne den Vergleich mit dem eigenen Nachfolger unglaublich behäbig und irgendwann auch nicht mehr fordernd (Spectre-Sturmgewehr + Kühlung + Schadenserhöhung + Radioaktivmunition -> nie wieder etwas anderes verwendet). Mit zweiminütigem Dauerfeuer ein Feuergefecht (oder länger: Saren auf Insanity) zu bestreiten hatte zwar was für sich, aber wirklich aufregend war das nicht.
Nicht "Früher war alles besser." sondern "Früher war alles anders." Ich bezeichne mich selber als P&Pler und Freund anspruchsvoller Rollenspiele (Planescape Torment), aber das hat meine Begeisterung über das dramatische, zum Teil atemlose Spielerlebnis der beiden Mass Effect-Teile nicht im Geringsten geschmälert. Als Vorbereitung auf den dritten Teil, von dem wir ja alle wussten, funktioniert ME2 für mich hervorragend. Er schafft das Team, schmiedet die Bande zwischen den Gruppenmitgliedern (oder eben auch nicht) und sorgt dafür, daß wir die Wesen mit denen wir in die entscheidende Schlacht ziehen werden, wirklich kennenlernen.
Dunkle Flecken auf ihren weißen / grauen Westen ergründen und am Ende, wenn das Finale kommt und die letzten Worte gewechselt werden, wirklich das Gefühl haben, Freunde gewonnen zu haben (oder zumindest ihren Respekt zu genießen). Es gab soviele bewegende Momente in beiden Mass Effect-Teilen, daß ich für mich feststellen musste, daß es die erste Spielereihe ist, die wirklich in der Lage ist, solche Gefühle in meiner Rolle als Shepard zu erzeugen (der letzte Blick auf das Bild der Angebeteten, Tali eine tröstende Umarmung schenken, mit Liara oder dem Doc/Joker in Erinnerungen schwelgen).
In dieser Wirkung zieht mich Mass Effect (gleich welcher Teil) sobald der Titelbildschirm erscheint, gleich wieder in seinen Bann. Es ist nicht nur mein Shepard, der sich hier als einziger gegen diese furchtbare Bedrohung zu stemmen scheint. Es bin ich, der mit seiner Konsequenz, seinen Entscheidungen leben muss.
Rollenspiel oder einfach nur die Wirkung auf einen Einzelnen? Weiß nicht ob es Sinn macht darüber zu diskutieren, aber für mich war ME2 auf jeden Fall das Rollenspiel des Jahres.
Ich ziehe meinen Hut vor Thornton, aber: DU bist Shepard.

Viel Spaß euch PSlern da draußen, wenn ihr endlich in den Geschmack dieser Perle kommen werdet.