Allgemeiner Politikthread

Hier gehört alles rein, was nichts mit dem Thema Spiele zu tun hat.

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HerrRosa
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von HerrRosa »

Man sollte die genetische Vorbelastung durch inzestuöse Verbindungen nicht unterschätzen.
Die Übertragung einer Erbkrankheit ist bei einer Zeugung unter Vollgeschwistern mehr als 8 mal höher als bei nicht Blutsverwandten und auch nur, insofern die Eltern der Geschwister nicht auch schon in einem Verwandschaftsverhältnis standen (z.B Cousins 1. bis 3. Grads), da sich dadurch die Chancen für Defekte potentiern können.

Zumal die Argumentation ala, aber auch andere Verbindungen können etc....
Das Gesetzt hat noch nie nach dem Schema funktioniert. Wäre dem so, müssten bereits alle Drogen legal sein, da ja Alcohol und Nikotin dies bereits sind. Oder letztere verboten werden.

Lange Rede, keinen Sinn, ich bin ebenfalls für die Kippung des Paragraphen, aber die Fortpflanzung wird aus gutem Grund gesellschaftlich geachtet. Gegen einvernehmlichen Sex hingegen gibt es kein mir bekanntes und vernünftiges Argument.

Und bitte setzt ein Inzestverbot nicht mit Rassenhygiene und Retortenkonzeption gleich, dass wirkt einfach gezwungen liberal.
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Deuterium
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Deuterium »

Jop. Klar, erstens wird durch einvernehmlichen Sex keinem geschadet, zweitens lässt es sich sowieso nicht verhindern, oder gar kontrollieren und drittens bedeutet Sex ja nicht gleich einen Fortpflanzungsakt, wie Wigggenz schon sagte.
Die Biologie da jetzt aber rausnehmen zu wollen, weil sie einem politisch unkorrekt erscheint, oder man historischen Stolperdraht aufstellen will, ist wohl irgendwo affig. Es hat sich aus gutem Grund nicht durchgesetzt, dass sich Lebewesen allzu naher Verwandschaft kreuzen. Die Wahrscheinlichkeit, ein behindertes Kind in die Welt zu setzten, ist nun mal signifikant höher. Das ist eine Verantwortung, der man sich im Falle eines Falles stellen muss. Und es ist ein Risiko, das man in dem Fall wohl ganz bewusst eingeht. Und das finde ich nicht so super. Genauso wenig würde ich allerdings Leuten eine Erbgutweitergabe empfehlen, die nicht einsehen, ihren Drogenkonsum während der Schwangerschaft einzustellen, bekannte, dominante Erbkrankheiten aufweisen, oder sich schlicht keine Kinder leisten können. Kinderkriegen ist eine verantwortungsvolle Sache. Ich denke einfach, dass man dafür einen gesunden Rahmen schaffen sollte und sich nicht gleich mit bekanntem Handicap ins Getümmel stürzen sollte. Alles andere ist dem Kind gegenüber nicht fair.
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HerrRosa
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von HerrRosa »

Deuterium hat geschrieben:Genauso wenig würde ich allerdings Leuten eine Erbgutweitergabe empfehlen, die nicht einsehen, ihren Drogenkonsum während der Schwangerschaft einzustellen, bekannte, dominante Erbkrankheiten aufweisen, oder sich schlicht keine Kinder leisten können.
Beim Letzen muss ich energisch widersprechen.
In diesem Fall ist es die Aufgabe einer modernen Wohlstandsgesellschaft dafür zu sorgen, dass dem Kind kein eklatanter Nachteil gereicht. Klar bin ich mir bewusst, dass komplette Chancengleichheit utopisch ist, aber sobald dem Kind keine Mangelernährung und eingeschränkte Bildungung zukommt, sehe ich keine moralische Verpflichtung monetär schwach aufgestellter Menschen sich nicht Fortzupflanzen.

Nun beschimpft mich als Sozialromantiker :Blauesauge:
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Deuterium
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Deuterium »

SOZIALROMANTIKER !!!

Ja, wäre schon süß, wenn man finanziell schlecht Dastehenden ihren Kinderwunsch erfüllen könnte und kein Kind unter einem armen Elternhaus zu leiden hätte.
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Dark_Randor
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Dark_Randor »

MrPink hat geschrieben: Und bitte setzt ein Inzestverbot nicht mit Rassenhygiene und Retortenkonzeption gleich, dass wirkt einfach gezwungen liberal.
Naja, in dem Moment wo du die Behinderung der Nachkommen als Argument einbringst, sagst du: Behindertes Kind=Schlechtes/Schlechteres Kind. Und genau da liegt der Hund begraben ;) Ich hab selber mit Behinderten gearbeitet und viele meiner Freunde tun es noch heute, von daher kann ich dir aus Erfahrung sagen, dass das eben so nicht stimmt. Behinderte Menschen können sehr wohl sehr glücklich sein und auch was zur Gesellschaft beitragen. Aber ich denke, dass ist auch eher ne Grundsatzdiskussion, da wir uns ja glaub ich einig sind, dass die Auswirkungen auf die Gesellschaft diesbezüglich im konkreten Fall eh minimal sind.

Edit:
Deuterium hat geschrieben:SOZIALROMANTIKER !!!

Ja, wäre schon süß, wenn man finanziell schlecht Dastehenden ihren Kinderwunsch erfüllen könnte und kein Kind unter einem armen Elternhaus zu leiden hätte.
Naja, in anderen Länder funktioniert das wesentlich besser als bei uns. Ich finde es schon ziemlich schlimm, das in einem reichen Land wie der BRD das Einkommen der Eltern noch immer derart über die Zukunft eines Kindes bestimmt. Aber wie gesagt, das ginge auch anders.
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Wulgaru
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Wulgaru »

Deuterium hat geschrieben:SOZIALROMANTIKER !!!

Ja, wäre schon süß, wenn man finanziell schlecht Dastehenden ihren Kinderwunsch erfüllen könnte und kein Kind unter einem armen Elternhaus zu leiden hätte.
Das es arme Kinder schwerer haben ist natürlich ein Fakt, aber da du den Umstand in die Zusammenhangskette mit Kindern aus inzestuösen Verbindungen gesetzt hast, begibst du dich schlicht auf historisch seltsames Terrain und es ist keineswegs weit hergeholt dann mit Vergleichen zu kommen. Übrigens gar nicht so sehr mit Nazizeugs.

Im 19. Jahrhundert gab es eine ähnliche Konstellation, in der die Oberschicht, ob nun adelig oder Geldadel, ebenfalls wenig Kinder bekommen hat, die Unterschicht die in den Städten unter erbärmlichsten Bedingungen und oft ohne Perspektive lebte aber sogar sehr viele. Auch damals gab es Diskussionen wie diese, dass man die Menschen aus der Unterschicht diesbezüglich kontrollieren müsste. Nicht weil man ihre Probleme so wichtig fand und sie verbessern wollte, sondern um die bestehende Gesellschaft stabil zu behalten...was im übrigen dann wie gesagt exakt die Denke ist die Sarrazin verfolgt.

Nenn mich Sozialromantiker, aber ich bin der Meinung das wir über solche Denkweisen hinaus sein sollten. Wenn es Probleme für Kinder gibt die aus armen Verhältnissen kommen, sollte man die Probleme lösen, die Rahmenbedingungen verbessern und nicht die dahingehend argumentieren das arme Leute keine Kinder kriegen sollten. Gerade in einer schrumpfenden Gesellschaft halte ich so eine Denke sogar für relativ wahnsinnig. Sorry, das ich das dieses Faß aufmache, aber gegen zu nahe verwandschaftliche Fortpflanzung zu argumentieren ist das eine, aber alles andere ist willkürlich und sehr dünnes Eis in einer Demokratie.
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Pyoro-2
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Pyoro-2 »

Find die Einstellung auch arg fragwürdig, va. weil hier der wirtschaftliche Erfolg von Kindern iwie mit "nicht/leiden" in Zusammenhang gesetzt wird; was ich mal als etwas arg gewagt und sehr pauschalisierend bezeichnen würde ... ^^

Aber -
Wulgaru hat geschrieben:Gerade in einer schrumpfenden Gesellschaft halte ich so eine Denke sogar für relativ wahnsinnig.
Nee, sorry, aber es gibt global eh zu viele Leute, da brauchen wir keine wachsende Gesellschaft, sondern ein besseres Rentensystem ;)
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Wulgaru
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Wulgaru »

Pyoro-2 hat geschrieben:
Wulgaru hat geschrieben:Gerade in einer schrumpfenden Gesellschaft halte ich so eine Denke sogar für relativ wahnsinnig.
Nee, sorry, aber es gibt global eh zu viele Leute, da brauchen wir keine wachsende Gesellschaft, sondern ein besseres Rentensystem ;)
Ist ja kein Widerspruch. Der Generationenvertrag ist per se ja keine schlechte Idee, aber die bisherigen Versuche Privatrenten ala Riester einzuführen, würden ja nicht als Ersatz funktionieren und wenn wir dann ins Rentenalter kommen sind schätzungsweise zwei drittel der deutschen ebenfalls dort...da wäre es doch ganz hilfreich wenn man sich vorher Gedanken macht wie den Kindern von Gesellschaftsschichten die jetzt noch eher Kinder bekommen, dabei hilft die besten Chancen für ihr Leben zu bekommen...betrifft ja nicht nur Armut sondern auch Integration, eventuell auch Asyl/Flüchtlingspolitk usw.

Die wohlhabenden Menschen, die darauf warten das sie eine feste Stelle mit vier-fünstelligen Monatseinkommen und ein angezahltes Haus haben, bevor sie "verantwortungsvoll" über Kinder nachdenken, werden jedenfalls nicht unsere Zukunft sein denke ich, egal wieviele Kitaplätze man da noch baut, auch wenn man das natürlich weiter verfolgen sollte.

Rentensystem und Kinder kriegen sind für mich eben zwei Parallelbaustellen die man nicht entweder/oder anpacken kann.
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Wigggenz
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Wigggenz »

Sollte man sich inzestuös fortpflanzen wollen, muss man sich natürlich der Verantwortung stellen, dass man wahrscheinlicher behinderte oder sonst erbkranke Kinder zeugt. Das ist allen klar, hoffe ich doch mal.

Allerdings liegt darin nichts, was in irgend einer Weise strafwürdig wäre, um mal beim eigentlichen Thema zu bleiben.

Zumal die aktuelle Rechtslage ja eben nicht nur Fortpflanzung, sondern auch einfach Sex bestraft.

Übrigens gehe ich auch weiter als Wulgaru und finde auch, dass eine eventuelle sexuelle Eltern-Kind-Beziehung nicht strafrechtlich sanktioniert werden sollte. Solange es einvernehmlich ist UND es sich um Volljährige handelt. Das Strafrecht hat schon genügend Instrumente mit den Paragrafen um die sexuelle Nötigung parat, um nicht wirklich freiwilligem Sex zu begegnen, die auch bei Bedarf etwas weiter ausgelegt werden können, solange es lebensnah bleibt.

Natürlich wirkt eine solche Vorstellung abstoßend. Aber man muss es bei strafrechtlichen Fragen immer runterbrechen auf die Frage, ob eine Norm wirklich den Zweck erfüllt, Unrecht zu bestrafen oder ihm vorzubeugen. Und so ekelig einem das in bestimmten Konstellationen vorkommt: wirklich einvernehmlicher Sex zwischen zwei erwachsenen Menschen stellt einfach kein Unrecht dar.

Zumindest nicht in einer säkularen, aufgeklärten Gesellschaft.
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Aurellian
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Aurellian »

Um hier mal das nächste Fass aufzumachen: http://www.spiegel.de/politik/deutschla ... 94863.html

Es kotzt mich einfach nur noch an. Beherrscht die "grüne" Lobby eigentlich noch irgendetwas Anderes, außer mit unbegründeten Behauptungen und ohne jegliche Sachargumente Panik zu verbreiten? Deutschland ist nicht der wilde Westen (aka USA) mit seinen nonexistenten Umweltregelungen, hier wird seit einem halben Jahrhundert bei der Gewinnung von konventionellem Öl und Gas gefrackt und bisher hat man davon noch nichts gehört. Sämtliche ernstzunehmenden Wissenschafts- und Technikexpertengruppen halten die Technologie für absolut risikoarm. Was soll also bitte der Schwachsinn von wegen Totalverbot? Machen sich die Leute eigentlich mal Gedanken, wo sie ihre Energie herkriegen wollen? Kernkraft ist böse, Öl, Gas und Kohle auch, Windräder und v.a. die schrecklichen Stromleitungen verschandeln die Landschaft, aber dann soll der Strom doch bitte trotzdem zuverlässig aus der Steckdose kommen. Ja nee, ist klar, funktioniert super. So fährt man ein Land auch gegen die Wand.
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Wulgaru
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Wulgaru »

Als Schleswig-Holsteiner kann ich ganz neutral sagen das die "grüne" Lobby zwar natürlich dagegen ist, aber genauso gut betrifft das die ländliche "konservative" Lobby oder kurz gesagt alle die in der Nähe von solchen geplanten Speicherorten leben. Die Protestbewegung dagegen zieht sich durch alle Bildungs- und Gesellschaftsschichten. Das ist ursprünglich Peter Harry Carstensen ziemlich um die Ohren geflogen, da man vorauseilend gemeint hatte, das in einem Bundesland wo eh wenig Menschen leben wohl weniger Leute was dagegen haben würden...not. :wink:

Von der wissenschaftlichen Seite aus, sehe ich das auch nicht als so geklärt an wie Befürworter es gerne behaupten. Darüber kann man gerne debattieren, ich persönlich habe dazu auch keinen abgeschlossenen Standpunkt (verquast ausgedrückt: ich bin da neutral). Das ist aber auch irrelevant, wenn es darum geht irgendwelche künstlichen politischen Lager in die Debatte einzubauen, die es hier einfach nicht gibt. Das ist relativ typisch Bürger gegen Staat, egal wie unvernünftig erstere am Ende sein mögen. Auf keinen Fall aber links gegen recht oder Ökos gegen Konservative.
Armin
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Armin »

Aurellian hat geschrieben: Es kotzt mich einfach nur noch an. Beherrscht die "grüne" Lobby eigentlich noch irgendetwas Anderes, außer mit unbegründeten Behauptungen und ohne jegliche Sachargumente Panik zu verbreiten?
Was fuer ne lobby? Die Leute haben einfach keinen Bock drauf, dass toxischen Substanzen ins Grundwasser gelangen, damit irgendwelche konzerne mehr Profit machen und Du 5 Euro weniger auf der Gasrechnung hast.
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Bedameister
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Bedameister »

Aurellian hat geschrieben:Sämtliche ernstzunehmenden Wissenschafts- und Technikexpertengruppen halten die Technologie für absolut risikoarm.
Hm also ich habe das bis jetzt noch nie so gehört und ich hab schon einiges von Leuten dazu gehört die ich zu Experten zählen würde.
Und auch wenn es risikoarm wäre so wäre es dennoch der komplett falsche Schritt sich erneut von einer Technologie und einem Rohstoff abhängig zu machen von dem man allerdings jetzt bereits schon weiß, dass er nicht recht lange verfügbar ist. So oder so ist Fracking dumm und ich bin auch strikt dagegen. Just my two cents
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Aurellian
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Aurellian »

Ah, geht es also doch los.

@Wulgaru: Das "grün" war in diesem Fall weniger direkt politisch gemeint als viel mehr allgemein in Richtung "Öko". Du hast zwar vollkommen recht damit, dass die Ablehnung am Ende quer durch alle Lager geht (letztendlich schlichtweg das berühmte NIMBY-Prinzip), aber nach meinem Eindruck kommt der entsprechende Druck auf Bundesebene primär aus der "Öko"-Ecke. Da sehe ich aus der konservativen Ecke eher weniger - auch wenn die auf der lokalen Ebene auch oft genug dagegen sind.


@Armin: Ja, die berühmte Geschichte mit den toxischen Substanzen, die Amis haben es so schön (oder eher nicht) vorgemacht. Nur ist das Argument aus mehreren Gründen nicht stichhaltig.
1. Relevant für das Grund- und Trinkwasser sind die obersten 50-300 Meter, Schiefergas liegt hierzulande aber typischerweise in ca. 3000 m Tiefe. Die beim Fracking erzeugten Risse verlaufen maximal wenige hundert Meter, können also selbst nicht einmal ansatzweise eine Verbindung zum Grundwasser herstellen. Bleibt das Bohrloch als mögliche Verbindung - das gilt aber für jegliche Art von Öl- und Gasförderung und mir ist bisher nicht zu Ohren gekommen, dass das hier in Deutschland bei einer der vielen schon vorhandenen Bohrungen ein Problem bereitet hätte. Es muss natürlich ordentlich gearbeitet werden und das muss auch kontrolliert werden - aber das hat wenig mit dem Prozess Fracking an sich zu tun.
2. Die Chemikalien selbst ... nunja. Die Industrie ist heute weit genug, dass die Suppe, die da nach unten geht, vollkommen harmlos ist. Butoxyethanol ist von der FDA als Nahrungsmittelzusatz (!) zugelassen und Cholin findet ebenfalls in solchen Bereichen Verwendung. Aber selbst, wenn wir ein paar Jahre in der Vergangenheit zurückgehen und den Blick auf tatsächlich weniger gesunde Mischungen werfen, wird relativ deutlich, wie groß - oder besser gering - das Risiko ist. Auch wenn das entsprechende Gutachten es nicht ganz so plakativ formuliert, aber es gilt das gute alte Sprichwort "The solution to pollution is dilution". D.h. selbst wenn das Zeug tatsächlich von unten hochkäme, was hinreichend unwahrscheinlich ist, erledigt die Verdünnung den Job schon weit genug. Außerdem würden speziell die organischen Komponenten in einem überschaubaren Zeitrahmen von der Grundwasser-Mikrobiota beseitigt - die Viecher kommen mit ganz anderen Arten von Verschmutzung klar. Am Ende ist es eine simple Frage der Regulierung: Keine Stoffe zulassen, von denen eine übermäßige Gefahr ausgeht, und das kontrollieren.

Es hat aus meiner Sicht schon etwas Ironisches: Wir schmeißen allen möglichen Scheiß (durchaus wortwörtlich gemeint, Gülle ist nämlich ein ganz großer Faktor) von oben auf den Boden, der nahezu zwangsläufig zu ordentlichen Teilen im Grundwasser landet. Fast niemand beschwert sich. Wenn aber toxikologisch ähnlich (früher) bzw. viel harmloser zu bewertendes Zeugs kilometertief in die Erde gepumpt werden soll, ohne größere Aussichten auf Grundwasserkontakt, dann springen plötzlich alle im Dreieck. Rational ist das nicht.


@Bedameister: Ja, das ist ein Argument, inwieweit man sich wirklich auf eine solche Energiequelle stützen möchte. Nur wird eben jene Diskussion quasi überhaupt nicht geführt bzw. geht im Klamauk um die vermeintlichen Gefahren vollkommen unter. Ich bin kein begeisterter Anhänger der Idee, damit gleich die nächste fossile Energiequelle anzuzapfen - nur muss man auch mal die Alternativen abwägen. Es ist illusorisch, so schnell auf die Erneuerbaren umzusteigen, wie manche Leute das erträumen. Schon gar nicht rein national, das wird ohne einen europäischen Verbund aufgrund der mangelnden Zuverlässigkeit von Wind und Sonne nicht funktionieren. Wird also eine Brückentechnologie benötigt. Kernkraft scheidet aus, weil unerwünscht. Im Augenblick läuft es in Deutschland auf Kohle hinaus, was unglaublich glorreich ist, da die deutlich dreckiger ist als Gas. Trotz Energiewende steigen unsere CO2-Emissionen aus dem Energiesektor sogar, weil die Steuerungsmechanismen komplett fehlgeleitet sind. Gas ist objektiv betrachtet die Brückentechnologie der Wahl - stellt sich nur die Frage woher. Aus politisch mehr oder weniger instabilen Regionen (Mittlerer Osten, Russland/Ukraine ...) oder vielleicht doch, sofern die Möglichkeit besteht, aus unserer Region? Über so etwas kann und muss man diskutieren und ich bin mir gerade selbst nicht sicher, was ich davon unbedingt bevorzugen würde.

Nur: Ein Totalverbot, das nebenbei noch andere Bereiche massiv trifft (Geothermie nämlich, eine saubere Energiequelle), bringt hier gar nichts. Es gibt dafür aus meiner Sicht keinerlei objektive Gründe und damit wird eine Möglichkeit komplett verbaut, wie die Energiewende doch noch auf Kurs gebracht werden könnte.
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Wulgaru
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Wulgaru »

Aurellian hat geschrieben:Ah, geht es also doch los.

@Wulgaru: Das "grün" war in diesem Fall weniger direkt politisch gemeint als viel mehr allgemein in Richtung "Öko". Du hast zwar vollkommen recht damit, dass die Ablehnung am Ende quer durch alle Lager geht (letztendlich schlichtweg das berühmte NIMBY-Prinzip), aber nach meinem Eindruck kommt der entsprechende Druck auf Bundesebene primär aus der "Öko"-Ecke. Da sehe ich aus der konservativen Ecke eher weniger - auch wenn die auf der lokalen Ebene auch oft genug dagegen sind.
Das hat einen ganz einfachen Grund: Die Grünen sind in der Opposition und die CDU ist auf der anderen Seite energiepolitisch eine pragmatische Partei UND in der Regierung. Selbst die Grünen in Schleswig-Holstein fuschen bei den Frackingplänen etwas rum, weil sie eben gerade die Regierung stellen. Es gibt da ein starkes Interesse das durchzuboxen und ursprünglich hat man es klassisch am Volk vorbeigeplant. Das ist einer der Gründe warum die Leute hier sehr wütend sind. Weil sie mal wieder nicht gefragt wurden.

Man kann sich imho trefflich streiten was Fracking für Auswirkungen hat und was da die Risiken sind, aber so wie das durchgeplant war bzw. in Teilen immer noch ist, ist eben typisch hochherrschaftlich und nicht demokratisch. Ich persönlich bin da unschlüssig, sehe aber generell das die Anwohner einen Punkt haben wenn ihnen bei so etwas mulmig wird und sie dagegen vorgehen. Ich bin daher froh wenn sich das in irgendeiner Form auch auf Bundesebene widerspiegelt und wenn es nur die demokratische Opposition gibt. Denn eigentlich wäre es ja umgekehrt seltsam wenn man bundespolitisch darüber redet und die Proteste keine politische Stimme haben oder nicht? Die Grünen sind dafür am Ende des Tages eben der beste Anwalt.
Zuletzt geändert von Wulgaru am 03.10.2014 20:57, insgesamt 1-mal geändert.