Allgemeiner Politikthread

Hier gehört alles rein, was nichts mit dem Thema Spiele zu tun hat.

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Armin
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Armin »

Fuer Bazongo gab es doch extra die vorletzten beiden Enterprise Folgen :mrgreen:
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KING_BAZONG
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von KING_BAZONG »

Wulgaru hat geschrieben:Hm, komisch das jede einzelne Star Trek Serie demonstriert wie eine Crew aus verschiedenen Völkern und Kulturen in Eintracht zusammenarbeitet und auf allen Förderationsplaneten dutzende von verschiedenen Alienrassen mit Menschen zusammenzuleben scheinen. Aber du bist da sicher einer Sache auf der Spur Bazong.
Komisch, dass Star Trek auch die Direktive der Nichteinmischung propagiert, inklusive dem unbemerkten Ausspähen von noch isolierten (und nun exotisch anmutenden) Völkern, die sich ihre ureigenen Merkmale bewahrt haben. Doch nicht so verkehrt, wenn man durch andere Kulturen noch nicht so "gestreckt" wurde ;)
Und dann die vielen Menschen und Klingonen im Romulanischen Rat oder bei den Klingonen...ähm...es scheint sich der Multikulti-Gedanke doch wohl nur in bestimmten Bereichen "etabliert" zu haben :mrgreen:

Und es ist doch einfach wunderbar multikulti, dass Urvölker in Brasilien nun auch durch Masern dahinsiechen oder im Michael Jackson-Shirt auf die Jagd gehen. Multikulti ist einfach die Allroundlösung für alles und daher muss auch der Grieche endlich deutscher werden und soll sich nicht so gegen unsere Kultur sperren 8)

Stimmt's, Arminius ? :lol:
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mr archer
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von mr archer »

"In diesem Sinne ist Identität immer eine strukturierte Repräsentation, die ihr Positives nur mit dem engen Auge des Negativen wahrnimmt. Sie muss durch das Nadelöhr des Anderen gehen, bevor sie sich selbst konstruieren kann."

(Stuart Hall: Das Lokale und das Globale: Globalisierung und Ethnizität. In: Derselbe: Rassismus und kulturelle Identität. Hamburg, 1994. S. 45)

Sehr zur Lektüre empfohlen. Das ganze Buch. Noch ein paar Gedanken von ihm zum Thema:

"Die Vorstellung, Identität habe etwas mit Menschen zu tun, die alle gleich aussehen, auf dieselbe Weise fühlen und sich selbst als Gleiche wahrnehmen, ist Unsinn. Identität als Prozess, als Erzählung, als Diskurs wird immer von der Position des Anderen aus erzählt."

"Nationale Kulturen sind eine eindeutig moderne Form. Die Untertanentreue und Identifikation, die in vormodernen Zeiten oder in traditionellen Gesellschaften dem Stamm, dem Volk, der Region oder der Religion galt, wurde in westlichen Gesellschaften allmählich auf die nationale Kultur übertragen. Regionale und ethnische Differenzen wurden allmählich dem sub-sumiert, was Gellner das `politische Dach´ des Nationalstaats nennt, durch die er eine machtvolle Bedeutungsquelle für moderne kulturelle Identitäten wurde."

"Wir sollten nationale Kulturen nicht als etwas Einheitliches, sondern als einen diskursiven Entwurf denken, der Differenzen als Einheit oder Identität darstellt. Sie sind von tiefen inneren Spaltungen und Differenzen durchzogen und nur durch die Ausübung kultureller Macht `vereinigt´. Wie in den Imaginationen vom `ganzen´ Ich, von dem die lacanianische Psychoanalyse spricht, erhalten sich Identitäten, indem sie als einheitlich repräsentiert werden. Eine Art, sie zu vereinheitlichen, besteht darin, sie als Ausdruck einer ihr zugrunde liegenden Kultur `eines Volkes´ darzustellen. Ethnizität ist der Begriff, den wir kulturellen Eigenschaften, wie Sprache, Religion, Gebräuchen, Traditionen und Gefühlen für einen `Ort´ geben, die von einem Volk geteilt werden. Aber dieser Glaube wird in der modernen Welt ein Mythos. West-Europa hat keine Nation, die nur aus einem Volk, einer Kultur oder Ethnizität besteht. Alle modernen Nationen sind kulturell hybrid."

"Als vorläufige Schlussfolgerung halte ich fest, dass die Globalisierung den Effekt hat, die zentrierten und `geschlossenen´ Identitäten einer nationalen Kultur zu bekämpfen und zu zerstreuen. Sie hat eine pluralisierende Wirkung auf Identitäten, schafft eine Vielfalt von Möglichkeiten und neuen Positionen der Identifikation und gestaltet Identitäten positionaler, politischer, pluraler und vielfältiger sowie weniger fixiert, einheitlich und transhistorisch."

"Andererseits gibt es gleichermaßen machtvolle Versuche, im Angesicht der Hybridität und der Verschiedenartigkeit reine Identitäten wiederzuerschaffen und Kohärenz, `Schließung´ und Tradition wiederherzustellen, z.B. die Rückkehr des Nationalismus in Osteuropa und den Aufstieg des Fundamentalismus."
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KING_BAZONG
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von KING_BAZONG »

"Keiner kann den Willen einer Nation ignorieren." Alexis Tsipras, Everybody's Linken-Darling, 2015
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mr archer
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von mr archer »

Es ist ein Irrtum, zu glauben, es gäbe nicht auch "auf der Linken" Fans der Nation.
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Wigggenz
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Beitrag von Wigggenz »

Es gibt Leute, die versuchen sich über Politik zu unterhalten... und dann gibt es Leute, die versuchen ernsthaft mit Star Trek zu argumentieren :lol: Zu dem einzigen Thema, zu dem sie scheinbar in der Lage sind, etwas beizusteuern.
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KING_BAZONG
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von KING_BAZONG »

Eben. Dieser wulgaru wieder, der Springinsfeld, der quirlige. Bringt einfach mal so Star Trek ins Spiel :lol:
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KING_BAZONG
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von KING_BAZONG »

mr archer hat geschrieben:Es ist ein Irrtum, zu glauben, es gäbe nicht auch "auf der Linken" Fans der Nation.
Es ist auch ein Irrtum, davon auszugehen, dass der Begriff der Nation automatisch mit nationaler Überheblichkeit und Abwertung anderer Nationen oder Nicht-Nationen einhergehen muss.
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mr archer
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von mr archer »

Nation definiert eine Zugehörigkeit. Sie ist damit ohne ein Gegenüber, das nicht zur Nation gehört, als identitätsprägender Begriff bedeutungslos. Siehe Halls erstes Zitat. Identität konstruiert sich dialogisch - sie braucht um Kontur zu gewinnen ein Gegenüber, das nicht dazu gehört.

Dieser Prozess muss nicht schief gehen. Macht er aber leider oft. Und er ist hochgradig politisch instrumentalisierbar.
Zuletzt geändert von mr archer am 16.07.2015 15:55, insgesamt 1-mal geändert.
Armin
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Armin »

KING_BAZONG hat geschrieben: Komisch, dass Star Trek auch die Direktive der Nichteinmischung propagiert, inklusive dem unbemerkten Ausspähen von noch isolierten (und nun exotisch anmutenden) Völkern, die sich ihre ureigenen Merkmale bewahrt haben. Doch nicht so verkehrt, wenn man durch andere Kulturen noch nicht so "gestreckt" wurde ;)
Dabei gehts um Imperialismus. Sobald die Voelker auf Warp level sind oder selber anfragen, wird froehlich vermischt, verheiratet und ausgetauscht.
KING_BAZONG hat geschrieben: Und dann die vielen Menschen und Klingonen im Romulanischen Rat oder bei den Klingonen...ähm...es scheint sich der Multikulti-Gedanke doch wohl nur in bestimmten Bereichen "etabliert" zu haben :mrgreen:
Ja nur bei den guten, die boesen moegen Multikulti halt nicht.

KING_BAZONG hat geschrieben:Multikulti ist einfach die Allroundlösung für alles und daher muss auch der Grieche endlich deutscher werden und soll sich nicht so gegen unsere Kultur sperren 8)

Stimmt's, Arminius ? :lol:
Das stimmt!
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Wigggenz
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Wigggenz »

KING_BAZONG hat geschrieben:Eben. Dieser wulgaru wieder, der Springinsfeld, der quirlige. Bringt einfach mal so Star Trek ins Spiel :lol:
Jetzt lies nochmal genau nach in welcher Form Wulgaru und in welcher Form du Star Trek hier verwendet hast ;)

Tipp: Das als ernsthafte Argumentationsgrundlage genutzt hat nur einer.
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Almalexian
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Almalexian »

Ach Bazong. Wenn du mit ST argumentierst solltest du die Serie schon in ihrer Aussage begriffen haben und nicht willkürlich für dich umdeuten. Roddenberry würde im Grabe rotieren. :roll:

Mal abgesehen davon dass du von Multikulturalismus anscheinend nicht den Hauch einer Ahnung hast.
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KING_BAZONG
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von KING_BAZONG »

mr archer hat geschrieben:Nation definiert eine Zugehörigkeit. Sie ist damit ohne ein Gegenüber, das nicht zur Nation gehört, als identitätsprägender Begriff bedeutungslos. Siehe Halls erstes Zitat. Identität konstruiert sich dialogisch - sie braucht um Kontur zu gewinnen ein Gegenüber, das nicht dazu gehört.
Ein Zugehörigkeitsgefühl habe ich nie in Frage gestellt. Das haste bereits in der Clique, dem Freundeskreis, der Familie. Das sind schon "Nationen" in klein ;)
Was ich in Frage stelle, dass dazu eine Überhöhung der eigenen und eine Abwertung aller anderen "nationalen" Gebilde um einen Vorraussetzung oder Folge sein muss. Das muss nicht zwangsläufig sein.
Das kann man steuern und lenken.
Dieser Prozess muss nicht schief gehen. Macht er aber leider oft. Und er ist hochgradig politisch instrumentalisierbar.
Was den Grundgedanken an sich nicht schlecht macht.
Der Sozialismus ist auch nicht scheiße an sich, nur weil die Praxis Menschenverachtendes daraus gemacht hat.
Zuletzt geändert von KING_BAZONG am 17.07.2015 06:07, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von KING_BAZONG »

Armin hat geschrieben:Dabei gehts um Imperialismus. Sobald die Voelker auf Warp level sind oder selber anfragen, wird froehlich vermischt, verheiratet und ausgetauscht.
Es geht aber in ST auch um Identitätsfindung anhand von Kultur, Tradition usw.
Siehe Worf, der von Picard immer wieder darauf hingewiesen wird, sich seiner (wenn man so will "national" begründeten) Wurzeln bewußt zu werden und diese auch zu pflegen. Also seiner durch "nationale Abgeschiedenheit" hervorgerufenen uralten Riten und Bräuche bzw. die seiner Nation/seines Volkes ;)
ST scheut keine Gelegenheit, diese exotisch anmutenden Handlungen als bewahrenswert erscheinen zu lassen.
Nation ist scheiße, aber der "edle Wilde" ist super, der noch nicht multikulti-"geschädigt" ist. Ne ? Zwiespalt, ick hör Dir trapsen :wink:
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mr archer
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von mr archer »

Du vermischst permanent "Kultur" und "Nation" und tust so, als würde das eine das andere bedingen. Beides sind identitäre Konstrukte. Allerdings auf ganz unterschiedlichen Gesellschafts- und machtpolitischen Abstraktionsgraden. Und mit einem sehr unterschiedlichen zivilisationsgeschichtlichen Alter. Da gibt es nichts gleichzusetzen. Im übrigen war Roddenberry zwar ein beinharter Verfechter kultureller Vielfalt. Dass an jeder dieser Einzelkulturen aber eine Nation zu hängen hat - da kannste bei Roddenberry lange und vergeblich suchen. Er vermeidet den Begriff komplett. Roddenberry war erklärter Humanist und technischer Positivist. So jemand braucht für seinen Utopieentwurf keine Nation mehr.

"Kulturen zu formen" im Sinne von gruppenbildender Identität über Sprache, Geschichte und Mythologie ist eine dem Menschen als biologische Gattung innewohnende Eigenschaft, die sich aus seiner Eigenschaft als soziales Wesen herleitet, das mit einem Gedächtnis ausgestattet ist, welches die Bezugsgruppe mit einschließt. Kultur ist hierfür das Bindeglied. Sozialer Gruppenkitt über erzählte Gemeinschaft. "Nation" hat damit erst einmal gar nichts zu tun. Die bedient sich nur gerade in der mittel-ost-europäischen Tradition sehr gern der Kultur, um sich als quasi natürlich und folgerichtig hinzustellen. Ist sie aber nicht. Und war sie nie.

Und Kultur ist übrigens auch wandelbar. Sie hinkt zwar der Gesellschaft dabei immer etwa eine Generation hinterher. Aber nichtsdestotrotz. Wandel allerorten und immerzu.