Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

kamm28 hat geschrieben: Hellforces steht jetzt bei mir auf der Liste.
Meine Güte. Eines Tages werdet Ihr alle bei mir vor der Tür stehen und Euer Geld zurück verlangen. Die Geister, die ich rief und so.

Aber toll, dass der Thread jetzt auf Seite 29 umgeschlagen ist. Ich dachte schon, ich hab irgendwas am Internet kaputt gemacht.
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

Liebe Freunde des Osteuropa-Shooter-Threads!

Moment, ein Ständchen:

http://www.youtube.com/watch?v=R_ZL1bEKMhQ

Danke, Raven 12321987!

Was soll ich sagen - dieser Thread ist soeben ein Jahr alt geworden.

Halt, erst noch die Kerzen auspusten:

http://www.youtube.com/watch?v=vH2OZ9RK-ZI

An dieser Stelle möchte ich mich bei allen regelmäßigen und unregelmäßigen Lesern bedanken, die hier immer wieder reinklicken, und natürlich auch für das immer wieder mal von Euch ausgesprochene Lob. Ich danke den 4p Foren-Mods, die es zulassen, dass sich aus diesem Thread über die Zeit so etwas wie ein halbprivates Blog entwickelt hat und natürlich letztlich auch der 4p-Redaktion für die Freiheiten, die wir in diesem Forum hier so genießen können. Das ist einer der Gründe, wieso ich dieser Seite nach wie vor gerne die Treue halte. Es gib keine bessere deutschsprachige Videospielcommunity als die bei 4players.

Und natürlich ein großes Dankeschön an die Entwickler in Mittel-Ost-Europa, für ihr beinhartes Beharren auf längst für überholt erklärten FPS-Spielmechanismen! Übersoldier - You are empty - Chaser - Mortyr 2093-1944 - Gene Troopers - The Kreed - Mortyr 2 - Pathologic - Cryostasis - Vivisector - Hard Reset - Operation Matriarchy - Hellforces. Die einjährige Reise war absurd, lustig, genial, atemberaubend, nervtötend, hanebüchen, altbacken - aber langweilig war sie nie. Und sie wird weiter gehen. In diesen Tagen trudeln hier gerade die nächsten vier Pakete aus Übersee ein. The Show will go on!

Und bis zum nächsten Eintrag meinerseits habe ich ein kleines Filmchen für Euch. Für den Fall, dass jemand das mal in die Hände bekommen sollte - denkt an mich und schickt mir ein Exemplar:

http://www.youtube.com/watch?v=OcLWCG7RB7k

Und nun feiert schön. Nasdrowje!
Zuletzt geändert von mr archer am 08.08.2012 21:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Deuterium
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von Deuterium »

Vor diesem hier, sagt die Statistik, gingen 3,89% meiner Beiträge auf das Konto dieses Threads. Damit ist er die unangefochtene Nummer 1 meiner Forenaktivität. Von daher ist es vielleicht angebracht, mich hier zum großen Jubiläum mal blicken zu lassen, dem Gastgeber eine Flasche billigen Fusel mitzubringen, ihn selbst zu trinken, in den Threadvorgarten zu kotzen und wieder zu verschwinden, so wie es sich für die verkommene röhrenjeanstragende und falsche Idole habende Jugend gehört.
Doch vor dem glorreichen Abzug kommen natürlich noch die obligatorischen, etwas übertriebenen Sympathiebekundungen gegenüber dem Gastgeber. Also bevors zu peinlich wird:
Archer, das ist echt ein geiles Ding hier (lall). Ich hab in einem Jahr Ostblockthread mehr über die Kultur jenseits der Oder-Neiße Grenze gelernt, als in 14 Jahren Schule (nein, ist richtig so). Ich verzeihe Dir auch, dass Du wohl mal Grunge gehört hast.
Mach weiter so. (lall)
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Achmedtheanimal
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von Achmedtheanimal »

Glückwunsch auch von meiner Seite,

Auch wenn mich die hier von dir vorgestellten Spiele in der Regel nicht interessieren, so finde ich deine Analysen und Texte doch immer spannend und lustig zu lesen.
Also in diesem Sinne, lass die Reise weitergehen, gelesen wird es sicher :)

k strowosći
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Obstdieb
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von Obstdieb »

Auch von mir Glückwunsch und auch ein Danke an einige User, Leser und oder Personen des Osteuropathreads da man hier und mit ihnen noch am besten diskutieren kann , hier scheint sich die Diskussion immer auf einem Level zu bewegen und bleibt auch insgesamt im fairen Rahmen.
Noch mal ein Danke an Archer persönlich da er mich überzeugt hat die Witcherteile anzufassen , der erste gefällt mir mittlerweile sehr gut .
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Mr.Freaky
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von Mr.Freaky »

Natürlich auch von mir ein "Alles Gute" an diesen wunderbaren Thread. :) Achja Archi, danke nochmal für die Empfehlung der Witcher Bücher, hab jetzt die erste Kurzgeschichtensammlung durch und bin bei der Hälfte der zweiten. Hab das erste daraufhin auch noch einer guten Freundin gegeben, die es nach einem Tag auch schon zur Hälfte gelesen hatte. :D
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

Lube přećele!

Eben aus der Lausitz zurück möchte ich ein paar Zeilen über mein letztes Osteuropa-Spielerlebnis verlieren. Ein paar Kilometer weiter südlich, hinter den sieben sorbischen Bergen liegt das schöne Land der Böhmen und Mähren. Dort heißt es demzufolge „Milé přátele!“. Das Bier ist süffig, der Slivovitz aromatisch und der Weißwein lecker, die Soßen sind dick, das Gulasch zart und Landschaft wie Siedlungen ausgesprochen Barock (mit raumgreifenden sozialistischen Einsprengseln). Übrigens auch die meisten Leute, des Essens wegen. Über 40 ist man in Tschechien entweder übergewichtig. Dann ist man ein ganz normaler Landesbürger. Oder man ist sehr dünn. Dann ist man Triathlet.
Osteuropa ist man natürlich in gar keiner Weise, das traue man sich mal einem Tschechen ins Gesicht zu sagen. Ansonsten hat man es an Labe, Vltava und Morava verstanden, von sich im Ausland ein sehr putziges Image zwischen "Kleinem Maulwurf", "Švejk" und "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" zu lancieren. Natürlich verbergen sich hinter dieser idyllischen Kulisse wie überall auf der Welt so auch hier diverse zum Teil gruselige Abgründe. Aber davon soll hier geschwiegen werden. Lasst uns lieber über tschechische Computerspiele reden.

Was mag einem da einfallen? Gegenwärtig wohl zu allererst Amanita Design. Übrigens: http://amanita-design.net/about.html - GENAU SO sehen tschechische Jungs um die 30 aus, bevor sich ihr Bierbauch zu formen beginnt (es sei denn, sie sind Triathleten). Und die Sache mit den Pilzen ist auch so ein böhmisches Ding. Ab dem Spätsommer gibt es in sämtlichen Zeitungen des Landes auf den Inland-Seiten kein anderes Thema mehr als die Qualität der gerade ablaufenden Pilzsaison. Amanita Design ist mit seinen herzallerliebsten Adventure-Titeln darüber hinaus natürlich ein geradezu idealtypischer Vertreter der tschechischen Putzigkeit. Und übrigens auch ganz eindeutig als durch die traditionsreiche und großartige tschechische Animationsfilm-Schule gegangen erkennbar. Ganz wunderbar.

Was aber ist mit Ballern? Hm. Hm. Ach doch. Mafia. Hidden & Dangerous. Vietcong. Operation Flashpoint. Aber sind das denn wirklich Shooter, wie sie hier im Thread sonst behandelt werden? Nein, sind sie nicht. Viel zu viel Anspruch. Viel zu viel Taktik. Gar kein Trash. Und Mafia gehört natürlich noch mal herausgehoben und auf den Olymp gesetzt – als das intelligente Gegenstück zu GTA. Wollen die Tschechen also nicht ballern? Bei den Nachbarn in der Slowakei (Cauldron) und vor allem in Polen (Mirage, People can fly, Flying Wild Hog, Techland) wird munter ein FPS nach dem anderen gecoded – und im Land des Knödels herrscht Ruhe? Wie passt das denn bitte zu dem Fakt, dass hier einige der umsatzstärksten europäischen Waffenschmieden produzieren? Coden die hier deswegen nur Quasi-Militärsimulatoren und bierernste Kriegsdramen mit Anspruch?

Wenn man länger nachgrübelt, fallen einem doch noch ein, zwei sich weniger ernst nehmende Actionvertreter ein. Plastic Reality Technologies mit El Matador. Und die Prager Midware Studios, die mit ihrem nachträglich zum Volltitel geadelten einstigen Fanmod Painkiller: Overdose eindeutig im B-Bereich unterwegs sind. Mit Dreamkiller haben sie noch einen scheinbar ähnlich trashigen Nachfolger auf die Beine gestellt, den ich hier aber nicht in Augenschein nehmen kann, da er Steam only ist.

Trotzdem. Üppig ist das nicht gerade. Tschechien geht im Actionsegment offenbar qualitätvollere, eigene Wege. Und die beiden letztgenannten Studios sind mittlerweile auch verschieden. Aber einen hätte ich noch:

Alpha Prime von Black Element Software. Prag, Ende 2006.

Später mehr.
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Deuterium
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von Deuterium »

Der Knödelessengutschein geht somit wohl an Kamm28. Herzlichen Glückwunsch!
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

Lasst uns über 3D – Engines sprechen. 3D – Engines osteuropäischer Studios. Wer ein bisschen meine Lesertests zu Osteuropa-FPS kennt (übrigens ist der zu Hellforces seit ein paar Tagen online: http://www.4players.de/4players.php/gam ... 50139.html), der weiß, dass ich beinahe immer die handwerkliche Qualität derselben lobe. Selten erlebt man hier Abstürze. Auch Slowdowns oder gar Freezes sind eher die Ausnahme als die Regel. Und immer wieder blitzt in einzelnen Passagen gute Levelarchitektur und der eine oder andere schöne Umwelteffekt auf. Wenn die AI in vielen dieser Spiele auch nur absoluter Durchschnitt ist und das Gameplay mitunter steinzeitlich – optisch muss man sich hier östlich der Oder eigentlich nichts vorwerfen lassen. Selbst eine absolute Trashgranate wie Operation Matriarchy macht gestalterisch noch was her.

Was außerdem in diesem Bereich auffällt: man neigt zum Eigenbau. Fast nie werden etablierte Engines westlicher Studios lizensiert. Ich denke, das hat zwei Gründe: man will wegen des schmalen Budgets Gebühren sparen. Und man will zeigen, was man kann. Vielleicht braucht ja einer der Großen einen emsigen Coder aus dem Osten für das Technikdeck. So ein bisschen wie in der 2. Liga, wo deren talentiertere Spieler immer auf den Scout auf der Tribüne hoffen, der sie erlöst aus dem Jammertal.

Diesem Hang zum Eigenbau verdanken wir die Tatsache, dass FPS östlicher Entwickler häufig einen eigenen Look haben, der sich etwas vom gängigen Mainstream im Genre unterscheidet, was für wohltuende Abwechslung sorgt. Später mal wird die Zeitspanne von 2004 bis 2012(+ x) als die Epoche des Plastelooks, der klobigen Umweltobjekte und der immer gleichen, merkwürdig aus der Form laufenden, zu fleischigen Gesichtszüge gelten – id Tech 4 und Unreal Engine 2 und 3 sei Dank. Doom 3, Prey, Quake 4, Thief 3, Bioshock, Borderlands, Mass Effect usw. usw. usw. Ich kann es nicht mehr sehen. Grau-blaues, merkwürdigerweise fast immer klinisch sauber wirkendes Einerlei (paradoxerweise selbst wenn man Dreck darstellt), seit beinahe zehn Jahren schon. Was für eine Wohltat es ist, zwischendrin mal so etwas dezidiert anderem wie der X-Ray – Engine der S.T.A.L.K.E.R. – Spiele zu begegnen!

Black Element Software gingen mit ihrem zweiten Titel einen anderen Weg. Sie nahmen sich eine Engine mit großem Namen zum Vorbild – die id Tech 4. Und dann bauten sie sie nach – in einer besseren Version. Diese Version nannten sie Path Engine. Alpha Prime sieht deswegen aus wie einer der vielen, eben von mir beklagten Plaste-Look – Shooter. Aber innerhalb dieses Feldes macht es eine sehr gute Figur. Vor allem ist es das schönere Doom 3. Heller, eine normal funktionierende Taschenlampe, schönere Außenareale, etwas normaler wirkende wenn auch immer noch nicht perfekte Gesichtsszüge der NPC. Und Räume, in denen sich tatsächlich auch mal mehr als drei Gegner gleichzeitig befinden. Einmal mehr also wieder gutes Handwerk. Wenn man auf Plaste steht.

Doom 3 ist aber auch deswegen eine mehr als deutlich zutage tretende Referenz, weil Alpha Prime in einem ähnlichen Setting spielt: ein Haufen Steine im Weltall. Was bei Doom eine Forschungsbasis ist, ist hier eine Mine auf einem Asteroiden. Mitunter fühlt man sich hier und da auch leicht an das erste Red Faction erinnert. Eine mächtige Firma gräbt auf einem Asteroiden nach Hubbardium, mit dem sich alles Mögliche anstellten lässt. Wir spielen Arnold, einen in die Jahre gekommenen Mienenarbeiter mit Kampferfahrung. Eines Abends kippen wir Schnäpse an der Bar (natürlich beginnt ein tschechischer Shooter an einem Tresen …). Da schlendert unsere Ex herein, wackelt mit dem Hintern – und ehe wir uns versehen hat sie uns für eine Suchmission nach ihrem derzeitigen Lover rekrutiert, der in der Mine arbeitet und seit einigen Tagen nix mehr von sich hören lässt. Kaum unsanft vor den Toren des Bergwerks gelandet, müssen wir feststellen, dass wir hier nicht gerade willkommen sind.

Vielmehr wartet die härteste AI meiner bisherigen Shooter-Karriere darauf, uns mit Blei voll zu pumpen.
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shriimpyy
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Dead Island von Techland?

Beitrag von shriimpyy »

Ich habe mal die Anfänge dieses Threads verfolgt und finde das Thema, vorallem, da ich selber Pole bin, sehr interessant. Ich denke mal, dass diesea Spiel hier schon erwähnt wurde aber ich werfe einfach mal Dead Island vom Polnischem Studio Techland in den Raum. Habe mir das Spiel vor einer Woche besorgt und bin durchaus positiv überrascht, die Atmosphäre ist wunderbar und das Kämpfen macht durchaus Spaß, leider hat es auf der Xbox einige Grafikfehler aber ansonsten ein gutes Spiel was mich durchaus fesselt.

Was sagt ihr denn dazu, wenn es noch nicht erwähnt wurde.

---Darf man über dieses Spiel hier schreiben, da es ja Indiziert ist, oder werde ich nun vom Herrn Christian Pfeiffer eigenhändig erwürgt?! :lol:
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mr archer
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Re: Dead Island von Techland?

Beitrag von mr archer »

shriimpyy hat geschrieben: Darf man über dieses Spiel hier schreiben, da es ja Indiziert ist, oder werde ich nun vom Herrn Christian Pfeiffer eigenhändig erwürgt?!
Bisher hat sich keiner beschwert.

Über Dead Island selbst kann ich nix schreiben, da mein letzter Techland-Titel das erste Call of Juarez war. Und ehrlicherweise wird sich daran auch über kurz oder lang nix ändern. Aber mach Du doch, wenn Du willst. Hier dürfen gerne auch andere zum Thema beitragen.
kamm28
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von kamm28 »

Alpha Prime ist einer meiner Favoriten aus dem osteuropäischem (oops) B-Game-Sektor. Die Story ist herrlich SF-trashig, ohne dabei vollkommen uninteressant zu werden. Ich wollte schon wissen, wie es weitergeht, wer jetzt eigentlich wen hintergeht. Die One-Liner sind teilweise nicht schlecht (bzw. so schlecht, dass es wieder lustig ist. Aber ich will da keine eventuell geplanten Beispiele vorwegnehmen). Und die KI hat es tatsächlich geschafft, dass ich mir zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder etwas angewöhnt habe, etwas, was das letzte Mal vor ca. 10 Jahren nötig war: Aus der Bewegung heraus feuern, nie stehen bleiben, am besten noch gleichzeitig springen und dabei ballern. Nach ein, zwei Tagen "Training" klappte das zumindest auf dem mittlerem Schwierigkeitsgrad wieder ganz gut, und damit wurden die Gefechte dann auch viel leichter.

Bin mal gespannt, was da noch von dir kommt, Mr. Archer. :)
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

Ich spiele seit dem Jahr 1992 Ballerspiele. Zwanzig Jahre. Klar – ich hätte in der Zeit auch einen anständigen Beruf lernen können, Kinder aufziehen oder wenigstens ein zumindest halbwegs bekanntes Buch schreiben. Noch ein, zwei Sprachen lernen. Ja, Mutter, ist ja gut. Nein, ich komme Euch nicht besuchen.

Pardon. Wo war ich? Ach ja, zwanzig Jahre Ballern. Was ich sagen wollte: Alpha Prime ist krass! Hier, so was macht dieser Titel mit alten Säcken:

http://seniorgamer.wordpress.com/2010/0 ... pha-prime/

Natürlich bin ich eine viel härtere Sau als der bekannteste alte Videospielsack des Landes. Das heißt, ich habe mir im Gegensatz zu diesem bequem gewordenen Fossil meinen sportlichen Ehrgeiz bewahrt. Und Alpha Prime auf "Normal" ohne Cheats durchgespielt. Und ohne den nachgereichten Patch, der tatsächlich hauptsächlich dazu da war, die AI etwas zu entschärfen. Muss man sich mal reinziehen! Ein offizieller Firmenpatch, um die AI eines Shooters runterzuschrauben. Ich wüsste nicht, von so etwas noch einmal gehört zu haben.

Na ja. Ehrlicherweise muss ich einräumen: einmal habe ich doch den God-Cheat aktiviert. Hüstel. Da war so ein Raum mit so gut wie keiner Deckungsmöglichkeit, in dem der Lover von Livia, meiner zwielichtigen Ex an der Datenbank der Firma rumschraubte. Ich musste ihm dabei für ein paar Minuten den Rücken frei halten. Und ich hatte nur noch 40 auf meiner Healthanzeige, keine Med-Station in der Nähe und fast kein Hubbardium mehr zur Aktivierung der Bullet Time. Nachdem ich die erste Welle noch gerade so plätten konnte, rückte die zweite mit zwei Flammenwerfer-Dudes in ihrer Über-Armor an. Das war dann der Moment, in dem ich mir eingestehen musste, dass ich zu schwach für Alpha Prime bin. Ich habe den God Mode nach dieser Szene wieder deaktiviert. Nach der insgesamt dritten Welle. Nicht zu machen. Nach zwanzig Jahren knackt mich ein Spiel dieses Genres. Es war die reinste Vergewaltigungserfahrung.

Zeit, Euch jemanden vorzustellen. Filip Doksansky, Chefprogrammierer und AI-Verantwortlicher von Black Element Software. Der Gute schreibt am 22.6.2007 im Firmenforum einem User folgendes:

"Problem with AI is that when you make it too easy, you make them dumb too. They can
either stay and wait for shot (what is dumb) or the can be coward, to at least force them to runaway (but this looks ridiculous). I know that AP is hard, but I guess that it's huge disapointment, that people are frustrated and angry and they think that AI is cheating. No, it is not and there are good ways how to trick them. When you walk slow and silent, do not clash against physics obstacles, as they make noise and you don't point flashlight at them, they simply don't know about you. You can toss grenades and until they actually see them, they do not run away. You can move very fast and they will have much worse aim, because they have artificial latency. I can confess that I was very inspired by FEAR AI, because it looks excellent and it's very hard too, until you find the way how to trick them. That's what I call "gameplay". I really hate the games, where you run like Rambo into room crowded with enemies and you knock them down by one burst of machinegun.
Anyway I must agree that we underestimated setting for Easy mode. Problem is that our testers played AP even on very hard mode and they complained that it' too short and easy."


Tja, lieber Filip. Wenn man als Tester das tschechische Gegenstück der GSG 9 einlädt, dann kann man so ein Feedback schon mal bekommen. Für Leute hingegen, deren Beruf nicht darin besteht, in der Realität Menschen im Rahmen eines Überfallkommandos das Lebenslicht auszublasen, ist Alpha Prime nichts weniger als der K2 der Single Player Shooter. 10 Level. Jeweils ca. 1 Stunde Spielzeit. Ab Stunde 2,5 rücken die obligatorischen Special Forces in der Mine ein, um die durchgeknallten Minenarbeiter und jeden anderen zu töten und die Hubbardium-Quelle zu sichern. Bereits unser erstes Aufeinandertreffen mit den Brüdern treibt einem den Schweiß auf die Stirn. Drei Kerle, die sich gegenseitig Deckung geben, die sich nach zwei bis drei Treffern zurückziehen, um wenig später aktiv anzugreifen. Einer stürmt in den Raum, zieht unser Feuer auf sich – und der nachfolgende Kollege macht uns platt. Hello F9, my old friend! Einen Raum weiter warten dann hinter Kisten und zusätzlich auf einer zweiten Ebene gleich mal fünf von den Jungs.

Der wirklich einzige Trost ist, dass die AI in Alpha Prime nicht mit Granaten schmeißt, sondern dieses Privileg einzig und allein uns vorbehalten bleibt. Oh, die unglaubliche Freude wenn es gelingt, zwei von den Gegnern in einem unvorbereiteten Moment mit einer Granate auszuschalten! Ansonsten treffen die anderen millimetergenau. Ihre Panzerung schluckt selbst bei Volltreffern ein halbes MG-Magazin oder drei Schrotpatronen. Auch Kopftreffer aus dem Sniper-Gewehr sind nicht zuverlässig mit einem Schuss tödlich. Die anderen wechseln permanent ihre Position, arbeiten zusammen, gehen zum Gegenangriff über. Sie sind wie die gemeinen großen Brüder der Klonsoldaten aus F.E.A.R.
Hinzu kommt, dass man in Alpha Prime durchaus mit seiner Munition haushalten sollte. Das gilt umso mehr für die Hubbardium-Spritzen, die uns den Wechsel in die Bullet Time ermöglichen. Diese Spritzen sind im Level recht gut versteckt und insgesamt selten. Es gibt mehrere Level, in denen gar keine von ihnen zu finden ist. Im Gegensatz zur gängigen Shooter-Praxis füllt sich unser Zeitlupen-Kontingent auch nicht von alleine wieder nach oder wächst durch Aktionen von uns an. Nein, wir brauchen diese Spritzen dafür. Dadurch wird die Bullet Time in Alpha Prime zu einem eher selten einsetzbaren, allerletzten Hilfsmittel, wenn wirklich gar nix mehr geht. Es gibt ein paar Stellen des Spiels, die ohne Zeitlupe meiner Meinung nach nicht zu meistern sind. Daher sollte man sich die Spritzen peinlich genau aufbewahren und immer abwägen, ob man nicht doch auch ohne sie weiter kommt. Außerdem macht uns auch die Zeitlupe nicht zum Übermenschen. Die AI trifft trotzdem noch sehr gut, so dass der Vorteil nur ein sehr leichter ist.

Okay. Alpha Prime ist also einfach unfair. Nein. Das kann man bis auf die oben geschilderte Stelle – die wahrscheinlich mit etwas mehr Planung und einem geschickteren Balancieren mit den zwei sich wechselseitig überschreibenden Quicksave-Slots – Hello F5, my old friend! – auch ohne Cheat zu meistern ist – nicht sagen. Ich muss mich da was meine Andeutungen im Hellforces - Text angeht etwas revidieren. Es ist nur sagenhaft schwer. Eine echte, knüppelharte Herausforderung. Ist es zu stark, bist du zu schwach.

Ihr ahnt es schon: ich finde das gut. Ich respektiere die Konsequenz, mit der man sich hier dafür entschieden hat, dem Spieler alles abzufordern. Alpha Prime ist auch sonst wirklich kein schlechtes Spiel. Vorzeigbare Engine, gutes Produktionsniveau, annehmbare SciFi-Story, eine ganz nette Hacking-Funktion, die an einigen Stellen im Kampf hilfreich sein kann. Wirklich solides Handwerk. Zu kritisieren gäbe es in erster Linie eigentlich nur den im Vergleich zum restlichen Spiel lächerlich einfachen Bosskampf am Ende und die mitunter etwas unglückliche Verteilung der Med-Stationen im Level.
Nein, Trash ist das hier wirklich nicht, auch Black Element Software bleibt da dem tschechischen Bemühen um gutes Niveau treu. Aber was Alpha Prime zu einem guten, erwähnens- und spielenswerten Shooter macht, der durchaus eine Stellung im Genrekanon für sich beanspruchen kann – das ist die AI. Diese unglaublich harte, gnadenlose und hundsgemeine AI.

Und ich habe sie alle geplättet. Denn ich bin einfach noch viel hundsgemeiner. HA!
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

Hallo allerseits!

Soeben ging meine Alpha Prime - Rezension online.


http://www.4players.de/4players.php/gam ... index.html


Ansonsten noch schönes Schwitzen.
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

Heute gehen wir dahin, wo es richtig weh tut. Im Laufe des letzten Jahres mag bezüglich dieses Threads der Eindruck entstanden sein, ich würde hier womöglich aus Prinzip Spiele loben oder zumindest nur vorsichtig kritisieren und in Schutz nehmen, die zuvor seitens der 4players-Redaktion abgewatscht wurden. Essayistisches Trollen quasi. Hauptsache anders. So was halt.

Ja, es stimmt. Ich habe hier bisher nur ein Spiel wirklich verrissen: Chaser. Ausgerechnet Chaser, das von Presse und Spielern eigentlich relativ wohlwollend aufgenommen wurde. Und dann noch nicht mal wegen besonderer technischer Mankos, sondern weil es mir schlichtweg unglaublich auf die Nerven ging. Geht es bitte noch subjektiver? Auf der anderen Seite bekommen hier selbst so fragwürdige Erzeugnisse wie Operation Matriarchy ein knappes "Befriedigend" zugesprochen. Von einem "Ausgezeichnet" für You are empty ganz zu schweigen. Das kann man doch hier alles überhaupt nicht ernst nehmen.

Was soll ich sagen – heute möchte ich über ein Spiel schreiben, das von mir in einem Lesertest eine satte 4playersche 30 zugesprochen bekäme. Wenn es denn in der hiesigen Datenbank vorhanden wäre. Ich gehe soweit, es als den miserabelsten Shooter meiner zwanzigjährigen Genrelaufbahn zu bezeichnen, in der ich schon so manches erlebt habe. Alle gängigen Klischees gegenüber osteuropäischen Studios und ihrer Arbeit finden sich hier bestätigt.

Der Preis für die Entwicklung des miesesten Osteuropäischen Shooters meiner bisherigen Spielerlaufbahn geht an:

Mirage Interactive für Sniper – Path of Vengeance! Applaus und herzlichen Glückwunsch nach Polen!

Tja, Mirage. Es ist ja auch nicht einfach mit den Jungs. Unsere letzte Begegnung hatten wir bei Mortyr II, dessen von mir zuerkannte 59 Lesertest-Punkte angesichts des hier zu besprechenden Vorgängers aus dem Jahr 2002 sich wirklich wie ein Quantensprung ausnehmen. 1999 hatten sie mit ihrem Erstling dem ursprünglichen Mortyr 2093-1944 so etwas wie einen veritablen Untergrundhit vorgelegt. Drei Jahre später legten sie mit einem Spiel um den von seinem Auftraggeber gelinkten Berufskiller Dominick nach, der aus dem Knast ausbricht, um blutige Rache zu nehmen und sich dabei durch die Unterwelt seiner Stadt ballert. Und so sieht das dann aus:

http://www.youtube.com/watch?v=fBDfu4L9YIU

Geil, wa? Man weiß da wirklich nicht, wo man anfangen soll. Vielleicht so: ich kann über vieles in Sniper – Path of Vengeance herzhaft und böswillig-vergnügt lachen. Über die langsamsten Sterbeanimationen der FPS-Geschichte. Über die Mini-Level. Über eine Shotgun, mit der man auf hundert Metern NPC´s aus den Socken haut (Katschuck!). Über die zeitverzögerte Reaktionszeit der Gegner, die beim Spielen den Eindruck erwecken, man wäre die ganze Zeit in einer Art Bullettime-Modus. Über die grandios übertriebenen und grafisch hochnotpeinlichen Bluteffekte. Über die fehlenden Schrittgeräusche der Spielfigur. Über den kümmerlichen Versuch, etwas wie eine Geschichte zu erzählen. Über das nicht vorhandene Komplexität vorspiegelnde Inventarsystem und ein völlig verunglücktes und lächerliches Erfahrungspunkte- und Auflevelsystem. Über die mehr als merkwürdige Musik (die ganz selten tatsächlich fast mal gut wird). Alles nicht so tragisch. Mit genug Bier intus könnte man hier für die ca. sechs Stunden, die man zur Absolvierung dieser Gurke benötigt, durchaus etwas Vergleichbares wie Spaß haben. Ich meine, diesem hilflosen Versuch Max Payne zu kopieren beim langsamen Sterben zuzuschauen (sie haben sogar die Lobbyszene aus Matrix nachgebaut – genau wie im Max Payne-Finale!), erfüllte mich zeitweise mit etwas wie sadistischer Befriedigung. Und wann hat man schon mal die Gelegenheit, einen Shooter komplett mit der Shotgun durch zu katschucken? Da Mirage hier ähnlich dem System in Morrowind die Waffen durch regelmäßige Benutzung bei Reichweite und Genauigkeit mitleveln lässt (was zeigt, dass die Jungs durchaus innovativ sein können), kann man die olle Schrotspritze am Ende mit der Reichweite eines Sniper-Gewehres spielen. Absurd? Ja. Aber irgendwie trotzdem lässig!

Was mich aber wirklich und wahrhaftig böse werden lässt, ist der Fakt, dass diese Katastrophe von einem Spiel auf der Lithtech Jupiter-Engine basiert. Und damit der Grafikengine, die NOLF 2, Alien vs. Predator 2 und Tron 2.0 befeuert. Was Mirage hier verbrochen haben, ist im Grunde Rufmord. Man halte einfach mal das im selben Jahr erschienene NOLF 2 gegen das, was oben in dem Youtube-Video zu sehen ist. Übrigens, die zwei Level im Haus des Bürgermeisters sind die optisch gelungensten des gesamten Spiels. Keine Ahnung, wie sie es hinbekommen haben, den Code der Engine derart zu verhunzen. Böse Absicht? Geld von der Engine-Konkurrenz aus dem Hause Epic, wie ein anderer Rezensent im Netz launig vermutete? Ich weiß es nicht. Was ich weiß ist lediglich, dass man Mirage für dieses Spiel hier nach mittelalterlicher Rechtsauffassung auf dem Marktplatz vor versammeltem Pöbel die Finger gebrochen hätte.

Gut, dass diese Zeiten vorbei sind. Nicht zuletzt für Tomasz Sychowicz und sein Team. Mir bleibt lediglich, hier eine Warnung auszusprechen. Nein, Sniper – Path of Vengeance ist nicht so schlecht, dass es schon wieder gut ist. Es ist einfach nur schlecht. Pfui! Bäh! Igittigitt!

Ach ja. Einen habe ich noch:

http://www.youtube.com/watch?v=iI5AsyJWofk

Ab Minute 8:03 wird’s surreal.