Nun bin ich anders als viele Zeitgenossen eben doch nicht so gestrickt, schwarz-weiß zu denken, also etwas entweder sinnlos hochzujubeln oder alles für Mist zu erklären. AoC hat großes Potential.
Ich jedenfalls möchte hier mal bekunden, so gut ich AoC in vielen Aspekten finde, ich habe einfach allmählich angefangen mich zu langweilen, und daran ändern auch fliegende Köpfe nichts, wenn das Spiel selbst jenseits der 30 etwa so viel Substanz hat wie eine Buchstabensuppe. Ich empfinde das vor allem als schade. Die Dinge die fehlen, unvollständig oder schlicht verbuggt sind, sind eben leider doch so viele, dass angesichts des durchschnittlichen Patch-Tempos kaum zu erwarten ist, dass das Spiel in den nächsten Wochen/Monaten entscheident verbessert wird. Ich hatte erst gehofft, gut das Meiste sei wohl fast fertig, es kommt sicher bald. Der magere Inhalt der Patchnotes und der Aufbau des Testservers zeigen mir aber, dass die Dinge, die viele vermissen, wahrscheinlich eher rudimentär falls überhaupt, vorhanden sind. Verglichen mit anderen MMOs bedeutet das durchaus eine realistische Zeit von bis zu einem Jahr bis das Spiel eine passable Form angenommen hat. Leider ist die dürftige Kommunikation seitens Funcom auch nicht wirklich dazu angetan, Zweifel zu zerstreuen, denn man fragt sich schon, WENN da etliches in Bälde zu erwarten WÄRE, wieso sich in Schweigen hüllen? Oder anders gesagt: mir sagt dieses Schweigen mehr als tausend Newsletter, nämlich dass sie nichts sagen weil es nichts gibt, das so "fast fertig" ist, das man es schon ankündigen könne.
Nun mag mancher sagen, genieße doch was da ist, und es ist sicher schön, wenn das manchem gelingt. Ich ahne aber, aller eurphorischen PR-Jubelchöre zum Trotz, dass nicht alles rosa ist im Lande Conans. Klar, man mag es alles abtun, die sinkenden Zahlen sich einloggender Gildenmitglieder, man kann alle Kritik als Heulthreads brandmarken - geholfen hat dieses Vorgehen noch keinem MMO. Dem Häuflein Unbeirrbarer ist es sicher gleich, ob es am Ende noch 30 oder 3 Server gibt, Funcom ist es sicher nicht egal, und aus meiner Sicht wäre es nur eine weiter vertane Chance auf ein wirklich großes MMO. Mir kommt jedenfalls ein sehr blödes Anarchy Online deja vu auf, und das läßt mich nicht gerade hoffen.
Mir ging es jedenfalls so, dass ich da stand, merkte, dass ich mich immer weniger einloggen wollte und nur empfand, hey ich könnt mich jetzt einloggen... könnts aber auch lassen, und es dann mehr und mehr sein ließ.
Ich denke alles in allem fehlt dem Spiel doch etwas an der Vielfalt, die andere MMOs haben. Wenn man bspw. bedenkt, dass es nur 3 menschliche Rassen gibt, und sich die meisten Klassen auch sehr auf drei Spielweisen beschränken lassen, dann fallen die anderen Mängel eben noch mehr ins Gewicht. Klar wirken die Kämpfe optisch klasse. Nie zuvor hat man so viel "impact" erlebt, man fühlt richtig wie man auf die Gegner drischt und sieht die Wirkung. Das ist viel schöner als das bloße Abspulen von skills in anderen MMOs.
Andererseits sieht man im Gruppenspiel, dass die ganzen schönen Attacken doch recht gleichförmig sind. Man hat nen Tank - gewöhnlich werden in Gruppen eh nur Wächter genommen - nen Heiler und sonst ist es "alle kloppen druff bis XYZ tot umfällt". Da fand ich die Klassen in gewöhnlichen MMOs viel mehr aufeinander bezogen und taktischer in der Anwendung von skills, wenn ich etwa mal das Kampfsystem von Vanguard als positives Beispiel nehme. (Nein, WOW habe ich NICHT gespielt!) Ich denke, man wollte ein aktiveres Kampfsystem, was teils auch gut gelungen ist. Andererseits wollte man auch kein Konsolen-like hack und slay, was sicher die Geschicklichkeit vieler überfordert hätte. So in diesem Kampfstil bleiben aber auch langfristig nicht viele Finessen, und je mehr Klassen ich spiele, desto mehr sehe ich den gleichen Typ in leichter Rüstung und mache mehr oder weniger das gleiche. Skill auslösen, rechts Schlag, links Schlag, Combo fertig, egal welche Klasse man spielt. Es sein denn man spielt Heiler od. Magier, dann muss man nicht mal rechts/links schlagen. So ist aus meiner Sicht netto das Kampfsystem langfristig eher weniger Komplex als andere, auch wenn es viel spektakulärer aussieht.
Gerade wer mal die große Klassen und Rassenvielfalt von Vanguard ausprobiert, wird sehen, dass man dadurch viel mehr Lust hat, mal was anderes zu machen, da sich auch jede Klasse wirklich einmalig spielt, ähnlich ist es mit EQ2, auch wenn ich die Klassen von VG für besonders gelungen halte.
Zum Setting gilt sicher änhliches. Sicher, die Welt hat eine wirklich großartige Atmosphäre. Aus einem Grund, den ich nicht 100% benennen kann komme ich in der Welt aber emotional nicht an. Vielleicht liegt es daran, dass die "Rollen", die Stereotype nicht sehr vielfältig sind, es ist eben ruppige Barbaren und oh noch mehr ruppige Barbaren. Ok, ich übertreibe etwas, aber im Vergleich zu den vielen Identitäten die man in EQ2, VG, WOW und dergl. annehmen kann ist Conan doch etwas "verengt", wenn ich es so sagen darf. Das ist sicher auch Geschmackssache, aber etwas in Conan spricht mein Inneres nicht so an, fängt mich nicht, läßt mich nicht verweilen und erforschen wollen, wie ich es sonst eigentlich in allen MMOs empfand.
Zu guter Letzt leidet auch die Langzeitmotivation. Man weiß kaum was man groß erwarten soll. Ab Level 20 kommt an wirklich fundamental neuen Skills nichts mehr dazu (was leider auch in Vanguard so war). Anders kenne ich es aus EQ2, wo man weiß, in level soundso bekommt man den ganz neuen Skill/Spell und arbeitet darauf hin, oder mit dem und dem Level bekomme ich diese neue Rüssi oder so etwas. Oder viele meiner Bekannten die WOW spielen und mir berichten, man bekommt halt immer doch ein kleines Goody, ein paar Handschuhe, ein neues Schwert am Ende des Tages, eine Kleinigkeit die man am Spielende mitnimmt und sich ein wenig belohnt fühlt, wo man nicht nur auf Dinge hinarbeitet die doch sehr weit weg sind, wie Gildenstädte. Vor allen dieses "oh, noch ein Rock wie ein Kartoffelsack"-Gefühl bei all dem lahmen Loot ermüdet einen rasch. Ich bin in mehrere kleine Dungeons, weil ich in alter MMO Manier eben mal erforschen wollte und hoffte, irgendein Mob droppt mal was nettes, irgendein Boss läßt was cooles fallen, aber nix. Lohnen tut sich das nie, und bei aller Schönheit des Erforschens selbst rentiert sich der Einsatz leider praktisch nie. Abgesehen davon, dass mir die Welt schon bald recht klein wirkt. Vielleicht täuscht man sich wegen der Zonen, aber für Leute die das offene Vanguard und WOW gewohnt sind wirkt diese Zonen-Hüpferei doch sehr beengt, da kommt fast ein wenig Dungeon Siege Feeling auf, so als bewege man sich durch lauter Tunnel.
Und so kommt Hölzchen zu Stöckchen. Ich gönne es echt jedem, dem AoC so genügt, aber da ist ja wohl jemand als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet. Ob die vielen vereinfachten Dinge durch anderes in absehbarer Zeit auszugleichen sind? Ich verfolge es sicher aus einer gewissen Distanz, denn ich hoffe schon, dass sie aus AOC was machen, aber ob das gelingt - die Aufgabe ist jedenfalls nicht gering, und die Frage bleibt, ob sich Blizzard am Ende einen weiteren Kopf "geschlagener MMOs" an die Wand hängen wird.
