Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

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crewmate
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Beitrag von crewmate »

Das mit dem Lopf platzen meinte ich auf eine positive Weise. "Blow your Mind".

Es war denke ich der Sprachpatch... wobei ich das Spiel ~2009 gespielt habe. Könnte mich irren.
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mr archer
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Beitrag von mr archer »

crewmate hat geschrieben:Das mit dem Lopf platzen meinte ich auf eine positive Weise. "Blow your Mind".
Schon passiert. Allerdings noch nicht mit Pathologic. Sondern letztes Wochenende mit The Path. Was für eine Erfahrung! Das muss ich jetzt erstmal verdauen. Nach zuletzt Mortyr 2 war das ein etwas zu krasser Kaltstart für meine eingelullten Synapsen.

Aber irgendwie scheint es doch wieder zu passen. Denn im Path - Forum lautete die Antwort auf die Frage nach atmosphärisch ähnlich gelagerten Spielen erstaunlich oft: Pathologic.

Alle Wege führen offensichtlich auch in diesem Zusammenhang mal wieder nach Rom.
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mr archer
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Beitrag von mr archer »

Wieder mal ein Hinweis für die geneigte Leserschaft dieses Threads:

Mein Lesertest zu Mortyr 2 ist oben (und versteckt sich schüchtern zwischen all den Battlefield 3 - Leserkritiken). Am Ende bin ich noch mal in mich gegangen und habe es doch bei einem "Ausreichend" mit Tendenz zu mehr belassen, dass sich ganz knapp von unten das "Befriedigend" anschaut.
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

Wer sich mit mir über Subjektivität von Spielkritiken zanken mag: gerade ist mein Bioshock-Lesertest online gegangen. Und ich frage mich schon, ob ich hier im Vergleich zu meinem milden Blick auf die Spieldesign-Schwächen von You are empty nicht zu hart gewesen bin.

Freue mich über Meinungen bzw. Kritik und Widerspruch.

Und wegen Osteuropa: Jetzt kommt endlich Pathologic.

Vorher muss ich nur noch meine Bioshock-Screenshots (ca. 500) aufräumen und das Take 2- SecuRom von der Festplatte runterfummeln.
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crewmate
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von crewmate »

Also hast du bisher noch nicht in Pathologic reinschnuppern können?
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

crewmate hat geschrieben:Also hast du bisher noch nicht in Pathologic reinschnuppern können?
Ne. Ich brauchte mal eine Osteuropa-Pause. Nach Mortyr 2 kam erstmal The Path. Lesertest schreibe ich nachher wahrscheinlich noch. Und dann Bioshock.

Und am Wochenende beginne ich dann mit Pathologic. Der Ausflug zum Wolf in den Wald und danach nach "Rapture" sollte intellektuell genug Wärme in die Synapsen geblasen zu haben, um mich nun diesem höchst widersprüchlich beleumundeten Spiel zuwenden zu können. Bin schon gespannt.
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

crewmate hat geschrieben:Also hast du bisher noch nicht in Pathologic reinschnuppern können?
So, nun hab ich nen Nachmittag lang geschnuppert.

Hm. Ich mag das Artdesign, ich mag den surrealen Touch, ich finde sogar einen Teil der enervierend metaphernüberladenen Sprache okay. Und das die Bewohner der Stadt sich aus vier - fünf immer wiederkehrenen Clone-Modellen zusammensetzen - geschenkt.

Was mir aber schon jetzt am ersten Tag auf den Zeiger geht, ist der ständige Zeitdruck. Sowas ertrage ich in Spielen nur äußerst unwillig. Wenn das in dem Stil weitergeht, weiss ich ehrlich gesagt nicht, ob ich hier bis zum Ende durchhalte.
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

Nun fange ich hier auch schon an, so eine Art "Testtagebuch" zu führen.

Habe nun den zweiten Tag des Mediziners in der namenlosen Stadt am Rande der Steppe absolviert. Und es zeichnet sich hier eine Tendenz ab: interessante Geschichte. Abgeschmackte Art der Präsentation. Die Fraktionen der Stadt, die sich ausbreitende Krankheit, die Konzessionen an den russischen Provinzroman von Tschechow bis Gogol, das Ressourcenmanagement - alles wirklich sehr hübsch und teilweise hochklassig.
Aber das Gameplay? Im Grunde läuft ein Tag in Pathologic bisher so: Aufstehen, Tagesquest abholen und sich bis zur Nacht von Hinz zu Kunz einmal durch die Stadt und wieder zurück schicken lassen. Nebenbei erledigt man noch ein bis zwei optionale Quests nach dem selben Prinzip. Im Hintergrund tickt die Uhr runter und ab und zu wirft man ein paar Lebensmittel und Medikamente ein, um nicht auf offener Straße umzufallen. Ist der Tag vorbei weiss man dann, was an diesem eigentlich in welcher Reihenfolge zu tun ist. Dann setzt man sich vor den Stadtplan, feilt sich eine Idealroute aus. Und dann lädt man den Save vom Tagesanfang nochmal und spielt den Tag perfekt runter, damit alle Figuren im Spiel bleiben und man möglichst wenige der knappen Ressourcen verbraucht hat.

Pathologic ist also ein Spiel für Slawisten mit einem Fetisch für ihren Terminplaner. Interessant. Aber natürlich sehr überschaubarer Kundenkreis für so ein Spiel.

Bin gespannt, ob da nochmal was kommt. Werde berichten.
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crewmate
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von crewmate »

Das Zeitmanagement ist mir auch auf den Zeiger gegangen. Zum einen hätte die zeit langsamer ablaufen sollen, zum anderen hätte sie in gewissen Gebäuden einfach einfrieren können.

Der bisherige Aufbau ist Teil des Pacings. Die Kacke wird schon bald mächtig am Dampfen sein. ^___^
Horte bitte auf jeden Fall ein paar Sachen, sonst wirst du scheitern.
Das ist das Problem mit Ice Pick Lodge, das auch "The Void" hat.
Macht man am Anfang ein paar Kleine Fehler, landet man später in einer Sackgasse.
Dein bisher sparsamer Umgang mit Lebensmitteln ist schon mal gut.
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

So, mal wieder ein Bericht aus der namenlosen Stadt. Tag 3 des Mediziners. Inzwischen ist der erste Stadtteil infiziert was atmosphärisch für meinen Geschmack sehr schön gelöst wird.

Allerdings ist die NPC-Kloneritis in diesem Spiel wirklich hanebüchen. ALLE Wachleute sind eineiige Zwillinge. Ich weiss ja, dass Inzest in abgelegenen Siedlungen ein Problem ist. Ich bin auch vom Dorf. Aber das hier ist schon bizarr.

Auf der Gameplay-Front blieb auch heute alles beim alten. Hinz und Kunz. Allerdings habe ich es heute geschafft, auf Anhieb alles richtig zu erledigen. Und es ist erst 17:00 Uhr. Was nun? Schlafen gehen? Wahrscheinlich das Beste. Hieße aber bis zum Morgen zweimal aufstehen, um nicht im Schlaf zu verhungern. Was nebenbei bemerkt wahrscheinlich das größte medizinische Rätsel des Spiels darstellt.

Ihr seht schon, das Spiel weckt meinen Sarkasmus. Es ist ja irgendwie trotzdem spannend. Aber es gibt so viele Abers. Beispielsweise sind die Dialoge mit den Quest-NPC´s Ratespiele. Irgendwie bekomme ich es am Ende zwar bisher immer hin, das politische Ränkespiel zu meinen Gunsten zu lenken - jedenfalls glaube ich das. Aber was genau wir da eigentlich reden, will sich mir semantisch einfach nicht so recht erschließen. Ich habe sowas in noch keinem anderen Spiel erlebt.

Pathologic bleibt also auch an Tag 3 eine Erfahrung der besonderen Art.
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Genkis
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von Genkis »

mr archer hat geschrieben:Wer sich mit mir über Subjektivität von Spielkritiken zanken mag: gerade ist mein Bioshock-Lesertest online gegangen. Und ich frage mich schon, ob ich hier im Vergleich zu meinem milden Blick auf die Spieldesign-Schwächen von You are empty nicht zu hart gewesen bin.

Freue mich über Meinungen bzw. Kritik und Widerspruch.

Und wegen Osteuropa: Jetzt kommt endlich Pathologic.

Vorher muss ich nur noch meine Bioshock-Screenshots (ca. 500) aufräumen und das Take 2- SecuRom von der Festplatte runterfummeln.

ich finde du bist sehr fair mit dem spiel umgegangen, anders
als andere nostalgiegestörte system shock spieler^^

ich fand das gameplay allerdings eigentlich besser als du es
beschreibst, also der shooter teil... vom rest gibts ja wirklich nicht
viel... da finde ich bioshock2 wesentlich schlimmer.


sonst finde ich deine tests allgemein ganz ansprechend, weil du
nicht den fanboy raushängen lässt, (drücken wir mal ein auge zu bei NOLF :D sowieso eines der besten^^)
aber genau so wenig den hater und die technik der spiele nicht
sehr stark mit ins ergebnis einfließen lässt.
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

Genkis hat geschrieben: ...
Danke für die lobenden Worte.

Zu meinem Bioshock-Text muss man auch sagen, dass Menschen, die erst nach 2005 mit Videospielen in Berührung gekommen sind und beispielsweise System Shock 2 noch nicht kannten, auf die 84 gerne nochmal den einen oder anderen Punkt zum "Sehr gut" draufschlagen können. Das mag jetzt für manchen nach "früher war alles besser" klingen. In diesem Fall heißt es aber für mich eher, "Ken Levine war früher schon mal etwas besser". Meine Hauptkritik an Bioshock ist schlicht, dass es viel zu einfach ist. Und das sich daher der überall im Spiel anzutreffende, aus der Not gebohrene Überlebenskampf der übrigen Protagonisten nicht auf den spielbaren Charakter überträgt. Dass man beispielsweise bei Verschonung der Little Sisters trotzdem nie einen Mangel an Adam hat (wenn man nicht völlig bekloppt gleich am ersten Gatherers Garden alles auf den Kopp haut) ist ein für mich unverzeilicher Storybruch. Wo bleibt denn da die in der Geschichte überall behauptete Schwierigkeit, die Moral zu bewahren, an der alle anderen ringsum gescheitert sind? Um wirklich überzeugen zu können, hätte in Bioshock der Weg zum guten Ende knüppelhart sein müssen. Ich kann mich des Gefühls nicht erwehren, dass Levine da wider besseren Wissens Konzessionen an die Massen-Marktfähigkeit des Titels gemacht hat.
Die Geschichte der Welt an sich ist ganz vorne im Feld mit dabei.

Ist ein bisschen so, als ob man Stanley Kubrick erst mit Eyes wide shut kennen lernt. Und dann später Full metal jacket oder Shining sieht.

Und ja, Technik ist für mich tatsächlich nicht so zentral. Das Spiel soll möglichst bugfrei laufen und sich problemfrei installieren und starten lassen. Alles andere tritt bei mir nach spätestens einer Stunde des ersten "Oh" und "Ah" hinter das Gameplay und das Imersionspotential der entworfenen Welt zurück.


Übrigens hat Pathologic was das Ressourcenmanagement und die permanente Bedrohtheit der Spielfigur angeht, das Quentchen Härte zu viel, das Bioshock zu wenig hatte.
Trotzdem - gestern, nach dem erfolgreichen Ende von Tag 4 verspürte ich tatsächlich etwas wie Befriedigung. Ohne vorher wirklich Spass verspührt zu haben. Was ist bloß los mit mir? Kommt hier eine masochistische Ader zum Vorschein?
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oppenheimer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von oppenheimer »

Deiner Rezension kann ich weitestgehend zustimmen. Mein größter Kritikpunkt war auch die Konsequenzlosigkeit der moralischen Entscheidungen (welche ja in fast allen mir bekannten Reviews damals bejubelt wurden, warum auch immer).
Die Erbarmungslosigkeit eines System Shocks 2 (ja, ich hab es jetzt wieder angefangen...) mit chronischem Munitionsmangel fehlt ja auch gänzlich.
Des Weiteren wollte sich bei mir auch kein Gefühl der Bedrohung einstellen; ich habe mit Rapture's Bewohnern eher Mitleid empfunden, was natürlich auch irgendwie interessant ist und zu der fast subtil mitschwingenden Tragik des gescheiterten Utopias passt.

Den Plot an sich fand ich nicht schlecht, die Auseinandersetzung mit in Videospielen meist gar nicht oder nur naiv-oberflächlich beackerten Themen jedoch noch besser.
Und dann vor allem Andrew Ryan, eine der wenigen durchdacht portraitierten Figuren der Spielegeschichte.

Wenn mir jetzt jemand noch die Thematik eines Bioshock mit dem Setting sowie der survival-angehauchten Garstigkeit eines System Shock 2, garniert mit den Konsequenzen eines Deus Ex und veredelt mit der Entscheidungsfreiheit eines Vampire:Bloodlines servieren würde, könnte sich die ganze DirectX11-gepowerte-1-click-awesomeness aber ganz schnell verpissen.
Bleibt abzuwarten, wie Bioshock:Infinite aussehen wird.
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mr archer
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von mr archer »

oppenheimer hat geschrieben:
Wenn mir jetzt jemand noch die Thematik eines Bioshock mit dem Setting sowie der survival-angehauchten Garstigkeit eines System Shock 2, garniert mit den Konsequenzen eines Deus Ex und veredelt mit der Entscheidungsfreiheit eines Vampire:Bloodlines servieren würde, könnte sich die ganze DirectX11-gepowerte-1-click-awesomeness aber ganz schnell verpissen.
Auja! Ich hätte da nur noch gerne die Durchstilisiertheit eines Max Payne 1 dabei.

Aber schon interessant, wie man immer wieder bei den gleichen Titeln landet, wenn es um die echten PC-Großkaliber geht. Seufz. Träum.

Bei Infinite bleibe ich abwartend. Die bisherigen Gameplay-Videos sahen sehr nach dem Bioshock-Handling aus. Plus einem Schuss Mirrors Edge - Flauegefühl im Magen. Mir war das alles ehrlich gesagt ein bisschen zu hektisch.
lord-matte
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Re: Osteuropa-Shooter aus der zweiten Reihe

Beitrag von lord-matte »

Toller Thread, muss ich mal sagen, und ein verdammt großes Lob an Mr. Archer! Ich finde diese Art von Spielen auch interessant, auch wenn ich noch nicht all zu viele dieser Sorte gespielt habe. Metro habe ich noch ungespielt hier rumliegen, STALKER will ich mir unbedingt mal gönnen, genau wie Cryostasis, und von Chrome (oder war es Chrome 2?) habe ich glaube ich mal die ersten Levels gespielt...

Bei mir ist es weniger die Spielwelt, sondern mehr die Storyline an sich, die mich, wenn sie wirklich begeistert, über fast alle Schwächen hinwegsehen lassen kann. Mich würd mal interessieren, was deiner Meinung nach so die storymäßig besten Spiele sind, die du kennst. :)

Ich werd jetzt mal einen Blick in deine Lesertests werfen.