Nanimonai hat geschrieben:
Es scheint also zwei verschiedene Geschlechter zu geben. Das biologische und das soziologische. Also das "Geschlecht" und das "Gender".
Der Fall Reimer beweist nicht, dass der biologische Körper immer der bestimmende Faktor im Leben ist, denn wenn es so wäre, dürfte es ja die Gegenbeispiele nicht geben.
Ich sehe das anders. Diese disparaten Fälle beweisen, dass es eine allgemeingültige Antwort, die jeden Fall abdeckt, nicht gibt. Reimer ist ein bedauernswertes Opfer einer Ideologie geworden, die im Menschen nur das zu sehen im Stande ist, was das Soziale aus ihm formt. Als überzeugter Individualist kann ich sowas nur gruselig finden. Ich habe aber selbst eine gute Freundin, die Frauen liebt und sich selbst geschlechtsmäßig nicht zuzuordnen weiß. Nur leidet sie nicht unter diesem individuellen Fakt, sondern lebt mit ihm ganz normal in glücklichen Beziehungen. Zu so einem Punkt zu kommen, braucht aber "als Unnormaler" in einem normativen Umfeld leider Zeit.
Was wir also lernen sollten, ist, die Leute in ihrer Individualität zu Unterstützen und ihnen ein Umfeld zu ermöglichen, dass es ihnen auch bei einer vom Mainstream abweichenden Veranlagung ermöglicht, sich zu glücklichen, in sich ruhenden Menschen zu entwickeln. Das kann im Einzelfall auch erfordern, dass man sich Operationen unterzieht, weil man im falschen Körper steckt. Aber so eine Entscheidung muss sich während der individuellen Entwicklung selbst formen und darf nie aus ideologischen Gründen oder wissenschaftlicher Neugier für einen getroffen werden. Das Problem ist ja erst mal nicht der Säugling mit einer wunderlichen Ausstattung von Geschlechtsorganen. Das Problem ist das Umfeld, dass unbedingt wissen will, ob das Kinderzimmer nun blau oder rosa gestrichen werden soll. Wenn die Biologen recht haben, dann wird das uneindeutige Menschlein schon irgendwann zu erkennen geben, was es gern zu sein wünscht. Das ist doch gut.
Was ich sagen will, es ist nicht entweder - oder. Natürlich sind wir biologische Wesen, unsere Gene werden eine Rolle spielen, Hormone, Veranlagung. Ist doch kein Thema. Ich habe auch kein Problem damit, Männer und Frauen als grundsätzlich verschiedene Wesen zu denken. Da ich heterosexuell bin, finde ich es im Gegenteil sogar ganz gut, dass Frauen sich von Männern nicht nur körperlich unterscheiden. Das macht die Sache interessanter. Aber wir sind eben auch soziale Wesen. Und das heißt, das unser Umfeld mit seinen Ansichten und Vorstellungen natürlich Einfluss auf unsere Entwicklung hat und auch auf den Fakt, ob wir später mal glückliche Menschen werden können. Und der eine oder andere Punkt, den der Feminismus hierzu anzumerken hat, könnte dabei durchaus hilfreich sein.