
Ansonsten finde ich mich im Text von Pixelmurder sicher auch ein Stück weit wieder. Bin auch in einem nahezu methusalemhaftem Alter und daher wahrscheinlich spielemäßig durch eine ähnliche Sozialisations-Schule gegangen. Shooter habe ich zwar nie schwerpunktmäßig gespielt, aber die alten Schinken (gerade die id-Sachen) gehören fest zum Potfolio. Und ich teile auch die Einschätzung, dass die Spiele-Sozialisation einen die gesamte Zocker-Biografie über prägt.
Was heute sicher anders ist als bei Pixel oben ist die Tatsache, dass ich heute Spiele hinsichtlich ihrer Einzelfeatures viel stärker in Synthese wahrnehme als früher und es auch ganz gut schaffe, den für alte Säcke typischen, meist leicht wehleidigen "Könnte-Sollte-Müsste"-Modus zu umgehen. Wenn ein Spiel mich als Erlebnis "as it is" packt, dann zerhackstückel ich es nicht - wenn möglich (immer klappt das nicht) - in Gameplay/Gunplay, Art-Design, Levelstruktur, Story etc. und wiege dann in einem zweiten Schritt erst einzeln wieder auf. Wenn aber jemand partout behauptet, alleine das Shootergameplay in Infinite habe für ihn ein ansonsten tolles Spiel kaputt und kategorisch "unspielbar" gemacht, dann habe ich das natürlich zu respektieren, es ist auch wirklich schade für ihn, aber ansonsten für mich nicht weiter maßgeblich. Bei einem anderen Spiel kann das vielleicht schon wieder andersherum sein, dann bin ich halt mal der grantige Meckerheini wegen irgeneinem Haarbüschel in der Suppe.
Was Infinite betrifft: Spiele es erst sehr kurz, aber es ist atmosphärisch schon ein heftiges Brett. Langfristig muss man sehen. Bei der Story interessiert mich nur, WIE sie erzählt wird und wie die Einzelschicksale beleuchtet und verwebt werden. Ansonsten ist das ja wieder "nur" das typische "Shock"-Thema, da geht es um Hybris, Ent-Individualisierung und das trügerische Vexierbild von Utopie und Dystopie. Das kennt man. Beim Gameplay muss man fragen, wohin das Spiel eigentlich möchte. Offensichtlich will man hier keine chirurgisch präzisen Reaktionstest mit kompetitiver Ausrichtung, sondern eher einen angenehmen Flow erzeugen, der einen durch die Atmosphäre und die Geschichte trägt. Dann wäre für mich die Frage: Ist das Gameplay zu diesem angestrebten Zweck adäquat und zielführend? Für mich ist das bisher absolut der Fall. Für sich betrachtet haut es einen nicht vom Hocker, aber im Gesamtkontext des Spiel kann ich da schon einen gewissen Sinn erkennen. Darüber hinaus ist es für mich immer noch präzise und variabel genug, um a) das Spiel als "echten" Shooter anzuerkennen und b) mir nicht das Vergnügen daran zu vergällen.
Wenn DAS tatsächlich nahezu "unspielbar" sein soll, dann wäre vielleicht auch mal ein Hinterfragen der eigenen Begeisterungsfähigkeit angesagt. Oder des eigenen Informations- und Konsumverhaltens, denn möglicherweise hat man sich hier allein aufgrund des Namens ein Spiel zugelegt, dessen Ausrichtung nicht (mehr) mit den eigenen Vorlieben übereinstimmt. Und ich hege auch den Verdacht, dass bei dem ganzen plumpen Gameplay-Bashing (nicht bei gut argumentierter Kritik!) in Richtung Infinite dann doch immer auch ein gehöriges Maß an affektiertem und demonstrativ zur Schau gestellten Oldschoolgamer-Dünkel mit im Spiel ist. (nicht dass ich davon frei wäre... ^^)