Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

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Almalexian
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Almalexian »

Urteilt doch erst dann, wenn ihr diese Art Spiel, das es noch nicht gibt, gespielt habt.
Da kennt sich aber einer aus...
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Almalexian
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Almalexian »

Du weisst doch selbst, dass es diese Form von Gewalt, wie Jörg sie sich umzusetzen wünscht, in keinem Spiel bisher existiert bzw. den Spieler mit diesem Stilmittel konfrontiert.
Vielleicht hast du bei deinen Spielekäufen bisher einfach nur Pech gehabt, aber ich kenne durchaus einige Spiele, die die Folgen von Gewalt beleuchten, teilweise mit, teilweise ohne explizite Darstellung, teilweise geht es nur um Gewalt, teilweise um Sachverhalte, bei denen Gewalt mit im "Spiel" ist. Bei Bedarf kann ich dir auch aus dem Stegreif einige beachtliche Titel nennen, wobei zu sagen, ist, dass es sich bei anspruchsvolleren Spielen nicht nur um Gewalt drehen muss.
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Almalexian
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Almalexian »

Ok, dann mal hier ein paar Titel. Einfach welche, die mir so gerade einfallen, ohne dass da jetzt eine tiefere Ordnung hintersteckt. Wenn jemand einen bedeutenden Titel dabei vermisst, denkt dran, auch ich kenne nicht das gesamte Angebot und an manche Titel denkt man auch nicht so schnell. Ist also keine Absicht.

Wie aus der Pistole geschossen, fällt mir da Fallout 3 ein. Lustigerweise eine Mischung aus der oberflächlichen "Gewalt" (ich leih mir mal deine Anführungszeichen, Archer) und dem leitenden Motiv Krieg. Es gibt jede Menge Gore, d.h. die fetzen fliegen ordentlich, dennoch findet in manchen stilleren Momenten auch eine unterbewusste Auseinandersetzung mit dem Thema statt. Man ballert solange blutrünstigen Raidern die Scheiße aus dem Hirn, bis man in einem Wohnhaus oder auch direkt in einem der ersten Dungeons, der Springvale Grundschule, auf einen Haufen schwarzverkohlter Skelette trifft. Man erkennt, es sind Kinder, wahrscheinlich liegt irgendwo in der Nähe noch ein Teddybär oder eine Lunchbox rum, der als Koeffizient für das beschissene Gefühl herhält. Perfide gestalten sich auch Kinderwagenfallen: Ein Tonband spielt bei Nähe des Spielers Babygeschrei ab, appelliert damit an die Menschlichkeit in einem zutiefst unmenschlichen Szenario. Und was ist? Eine Sprengfalle, die nur dazu diente, denjenigen zu strafen, der sich in dieser Welt noch Menschlichkeit erlaubt. Ein zutiefst zynischer Umgang mit dem Thema Gewalt. das tolle ist, man legt nach solchen Momenten das Gamepad nicht zur Seite und ist auch nicht für den Rest bedient. Man spielt weiter, denn das Spiel bietet noch viel mehr Aspekte und viele davon machen wirklich Spaß.

Extrem unterschwellig kommt die Gewalt in Stalker daher. Sie ist steter Bestandteil des Survival-Szenarios und auch nötiges Mittel zum Überleben. Man fühlt sich jedoch eigentümlich unwohl, wenn man das Agroprom-Forschungsinstitut nach dem Militär-Angriff in Augenschein nimmt. Nur graue Punkte auf der Minimap, die allesamt die Leichen toter Stalker und Militärs kennzeichnen. Der einzige der (mit Glück) noch steht, ist man selbst. Und diese Situation hat man oft in dem Spiel.
Auch schön, ein leidender Genosse am Boden, man opfert ein wertvolles Medikit ihm zuliebe. Sekunden später wird derselbe Herr erschossen. Man muss sich schon sehr in den Arsch kneifen um dabei nicht zu denken "Schade um das Medikit". Aber Überleben ist dort eben alles. Egal, was für einen Blutzoll es erfordert. Und auch hier geht man weiter. Man lässt die Toten liegen. Zugegeben, es sind Gesichtslose. Aber man nimmt sie dennoch als Menschen wahr.

Neulich konnte ich das Spiel "Pathologic" in Augenschein nehmen. Beachtlich ist hier, wie das Thema Gewalt in das Gameplay eingebunden wurde. Spielt man als der Seher ist der Ruf zu Anfang ruiniert. Jeder nicht betrunkene Mann auf der Straße versucht, einen zu töten. Man kann sich wehren, aber das geht mit einem Rufverlust einher. Man sitzt eigentlich in der Zwickmühle:
Gewalt ist ein Mittel, aber ein sehr unbequemes, womit man sich letztlich mehr schadet, als der Gewalt aus dem Weg zu gehen.

Deus Ex wurde schon desöfteren angesprochen, ich kann es nur empfehlen. Der Spieler hat stets die Möglichkeit, tödlich oder nicht tödlich zu agieren. Dabei ist das Szenario diesbezüglich nicht auf eine Botschaft fixiert. Die Gewalt ist nicht vorhanden, um sie nicht zu wählen, es ist legitim sich auf Brutalität und Mord zu stützen, das Spiel lobt und kritisiert den Spieler gleichzeitig dafür. Welche Argumente überzeugender sind, darf man sich dann selbst heraussuchen. Diese Optionalität, also echte Optionalität von Gewalt bzw. Gewaltverzicht ist für mich eines der markanten Merkmale des Spiels.

Hoffe, das reicht fürs erste, ich kann noch mehr nennen, aber erst morgen. Für heute habe ich genug geschrieben.
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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

Ich ergänze mal noch ein paar Sachen in knapper Form:

Wie weiter oben schon gesagt: The Path

Natürlich die gesamte Thief-Serie. Da bin ich mit Jörg sicherlich daccord.

Cryostasis. Es gibt keine Bösewichter im klassischen Sinne. Und am Ende verhindert man das Unheil.

Was die Reflektion in der Rahmenhandlung anbelangt: Max Payne 1 + 2

Ganz wichtig: die Silent Hill - Reihe, vor allem Teil 2.

In einigen Teilaspekten die beiden Witcher-Spiele

To be continued ...
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KATTAMAKKA
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von KATTAMAKKA »

AlastorD hat geschrieben:
KATTAMAKKA hat geschrieben: Gerade die von mir aufgezählten Aspekte ``Gewalt,Macht, etcetc kamen alle sehr intensiv in dem Teil von F3 vor. Und am Schluss stand die totale Vernichtung als Befreiung. Das war geradezu ein Paradebeispiel für alle möglichen psychologischen Aspekte.und ihre Auswirkung in sachen Gewalt
Das ist aber bei RPGs keine seltenheit, da kann man des öfteren auch auf die Seite des Bösen wechseln und böse Taten verüben, teils mit aller Konsequenz. Auch in Fallout 3 ist dein Beispiel kein Einzelfall, da gibt es noch die Sklavenhändlermissionen und natürlich die Atombombe. Aber plötlich auf reinen Text umzuschalten wäre in F3 eher unpassend, immerhin ist die ganze Reihe eher ein sehr grafisches splatterfest.
Kam nicht irgendwann mal die Forderung auf das Gewalt in Games zum Nachdenken anregen soll (ich persönlich brauch das nicht) ,aber wenn man eh die Leiche seines Kills untersucht könnte man neben Munition auch ein Text zum Thema Gewalt finden. Oder ne Art Kostenrrechnung oder Strafenregister der durch diesen Kill entsteht..Da gebe es sogar recht irre Möglichkeiten die zudem recht interessant währen Das könnte man zu einer dezenten Raffinesse ausbauen , gestalten. Man könnte auch das Strafregister des getöteten finden :D

Das mit den RPG ist klar, nur frage ich mich wie das im Superschlauch inkl Superscript in the Last of us gehen soll, wo man nur die Wahl hat kill ich den jetzt mit ner kugel od mit dem Ziegelstein der da so schön vor sich hinleuchtet. So als würde der sagen nimm mich dann spritz das Blut viel geiler.Dazu wirds in dem Game keine Spielerischen Raffinessen geben ,da wirds nur ein Ding geben in der unendlichen wiederholung und das streng nach script und die einzigste``überraschung ``wird sein das einer von beiden selber infiziert ist od wird :D
Zuletzt geändert von KATTAMAKKA am 20.06.2012 15:04, insgesamt 1-mal geändert.
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Vtec
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Vtec »

wenn spiele wie battlefield oder call of duty plötzlich versuchen würden die darstellung von gewalt als verstörenden konflikt zwischen recht und unrecht, ethik und moral zu nutzen, machen sie wirklich etwas falsch. who cares? ist es relevant das in transformers 3 wahrscheinlich hunderte, wenn nicht tausende menschen bei dieser "invasion" sterben? nö. regt mich die detailreiche darstellung von gewalt in filmen wie hostel oder saw besonders zum nachdenken an? eher nicht.

vor einiger zeit sah ich den film hard candy, und blieb sehr nachdenklich und geschockt zurück. ein film der es schafft ohne nahaufnahmen von gewaltvollen szenen, ohne das darstellen der brutalität den zuschauer zum nachdenken anzuregen. dabei aber voller gewalt ist, sie wird einem nur nicht unter die nase gerieben.

am anfang von bioshock ging es mir ähnlich. diese welt in der man sich bewegte, die kleinen mädchen in ihr.. es veranlasste einem zum kurzen innehalten. "willst du das wirklich tun?"
leider verlor sich das spiel dann zunehmend in einer ballerorgie und wichtige aspekte wie eben die kleinen kinder wurden stetig unwichtiger.. zu einer seelenlosen jagd nach ressourcen.

stephen king beschrieb es in dem buch atlantis recht gut: es gibt bücher mit einer guten geschichte, und welche die gut geschrieben sind. und ganz selten findet man eines das beides besitzt.. dies sollte man hüten wie einen schatz! (ist länger her das ich es gelesen habe, ist also mit sicherheit nicht wortgenau zitiert.)

bei filmen oder videospielen ist das nicht anders. und ich liebe die seelenlose gewalt eines dead risings oder shooter X. aber wieviele spiele sorgen für verwirrung und unverständnis OHNE nahaufnahmen von platzenden köpfen? die darstellung in deinem kopf ist doch wesentlich mächtiger und langfristig entscheidender als jede gezeigte strangulation der welt.
bigosik
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von bigosik »

Noch ist die Grafik nicht so realistisch das man sich sorgen machen müsste, wirkt noch alles zu comichaft.

Wenn allerdings so ein Manhunt 3 für die nächste Gen ala 720 PS4 erscheint könnte es spassig werden. :D
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NotSo_Sunny
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von NotSo_Sunny »

Vtec hat geschrieben:ist es relevant das in transformers 3 wahrscheinlich hunderte, wenn nicht tausende menschen bei dieser "invasion" sterben? nö
Die Szene war aber auch ein Paradebeispiel dafür, wie man mit verminderter Gewaltdarstellung einen Kompromiss eingeht und somit das Gezeigte ins Lächerliche zieht. Wenn ich mich Recht erinnere, hatten während der Invasion die Decepticons plötzlich von Miniguns und Raketenwerfern auf die Tripod-Verpuffungswaffen aus WarOfTheWorlds umgestellt. So konnte Bay einen kindergerechten Genozid ohne Blut mit PG-13/USK-12-Siegel darstellen, der aber kaum berührt hat.
Im Umkehrschluss zeigt das für mich, wie man eben manchmal doch draufhalten und expliziter werden muss, wenn man ein bestimmtes Thema angemessen wiedergeben will. Klar kann man auch einen Massenmord unblutig so "umschreiben", dass einem dabei mulmig wird. Wenn man aber z.B. bei einem Film wie SchindlersListe nur auf solche Mittel gesetzt und direktere Darstellungen vermieden hätte, wäre das ganze mMn schnell zu künstlich geraten und dem Thema nicht vollkommen gerecht geworden. Vielleicht hab ich an der Stelle aber auch einfach nur nicht genug Fantasie (ist bei sowas ja auch nicht unbedingt leicht aufzubringen).
johndoe702031
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von johndoe702031 »

Vtec hat geschrieben:aber wieviele spiele sorgen für verwirrung und unverständnis OHNE nahaufnahmen von platzenden köpfen?
Nicht viele. Und es ist sicher eine ganz hohe Kunst, Gewalt - manchmal sogar extreme Gewalt - zu thematisieren, ohne sie wirklich zu zeigen. Vielleicht im Spielebereich sowas wie "Braid" (oder wieder s.o. "The Path"). Vor sowas habe ich allerhöchsten Respekt. Dennoch ist das für mich keine Frage von Entweder-Oder zu dem Vorschlag, den Jörg hier gemacht hat. Diese unterschiedlichen Zugänge zur Gewalt stehen in Ergänzung, nicht in Opposition zueinander. Ich muss und will mich da nicht entscheiden, schon gar nicht vorschnell ohne das konkrete Resultat zu kennen. Beides setzt voraus, dass sich jemand viele Gedanken gemacht hat und es intelligent umsetzt (herkömmliche Ballerkost jetzt mal ausgeschlossen). Und jenseits der Frage explizite "vs." subtile Gewalt gibt es natürlich die Spiele, die dem Spieler die Entscheidung lassen, ob er Gewalt überhaupt anwenden möchte oder nicht, und insofern die besonderen Möglichkeiten des Mediums noch effektiver nutzen (Thief, DE etc.). Absolut wünschenswert, mehr davon.

Ich bleibe da weiter offen und entscheide im Einzelfall, ob das Spiel im Allgemeinen und sein Zugang zur "Gewalt" im Speziellen stimmig und gelungen sind. Sollte es insofern ne runde Sache sein, bin ich dabei.
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Jörg Luibl
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Jörg Luibl »

Ja, genau darum geht es natürlich: Eine zusätzliche Entwicklung, mehr inhaltliche Vielfalt und eine weitere Facette in der so jungen Darstellungsform Spiel. Natürlich könnten diese ernsteren Regie-Versuche auch grandios scheitern - egal wie explizit die Gewalt dargestellt wird. Es kommt letztlich nie darauf an, was dargestellt wird, sondern immer nur darauf, wie es dargestellt wird. Erst der Kontext macht ein Bild oder eine Szene stark. Auch The Last Of Us muss noch beweisen, ob die Dramaturgie zündet.

Eigentlich ist die Ich-will-das-nicht-Diskussion in ihrer Hitzigkeit eine überaus spießige. In ähnlicher Form begegnet sie einem bei kreativen Independent-Spielen, bei experimentellen Tests oder kürzlich bei The Unfinished Swan. Manchmal habe ich das Gefühl, dass Spieler wie Glucken auf althergebrachten Vorgehensweisen, Genres und Traditionen sitzen - dabei wird Mario ewig hüpfen und die Coverstory zur Triple-A-Action wird einen ewig im Kiosk angrinsen. Sobald etwas Neues gefeiert, vorgestellt oder wie in diesem Fall der Gewalt nur angedacht wird, befürchtet man vielleicht unbewusst einen Verlust, eine Entgleisung oder gar Entartung. Das ist jedoch eine seltsam konservative Einstellung zu einem Medium, das mit mehr thematischer Abwechslung nur wachsen kann und eigentlich eher liberale bis rebellische Traditionen hat. Und letztlich entscheidet man mit seinem Kauf immer selbst, welche Art der Unterhaltung auf die Mattscheibe kommt.

Auch wir werden als Redaktion sicher noch lange FIFA, Zelda oder Battlefield feiern, weil wir damit ganz einfach Spaß haben - das sind eben Spiele, die an wertvolle Traditionen anknüpfen und sie fortführen. Aber wir werden weiter den Mut zu reiferer, kreativerer und bisher unterbesetzter Unterhaltung fordern und die gelungenen Spiele darunter auszeichnen. Vor allem als erwachsener Spieler ist man angesichts der Legionen virtueller Belanglosigkeit viel zu hungrig nach mehr Substanz.
mekk
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Beitrag von mekk »

Ich warte immer noch auf ein Antikriegs Spiel, das den Krieg nicht als reine Ballerbude darstellt, sondern auch die seelischen/psychischen Folgen, die so ein Krieg mit sich führt.

Nebenbei bin ich natürlich ganz deiner Meinung, Jörg. Ich bin durch die ganzen Ballerbuden schon sehr gelangweilt.
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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

4P|T@xtchef hat geschrieben:
Eigentlich ist die Ich-will-das-nicht-Diskussion in ihrer Hitzigkeit eine überaus spießige.

[...]

Vor allem als erwachsener Spieler ist man angesichts der Legionen virtueller Belanglosigkeit viel zu hungrig nach mehr Substanz.

Och, den Vorwurf lasse ich mir gerne gefallen. Stimmt. Ich bin an diesem Punkt spießig, konservativ, moralinsauer, gutmenschlerisch, dabei hitzig, unbeweglich und festgelegt. CSU, quasi. Wie der Seehofer, Horst bei der "Betreungsprämie".

Denn als erwachsener Spieler ist man nicht nur hungrig nach mehr Substanz (auch wenn der Charakter und die Form dessen, was diese Substanz dann ausmachen soll bereits wieder subjektiv variiert). Man leistet sich auch den Luxus von über die Jahre gereiften Weltsichten und persönlichen Wahrheiten sowie sich daraus herleitenden Tabus und roten Tüchern. Oder eben das bewusste Negieren von Tabus, wo man keine sehen will.

So ist das eben im fortgeschrittenen Alter.
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KATTAMAKKA
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von KATTAMAKKA »

Ich bin für alles offen aber ne ``Dramaturgie`` von Noughty Dog und dem Rest von AAACOD im Superschlauch interessiert mich null, da schaue ich mir lieber einen wirklich guten Film an. Mein Hobby heist zocken und nicht Scriptfilmchen alle 3 Meter anschauen :D
Zuletzt geändert von KATTAMAKKA am 20.06.2012 19:50, insgesamt 2-mal geändert.
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MaxDetroit
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von MaxDetroit »

4P|T@xtchef hat geschrieben: Eigentlich ist die Ich-will-das-nicht-Diskussion in ihrer Hitzigkeit eine überaus spießige.
Hmm ... ich finde es durchaus so das dem Spieler heutzutage noch viel zu oft die Kontrolle aus der Hand genommen wird, die Spielemacher viel zu viel Vorschreiben wollen wie die Story verläuft, viel zu viel interaktiven Film präsenteiren bei dem man nur ab und an die richtigen Knöpfe drücken muss damit die Erzählung weitergeht. Konservativ ist eher das 'Ich-will-das-und-nichts-anderes'

Ich finde man sollte sich davon lösen den Ausgang der Geschichte vorgeben zu wollen, einfach Hollywood-Filme zum Nachspielen anbieten zu wollen. Denn hier wird genau das geforderte nicht umsetzbar sein. Ich muss eine Welt anbieten mit Charakteren, die ein Konfliktpotential besitzen, wo Spannungen und Ereignisse im Hintergrund lauern, aber nicht per Skript ausgelöst werden, sondern dadurch wie der Spieler mit diesen Personen in dieser Welt interagiert. Das was er tut, erzeugt die Geschichte, nicht andersum. Z.B. wenn ich in eine imaginäre Stadt komme und es mit zwei konkurrierenden Banden zu tun bekomme, und ich mich einer von beiden anschließen oder beide gegeneinander auspielen kann oder auch gänzlich neutral bleiben kann - erst dann ergeben sich spielerisch Situationen in denen der geforderte Umgang mit Gewalt zum Tragen kommt und diese auch eine Wucht, einen Effekt entwickelt, der über das passive Zusehen hinausgeht.

Erst wenn ich als Spieler den Moment der Entscheidung habe, ich die Möglichkeit habe auch zu sagen: 'Nein, ich will das nicht', erst dann kann ich die Folgen der Gewalt, das Ausmaß und das Schrecken voll zeigen. Denn nur wenn der Spieler merkt das er hier einer Versuchung erlegen ist, dann kann ich ihm den Spiegel vorführen, sonst verpufft es als ein Akt den die Spielfigur begangen hat und ich mich damit von ihr distanzieren kann, da ich selber nichts mit dieser Entscheidung zu tun habe. Wenn ich einen Superhelden spiele und ich die Möglichkeit habe Mißbrauch von meiner Macht und Stärke zu machen, und diese Gewalt aber auch von Spiel voll in die Fresse als Feedback geliefert bekomme, erst dann gewinnen die guten Taten, die ich im Spiel vollbringe von Beduetung und stehen in einem ganz anderen Licht da.

Wenn Zeitungen berichten das man in einem Spiel Unschuldige erschießen kann, und dies sei verwerflich, dann sehe ich das genau andersum. Ich muss in einem Spiel auch Böses und Falsches tun können, damit das Richtige erst richtig zur Geltung kommt. Und das Spiel braucht gar nicht mit dem moralisch erhobenen Zeigefinger kommen, sondern sollte Gewalt eben erwachsen, realistisch und brutal darstellen. Und die Spielwelt sollte darauf reagieren (wie auch auf Diebstahl und andere kleinkriminelle Aktivitäten), dem Spieler zeigen: dein Handeln hat Konsequenzen, die aber durchaus sogar auch Vorteilhaft für seinen Charakter sein können, kein Problem.

Klar am Ende läuft es hier auf Sandbox und Open World Spiele hinaus wie GTA oder Skyrim. Aber genau bei dieser Art von Spielen, die man auch mal auf einer kleineren Fläche stattfinden lassen kann, dafür mit wesentlich tiefer gehenden und ausgearbeiteteren NPCs, sollte man imho Ansetzen wenn man eine andere 'erwachsenere' Darstellung von Gewalt zeigen möchte. Meine Meinung: versucht man dies mit einer geskripteten Geschichte zu erzählen, wird dieser Versuch von einer erwachsenen Darstellung von Gewalt in einem voyeuristischen Gewalt-Porno enden, und davon haben wir ja anscheinend schon genug ...
Zuletzt geändert von MaxDetroit am 20.06.2012 19:52, insgesamt 2-mal geändert.
johndoe702031
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von johndoe702031 »

mr archer hat geschrieben:Ich bin an diesem Punkt spießig, konservativ, moralinsauer, gutmenschlerisch, dabei hitzig, unbeweglich und festgelegt.
Hach, ganz der Avatar, wie? ^^ Richtig so, liberales Gesocks.