The Name of the Wind & The wise man's fear von Patrick Rothfuss
Zwar nicht gerade Geheimtipps, dafür bei mir schon seit langem überfällig. Habe zuletzt vor 8 Jahren glaube ich "Der Name des Windes" gelesen und konnte mich nur noch sehr schlecht erinnern.
Im englischen Original natürlich schon eine Herausforderung. Rothfuss schreibt nicht nur auf sprachlich sehr hohem Niveau, sondern verwendet auch viele im alltäglichen Sprachgebrauch alles andere als übliche Vokabeln (nicht im Sinne eines altertümlich klingenden Englischs, sondern einfach im Allgemeinen). Musste öfter mal nachschlagen, was natürlich den Lesefluss etwas gestört hat. Das war es aber trotzdem wert: nicht nur aus Prinzip, das Original zu lesen, sondern auch weil ich das Gefühl hatte, dass sehr viel Poesie in der Erzählung mitschwingt, auch wenn alles in Prosa geschrieben ist. Und niemand würde auf die Idee kommen Poesie übersetzt zu lesen
Aber wie immer gewöhnt man sich an die fremde Sprache und irgendwann geht es bis auf vereinzelte Vokabeln runter wie Deutsch.
Auf jeden Fall absolut lesenswert. Jeder, der von sich behauptet, gerne Fantasy zu lesen, muss auf jeden Fall zumindest Teil 1 mindestens einmal ganz gelesen haben. Fantasyromane, die sich zwar stellenweise ganz behutsam bekannter Elemente anderer Ikonen bedienen, aber immer als Ganzes vollständig einzigartig bleiben, wie ich finde.
Ok, eine Einkleidung in Gegenwart als Aufhänger und Rückblick als eigentlicher Hauptteil der Erzählung ist zwar alles Andere als neu, aber hier trotzdem sehr erfrischend umgesetzt. Vor allem konsequent umgesetzt in der Erzählung in der ersten Person durch Kvothe selbst. Ich-Erzähler sind nicht ohne Grund nicht die Regel sondern die Ausnahme. Manchmal passt es aber perfekt, so wie hier. Kvothe ist ein wunderbarer Erzähler. In die Erzählung schleichen sich immer wieder geschickt platzierte Kommentare zum "gerade geschehenen" ein, die einen neugierig auf mehr machen und ab und an auch sehr schön Emotionen liefern. Auch eine Eigenheit ist, dass Kvothe gelegentlich "spoilt". Wichtige Eckpunkte seiner Geschichte sind ja schon sehr früh bekannt. Aber das nimmt auf keinen Fall Spannung raus, im Gegenteil. Der Weg ist hier das Ziel. Auch die Schwerpunktsetzung dieses Erzählers in der Erzählung gelingt gut: auch wenn es gelegentlich vielleicht irritierend wirkt, wenn Kvothe zwischenzeitlich etwas auf den ersten Blick wichtiges weglässt, das ist in Windeseile wieder vergessen, und nachher denkt man sich: war doch nicht so wichtig, zum Glück hat er das übersprungen. So werden Längen ziemlich gut vermieden. Einzig in der Gegenwart irritiert mich ab und an, dass anscheinend die Innenperspektive gelegentlich gewechselt wird, womit ich persönlich ein Problem habe, da das auf mich unnatürlich wirkt. Entweder verlegt man sich auf die Innenperspektive bloß einer Person oder aber man bleibt komplett in der Außenperspektive. Ist aber jammern auf allerhöchstem Niveau und wie gesagt eher ein persönliches Ding.
Die Welt ist sehr stimmig konstruiert. Nicht übermäßig komplex aber auch keineswegs einfach. Alles in allem aber sehr glaubwürdig. Vor allem weil so viele Facetten beleuchtet werden: das Leben der einfachen Leute, aber auch der politisch relevanten Adelsschichten, die Wissenschaft, fremde Kulturen (das Söldnervolk der Adem ist ganz große Klasse), aber natürlich auch düstere Aspekte wie Rassismus, Sexismus und das Elend der Armen.
Musik und Schauspielkunst spielen ebenfalls wichtige Rollen und werden wunderbar, auch ziemlich ausführlich, eingearbeitet. Mag vielleicht auf den ersten Blick seltsam anmuten, überzeugt aber vollkommen, wenn man sich klar macht, dass die Geschichte in einer (wenn auch fiktiven) mittelalterlichen Welt spielt
Ganz besonders hervorzuheben ist mMn die "Magie". In Anführungszeichen deshalb, weil Rothfuss da wirklich sehr geschickt eine "Wissenschaft" draus macht (auch wenn es verschiedene Arten Magie gibt und das auf sie unterschiedlich stark zutrifft). Das ist für Fiktion absolut glaubwürdig umgesetzt, auch wenn es nicht ganz einfach zu verstehen ist.
Die Handlung dreht sich um die Lebensgeschichte des berühmt berüchtigten Kvothe. Auch wenn sich ein roter Faden ab Zeitpunkt X durch die Ganze Geschichte zieht, ist es doch mehr eine Sammlung einzelner Abenteuer und Lebensabschnitte, wenn auch durch einen losen Rahmen zusammengehalten. Das macht das Ganze trotzdem nicht weniger spannend, weil die Abschnitte sehr geschickt miteinander verbunden sind: immer ist man neugierig wie es weitergeht.
Wichtige Informationen kommen bewusst sporadisch, aber trotzdem immer genau zur richtigen Zeit, so dass man immer hungrig bleibt, aber es nie frustriert (zumindest mich nicht).
Gerade am Handy keine Lust mich mit Markierungen und Tags herumzuschlagen, deswegen bringe ich konkrete Beispiele wegen Spoilerrelevanz erst später.
Ein kleiner Kritikpunkt ist, dass Rothfuss mMn ab und zu haarscharf am Kitsch vorbei schippert, aber auch das spoilt im Detail.
Insgesamt absolut großartige Fantasyliteratur, die ich nach dem ersten Einlesen geradezu verschlungen habe. Auf jeden Fall weiter zu empfehlen!