Nein, 100% kann man nicht verlangen und verlange ich nicht.Jondoan hat geschrieben: Mal ehrlich, deine Ansprüche sind stellenweise so übertrieben. Bin auch der Letzte der etwas gegen richtig gute Spielwelten hat, in die man einfach eintauchen möchte, aber du hast es ja selbst glaube ich schon geschrieben: das ist so zu 100% einfach nicht möglich. Und wenn man dann nicht mal ein bisschen die Ansprüche runterschrauben kann, tuts mir schon Leid...
Aber ich habe den Anspruch, nicht für dämlich gehalten zu werden. Wie kann die Polizei aus hunderten Passanten ausgerechnet mich im Dunkeln als Täter identifizieren? Warum verfolgt sie mich, wenn ich nur einer von vielen unauffälligen Autofahrern bin, aber verfolgt mich nicht, wenn ich mein Auto mitten auf der Kreuzung parke und mich hinter dem Lenkrad verstecke? Warum interessiert sich die Polizei für jeden Schritt den ich tue, aber nicht für die Verbrechen, die ctOS vorhersagt? Warum kann ich nicht wie all die anderen Passanten normal zum Tatort gehen, sondern muss mich erst vielsagend anschleichen (und grade so Aufmerksamkeit auf mich lenken).
Ubisofts Problem ist, dass sie nicht leise können. Es muss immer alles spektakulär sein. Es muss Autounfälle geben, es muss Explosionen geben, es muss Schießereien geben und Verfolgungsjagden. Und ich muss der Superhacker vom anderen Stern sein, der im Vorbeigehen jede Ampel hackt und jeden Schaltkreis überlastet. Was Ubisoft aber nicht versteht ist, dass man durch diese Dauerbeschallung abstumpft. Das es egal ist, ob ich von jedem Passanten irgendein Geheimnis kenne, weil es durch die schiere Masse und Belanglosigkeit irrelevant wird. Ja, ich kann Zugbrücken öffnen und darüber springen. Aber wie geil ist das noch, wenn ich es nicht zum ersten, sondern zum hundersten Mal mache?
Und dann hat man jede Menge Ideen, die auch alle spektakulär sein müssen. Ist es cool, wenn man versucht, den Stalker seiner Schwester zu erwischen? Absolut, sehr cool. Aber leider hat sie scheinbar nie jemand die Mühe gemacht, diese Idee auch in einen spielerisch sinnvollen Zusammenhang zu bringen. Warum hat nicht mal irgendjemand bei Ubisoft gesagt: "Hey, das mit dem Stalker ist geil, aber daraus eine Verfolgungsjagd zu inszenieren macht irgendwie nicht so richtig Sinn. Vielleicht fällt uns da ja was besseres ein." Man könnte sich in die Telefonzentrale hacken, Hinweise auf den Anrufer herausfinden und so seine Wohnung lokalisieren. Aber das funktioniert ja nicht, denn ich bin der Superhacker, der sowieso alles auf Knopfdruck erfährt.
Es gibt einen Skill zum Betonpfeiler hochfahren. Als ich das gestern gesehen habe hatte ich schon gar keine Lust mehr, da den einen Punkt überhaupt reinzustecken. Warum baut man ein Skillsystem, wenn man am Ende nicht weiß, womit man es füllen soll und dem Spieler nur total situativen Quatsch anbiete, der zu nichts anderem dient, als es noch spektakulärer Rummsen zu lassen. Gibts auch nen Skill zum Fußnägel schneiden? Warum hat man da nicht das dämliche Skillsystem weggelassen und stattdessen eine Möglichkeit eingebaut, aus der Spielwelt heraus sich Zugriff auf das Betonpfeiler-Steuerungssystem zu zu verschaffen? Als optionales Ziel am Ende eines längeren Hacks. Aber ich vergaß: Längerfristige Hacks passen ja nicht zum Bild des Superhackers, der im vorbeigehen Schaltkreise explodieren lässt.
Aber das passt halt irgendwie auch zur Open World, bei der man auch keine Ahnung hatte, wie man sowas sinnvoll gestaltet. Und deshalb kann ich alle 50 Meter eine Massenkarambolage verursachen und alle zehn Schritte nen Schaltkreis explodieren lassen und deswegen ist Betonpfeiler steuern auch ein Skill und kein Spielziel. Weil irgendein Marketingexperte gesagt hat, das momentan Open World in ist und RPGs und das Spieler alle dumm sind und keine längerfristigen Ziele haben wollen sondern auf Knopfdruck Explosionen.
Skyrim sehe ich als positives Beispiel einer Open World, die lange nicht perfekt ist, aber in der Summe ihrer Teile deutlich glaubwürdiger. Und auch Skyrim hat z.B. das Problem, dass bei einem Verbrechen plötzlich alle Wachen dein Gesicht kennen.
Aber Skyrim hat WatchDogs eines vorraus: Die offene Welt begründet sich aus sich selbst. Ich brauche in Skyrim nicht an jeder Ecke eine Einblendung, was ich hier wieder alles tun kann und dort wieder benutzen. Die Dinge, die ich tun kann, fügen sich sinnvoll in ein harmonisches Gesamtbild ein. Bei WatchDogs hingegen werde ich angeschriene: "Hack mich, ich explodiere! Nein, hack mich, ich erhöhe deinen Kontostand! Wenn du mich hackst passiert ein Autounfall, ist das nicht total spektakulär? Wow, schon die dritte Polizeiverfolgungsjagd heute, du geiler Hengst"
TL;DR:
Es ist NICHT cool, alles auf Knopfdruck zu können und von ständigen Explosionen wird man ganz schnell taub.