4P|T@xtchef hat geschrieben:@Brakiri: Der Eurogamer.net-Test vertritt einen markanten eigenen Standpunkt, was ich gut finde. Es ist das nötige kühle Gegengewicht zur Euphorie, die ja manchmal auch stilistisch kaum erträgliche Züge annehmen kann.
Allerdings liest sich diese 8/10 höchstens wie eine 6/10 - schade, dass man da in der britischen Redaktion nicht so konsequent war und weiter runter gegangen ist. Denn letztlich bleibt in dieser Review fast nichts Gutes hängen. Zu deiner Frage: Sie deckt sich in ihrer Kernkritik, dass Dragon Age die Vision, Inspiration und Seele fehlen würden, nicht mit meiner Spielerfahrung.
Ich kann diesen nüchternen Blick aber ansatzweise nachvollziehen, wenn jemand nach fünf Stunden eben nicht dieses Kribbeln im Nacken verspürt, wenn sich die Welkarte öffnet, wenn jemand viellicht nicht Baldurs Gate gespielt und aufgesogen hat - mich hat das Spiel oft an den Klassiker erinnert. Man muss sich natürlich auch den Klischees innerhalb Fereldens hingeben, um seinen Spaß zu haben - man muss quasi seine Rolle vor der Mattscheibe spielen.
In der Eurogamer-Kritik ist die Distanz zwischen Tester und Spielwelt spürbar, da hat es einfach nicht
gefunkt, was dieser Satz ganz deutlich macht:
Uninvolved, you make calls with your head and not your heart, and you never feel like you can escape the gravitational pull of the game's design the way you can in, for example, Bethesda's RPGs.
Dass man Entscheidungen nur mit dem Kopf, aber nicht mit dem Herzen fällt, bedeutet letztlich, dass einen das Spiel kalt lässt - das kommt vor und es ist gut, wenn man diese Erfahrung so schildert. Bei mir war das aber ganz anders - wir unterhalten uns hier in der Redaktion durchaus emotional über unsere Erfahrungen mit Mord, Verrat und Intrigen in Ferelden.
Die Vision: Ist natürlich knifflig, weil es für Spieldesign ein viel zu großes Wort ist. Wer hatte die letzte Vision? Der Tetris-Schöpfer? BioWare bedient sich wie viele andere letztlich bei Altbekanntem. Aber die Kanadier erschaffen dennoch eine eigene Fantasywelt mit mythischem Hintergrund und einem klaren, erwachsenen Leitmotiv - dieses Dragon Age ist daher "visionärer" als Baldurs Gate. Und jeder Weltenschöpfer greift letztlich auf Traditionen zurück.
Die Inspiration: Die sehe ich definitiv. Denn die Party-Interaktion wird auf ein neues Niveau gehoben, die Beziehungen unter den Charakteren und die Konsequenzen gibt es in dieser Form in keinem anderen Rollenspiel.
Die Seele: Auch knifflig. Was hatte Seele? Shadow. Und vor allem Okami - das war regelrecht beseelt. Mit diesem kreativen Weltdesign kann Dragon Age auf stilistischer und künstlerischer Ebene nicht mithalten, aber es hat spätestens dann Seele, wenn ich mich bei einer Szene schockiert abwende, wenn ich über Stens Kommentare lache, wenn ich mich mit Morrigan (ich liebe diese Frau) amüsiere, wenn ich mit dem letzten Schlag den verdammten Hurlock köpfe.
But there's something missing from Dragon Age. There's no alternative to the eeriness of Elder Scrolls, the colourful exuberance of Warcraft, the gritty savagery of Warhammer, the classical lyricism of Tolkien.
Tja, hier wird es natürlich knifflig, weil man das näher erläutern müsste - aber ich möchte nicht jeden Vergleich ohne Kenntnis des Autors auseinander nehmen. Ich würde Dragon Age eher als etwas Eigenständiges einreihen und vielleicht von einem
merciless, intrigant and adult approach of fantasy sprechen.
Ach so:
Moments of wonder? Die gibt es. Oh ja. Und vor allem
Moments of nasty surprise.
