4P|Bodo hat geschrieben: ...auch bei der Bedienung kann es immer nur einen subjektiven Eindruck geben. Es gibt keine objektive Einschätzung der Steuerung, da die Geschmäcker eben verschieden sind. Der eine will eine Maussteuerung, der andere Kombinationen der Dritte hasst wieder Kombos. Wo ist da die Objektivität? Es gibt sie schlicht nicht. Die gäbe es nur, wenn ich schreiben könnte, die Steuerung ist so und so. Aber das ist nicht der Fall. Hier kann ich nur schreiben: Ich finde die Steuerung gut, weil...
Das ist auch wieder nicht richtig. Die Steuerung ist ein Grundschema welches in verschiedenen Variantionen für die einzelnen Genres vorliegt.
Nehmen wir mal Prügelspiele: Da gibt es eben deine erwähnten Combos. Was soll da jetzt einer sagen, er würde Combos hassen? Es ist ein Prügelspiel, ergo sind Combos dort ein essentieller Bestandteil des Gameplays. An dieser Stelle subjektiv "alles Mist" hinzuschreiben, ist völlig daneben. Ist genauso, als wenn man sich bei einem Karibikurlaub aufregt, dass die Sonne scheint.
Was es hingegen zu analysieren gilt, ist die Art und Weise, wie die Steuerung umgesetzt wurde :
- Wie sind die Combos realisierbar? Muss man sich da einen Knoten in die Finger machen, oder geht das mit etwas Übung gut von der Hand?
- Wie ist die Buttonabfrage? Besteht die auf 100%ig exaktem Timing, oder verzeiht die auch kleinere Fehler?
- Wie ist das erforderliche Tempo der Eingabe? Wurde das an den Controller angepasst, oder hat man die Abfrage der Arcade-Version übernommen?
- Werden die Richtungsangaben klar erkannt?
- Gibt es verschiedene Eingabehilfen, wie z.B. Framebuffering?
Diese und andere Punkte kann man bezüglich der Steuerung bei einem BEU OBJEKTIV analysieren, da es mehr als genügend Vergleichsmöglichkeiten gibt. Und wenn ich jetzt merke, dass Spiel X das gleiche Steuer- und Combo-Schema hat wie Spiel Y, ich mir aber bei Spiel X einen abbrechen muss, um die Commandos richtig hinzukriegen, dann ist diese Steuerung objektiv schlechter.
Und das lässt sich auf alle Bereiche des Spieles ausweiten. Es gibt heute kaum noch etwas Neues in Spielen. Ich kann jederzeit Vergleiche zu anderen Spielen ziehen. Und wenn ich dann sehe, dass die K.I. in VF4 Evolution richtiggehend auf mich reagiert und ihre Aktionen anpasst, die K.I. in Soul Calibur 3 nahezu konstant stark ist, ohne dabei unfair zu werden, während die K.I. in DoA4 meine Eingaben nach dem Zufallsprinzip liest und mit übermenschlichen Reaktionszeiten agiert und immer wieder Totaleinbrüche erleidet, dann ist die K.I. in DoA4 OBJEKTIV schlechter.
Wenn ich sehe, dass VF Evo und Soul Calibur 4 diverse Schwierigkeitsgrade bieten, bei denen für jeden was dabei ist, während DoA4 auf "Normal" schon so überpowert ist, dass man teilweise ewig lang braucht, um einen Gegner zu besiegen, dann ist DoA4 in dieser Hinsicht OBJEKTIV schlechter.
Wenn VF4 Evo einen äußerst umfangreichen Singleplayer-Modus mit vielfältigsten Gestaltungsmöglichkeiten bietet, Soul Calibur mit frischen Spielmodi und gewaltigem Charakter-Baukasten daherkommt, während DoA4 nach wie vor nur Spielmodi aus der Steinzeit bietet, dann ist DoA4 diesbezüglich OBJEKTIV schlechter.
Wenn VF4 Evo einen nahezu vollkommenen Trainingsmodus bietet, der einem so ziemlich jedes Spielelement beibiegt und den man in allen Punkten anpassen kann und irgendein anderes BEU dem hinterherhinkt, dann ist dieses BEU im Bereich Trainingsmodus OBJEKTIV schlechter als VF4 Evo.
Und wenn ich mich bei VF4 Evo lange Zeit im Trainingsmodus verlustieren muss, um im Spiel reproduzierbare Erfolge zu verzeichnen, während ich bei Soul Calibur 3 sofort ins Spiel einsteigen kann, dann ist VF4 Evo in diesem Punkt OBJEKTIV schlechter.
Wenn ich gegen einen Bossgegner kämpfen muss (nehmen wir mal Tekken 5 und DoA4), der mit Attacken ankommt, die überhaupt nicht zum Spiel passen, die mehrfache Power des Spieler-Charakters beitzt und obendrein noch mit allen möglichen Vorteilen bezüglich der Spielmechanik ausgestattet ist (Stuns, Recovery-Time etc.), dann ist diese Gegner OBJEKTIV scheiße designt. Und da ist es völlig egal, ob man diesen Bossgegner mit genügend Übung per Fingerschnippen auf die Matte legen kann, weil man die K.I.-Routinen analysiert hat - dieser Gegner ist und bleibt ein schlecht designtes Spielelement.
VF4 Evo hat mit Dural auch so einen überpowerten Endgegner, der nicht zu den restlichen Kämpfern passt. Aber im Gegensatz zu Tekken 5 und DoA4 muss man den nicht besiegen. Man erhält die Chance dazu und wenn das nicht klappt, dann ist man trotzdem durch den Arcade-Modus durch. Und das ist OBJEKTIV besser.
Die Story von Tekken, DoA und SC ist OBJEKTIV mies und kaum als solche zu bezeichnen. Allerdings bieten diese Spiele nach dem Durchzocken durch die nachfolgenden Filme eine Belohnung, was OBJEKTIV besser ist als bei VF4 Evo, wo einfach nur der Abspann durchläuft.
SUBJEKTIV kann ich jetzt natürlich sagen, dass mir die Story 'eh egal ist und ich sie - genau wie die Filme - nicht brauche. OBJEKTIV bieten T5, DoA4 und SC3 in dem Punkt aber mehr als VF4 Evo und sind deswegen besser.
Das wären dann also erstmal die reinen Spielefakten. Nun geht es an die von dir erwähnte Gewichtung der Kritikpunkte. Dazu muss man die zunächst mal einordnen. Bleiben wir bei den BEUs.
Ein BEU ist ein Spiel, welches ich lernen muss. Ergo steht der Trainingsmodus als Kritikpunkt ganz oben auf der Liste. Muss ich permanent zwischen Internet und TV hin- und herrennen, oder mit einem Stapel Ausdrucke auf dem Schoß vor der Glotze hocken? Werde ich permanent von irgenwelchen Unzulänglichkeiten wie dem manuellen Einblenden der Move-Liste genervt usw.? Welche Möglichkeiten zum Lernen werden mir vom Spiel angeboten?
Wenn ich dann am Lernen bin - wie gelingt es, dass Gelernte umzusetzen (Steuerung)?
Wie lange muss ich lernen, um im Spiel Erfolge verzeichnen zu können (Komplexität, Buttonmashing vs. gezielte Eingabe, für den Einstieg benötigte Komplexität)?
Wie unterstützt mich das Spiel beim Anwenden des Gelernten (wählbare Schwierigkeitsgrade und deren Ausgewogenheit, K.I. im allgemeinen)?
Welche Motivation bietet mir das Spiel, auch auf längere Sicht dabei zu bleiben (freischaltbare Extras, Spielmodi, Belohnungen wie z.B. Rendersequenzen)?
Und so kann man sich Schritt für Schritt nach unten durchhangeln. Ein BEU kann 50 verschiedene Spielmodi und 10.000 freischaltbare Kostüme anbieten. Wenn man sich alle Informationen über die Spielmechanik und die Möglichkeiten der Charaktere aus dem Internet/Lösungsbüchern zusammensuchen, oder selbiges mühsam im Trainingsmodus erraten muss, dann nützt das gar nix.
Subjektiv kann man alles gut oder schlecht finden und daran wird sich nie etwas ändern. Subjektiv empfinde ich Oblivion als meine Enttäuschung des Jahres. Objektiv würde ich es jedem empfehlen, der ein ordentliches RPG auf der 360 sucht. Warum? Weil es ein ordentliches RPG ist. Das es meine Erwartungen nicht erfüllt hat, ist da erstmal vollkommen irrelevant.
Und DAS ist es, was einen guten Test von einem schlechten unterscheidet. Jemandem von einem Spiel abzuraten, nur weil es einem selber nicht gefallen hat - das ist reines Forums-Niveau. Dafür muss man kein Mag betreiben. Dafür brauche ich keine Reviews zu lesen. "XYZ ist ja soooooo geil/mies!!!11einseinself" kann ich in jedem Forum finden. Da gibt es genug Beiträge von Fans/Hatern.
Mit einem Spiel persönlich nix anfangen können und TROTZDEM die Qualität des Titels in angemessenem Rahmen zu würdigen - DAS ist guter Spielejournalismus. Alles andere ist schlicht und ergreifend entbehrlich.
Und das lässt sich auch in locker geschrieben Texten verfassen. Da muss keine staubtrockene Analyse bei rauskommen, wo jeder nach 20 Zeilen einpennt.