Im Grunde genommen ist das wogegen ihr euch wehrt und was ihr als nicht nötig empfindet ebenfalls dem Medium Film und Buch widerfahren. Mit genau denselben Argumenten! Exzessive Gewalt oder Sexdarstellung wurden beim Buch ebenso verpönt und als unangebracht erachtet wie auch später beim Film. Bei Letzteren war damals die Argumentation des Gesehenen, Inszenierten. Die Identifikation war hierbei viel intensiver. Nun evolutioniert sich das Medium Videospiel (was ihr sowieso nicht aufhalten könnt, ebenso nicht wie die Leute damals bei Buch und Film) genauso und es kommt wieder die selbe Laie. Ich möchte ja nicht einmal bestreiten das gewisse Argumentationspunkte durchaus verständlich sind, ganz im Gegenteil. Jedoch ist eure Haltung letztenendes konservativ.ColdFever hat geschrieben:tope1983 hat geschrieben:Wieso kommt hier eigentlich immer wieder wer auf die Idee, dass ein Videospiel rein Unterhaltungszwecken zu dienen hat? Literatur, Musik und Film sind auch keine reinen Spaßprodukte..Genau das ist der zentrale Punkt, der Videospiele von anderen Medien unterscheidet. Dadurch, dass der Videospieler für den Erfolg aktiv in das Geschehen eingreifen muss, muss er sich für den Erfolg mit der Rolle identifizieren, zumindest auf der untersten "mechanischen" Ausführungsebene. Literatur, Musik, Film und die bildende Kunst können dagegen auch ohne Identifikation mit dem Werk konsumiert werden.mr archer hat geschrieben:Die Action muss SPASS machen. Sie muss mich UNTERHALTEN. Ich kann mich von den Figuren eines Films, eines Buchs, eines Theaterstück DISTANZIEREN, wenn mir ihr Tun moralisch widerspricht. Das kann ich in einem Videospiel bei meiner Spielfigur nicht. Ich sei denn, ich mache das Spiel aus.
In einem Kriminalfilm oder Kriegsfilm (oder Antikriegsfilm) muss der Zuschauer also keine Leute erschießen, um den Fortgang der Geschichte zu verfolgen. Der Videospieler ist dazu jedoch in der Regel gezwungen. Solange die Spieler diese aktive Rolle genießen können, und von diesem Genuss hängt der finanzielle Erfolg eines Titels ab, solange funktioniert das Videospiel. In dem Moment, wo das Videospiel jedoch die Gewalt "authentisch" umsetzen würde und sich der Videospieler überwinden oder ekeln müsste, um die Geschichte weiterzuspielen, würde der Genuss enden - und damit wohl auch der finanzielle Erfolg einesTitels. Und das ist wahrscheinlich auch gut so.
btw: Auch Literatur, Musik, Film und die bildende Kunst dienen vorwiegend der Freude: Künstler empfinden bei der Erschaffung ihrer Werke in der Regel Freude und teilen diese Freude mit anderen Menschen, die für diese Freude bezahlen. Wer als Künstler ein anderes Erfolgsprinzip verfolgt, muss entweder ein Genie sein oder selbstlose Förderer haben, um zu überleben.
Ein Videospiel SOLL eurer Meinung also Spaß machen. Sollte das ein Buch oder ein Film demnach nicht auch? Bzw. was sollte der Grund sein warum sich nicht auch dieses Medium weiterentwickelt? Der Umstand des Gameplays?
Ich muss ColdFever widersprechen in dem Punkt das Buch und Film keine Identifikationsfigur braucht. Das komplette Gegenteil ist der Fall. In der Nerratologie ist eine Identifikationsfigur der Dreh & Angelpunkt für die Übermittlung einer Geschichte und deren Emotionen. Es ist das nötige Bindeglied, sei es nun Buch, Film oder ein Videospiel. Bei Videospielen kommt nur der Umstand des Gameplays noch hinzu (meist kontrolliert). Nun kam das Argument der Mechanik. Beim Medium Buch war der Umstand zuviel alleine aufgrund des geschriebenen Wortes sich einen beispielsweise Gewaltakt vorzustellen. Beim Medium Film war es der Umstand diesen Gewaltakt nun auch mitansehen zu müssen. Beide Umstände waren, wie schon erwähnt, anfangs verpönt und als zu extrem erachtet. Heute spricht man von Kunst und kulturellen Erbe. Der Umstand eines Knopfdruckes macht das Ganze jetzt jedoch nicht verwerflicher. Intensiver ja, aber nicht verwerflicher! Warum gedenkt ihr mit derselben Argumentation auch hier wieder Stagnation zu fordern? Der Wunsch nach erzählerischer Qualtiät ist da, aber kastriert ihn mit derartigen Einstellungen. Wie soll da ein Fortschritt überhaupt entstehen können?
Seitenlang wurde hier mit extremen Beispielen wie Kindervergewaltigung, Folterung und sehr extremen Gewaltakten um sich geschmissen. Mr. Archer möchte die 120 Tage von Sodom nicht spielen. Aber warum willst du es lesen oder sehen? Macht der Knopfdruck das Ganze jetzt zu einem aboluten No-Go?
Wo wären wir heute wenn damals auch eine derartige Entwicklung bei Buch und Film aufgehalten wäre.