Z101 hat geschrieben:
Wenn manche Spielelemente also, angeblich, nicht vernünftig umsetzbar sind, dann muss man die Karriere als Dieb halt ganz aus dem Spiel nehmen anstatt so halbgare Dinge einzubauen. Oder es wie in älteren Spielen machen ... dort wurde man bei eklatanten Verstössen zum Beispiel einfach ins Gefängnis geworfen und das Spiel war zu Ende. Man musste neu laden. Das passte besser in so ein Spielgeschehen als die Softi herangehensweise heute, der arme Spieler soll ja bloss nicht neu laden müssen.
Tatsache ist das ein hervorragendes anspruchsvolles Spiel wie Baldurs Gate 2 es heute schwer hätte überhaupt einen Publisher zu finden. Dragon Age ist davon nur noch ein müder Abklatsch.
Ich finde auch, dass da ein bessere Lösung möglich wäre - gerade wenn man sich immer wieder als Nachfolger im Geiste Baldurs Gate's präsentiert, sollte man doch erwarten, dass man nicht hinter dem Vorgänger zurückbleibt. Denn da gab es ja auch die simple Lösung, dass bei entdecktem Diebstahl die komplette Stadtwache anrückte, man entweder Gold zahlte und ins Gefängnis ging. Wie schon meine Vorredner gesagt haben: Wenn man schon aufwendig eine geskriptete Diebeskarierre einbaut, sollte es doch nicht der Akt sein, auch noch zwei, drei Standard-Reaktionen auf missglückten Diebstahl zu programmieren - und sei es nur ein "Mach das nie wieder. Ich pass ab jetzt auf.", wonach alle Items des Charakters bzw. aus allen Kisten im Umkreis gelöscht werden. Das sollte auch mit dem heutigen Stand der Technik kein Problem sein.
Trotzdem stößt es mir zunehmend auf, wenn sich die 4Players-Test jedes mal an dieser Kleinigkeit aufhängen. Wer sich die letzten größeren RPG-Tests hier anschaut, wird schnell merken, dass es zu jedem linearen RPG-Titel mindestens einen Absatz zu dem Thema gab. Und das finde ich dann doch reichlich kleinkariert, wenn einerseits von gradiosen epischen Geschichten erzählt wird, andererseits eine allgemein akzeptierte Marginalie auf Teufel heraus kritisiert wird.
Ich habe bisweilen den Verdacht, dass hier mit zweierlei Maß gemessen wird. Klassiche Open-World-Maßstäbe werden an Spiele angelegt, die eben keine perfekte Simulation einer Fantasy-World sein wollen, sondern eher ein Kinofilm, bei dem man selber die Handlung bestimmt. Dinge, wie der folgenlose Diebstahl, die geringe Interaktivität der Umgebung und ganz besonders die Beschränkung von Handlungsorten werden dabei in Kauf genommen, um mehr Zeit für den zentralen Teil des Gameplays, die Handlung und deren Präsentation, zu haben. Schöner wäre es natürlich, wenn alles gleich perfekt wäre, aber ein Abwertungskriterium sehe ich in diesen Aspekten eher nicht. Oder hätte man Slumdog Millionaire den Oscar aberkennen müssen, bloß weil es keine nicht auch nooch Actionsequenzen gab (verglichen z.B. mit Forrest Gump)?
Umgekehrt wird schließlich bei Open-World-Spielen der Preis des Simulationstreue als naturgegeben akzeptiert. Dass man in einer Open World, z.B. 10% seiner Zeit damit verbringt, sich zu orientieren, ist etwas, was nur selten thematisiert wird. Die Verdünnung von Stories durch etliche Stunden Wald- und Wiesenspazieren gelten als ebenso selbstverständlich, wie die gravierenden Balancingmängel, die sich spätestens nach der Hälfte des Spiels auftun (Ich las hier z.B. nichts davon, dass Fallout 3 zwar toll, aber ab der Mitte kindereinfach ist, von Oblivion ganz zu schweigen). Auch das Jeder-Kann-Sterben-Prinzip funktioniert nie richtig (entweder hat's keine Auswirkungen, vgl. Gothic 3, oder es gibt doch ein paar Unsterbliche, vgl. Oblivion), dennoch wird es als natürliche Grenze des Spiels gesehen und taucht in keinem Bewertungskasten auf.
Wie gesagt, das Diebes-Feature bei Dragon Age seh ich persönlich auch als Fauxpax. Wenn es Teil der Handlung ist, soll man es richtig umsetzen. Trotzdem nervt es mich, dass man bei 4Players eigentlich immer 5% auf Nicht-Open-World-Spiele draufrechnen muss, während Bethesda, Fable und Co die Toplisten dominieren.