Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

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JunkieXXL
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von JunkieXXL »

Sry, aber explizite Gewalt kann eine bestimmte Atmosphäre schaffen. Und ob so eine bestimmte Atmosphäre geschaffen werden soll oder nicht entscheidet definitiv der Regisseur bzw der Gamedesigner. Mit einem Totschlagargument a la: "das wollen die meisten Menschen eh nicht sehen" bist eher du auf dem Holzweg.

Ich hab im Spiel Stalker z.B. ziemlich am Anfang ein abgerissenes Menschenbein auf dem Feld gefunden. Dieser Anblick und vor allem auch diese dahinterstehende "Symbolik" für Grausamkeit, Terror und Ausnahmezustand hat die Atmosphäre im Spiel schlagartig viel bedrohlicher und die Situation der Spielfigur viel bedenklicher werden lassen. Das Spiel hat mir schon allein durch dieses "kleine" Gore-Element seinen verstörenden und zugleich packenden Charakter gezeigt.
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Obelus
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Obelus »

JunkieXXL hat geschrieben:Sry, aber explizite Gewalt kann eine bestimmte Atmosphäre schaffen. Und ob so eine bestimmte Atmosphäre geschaffen werden soll oder nicht entscheidet definitiv der Regisseur bzw der Gamedesigner. Mit einem Totschlagargument a la: "das wollen die meisten Menschen eh nicht sehen" bist eher du auf dem Holzweg.

Ich hab im Spiel Stalker z.B. ziemlich am Anfang ein abgerissenes Menschenbein auf dem Feld gefunden. Dieser Anblick und vor allem auch diese dahinterstehende "Symbolik" für Grausamkeit, Terror und Ausnahmezustand hat die Atmosphäre im Spiel schlagartig viel bedrohlicher und die Situation der Spielfigur viel bedenklicher werden lassen. Das Spiel hat mir schon allein durch dieses "kleine" Gore-Element seinen verstörenden und zugleich packenden Charakter gezeigt.
Präziser formuliert müsste da eigentlich stehen: ... was geistig gesunde Menschen nicht ertragen können und sich deshalb auch nicht ansehen müssen (und wollen) . Das Wort 'wollen' könnte jemanden fälschlicherweise dazu verleiten, zu glauben, es ginge hier nur um eine Willensäußerung. Ich meine damit aber, dass es für die meisten Nicht-Psychopathen eine Zumutung ist, sich ultrabrutalen Mist ansehen oder solche Dinge sogar virtuell ausüben zu müssen.
Ich habe das wohl etwas zu lasch ausgedrückt, tut mir leid...

Und ich beziehe mich damit auch ausschließlich auf die total übertriebene, explizite Darstellung in feinster optischer Qualität und langsamen Kamerafahrten die Jörg hier fordert. Von der Sorte, die einem den Magen umdreht. Ein lächerliches abgetrenntes Bein ist ja schon fast Standard in Durchschnitts-Crimis (mal etwas polemisch formuliert).
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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

Obelus hat geschrieben:
Und ich beziehe mich damit auch ausschließlich auf die total übertriebene, explizite Darstellung in feinster optischer Qualität und langsamen Kamerafahrten die Jörg hier fordert. Von der Sorte, die einem den Magen umdreht. Ein lächerliches abgetrenntes Bein ist ja schon fast Standard in Durchschnitts-Crimis (mal etwas polemisch formuliert).
Da ich hier mit den 120 Tagen von Sodom einen zugegeben groben Klotz auf diesen groben Kommentar gegeben habe und wahrscheinlich damit einer der Auslöser von Jörgs metapherngesättigtem Rechtfertigungs-Post war, mal ein aktuelles und weniger explizit sadistisches Beispiel aus der Kultur: "Drive". Toller Film. Extremst empfohlen. Löst aber bei vielen ob seiner Fahrstuhlszene extremstes Unwohlsein aus. Was genau so gedacht ist, um dem Zuschauer die Identifikation mit dem Hauptprotagonisten des Films zu erschweren. Ein anderes Beispiel wäre sicherlich "Oldboy", einer der besten Filme über Gewalt, ihre Ursachen und Folgen der letzten Jahre.

Es war für mich ein tiefschürfendes Erlebnis, diese Filme zu sehen und ich halte sie für cineastische Meisterwerke und für Erwachsenenunterhaltung im besten Sinn. Meilensteine.

Trotzdem verspüre ich absolut keine Lust darauf, die hier von den Protagonisten vorgenommenen bestialischen Tötungen in ihrer Brutalität interaktiv in einem Videospiel zugängig gemacht zu bekommen. Brauche ich einfach nicht. Würde mir keinen Spaß machen - und um Missverständnissen vorzubeugen: Spaß bedeutet für mich gute Unterhaltung. Das muss nix mit Humor zu tun haben.
Ich habe einfach nicht das Gefühl, hier etwas vorenthalten zu bekommen oder zu verpassen. Mir fehlt das im Videospiel nicht.

Jörg sieht das offensichtlich anders. Tja. Die Leute sind nunmal verschieden.
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NotSo_Sunny
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von NotSo_Sunny »

Obelus hat geschrieben:
Präziser formuliert müsste da eigentlich stehen: ... was geistig gesunde Menschen nicht ertragen können und sich deshalb auch nicht ansehen müssen (und wollen) .
Also ist jetzt jeder, der mehr als das von die festgelegte Maß an Gewalt eträgt, geisteskrank? :?
Das richtige Maß an Gewalt ist glaube ohnehin der Punkt an dem diese Diskussion krankt. Und zwar in dem Sinne, dass sich hier glaube viele falsche Vorstellungen davon machen, welches Maß Jörg und andere im Sinn haben. Viele lesen etwas von sich umdrehenden Mägen, stellen sich dann die kränkste Scheisse vor, die von Nöten wäre, um bei ihnen den Magen umzudrehen und glauben dann automatisch, das wäre auch das Maß, was Jörg meinte. Es geht hier aber doch nicht darum, dass ich nach jedem Grenade Kill bei Gegner Y zusehen kann, wie sich sein Darm physikalisch korrekt aus dem Bauch quillt.
Es geht um solche Szenen, wie die von mir bereits erwähnte MW2-Sequenz. Wenn man das Messer aus dem Typen rauszieht, klebt noch nichtmal Blut dran, denn das ist in dem Moment nicht das Entscheidende. Entscheidend ist, dass man hier pötzlich einmal sehr nahe dran ist und die Tötung einen Tick länger dauert als sonst. Vor allem sind es aber auch die Augen, die einen kurz entsetzt anblinzeln, um sich dann nach oben wegzudrehen und so dem Spieler ungwöhnlich stark das Gefühl vemitteln, ein menschenähnliches Wesen getötet zu haben (In Videospiel-Verhätnissen). Das ist mMn ein Maß an Gewalt, dass man einem gesunden erwachsenen Menschen zumuten kann und dieses Maß hat dann eben schon gereicht, um einige Spieler, wie von Jörg gewünscht, das Pad aus der Hand legen zu lassen, um inne zu halten.
Der Grunde warum dieser Moment aber nur bei so wenigen gefruchtet hat, ist das flache Drumherum. Wenn es vorher nur MichealBay-Plot gibt, wo man pro Minute 100 Gegner über den Haufen schießt, wird bei vielen in dem Moment schon lange die suspension of disbelief zusammengebrochen sein.
Und hier kommen eben NaughtyDog ins Spiel. Ihr Szenario regt doch schon zur Reflexion an, wie viele der Kommentare zum E3-Trailer gezeigt haben: "Mit welchem Recht hat der Vater diese Plünderer angegriffen? Die wollten doch auch nur überleben. Wer sagt denn, dass die angegriffen hätten? Vielleicht hätten sie die beiden auch friedlich ziehen lassen.". Da bekommt es dann schon eine ganz andere Bedeutung, wenn man einen Gegner erwürgt oder einen anderen erschießt, der noch um sein Leben bettelt, grade wenn einem dabei die ganze Zeit die Frage im Hinterkopf pocht: "Welche Wahl habe ich, wenn ich meine Tochter beschützen will?". Ob in ND in der Lage ist, diesen Kontext angemessen zu stemmen, muss sich eben noch zeigen. Ansonsten zeigt das Spiel aber bereits erste Möglichkeiten, wie man die von einigen befürchtete Dauerunangenehmlichkeit beim Töten der Gegner zumindest etwas aufbrechen kann. Zum einen hat man erst gar nicht soviele Gegner wie in anderern Standartshootern, zum anderen besteht die zweite große Gegnergruppe aus Zombies, für deren Tötung man sich nur bedingt schuldig fühlen kann. Wenn man dieses Verhältnis gut ausbalanciert, dazu noch genug Exploration-Scenes liefert und einem vielleicht auch wie angedeutet die Möglichkeit bietet, Gegner zu umschleichen, dann werden solche Tötungen mit fragwürdigem Hintergrund voraussichtlich nicht oft genug vorkommen, als das der Spieler dagegen abstumpfen könnte bzw. so oft damit konfrontiert wird, dass er magenumgedreht das Spiel ausmacht.
Wenn ND das alles richtig hinbekommt, werden sie vielleicht nicht auf Anhieb die ganze Branche verändert haben, aber immerhin mit einer spielbaren Version von "The Road" einen Meilenstein setzen, was die innhaltliche Reife von Games angeht.
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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

D_Radical hat geschrieben:
Obelus hat geschrieben:
Präziser formuliert müsste da eigentlich stehen: ... was geistig gesunde Menschen nicht ertragen können und sich deshalb auch nicht ansehen müssen (und wollen) .
Also ist jetzt jeder, der mehr als das von die festgelegte Maß an Gewalt eträgt, geisteskrank?
Das richtige Maß an Gewalt ist glaube ohnehin der Punkt an dem diese Diskussion krankt. Und zwar in dem Sinne, dass sich hier glaube viele falsche Vorstellungen davon machen, welches Maß Jörg und andere im Sinn haben.
Aber er legt ja überhaupt kein Maß fest. Er schreibt lediglich von einer Reaktion beim Publikum. Wenn diese eintritt, ist nach Obelus Meinung der Bogen überspannt. Wir können jetzt gern eine Studie auflegen, ab welchem Grad visueller Gewalt einer statistisch als relevant zu bezeichnenden Menge von Leuten sich der Magen umdreht.

Ich stimme Dir zu, dass diese Diskussion hier tatsächlich an der mangelnden deffinitorischen Schärfe des "richtigen Maßes" liegt. Das liegt aber zum Teil auch an Jörgs Kolumne. Er wird nämlich auch überhaupt nicht konkret. Stattdessen bleibt beim Lesen seines Textes unklar, ob er hier eigentlich für ein neues Genre plädiert oder ob er nicht doch nur "realistischen Gore für Erwachsene" vermisst, der aufgrund seiner emotionalen Krassheit Wirkungstreffer hinterlässt. Ersteres fände ich interessant. Zweiteres halte ich im Rahmen herkömmlicher Action-Spiele mit einem "Bodycount" von mehr als 5 KI-Ansammlungen im Verlauf der Spielzeit für nicht umsetzbar. Und persönlich auch nicht für wünschenswert.
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The Incredible Hojo
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von The Incredible Hojo »

Zumindest ist es ein sehr sensibles Thema. Die Frage nach der Menge an Gewalt und vor allem deren Darstellung kann ich sogar für mich nur schwer beantworten.
Will ich brutalste Gewalt, nicht unbedingt Grenzüberschreitung und Gore-Effekten, sondern die Darstellung und Spielbarkeit von menschlichen Abgründen in Spielen haben, um das auf die Wirklichkeit zu übertragen? Werde ich dadurch ein friedliebenderer Mensch, vielleicht sogar ein Friedensaktivist, weil ich nicht will, dass diese Gewalt an lebenden Menschen ausgeübt wird? Ich habe eine Menge Gore und Brutalität in Film und Spiel erlebt und gesehen, aber bspw. die Vergewaltigungsszene im ersten Teil der skandinavischen Verfilmung der Millenium-Trilogie (ich meine Verblendung), habe ich geskipt, weil es mir zu brutal war. Mein Kumpel meinte, das wäre aber notwendig, um darzustellen, wie schlimm das für eine Frau ist und er findet die Darstellung gut. Muss ich das so detailliert sehen? Und muss das so in ein Spiel umgesetzt werden? Oder erreiche ich damit nicht eher die Masse der stillen, geschädigten Verhaltensgestörten, die sowas anmacht?
Selbst wenn man die erreicht, die erwachsen und vernünftig sind, glaube ich eher daran, dass diese dann solche Spiele meiden werden, weil sie eben zu brutal sind. Erreiche ich denn wirklich die Richtigen, wenn ich einen Verhörspezialisten spiele, mit all seinen dreckigen Methoden? Wer sitzt dann vor dem Abspann und sagt "Sowas gibt es ja wirklich. Das muss aufhören, sowas gehört abgeschafft!"? Oder holen sich das eben die falschen, die Abgestumpften, die einfach nur ein höheres Level an Gewalt suchen. Und sich darüber noch mehr abstumpfen? Ein Hauch von "Das Experiment" weht da durch den Diskussionraum.
Ohne übertriebene Blutdarstellung soll "richtige" Gewalt eindringlicher dargestellt werden, aber muss ein Spieler dahingehend sensibilisiert werden, zu wissen, wie sich ein Kopf wirklich auf einen direkten Gewehrschuss zerreisst? Wie ein Mensch wirklich verbrennt? Soll das Unterhaltung sein, denn das ist ja die ureigene Intention, warum ich spiele?
Meiner Meinung nach kann man nicht die Forderung nach mehr (richtiger) Gewalt stellen, ohne diese Fragen zu beantworten.
Ich sehe hierbei eher eine noch stärkere Abstumpfung, als sie bei vielen sowieso schon mit der vorhandenen Gewaltdarstellung passiert. Und nur weniger Blut und mehr richtige Gewalt wird meiner Meinung nach diese Leute nicht sensibilisieren, sondern noch mehr abstumpfen lassen.
johndoe702031
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von johndoe702031 »

Obelus hat geschrieben:...total übertriebene, explizite Darstellung in feinster optischer Qualität und langsamen Kamerafahrten...
[...]
mr archer hat geschrieben:...bestialischen Tötungen...
Möchte ich auch nicht. Möchte das irgendwer? Jörg? Mal als Anregung dazu:

"Tiefere Gewalt" muss nicht tiefere Wunden bedeuten, sondern das Thematisieren der Ursachen und Folgen von Gewalt.
"Kamera ganz nah dran" muss nicht die quälend schleichende Kamerafahrt mit 300mm Zoom auf zuckende Hirnmassen und Gedärme sein, sondern der Fokus auf Mimik, Gestik, Feinheiten bei den Reaktionen aller Betroffenen - und ja, sicher auch mal auf einen virtuellen Toten selbst.
"Die schreckliche Fratze hinter der Gewalt" muss ebenfalls nicht wabernde Innereien bedeuten, sondern Verlusst, Schmerz und Trauer.
"Die grauenhaften Folgen" können Traumata, Schuldgefühle und Wahnsinn sein.

Ich weiß, Jörg hat diese Brutalo-Lesart seines Kommentars auch ein Stück weit selbst provoziert und ich stimme auch mit archer überein, dass er es hätte klarer herausstellen müssen, dass seine Vorstellungen im herkömmlichen Actionbereich kaum umzusetzen sind. Man müsste ein solches Spiel von vornherein mit ganz anderem (nämlich stark narrativem) Schwerpunkt konzipieren und - nicht zu vergessen - auch ganz anders vermarkten! Damit es am Ende nicht doch wieder routinierter, aber ultrabrutaler Ballerkram mit unnatürlich aufgesetzten Reflexions-Miniphasen wird. Dann würde „mehr Gewalt“ auch nur in mehr Routine und mehr Abstumpfung münden und der Wunsch nach einem reflektierteren Umgang mit Gewalt wäre zum Teufel gejagt. Die Einbettung in ein passendes (!) Spielkonzept ist hier das A und O, realistische Gewalt alleine bewirkt gar nüscht, nada, rien, niente. Insofern auch volle Zustimmung an Incredible Hojo. Dennoch finde ich, dass das ständige und wiederholte Rumreiten auf dem Gedärme-Faktor samt Extrembeispielen aus Funk und Fernsehen einfach auch dem Kommentar nicht gerecht wird. Jedenfalls nicht so einseitig, und irgendwie nicht mehr auf Seite 14 :wink: . Aber ist auch ein schweres Thema, bei dem man nicht mal eben zwischen Tür und Angel Konsens erzielen kann.
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KATTAMAKKA
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von KATTAMAKKA »

Wir brauchen keine Games um zu lernen was gut und was schlecht ist, das weis schon rein instinktiv ein Kleinkind. Ich brauche auch kein Betroffenheits Game um mein Mitgefühl zu schärfen, dafür gibts doch schon das Deutsche TV Programm, das sich in diesen Themen in unendlichen platten Wiederholungen geradezu suhlt.Und das natürlich 100% politisch korrekt. Sowas brauche ich absolut nicht beim Gamen.

Gute Bücher und gute Filme sind deswegen so gut weil sie kreativ und glaubhaft etwas neu erzählen , es aus einer ungewohnten Perspektive darstellen, das übliche weglassen und etwas neues hinzufügen etc... Der Punkt ist der das sie es anderst machen und da spielt es keine Rolle ob die Gewalt jetzt extrem dargestellt wird, oder überhaupt nicht vorkommt.

Und so ist es auch bei den Games, die haben einzig das Problem das sie sich zu 95% wie COD spielen inkl. deren platten Männlichen Gewaltdarstellung , od recht platt das Männliche ansich darstellen, allgemein die totale Einseitigkeit auf allen Ebenen .Und das Problem von Jörg ist, gute Games alleine auf Storry und Gewaltdarstellung festzulegen und das ist ebenfalls zu simpel, zu einseitig. Als Zocker möchte ich aktiv und kreativ ein Game spielen können und das ausufernd, sonst könnte ich auch ein Film anschauen.Und gerade das geht bei diesem Shitstrom von AAACOD überhaupt nicht. Und das und die fehlende Vielschichtigkeit ist aktuell eigentlich das Thema das die Zocker beschäftigt. Deswegen]ist deine Gewalt Kolumne auch ein Schuss in den Ofen.

Das eine geht ohne das andere nicht und wenn man schon nur ein Thema seperat beackern will , braucht es dazu ne anständige Kolumne und nicht so ne 0815 Kolumne mit dem reisserischen Tittel`` wenn schon Gewalt dann richtig``. Jörg, du unterschätzt die User hier extrem, auch wenn sie ständig spucken treten und beissen , erwarten sie Qualität und kein oberflöchlichen Text, der rüberkommt als wäre er in 5 min auf ner Klositzung geschrieben. Sorry

übrigens rein zockerisch unterscheidet sich das eintönige Schlauchwandern ohne jegliche freiheiten und kreative Möglichkeiten , von COD, Uncharted und the Last of us , Max Payne3 , BF3, Killzone , Spec Ops The line usw usv in keinster weise . Die Spielen sich im SP praktisch arschgleich und der Unterschied im MP ist ebenfalls nicht zu bemerken . Und das die Storrys durch die Bank nicht minder simpel gestrickt sind ist schon fast Nebensache.
Zuletzt geändert von KATTAMAKKA am 19.06.2012 12:04, insgesamt 14-mal geändert.
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Propell3rhead
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Propell3rhead »

4P|T@xtchef hat geschrieben: Und überhaupt: Dann spiel es doch nicht! Wenn du es nicht brauchst, was vollkommen okay ist, dann lass es einfach.
Jetzt kommen wir der Sache näher. :wink:
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Jörg Luibl
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Jörg Luibl »

Überall Windmühlen.

Aber es gibt ja auch genug Sancho Panzas, die klar erkennen, was sich dahinter verbirgt. Für all jene wiederhole ich mich jetzt. Trotzdem: Ach komm, Rosinante, ein letzter Versuch, also Lanze raus!

Wie oft müsste man hier wohl "Gewalt als Stilmittel" betonen, damit auch der letzte Moralapostel und Kotzblutquälbefürchter begreift, um was es geht? Vielleicht brauchen einige mal Bilder. Hier ist eine Szene, wie sie ein Spiel als Auftakt, als Höhepunkt, als Schlussakt oder wann auch immer darstellen könnte. Also Kamera ganz nah ran an etwas, das man 1866 lesen konnte:

Die Alte war, wie immer, barhäuptig. Ihr helles, leicht ergrautes dünnes Haar war stark eingefettet und zu einem dünnen Zopf geflochten, der mit einem zerbrochenen Hornkamm im Nacken festgesteckt war. Der Schlag traf sie direkt auf den Scheitel, denn sie war klein gewachsen. Sie schrie schwach auf und setzte sich plötzlich auf den Boden; sie hatte noch die Kraft, beide Hände zum Kopf zu heben. In der einen Hand hielt sie noch immer das Pfand. Da schlug er sie zum zweiten- und zum drittenmal immer mit dem Beilrücken und immer auf den Scheitel. Das Blut lief wie aus einem umgefallenen Glas, und der Körper fiel auf den Rücken. Er trat etwas zurück, ließ dem Körper Zeit, ganz umzusinken, und beugte sich dann über ihr Gesicht; sie war tot. Die Augen traten so stark aus ihren Höhlen hervor, als ob sie herausspringen wollten; die Stirn und das ganze Gesicht waren runzlig und vom Todeskampf entstellt.

Flau im Magen? Genau das wollte Dostojewski! Wie hinterhältig ist das? Wer ist zu soetwas fähig? Hier ist Gewalt ein Stilmittel. Schon vor und vor allem nach dieser Szene beginnt das Reflektieren, das Nachdenken. Es könnte sich ein Thriller oder Adventure entwickeln, das die Psychologie des Täters themastisiert - auf welche spielerische Art auch immer. Was die Fantasie einiger Leser jetzt daraus macht, geht vollkommen am Thema vorbei - also nochmal alles zersägen oder zerhacken, ganz übel zerluibeln oder gleich ein psychopathisches Oldwoman-Hunt mit Skalps als Trophäen. Das wäre Gewalt zum Selbstzweck.

Man könnte zig andere Beispiele aus Literatur und Film bringen, in denen gerade der Realismus einer Tat, der ihre Schrecklichkeit für einen unheimlichen Augenblick demonstriert, für die Entwicklung der Geschichte und jene des Charakters sehr wichtig ist. Was steckt in Menschen? Was bewegt sie? Dieser Student namens Raskolnikow, der als tragische Figur eines der größten Romane der Weltliteratur zum brutalen Mörder wird und sich danach voller Schuld zerfleischt, steckt vielleicht in vielen - trotz Bafög. Oder doch nicht? Wie würde man damit umgehen?

Macht ein Spiel draus.
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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

SardoNumspa hat geschrieben:
Obelus hat geschrieben:...total übertriebene, explizite Darstellung in feinster optischer Qualität und langsamen Kamerafahrten...
[...]
mr archer hat geschrieben:...bestialischen Tötungen...
Möchte ich auch nicht. Möchte das irgendwer? Jörg? Mal als Anregung dazu:
Danke für den guten Kommentar. Zunächst ein letztes Mal Jörg im Zitat:

"Die Gewalt muss viel öfter in die Tiefe gehen, indem sie die einzelne Situation komplexer darstellt und nicht nur den Akt des Tötens gezielt verlangsamt, sondern auch die grauenhaften Folgen zeigt. Die Kamera muss viel näher ran, das Tempo muss raus und das Bild muss so authentisch sein, dass sich einem der Magen umdreht."

"Als anspruchsvoller Erwachsener wird man von der Action der Spielewelt kaum noch angesprochen. Wie könnte das gehen? Man müsste der explosiven Harmlosigkeit die Maske vom Gesicht reißen, damit uns die schreckliche Fratze dahinter anstarren kann. Wie ist Gewalt? Brutal, grauenvoll, bedrückend. Die Bildregie in Spielen muss viel öfter mit diesen Konsequenzen schockieren, damit das Reflektieren beginnen kann."


Ich verstehe sehr gut, was Du mit Deinem Versuch einer Umdeutung von Jörgs Formulierungen aussagen möchtest. Und ich würde mich sehr freuen, wenn Jörgs Worte in diese Richtung interpretierbar wären.

Leider steht dem aber seine Wunsch nach authentischen Bildern im Weg, bei denen es einem den Magen umdreht. Ich habe noch nie Leute vor Mitleid kotzen sehen. Aus Mitgefühl, weil ihnen das Opfer einer Szene leid tut. Menschen weinen dann. Kotzen ist hingegen ein Ekel-Reflex. Wie hier bereits geschrieben - Jörg kann mit Worten umgehen. Er weiß also, was er schreibt.

Tut mir leid - mit diesem Bild war für mich beim Lesen deutlich, dass es ihm mehr um den krassen Schauwert zu tun scheint, als um Katarsis. Und daher kamen dann auch meine Beispiele hier im Thread, wenn es um das Thema Magen umdrehen beim Anblick von Gewalt geht.

Ich habe auf Seite 3 Otto Dix gepostet, den Mittelteil des "Krieg"-Triptichons. Ich habe dieses Bild vollkommen unvorbereitet als Sechzehnjähriger bei einem Besuch der Berliner Neuen Nationalgalerie gesehen. Ich weiß noch, das ich eine halbe Stunde davor saß und versucht habe, meinen Schock zu verarbeiten. Ich glaube heute rückblickend sagen zu können, dass dieses Kunsterlebnis mich zum Wehrdienstverweigerer gemacht hat, dass es die Ursache dafür ist, wieso ich Vaterlandspathos und dergleichen mit Verachtung begegne und bis heute Military-Shooter vollständig meide.

Klar kann man sich wünschen, dass auch das Videospiel mal so ein Kunstwerk hervorbringt. Wenn Jörg das mit seinem Kommentar aussagen wollte, dann ist er ihm auf katastrophale Art und Weise daneben gegangen. Aber ich habe leider das Gefühl, dass das nicht der Fall ist. Diese Kolumne ist für mich in ihrer Aussage an vielen Punkten viel zu schwammig, unklar, unpräzise. Und leider erscheint sie mir auch als zu wenig reflektiert. Eigentlich hoffe ich immer noch, sie war ein Unfall.

Allein, mir fehlt der Glauben.
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Propell3rhead »

Alles gut und schön, wer es denn will - aber genau darauf kommt es an. Das Problem sind nicht die fehlenden Produktionen subtiler Gewaltdarstellung, sondern die Abfrage derer. Und der besorgten Waldorf-Mutter wird es ohnehin alles eins sein, und es mit Volksentscheiden verbieten wollen, egal wie dick und fett es indiziert oder unzugänglich gemacht wird. Solange alles was mit Gewalt versehen ist tabuisiert wird, kann auch keine normale künstlerische Entwicklung stattfinden. Was wir im Moment an aufblühender Gewaltdarstellung sehen ist gerade mal erst das Erwachen einer Wahrnehmung für die Sache. Die Übersättigung wird stattfinden, und erst dann werden wie vorgeschlagen neue Ansätze verfolgt werden.
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mr archer
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von mr archer »

4P|T@xtchef hat geschrieben:
Macht ein Spiel draus.
Freut mich ja, dass Dich der Verweis auf "Schuld und Sühne" inspiriert hat. Nur wenn es Dir DARUM ging, was soll dann das Herumgereite auf herkömmlichen Action-Titeln in der Kolumne? Da vergleichst Du doch dann Äpfel mit Birnen und führst die Debatte auf ein völlig abwegiges Gleis. Eventuell wäre das Wort DRAMA an der einen oder anderen Stelle Deines ursprünglichen Textes womöglich hilfreich oder der Hinweis darauf, dass es Dir hier um Spiele ohne serielle Gameplay-Mechaniken geht, denkst Du nicht?

Edit:

Aber es geht Dir ja auch darum gar nicht. Zitat:

"Es geht mir nicht um mehr Pazifismus oder mehr Moral, sondern um eine Dramaturgie, die den Spieler zum Nachdenken anregt."

Nee Jörg, da lügst Du Dir in die eigene Tasche. Und da tust Du Dostojewski EXTREM Unrecht. Dem ging es nähmlich in keinsterweise um die Dramaturgie des Tötens. Dem ging es den ganzen Roman über einzig und allein um Moral. Du bist da auf einem fatalen Holzweg. Drama ohne Moral gibt es nicht.
Zuletzt geändert von mr archer am 19.06.2012 11:35, insgesamt 4-mal geändert.
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von JunkieXXL »

Also über den Grad der erlaubten Gewaltdarstellung zu diskutieren bringt gar nichts. Ich glaube, ich verstehe das Problem von Obelus und einigen anderen. Sie meinen, dass explizite Gewaltdarstellung notwendigerweise mit dem voyeuristischen Ausschlachten von Gewalt verbunden ist und es deswegen klare Grenzen gibt. Das sehe ich allerdings anders. Ein voyeuristischer Aspekt bleibt dabei zwar immer, aber sie kann auch Kunst sein und ein Ziel verfolgen. Ich nehme mal als Beispiel Alien 1 (Film). Geschnitten ist dieser Film gähnend langweilig. Es kommt kaum bedrohliche Atmosphäre auf, da die vom Alien ausgehende Gewalt nur angedeutet wird. In der ungeschnitten Version wird Alien 1 hingegen zum klaustrophobischen Horrorreißer, da gerade die vom Alien ausgehende heftige, ekelhafte Gewalt, die der Zuschauer in allen Einzelheiten miterlebt, das Kernelement der ausserirdischen Bedrohnung ausmacht.

Was ich damit sagen will, ist, dass explizite Gewaltdarstellung durchaus passend sein kann bzw sogar notwendig ist, damit ein bestimmtes Spiel oder ein bestimmter Film funktioniert. Irgendwelche pauschalen Tabus bei der Gewaltdarstellung gibts eigentlich nicht.
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Jörg Luibl
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Re: Kommentar: Wenn schon Gewalt, dann bitte richtig!

Beitrag von Jörg Luibl »

Genau darum geht es: Explizite Gewaltdarstellung kann notwendig sein.

@ mr archer: Jetzt mach deine Schublade zu, denn der Tötungssimulationsfetischist ist fast drin! Noch etwas weiter zurechtrücken und verbiegen, dann hast du mich komplett erwischt. Oder das, was du erwischen wolltest.

Es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen einem grundauf moralischen Spiel, was ich nicht fordere, und einem realistisch inszenierten Spiel, das zum Nachdenken über den Menschen anregt - natürlich gehören dazu auch Gedanken über Gut und Böse, Schuld und Gewissen, also auch moralische Fragen. Dostojewski war als Schriftsteller in erster Linie kein Moralist (eine große Leistung als Christ), sondern ein hervorragender Psychologe seiner Zeit, der nicht nur Schwarz und Weiß, sondern die tiefen Abgründe und Graustufen aus uns heraus meißeln konnte.

Ach ja: Die Inspiration zu der brutalen Szene mit der Pfandleiherin würde ich gerne aus dieser verflixt engen Wasjörgwirklichsagenwollte-Schublade stibitzen - da hab ich exklusive Erinnerungsrechte. Ich kann auch einen Screenshot vom Bücherregal machen. Etwas Copyright-Egoismus wird in dieser blutigen Debatte erlaubt sein!