Allgemeiner Politikthread

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Wulgaru
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Wulgaru »

Solange der Präsident institutionell keine Aufwertung erfährt, wäre das doch gar nicht schlimm. Er wäre dann wirklich die Instanz "Gewissen der Bürger". Er könnte den Bundestag und die Parteien wirklich kritisieren und nicht immer nur indirekt. Das nennt man ja staatstragend und würdevoll, ist doch aber nur dem Umstand geschuldet, dass er eine Kreatur der Bundesversammlung und damit der politischen Elite ist.

Den Kanzler würde das allerdings wirklich zu stark aufwerten. Merkel benimmt sich auf internationaler Bühne ja schon jetzt so, als wenn ihr das Land gehört. Das soll mal schön weiter der Bundestag machen, sonst verliert ein Kabinett jegliche Bodenhaftung.
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Boesor
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Boesor »

Wulgaru hat geschrieben:Solange der Präsident institutionell keine Aufwertung erfährt, wäre das doch gar nicht schlimm. Er wäre dann wirklich die Instanz "Gewissen der Bürger". Er könnte den Bundestag und die Parteien wirklich kritisieren und nicht immer nur indirekt.
Ich glaube was Kritik der Bundespräsidenten an den Parteien, Politikern und regierungen angeht können wir uns eigentlich niht beschweren.
Klar, das ganze läuft nicht auf Stammtischniveau, aber das wäre sicherlich auch nicht angemessen.
johndoe921088
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von johndoe921088 »

Ich käme mir ein bisschen veralbert vor, wenn die einzige Möglichkeit, auf Bundesebene direkt demokratisch Einfluss zu nehmen, darin läge, den Grüßaugust der Nation zu bestimmen, während Kanzler und Regierung weiterhin recht frei tun können, was ihnen beliebt (siehe Merkels "Besitzanspruch" auf Deutschland), weil sie eben nur indirekt vom Souverän bestellt werden.
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Boesor
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Boesor »

Pius Quintus hat geschrieben:Ich glaube eher, dass eine Direktwahl ein Amt mit de facto keiner politischen Macht zu stark aufwerten würde. Da fände ich eine Direktwahl des Kanzler sinnvoller, der hat wenigstens was zu sagen...
Es hat allerdings schon seinen Sinn das in deutschland eher Parteien als Personen gewählt werden, auch wenn das immer mehr in den Hintergrund tritt, was vermutlich auf die Faulheit der Bürger sich mit Inhalten zu beschäftigen zurückzuführen ist.
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Wulgaru
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Wulgaru »

Es gibt denke ich sehr viele Zwischenstufen zwischen dem Wort Kritik und Stammtischniveau.

Und doch, man kann sich beschweren. Was ist ein Präsident der Bürger (Gauck sinngemäß), wenn er nicht auch in seinen Reden die Perspektive des Bürgers einnimmt und direkt auf die Tagespolitik Bezug nimmt. Das haben vor allem die letzten Präsidenten äußerst selten gemacht. Rau glaube ich einmal, Köhler eher am Anfang seiner Amtszeit und Wulff überhaupt nicht. Und die Reden die ich da meine, sind so verklausuliert und wohlmeinend, dass sie eh nur das Feuilleton oder die Leute die den Politikteil lesen ansprechen. Ich weiß das das Präsidentenamt nicht so gedacht ist, aber im Grunde ist das egal. Die Zeiten ändern sich und der Posten ist erheblich zu teuer und aufwendig, als das er nicht mal sinnvoller gestaltet werden könnte.

@Pius
Ja, aber eine Direktwahl würde jemanden wie Merkel da ja noch weiter aufwerten und diese Denke zementieren. Das Parlament muss die Regierung kontrollieren und sie gegebenfalls auch abwählen können. Klar passiert das so gut wie nie, aber man ich halte nicht viel von Präsidialsystemen (was eine Direktwahl des Kanzlers wäre). Frankreich ist mir immer ein abschreckendes Beispiel, wo sich der Präsident ja wirklich wie ein König gibt.

Eine Direktwahl des Präsidenten würde ihn einfach in einfach zu einer meinungsbildenden Instanz machen. Durchaus nicht zu unterschätzen, aber nicht gefährdet größenwahnsinnig zu sein. Hielte ich für sehr sinnvoll.
Zuletzt geändert von Wulgaru am 19.03.2012 18:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Boesor
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Boesor »

Wulgaru hat geschrieben:Es gibt denke ich sehr viele Zwischenstufen zwischen dem Wort Kritik und Stammtischniveau.

Und doch, man kann sich beschweren. Was ist ein Präsident der Bürger (Gauck sinngemäß), wenn er nicht auch in seinen Reden die Perspektive des Bürgers einnimmt und direkt auf die Tagespolitik Bezug nimmt. Das haben vor allem die letzten Präsidenten äußerst selten gemacht. Rau glaube ich einmal, Köhler eher am Anfang seiner Amtszeit und Wulff überhaupt nicht. Und die Reden die ich da meine, sind so verklausuliert und wohlmeinend, dass sie eh nur das Feuilleton oder die Leute die den Politikteil lesen ansprechen. Ich weiß das das Präsidentenamt nicht so gedacht ist, aber im Grunde ist das egal. Die Zeiten ändern sich und der Posten ist erheblich zu teuer und aufwendig, als das er nicht mal sinnvoller gestaltet werden könnte.
ich hab mal willkürlich eine Kritik von Köhler gegoogelt und dabei folgendes gefunden (leider nicht das Originalinterview, vielleicht gabs das auch nur in der Printausgabe)

Er sei mit dem Start des Bündnisses unzufrieden, sagte Köhler dem "Focus". Das Volk habe nach der Bundestagswahl tatkräftiges Regieren erwartet, "daran gemessen waren die ersten Monate enttäuschend". Der Präsident verlangte mehr Mut zu Reformen in Deutschland. "Es geht um einen neuen Aufbruch zu Reformpolitik", sagte Köhler. "Wir brauchen Langfristigkeit in der politischen Gestaltung und müssen Abstand nehmen von kurzlebigen Programmen."

ich finde das ist doch ziemlich eindeutig und auch bürgernah.


Aber ist ja letztlich die Frage welche Aufgaben ein Bundespräsident wahrnehmen soll.
johndoe921088
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Beitrag von johndoe921088 »

Wulgaru hat geschrieben:@Pius
Ja, aber eine Direktwahl würde jemanden wie Merkel da ja noch weiter aufwerten und diese Denke zementieren. Das Parlament muss die Regierung kontrollieren und sie gegebenfalls auch abwählen können. Klar passiert das so gut wie nie, aber man ich halte nicht viel von Präsidialsystemen (was eine Direktwahl des Kanzlers wäre). Frankreich ist mir immer ein abschreckendes Beispiel, wo sich der Präsident ja wirklich wie ein König gibt.
Na aber das Problem hat man doch immer: Wenn man dem Volk die Möglickeit gibt, direkt z.B. den Präsidenten zu wählen, muss man damit leben können, dass jemand gewählt wird, der einem nicht genehm ist. So lauten halt die Spielregeln der Demokratie. ;)
Ich bin auch nicht für eine Direktwahl des Kanzlers, eben weil das Parlament dann wie in Frankreich entmachtet würde (wobei man beim Eurozentrismus derzeit ohnehin fragen könnte, was der Bundestag denn noch zu entscheiden hat außer dem Abnicken von Rettungspaketen,, aber das ist eine andere Debatte). Aber ich bin auch gegen eine Direktwahl unseres Staatsoberhaupts, weil dessen Posten in meinen Augen eine solche Legitimation einfach nicht "verdient" (völlig unabhängig vom Amtsinhaber).
Wulgaru hat geschrieben:Eine Direktwahl des Präsidenten würde ihn einfach in einfach zu einer meinungsbildenden Instanz machen. Durchaus nicht zu unterschätzen, aber nicht gefährdet größenwahnsinnig zu sein. Hielte ich für sehr sinnvoll.
Wie genau würdest Du die Aufgaben eines solchen Präsidenten definiert sehen?
johndoe921088
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Beitrag von johndoe921088 »

Boesor hat geschrieben:
Pius Quintus hat geschrieben:Ich glaube eher, dass eine Direktwahl ein Amt mit de facto keiner politischen Macht zu stark aufwerten würde. Da fände ich eine Direktwahl des Kanzler sinnvoller, der hat wenigstens was zu sagen...
Es hat allerdings schon seinen Sinn das in deutschland eher Parteien als Personen gewählt werden, auch wenn das immer mehr in den Hintergrund tritt, was vermutlich auf die Faulheit der Bürger sich mit Inhalten zu beschäftigen zurückzuführen ist.
Dann sollten die Parteien auch mal daran gehen und sich fragen, warum sich offenbar keine Sau für ihr Programm interessiert. Ein erster Schritt wäre sicherlich, es nicht länger von Juristen in ihrem abartigen Juristen-Deutsch verfassen zu lassen. Wie war das noch, zur Bundestagswahl '09 gab es doch eine Analyse eines Instituts der Wahlprogramme, in denen sie in Sachen Verständlichkeit samt und sonders durchgefallen sind. Den Menschen hier per se Faulheit zu unterstellen, halte ich für ein bisschen arrogant.
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Pyoro-2
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Beitrag von Pyoro-2 »

Die Parteien halten sich ja sowieso nicht dran; wieso informieren, wenn's nacher eh g'rad für'd Katz' war? ^^
johndoe921088
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Beitrag von johndoe921088 »

Pyoro-2 hat geschrieben:Die Parteien halten sich ja sowieso nicht dran; wieso informieren, wenn's nacher eh g'rad für'd Katz' war? ^^
Guter Punkt. Fast so gut wie Müntes Erklärung, es sei unfair, eine Partei an ihren Wahlkampfversprechen zu messen. :)
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Pyoro-2
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Beitrag von Pyoro-2 »

...oder die Angie.
http://www.youtube.com/watch?v=vGuXVzgZ1uA

Da können schonmal AKWs plötzlich unsicher werden und sowas. ^^
johndoe921088
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Beitrag von johndoe921088 »

Pyoro-2 hat geschrieben:...oder die Angie.
http://www.youtube.com/watch?v=vGuXVzgZ1uA

Da können schonmal AKWs plötzlich unsicher werden und sowas. ^^
Oh ha, die kann ja doch die Wahrheit sagen, noch dazu unverklausuliert! 8O Wo war denn da ihr Souffleur? Wieso hat der ihr nicht das Mikro abgedreht? ^^
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Boesor
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Boesor »

Pius Quintus hat geschrieben:
Boesor hat geschrieben:
Pius Quintus hat geschrieben:Ich glaube eher, dass eine Direktwahl ein Amt mit de facto keiner politischen Macht zu stark aufwerten würde. Da fände ich eine Direktwahl des Kanzler sinnvoller, der hat wenigstens was zu sagen...
Es hat allerdings schon seinen Sinn das in deutschland eher Parteien als Personen gewählt werden, auch wenn das immer mehr in den Hintergrund tritt, was vermutlich auf die Faulheit der Bürger sich mit Inhalten zu beschäftigen zurückzuführen ist.
Dann sollten die Parteien auch mal daran gehen und sich fragen, warum sich offenbar keine Sau für ihr Programm interessiert. Ein erster Schritt wäre sicherlich, es nicht länger von Juristen in ihrem abartigen Juristen-Deutsch verfassen zu lassen. Wie war das noch, zur Bundestagswahl '09 gab es doch eine Analyse eines Instituts der Wahlprogramme, in denen sie in Sachen Verständlichkeit samt und sonders durchgefallen sind. Den Menschen hier per se Faulheit zu unterstellen, halte ich für ein bisschen arrogant.
Kein Mensch muss Wahlprogramme lesen, das ist schon wirklich die höchste Stufe der Information.
Ein wenig mit offenen Augen durchs leben gehen, ab und an mal Nachrichten schauen oder im Internet surfen dürfte schon reichen.
Und wer das nicht hinbekommt ist faul!
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Wulgaru
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von Wulgaru »

Pius Quintus hat geschrieben:
Wulgaru hat geschrieben:Eine Direktwahl des Präsidenten würde ihn einfach in einfach zu einer meinungsbildenden Instanz machen. Durchaus nicht zu unterschätzen, aber nicht gefährdet größenwahnsinnig zu sein. Hielte ich für sehr sinnvoll.
Wie genau würdest Du die Aufgaben eines solchen Präsidenten definiert sehen?
Rechtlich wie bisher. Nur wird er bisher immer davon gebremst, dass er von bestimmten Parteien getragen wird, die er nicht zu harsch kritisiert, weil sie ihn ja auch wiederwählen könnten. Rückkoppelnd kritisiert er auch die anderen Parteien nicht zu harsch, um nicht parteiisch zu wirken.
In der neuen Situation könnte er das

@Pareiprogramme
Ich habe zur letzten Wahl allerdings in einer Studie gelesen, dass die Umsetzungsrate bzw. der Wille das Parteiprogramm umszuetzen (innerhalb von Koalitionsverhandlungen), in der Regierungspraxis sehr hoch ist. Man sollte diese Programme wirklich lesen. (nein, habe keinen Link, war Print)

@Boesor
Das ist für mich nicht kritisch sondern Rumgefasel. Natürlich entspricht das der damaligen allgemeinen Wahrnehmung der Regierung, Köhler hält sich aber so vage, dass es irrelevant ist. Dafür gibt es bereits renommierte Medien oder tatsächlich einfach den Stammtisch.
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machbetmu
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Re: Allgemeiner Politikthread

Beitrag von machbetmu »

Wulgaru hat geschrieben: Das ist für mich nicht kritisch sondern Rumgefasel. Natürlich entspricht das der damaligen allgemeinen Wahrnehmung der Regierung, Köhler hält sich aber so vage, dass es irrelevant ist. Dafür gibt es bereits renommierte Medien oder tatsächlich einfach den Stammtisch.
Aber was stellst du dir denn dann vor? Wenn ein Präsident noch viel konkreter Dinge kritisiert wird er irgendwann zum Volker Pispers der Nation. Die einzelnen Fragestellungen hat ein Präsident nicht zu kommentieren, sondern vielleicht politische Grundrichtungen. Das wäre in meinen Augen wirklich unangemessen.
Das andere Problem ist, wenn der Präsident ständig kritisch Bezug zur Tagespolitik nimmt, wird er irgendwann zum Außenseiter der Berliner Politikgemeinde. Horst Köhler ist nicht zuletzt an diesem Außenseitertum gescheitert.