Radio Fritz ab 22 Uhr über "Killerspiele"
Moderatoren: Moderatoren, Redakteure
- Lege Artis
- Beiträge: 4141
- Registriert: 02.03.2008 10:36
- Persönliche Nachricht:
- Trivium3k
- Beiträge: 1025
- Registriert: 14.12.2008 12:34
- Persönliche Nachricht:
Hihi. Meine Rede :wink:ProtestTheHero hat geschrieben:Hm ... US-Soldaten werden also mit Ego-Shootern ausgebildet ... so so.
Ich bewerb mich mal in Österreich bei der Kobra, mit meinen Frag-Stats dürfte ich da ohne Probs reinkommen
Höhö. Und falls die Kobra uns nicht will probieren wir's halt bei der WEGA.
Vorher versuchen wirs noch beim Jagdkommando
- North McLane
- Beiträge: 414
- Registriert: 07.01.2008 19:15
- Persönliche Nachricht:
- Vicarocha
- Beiträge: 58
- Registriert: 26.11.2007 14:17
- Persönliche Nachricht:
Mal was generelles zu dem gerade im Radio erwähnten Gerücht, die US-Armee würde mit Spielen ihre Soldaten zum Schiessen ausbilden und etwaige Tötungshemmungen abbauen:
Diese Gerücht basiert ursprünglich auf einem Buch Dave Grossmans:
Grossman, Dave / DeGaetano, Gloria (2002): Wer hat unseren Kindern das Töten beigebracht? Ein Aufruf gegen Gewalt in Fernsehen, Film und Computerspielen. Stuttgart."
Dieses Werk ist NICHT wissenschaftlich! Es ist ein pseudowissenschaftliches Pamphlet, das wissenschaftliche Standards der Methoden und Techniken empirischer (Sozial-)Forschung, den Forschungsstand der Medienwirkungsforschung zur Wirkung medialer Gewaltdarstellung auf Rezipienten und den Forschungsstand zur Rezeptions-, resp. Rezipientenforschung ignoriert und für die kolportierten Wirkungspotenziale von Spielen weder eigene Forschung bietet, noch recherchierbare Quellen für in dem Werk zitierte vermeintliche Erkenntnisse der Forschung (z.T. fehlen Literaturangaben komplett). Das Werk beinhaltet die persönliche Meinung D. Grossmans (und seiner Co-Autorin), es ist keine wissenschaftlich fundierte Studienleistung.
Beispiele:
D. Grossman behauptet, mit dem Aufkommen der Spiele mit Gewaltinhalten in den Sechzigern habe sich die Zahl der Gewaltverbrechen in den USA verfünffacht. Er ignoriert aber, dass parallel zur Enwicklung des Genres der "Egoshooter" die Kriminalstatistiken des FBI rückläufige Tendenzen aufweist: Zwischen 1992 (dem Geburtsjahr des Genres mit "Wolfenstein 3D") und 2001 gingen die Gewalttaten um über 25 Prozent zurück, Morde um über 32 Prozent und schwere Körperverletzungen um ca. 20 Prozent - dies nur als Bsp. inadäquater Korrelationen (anzumerken ist, dass bei D. Grossman Korrelation gleich Kausalität ist, er aber rigoros antezedierende und intervenierende Drittvariablen ignoriert o. relativiert). Aber selbst wenn seitdem die Gewaltverbrechen zugenommen hätten, wäre dies kein Argument für einen Einfluss von Spielen!
Außerdem lässt sich ihm das Gerücht zuschreiben, dass US-Militär trainiere seine Soldaten mittels Spielen im Umgang mit Waffen und reduziere durch sie Tötungshemmungen (bzw. konditioniere Tötungsreflexe). Aber: Die Medienwirkungsforschung bietet keinen Beleg für so ein Wirkungspotenzial, im Gegenteil – der Forschungsstand ist desolat und gemäß der Wissenschafts- und Erkenntnistheorie von Karl R. Popper ist tendenziell eine Nichtwirkung zu attestieren. E contrario: Weder die Beherrschung von Handfeuerwaffen noch die Überwindung der Tötungshemmung wird im militärischen Training durch Computerspiele vermittelt, sondern allein die Wahrnehmungs-, Orientierungs- und Reaktionsleistungen, die in einem Kampfeinsatz erbracht werden müssen – taktische Entscheidungen; die Enthemmung und die nötige Motivation leisten die Armeen dieser Welt separat. Aber es existieren Studien über die Nutzung von Spielen beim Militär, die nicht pseudowissenschaftlich suggestiv agitieren.
Zwei Beispiele:
- Chatham, Ralph E. (2003): A possible Future for Military Training.
DoD Directorate for Freedom of Information and Security Review. Online Im Internet: http://www.t2net.org/downloads/briefs/d ... _5D8BF.pdf.
Zitat:
"DARWARS would not replace field training. Nor would it teach what it feels like to patrol on foot through thick grass or take high g-forces in an aircraft, but it would give you repeated practice of what to look for and what to think about when doing such things. It would not reproduce the shock of a weapon going off 100 yards away from a soldier, but it would prepare our warriors' minds with so many practiced instances of tactical thinking that even in shock they would instinctively know what to do." (S.2)
- Stahl, Roger (2006): "Have You Played the War on Terror?" In: Critical
Studies in Media Communication; H. 23(2), S.112-130.
Zitat:
"[Marine Doom] […] was […] successful in teaching repetitive decision-making on the ground." (S.117)
Im übrigen, um noch etwas absolut triviales festzustellen: Die primitive Idee, man könnte mit Maus und Tastatur oder einem Joypad (oder wie uninformierte Redakteure z.T. schreiben, einem Joystick) den Umgang mit einer Waffe üben, ist absurd und kann von jedem, der Spiele spielt und Umgang mit realen Waffen hatte qua eigener Erfahrung dementiert werden (also tendenziell von jedem Jäger, Sportschützen, Polizisten, Personenschützer, Soldaten, Wehrdienstleistenden und anderen im Dienste Waffe tragenden etc. unter 35 Jahren). Ohne behavioristischen Ideen ein Forum zu geben, aber ich selbst war trotz anderthalb Jahrzehnten Spieleerfahrung ein ungeeigneter Schütze.
Aber auch eine Steuerungsperipherie wie z.B. sog. "Lightguns" u.ä. vermindern nicht den gravierenden Unterschied zwischen Spielen und dem Training mit einer realen Waffe. Spielen fehlt die körperliche, die sinnliche, taktile Dimension. Und mehrere zehntausend Euro teuere Simulatoren, wie das AGSHP (Ausbildungsgerät Schießsimulator Handwaffen/Panzerabwehrhandwaffen) der Bundeswehr, kann man nicht mit einem Spiel verwechseln (aber diese Geräte werden von D. Grossman ja auch nicht erwähnt, er reduziert seine Perspektive auf normale Spiele)!
Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus sind D. Grossmans Hypothesen konsequent zu negieren. Grossmans Werk ist auch keine wissenschaftliche Mindermeinung über die Wirkungspotenziale von Gewaltdarstellungen in Spielen auf Rezipienten, sie ist generell eine unwissenschaftliche, moralische/geschmackliche Verurteilung von Spielen. Das Publikum D. Grossmans ist kein akademisches, es ist ein Laienpublikum. Denn exklusiv bei Laien kann D. Grossman hoffen, dass seine Meinung adaptiert wird, denn diese kokettiert mit Ressentiments von Nichtspielern und moralischer/geschmacklicher Empörung des Publikums, nicht mit prüfbaren, intersubjektivierbaren Argumenten. Darum adressiert D. Grossman in seinem Werk den potenziellen Leser auch permanent direkt und versucht ihn zu emotionalisieren, indem er suggestiv auf das Wohl der Kinder anspielt, die der Leser u.U. hat, um Angst zu schüren und persönliche Betroffenheit zu schaffen – das ist primitiv. Argumente für die Postulierung negativer Wirkungen durch Gewaltdarstellungen in Spielen auf die Rezipienten und moralische/geschmackliche Urteile sind in D. Grossmans Werk synonym. Zustimmung erfährt D. Grossman nicht von seriösen Wissenschaftlern auf Basis seiner Argumente, sondern bei laien, die a priori der gleichen Meinung wie der Autor sind und Bestätigung suchen. Dabei dient D. Grossman auch seine ex-Tätigkeit(!) als Militärpsychologe (im Offiziersrang a.D.), um vermeintliche Plausibilität zu generieren und sich als Autorität zu profilieren. Aber D. Grossman rezitiert in diesem nämlich nicht die offizielle Darstellung des Militärs oder den Forschungsstand, sondern konstruiert Kolportierungen, für die keine Indizien existieren. Die Kritik an seiner Person wiegt gerade deshalb noch schwerer, weil er eine wissenschaftliche Ausbildung genossen hat und es eigentlich besser wissen müsste. Die aggressive, pseudowissenschaftliche Agitation des Herrn Grossman in der Öffentlichkeit, kombiniert mit seinen wilden, dem Stand der Forschung und neutralen Fakten absolut widersprechenden Erkenntnissen ist es dann, was im Gesamtbild nur zulässt, dass man ihn als Wissenschaftler nicht ernst nimmt. Er ist kein Experte!
Im Gegenteil:
Er entwickelt in seinem Buch eine an Hysterie grenzende Weltverschwörungstheorie und bezeichnet alle, die seine Meinung nicht unterstützen, als "von der Gewaltindustrie 'gekauft'" (S.11f.). Er unterstellt: "Wie bei Tabak und industrieller Umweltverschmutzung befasst sich die Gewaltindustrie systematisch mit einer verfälschten Darstellung der Auswirkungen ihrer Erzeugnisse" (S.14) und bezeichnet die Opposition explizit als Lügner. D. Grossmans simple Wirkungszusammenhänge stoßen bei Laien natürlich auf breite Zustimmung, da sie einfache Antworten auf gesellschaftliche Probleme liefern.
Außerdem negiert er, dass es Spiele für Erwachsene geben kann, indem er fabuliert, das Wort "Spiel" selbst nahe legt, dass das eigentliche Publikum jung ist. Videospiele werden ihm zufolge entweder von Kindern oder besonders unreifen Erwachsenen gespielt. Eine biederere und weltfremdere Perspektive ist quasi nicht möglich.
Das Werk ist vieles, aber weder wissenschaftlich, noch zum empfehlen. Nachgewiesen hat er nichts. Das Werk ist Maximal eine interessante Persönlichkeitsstudie und bietet Material für die Gedankenwelten extremer Antagonisten medialer Gewaltdarstellungen (in Spielen).
Im übrigen noch eine Anmerkung zur dt. Fassung des Werkes:
Ich "empfehle" Ihnen die Originalausgabe, weil in der deutschen Übersetzung von Martin Kraus und Bruno Sandkühler der englische Terminus "violent " quasi durchgängig mit "gewaltverherrlichend" übersetzt wurde, was natürlich gewisse Implikationen provoziert, da Gewaltverherrlichung ein Straftatbestand gemäß § 131 StGB ist. Aber ich bitte Sie, D. Grossman bezeichnet Werner Glogauer(!) im dt. Vorwort als einen Experten zu der Thematik (vgl. S.14) und dieser durfte sogar einen Extraartikel für die dt. Ausgabe schreiben. Lächerlicher geht es gar nicht mehr.
Und noch eine Anmerkung am Rande: D. Grossmans Werk ist übrigens ein hervorragender Indikator, um die Qualität anderer Studien auf den ersten Blick zu erkennen. Die Studien, die sich unkritisch auf D. Grossman beziehen und ihn lobend erwähnen, kann man getrost mit D. Grossmans Werk in die Tonne schmeißen (z.B. diverse Werke von H. Lukesch, R. H. Weiss, W. Hopf, C. Pfeiffer, M. Spitzer und wie sie alle heissen)...
D. Grossman wird dieser Tage wieder gerne zitiert und kommt natürlich bei Laien gut an...
P.S.: Ich befürchte ja, der Beitrag geht in dieser Menge an Beiträgen total unter... ^^
Diese Gerücht basiert ursprünglich auf einem Buch Dave Grossmans:
Grossman, Dave / DeGaetano, Gloria (2002): Wer hat unseren Kindern das Töten beigebracht? Ein Aufruf gegen Gewalt in Fernsehen, Film und Computerspielen. Stuttgart."
Dieses Werk ist NICHT wissenschaftlich! Es ist ein pseudowissenschaftliches Pamphlet, das wissenschaftliche Standards der Methoden und Techniken empirischer (Sozial-)Forschung, den Forschungsstand der Medienwirkungsforschung zur Wirkung medialer Gewaltdarstellung auf Rezipienten und den Forschungsstand zur Rezeptions-, resp. Rezipientenforschung ignoriert und für die kolportierten Wirkungspotenziale von Spielen weder eigene Forschung bietet, noch recherchierbare Quellen für in dem Werk zitierte vermeintliche Erkenntnisse der Forschung (z.T. fehlen Literaturangaben komplett). Das Werk beinhaltet die persönliche Meinung D. Grossmans (und seiner Co-Autorin), es ist keine wissenschaftlich fundierte Studienleistung.
Beispiele:
D. Grossman behauptet, mit dem Aufkommen der Spiele mit Gewaltinhalten in den Sechzigern habe sich die Zahl der Gewaltverbrechen in den USA verfünffacht. Er ignoriert aber, dass parallel zur Enwicklung des Genres der "Egoshooter" die Kriminalstatistiken des FBI rückläufige Tendenzen aufweist: Zwischen 1992 (dem Geburtsjahr des Genres mit "Wolfenstein 3D") und 2001 gingen die Gewalttaten um über 25 Prozent zurück, Morde um über 32 Prozent und schwere Körperverletzungen um ca. 20 Prozent - dies nur als Bsp. inadäquater Korrelationen (anzumerken ist, dass bei D. Grossman Korrelation gleich Kausalität ist, er aber rigoros antezedierende und intervenierende Drittvariablen ignoriert o. relativiert). Aber selbst wenn seitdem die Gewaltverbrechen zugenommen hätten, wäre dies kein Argument für einen Einfluss von Spielen!
Außerdem lässt sich ihm das Gerücht zuschreiben, dass US-Militär trainiere seine Soldaten mittels Spielen im Umgang mit Waffen und reduziere durch sie Tötungshemmungen (bzw. konditioniere Tötungsreflexe). Aber: Die Medienwirkungsforschung bietet keinen Beleg für so ein Wirkungspotenzial, im Gegenteil – der Forschungsstand ist desolat und gemäß der Wissenschafts- und Erkenntnistheorie von Karl R. Popper ist tendenziell eine Nichtwirkung zu attestieren. E contrario: Weder die Beherrschung von Handfeuerwaffen noch die Überwindung der Tötungshemmung wird im militärischen Training durch Computerspiele vermittelt, sondern allein die Wahrnehmungs-, Orientierungs- und Reaktionsleistungen, die in einem Kampfeinsatz erbracht werden müssen – taktische Entscheidungen; die Enthemmung und die nötige Motivation leisten die Armeen dieser Welt separat. Aber es existieren Studien über die Nutzung von Spielen beim Militär, die nicht pseudowissenschaftlich suggestiv agitieren.
Zwei Beispiele:
- Chatham, Ralph E. (2003): A possible Future for Military Training.
DoD Directorate for Freedom of Information and Security Review. Online Im Internet: http://www.t2net.org/downloads/briefs/d ... _5D8BF.pdf.
Zitat:
"DARWARS would not replace field training. Nor would it teach what it feels like to patrol on foot through thick grass or take high g-forces in an aircraft, but it would give you repeated practice of what to look for and what to think about when doing such things. It would not reproduce the shock of a weapon going off 100 yards away from a soldier, but it would prepare our warriors' minds with so many practiced instances of tactical thinking that even in shock they would instinctively know what to do." (S.2)
- Stahl, Roger (2006): "Have You Played the War on Terror?" In: Critical
Studies in Media Communication; H. 23(2), S.112-130.
Zitat:
"[Marine Doom] […] was […] successful in teaching repetitive decision-making on the ground." (S.117)
Im übrigen, um noch etwas absolut triviales festzustellen: Die primitive Idee, man könnte mit Maus und Tastatur oder einem Joypad (oder wie uninformierte Redakteure z.T. schreiben, einem Joystick) den Umgang mit einer Waffe üben, ist absurd und kann von jedem, der Spiele spielt und Umgang mit realen Waffen hatte qua eigener Erfahrung dementiert werden (also tendenziell von jedem Jäger, Sportschützen, Polizisten, Personenschützer, Soldaten, Wehrdienstleistenden und anderen im Dienste Waffe tragenden etc. unter 35 Jahren). Ohne behavioristischen Ideen ein Forum zu geben, aber ich selbst war trotz anderthalb Jahrzehnten Spieleerfahrung ein ungeeigneter Schütze.
Aber auch eine Steuerungsperipherie wie z.B. sog. "Lightguns" u.ä. vermindern nicht den gravierenden Unterschied zwischen Spielen und dem Training mit einer realen Waffe. Spielen fehlt die körperliche, die sinnliche, taktile Dimension. Und mehrere zehntausend Euro teuere Simulatoren, wie das AGSHP (Ausbildungsgerät Schießsimulator Handwaffen/Panzerabwehrhandwaffen) der Bundeswehr, kann man nicht mit einem Spiel verwechseln (aber diese Geräte werden von D. Grossman ja auch nicht erwähnt, er reduziert seine Perspektive auf normale Spiele)!
Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus sind D. Grossmans Hypothesen konsequent zu negieren. Grossmans Werk ist auch keine wissenschaftliche Mindermeinung über die Wirkungspotenziale von Gewaltdarstellungen in Spielen auf Rezipienten, sie ist generell eine unwissenschaftliche, moralische/geschmackliche Verurteilung von Spielen. Das Publikum D. Grossmans ist kein akademisches, es ist ein Laienpublikum. Denn exklusiv bei Laien kann D. Grossman hoffen, dass seine Meinung adaptiert wird, denn diese kokettiert mit Ressentiments von Nichtspielern und moralischer/geschmacklicher Empörung des Publikums, nicht mit prüfbaren, intersubjektivierbaren Argumenten. Darum adressiert D. Grossman in seinem Werk den potenziellen Leser auch permanent direkt und versucht ihn zu emotionalisieren, indem er suggestiv auf das Wohl der Kinder anspielt, die der Leser u.U. hat, um Angst zu schüren und persönliche Betroffenheit zu schaffen – das ist primitiv. Argumente für die Postulierung negativer Wirkungen durch Gewaltdarstellungen in Spielen auf die Rezipienten und moralische/geschmackliche Urteile sind in D. Grossmans Werk synonym. Zustimmung erfährt D. Grossman nicht von seriösen Wissenschaftlern auf Basis seiner Argumente, sondern bei laien, die a priori der gleichen Meinung wie der Autor sind und Bestätigung suchen. Dabei dient D. Grossman auch seine ex-Tätigkeit(!) als Militärpsychologe (im Offiziersrang a.D.), um vermeintliche Plausibilität zu generieren und sich als Autorität zu profilieren. Aber D. Grossman rezitiert in diesem nämlich nicht die offizielle Darstellung des Militärs oder den Forschungsstand, sondern konstruiert Kolportierungen, für die keine Indizien existieren. Die Kritik an seiner Person wiegt gerade deshalb noch schwerer, weil er eine wissenschaftliche Ausbildung genossen hat und es eigentlich besser wissen müsste. Die aggressive, pseudowissenschaftliche Agitation des Herrn Grossman in der Öffentlichkeit, kombiniert mit seinen wilden, dem Stand der Forschung und neutralen Fakten absolut widersprechenden Erkenntnissen ist es dann, was im Gesamtbild nur zulässt, dass man ihn als Wissenschaftler nicht ernst nimmt. Er ist kein Experte!
Im Gegenteil:
Er entwickelt in seinem Buch eine an Hysterie grenzende Weltverschwörungstheorie und bezeichnet alle, die seine Meinung nicht unterstützen, als "von der Gewaltindustrie 'gekauft'" (S.11f.). Er unterstellt: "Wie bei Tabak und industrieller Umweltverschmutzung befasst sich die Gewaltindustrie systematisch mit einer verfälschten Darstellung der Auswirkungen ihrer Erzeugnisse" (S.14) und bezeichnet die Opposition explizit als Lügner. D. Grossmans simple Wirkungszusammenhänge stoßen bei Laien natürlich auf breite Zustimmung, da sie einfache Antworten auf gesellschaftliche Probleme liefern.
Außerdem negiert er, dass es Spiele für Erwachsene geben kann, indem er fabuliert, das Wort "Spiel" selbst nahe legt, dass das eigentliche Publikum jung ist. Videospiele werden ihm zufolge entweder von Kindern oder besonders unreifen Erwachsenen gespielt. Eine biederere und weltfremdere Perspektive ist quasi nicht möglich.
Das Werk ist vieles, aber weder wissenschaftlich, noch zum empfehlen. Nachgewiesen hat er nichts. Das Werk ist Maximal eine interessante Persönlichkeitsstudie und bietet Material für die Gedankenwelten extremer Antagonisten medialer Gewaltdarstellungen (in Spielen).
Im übrigen noch eine Anmerkung zur dt. Fassung des Werkes:
Ich "empfehle" Ihnen die Originalausgabe, weil in der deutschen Übersetzung von Martin Kraus und Bruno Sandkühler der englische Terminus "violent " quasi durchgängig mit "gewaltverherrlichend" übersetzt wurde, was natürlich gewisse Implikationen provoziert, da Gewaltverherrlichung ein Straftatbestand gemäß § 131 StGB ist. Aber ich bitte Sie, D. Grossman bezeichnet Werner Glogauer(!) im dt. Vorwort als einen Experten zu der Thematik (vgl. S.14) und dieser durfte sogar einen Extraartikel für die dt. Ausgabe schreiben. Lächerlicher geht es gar nicht mehr.
Und noch eine Anmerkung am Rande: D. Grossmans Werk ist übrigens ein hervorragender Indikator, um die Qualität anderer Studien auf den ersten Blick zu erkennen. Die Studien, die sich unkritisch auf D. Grossman beziehen und ihn lobend erwähnen, kann man getrost mit D. Grossmans Werk in die Tonne schmeißen (z.B. diverse Werke von H. Lukesch, R. H. Weiss, W. Hopf, C. Pfeiffer, M. Spitzer und wie sie alle heissen)...
D. Grossman wird dieser Tage wieder gerne zitiert und kommt natürlich bei Laien gut an...
P.S.: Ich befürchte ja, der Beitrag geht in dieser Menge an Beiträgen total unter... ^^
Zuletzt geändert von Vicarocha am 18.03.2009 23:07, insgesamt 2-mal geändert.
- Anarchocandy
- Beiträge: 88
- Registriert: 29.11.2008 12:48
- Persönliche Nachricht: