Farudan hat geschrieben:TGfkaTRichter hat geschrieben:@ elikal
Wo lebst du? Sieh dir bitte mal die meisten Magazin Tests von z.B. Siedler 5 (GS: 90%; Gamerankings: etwas über 60), Paraworld (Differenz auch deutlich, aber nicht so krass), Spellforce 2 oder natürlich Gothic 3 an. 4P ist eines der wenigen Magazine, dass keinen Deutschlandbonus vergibt und bei dt. Produkten jeden Kritikpunkt stillschweigend unter den Teppich fallen lässt.
Erstmal werten Magazine wie Gamespot und IGN viele nicht-amerikanischen Produkte schonmal deutlich schlechter. Das ist halt so. Die haben soviel zu tun, wenn da nicht der Publisher selbst mal vorbeikommt, mit denen ein Schwätzchen hält und bei ein paar Schwierigkeiten hilft, dann sitzt da ein Redakteur vor dem Kasten und hakt schnell sein Pflichtprogramm ab und kritzelt ein Review.
Aber andererseits sind wir trotz Gemeinsamkeiten und trotz Coca-Cola dann doch nicht alle Amerikaner. Bei uns ist Benzin und Stromsparen in, drüben bis vor kurzem noch nicht, dazu musste erst ein Österreicher Gouverneur werden. Unsere Kinofilme sehen auch anders aus als Hollywood und unsere Autoren schreiben andere Bücher mit anderen Schwerpunkten. Warum sollten unsere Computerspiele (und RPGs) da eine Ausnahme machen? Es soll nicht bewertet werden, wie das Spiel in USA ungefähr abschneidet, sondern dem Leser hierzulande eine Orientierungshilfe geben. Und wenn wir Deutsche nunmal auf Anno und Siedler stehen, das Zeug in solchen Mengen kaufen, daß sich das Franchise seit Jahrzehnten zu lohnen scheint (immerhin hat Ubisoft ziemlich Kohle dafür hingelegt), dann kann's nicht so schlecht sein. Sowas resultiert dann auch in hohen Wertungen, denn es geht nicht um intellektuelle Wertedebatten und Leistungen für den Fortschritt des Mediums, sondern wieviele Leute es potentiell anspricht. Bei 4Players mit der subjektiven Testerwertung natürlich nicht, aber es ging ja um die Gamestar-Wertungen. Prinzipiell ist mir pupsegal was ein Ami zu unseren deutschen Produkten sagt, das ist für mich in diesem speziellen Falle absolut nicht von Belang. Und deshalb kann ein deutsches Produkt in Deutschland auch bessere Wertungen bekommen als irgendwo anders. George Bush bekommt hier bei uns auch andere Noten als drüben.
Das Argument mit der Scheiße und den Fliegen ist übrigens Blödsinn. Wer sich selbst und andere Menschen mit einer Fliege vergleicht, zielt imho leicht an der Realität vorbei. Für manche Fliegen ist die Scheiße tatsächlich eine geeigneter Quell zur Sicherung des eigenen Erbgutes und somit ihre ökologische Nische. Was das aber mit dem Menschen zu tun hat und warum die Fliege ein Vorbild für uns sein könnte, entzieht sich meiner Erkenntnis.
Ich verstehe das Bewertungssystem insgesamt nicht mehr. Nach welchen Kriterien wird denn überhaupt noch bewertet?
Ich behaupte mal, daß ich ein erfahrener Rollenspieler bzw. (Nichtechtzeit) Strategiespieler bin. In beiden Genres bin ich von der Pike auf am Brett bzw. am Tisch groß geworden und bin seit den späten C64er Zeiten bzw. den frühen Amigazeiten auch von der virtuellen Welt der Computerspiele infiziert worden. Seitdem hat sich vieles geändert. Die Mikrotechnik hat gigantische Fortschritte gemacht, im Zuge der plötzlichen Veränderung der weltpolitischen Ordnung haben sich auch die Kulissen der Computerspiele angepasst, durch die Errichtung des WWWs hat sich eine mediale Vielfalt bis dahin unvorstellbaren Ausmaßes entwickelt und das wirtschaftliche Randgruppengenre "Computerspiele" ist zu einem auch global gesehen umsatzstarken Wirtschaftszweig gereift und infolgedessen der heute typischen Überkommerzialisierung ausgesetzt. Die wichtigsten Dinge sollten sich aber nicht geändert haben. Schon lange vor dem Eroberungsfeldzug der Nullen und Einsen hat sich die Essenz gewisser Spielegenres unter der strengen Beobachtung der Entwickler und der Fangemeinde herauskristallisiert, die bis heute nahezu unverändert steht! Zu diesen Genres zähle ich auch das Rollenspiel und das rundenbasierende Strategiespielgenre (wo ich auch intelligente Echtzeitspiele ala Hearts of Iron dazuzähle).
Ich bleibe jetzt mal bei dem Thema Rollenspiel. Ich habe das Gefühl, daß heute enorm viel wert auf die Partyinteraktion und die Story gelegt wird. In allen Foren lese ich, daß bsp. Oblivion keine Seele hätte. Die Story ist belanglos, Partyinteraktion existiert nicht, da keine Party, die Monster leveln parallel zum Charakter. Kotor 1 hingegen hat eine glänzende Story, hervorragende Partyinteraktion und bringt die Star Wars Atmosphäre glänzend rüber. Ich behaupte trotzdem, daß Oblivion und Kotor ungefähr gleichgute "Rollenspiele" sind!
Das klingt jetzt paradox, aber ich will das mal anhand von Baldurs Gate II erklären, was ich damit meine:
Freie Entscheidung
Eine wichtige Regel eines jeden P&P Rollenspiels ist es, daß der Meister einen imaginären Freiraum schafft, in dem die Charaktere das Gefühl haben, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und nicht teil eines interaktiven Romans zu sein. In der kompletten BG Hintergrundgeschichte hat man von Anfang an keine Wahl. Man muss seinen Weg bis zum Ende gehen, weil dies Teil des Masterplans ist. Man selber schreibt die Geschichte zu Ende, die jemand anderes begonnen hat. Hiermit wird die Illusion der eigenen Entscheidung geschaffen. Ein Mittel, dessen sich die besten Fantasyautoren bedient haben, allen voran Tolkien. Deshalb war es nicht wichtig, daß die Entwickler die spielerischen Freiheiten in den Vordergrund stellen, wie bsp. in Morrowind oder Oblivion. In Kotor hatte ich bis zur großen Auflösung(wo es dann plausibel wurde) das Gefühl in die Geschichte hineingezwungen zu sein. Die Illusion des freien Spielraums war mMn nicht erkennbar.
Charaktererschaffung/Steigerung
Die Charaktere der Spieler sollten unerfahren anfangen und mit der Zeit immer mächtiger werden. Die Figuren sollten Identifikationsmerkmale aufweisen und dazu anregen, diese zu verbessern. Die Kämpfe sollten stets anspruchsvoll und taktisch geprägt sein. Sowohl zu viele einfache Kämpfe, als auch zu viele schwere bzw. unmögliche Kämpfe zerstören die Atmosphäre. Bei Baldurs Gate II fing man in der 6. bis 8. Stufe an, eines der wenigen Schwächen des Spiels, wenn man vorher nicht BG I gespielt hat. Aber es handelt sich nunmal um einen Nachfolger. Die Kämpfe sind vom ersten Moment an anspruchsvoll, die Charaktere sind TOT, wenn sie 0 oder weniger TP haben. Man muss die stets die Stärken und Schwächen der verschiedenen Rassen und Klassen ausloten, man muss die richtige Mischung finden. Es gibt genau die richtige Anzahl an leichten und schweren Gegnern. An einigen sehr schwierigen Gegnern beißt man sich faßt die Zähne aus und man braucht eventuell sogar Stunden um diesen zu bezwingen. Erst nach der richtigen strategischen und taktischen Vorgehensweise erkennt man, daß man noch eine Chance hat. Das AD&D Regelsystem war eine hervorragende Basis dafür, dass das Balancing in BG II nahezu perfekt ausgelotet war. Dieses Munchkin- Powergaming gehört zu nahezu jedem guten Fantasyrollenspiel dazu und spielt für viele sogar die wichtigste Rolle.
Hier haben sowohl Kotor, als auch Oblivion gnadenlos versagt. In Oblivion geht die Taktik vollkommen unter, da die Kämpfe nahezu immer in einer Ausweich und Klickorgie enden. Davon, daß man in Heldenpartys eh viel taktischer kämpfen kann, brauche ich ja nichts erzählen. Bei Kotor hingegen ist das Leveln für jeden gestandenen Rollenspieler eine Farce. Man hat kaum Möglichkeiten, sich in verschiedene Richtungen zu entwickeln, es gibt kaum Talente und irgendwie sind alle guten bzw. bösen Jedis gleich und alle anderen auch sehr ähnlich. Im Prinzip spielt es keine große Rolle, wen oder was man mit auf die Planeten nimmt. Die Kämpfe sind auf Dauer stupide und vollkommen identisch. Man wird zwar mächtiger, merkt das aber so gut wie gar nicht. Auch die Gegner sind mit wenigen Ausnahmen sehr artverwand. Taktik spielt trotz drei Mann Party keine Rolle. Dazu kommt noch, daß alle immer mitleveln, obwohl sie bei den Ausseneinsätzen nicht dabeisind, einfach nur armselig. Aber am schlimmsten ist, daß die Partymitglieder eben NICHT TOT sind, wenn sie weniger als 0 TP haben. Sowas hat mit RPG wirklich nichts zu tun.
Nebenstränge
Im Rollenspiel ist es wichtig, die Spieler bei Laune zu halten. Ihnen auch mal die Möglichkeit zu geben, nicht dem Hauptquest zu folgen, sondern auch mal was lockereres zu machen. In BG II hatte man einen ich glaube bis heute unerreichten Questfundus. Die genialste Sache war, daß man im 2. Kapitel Geld scheffeln musste, um ins 3. Kapitel zu gelangen. Und das konnten man nur, indem man Quests erfüllt hat, die mit der Hauptgeschichte nichts zu tun hatten. Auch nach dem 3. Durchspielen hat man noch kleine Überraschungen entdeckt. Oblivion hat auch einen enorm Abwechslungsreichen und gigantischen Questreichtum. Nie hatte ich das Gefühl, zweimal den gleichen Quest zu erledigen. Immer war irgendetwas neues dabei. Ob Kriminalaufträge im Stile eines Adventures oder Assasinenaufträge im Stile eines Hitman war alles dabei. Wirklich hervorragend und aus meiner Sicht die größte Stärke des Spiels. Kotor hingegen hatte verhältnismäßig wenige Quests, in denen mehr um den heißen Brei rumgelabert wurde, als das wirklich etwas passiert ist. Zwar hatte Kotor noch gerade genügend Aufträge, um einen bei Laune zu halten, aber vom Questreichtum eines Oblivion oder gar BG II war Kotor meilenweit entfernt.
Hintergrundwelt
Ein Rollenspiel muss eine nachvollziehbare und in sich logische Hintergrundwelt bieten. Die Vergessenen Reiche sind die wohl ältesten Rollenspielreiche weltweit und können sich in jeder Hinsicht mit anderen Rollesnpielwelten messen. In BG II ist die Atmosphäre absolut phantastisch und in fast allen Facetten perfekt rübergekommen. Man hatte immer das Gefühl, man wäre wirklich in dieser phantastischen Welt. Bei Oblivion war ich von der Grafik fast geblendet. Die Welt war wirklich wunderschön und hat eine feine mittelalterliche Fantasyatmosphäre in meine heimischen Gefilde getragen. Auch die politischen und kulturellen Hintergründe haben im Großen und Ganzen keine Logikschwächen gehabt. Aber Kotor ist in diesem Bereich unschlagbar. Jeder, der Star Wars mag, wird auch Kotor mögen. Man hat wirklich das Gefühl, man wäre in der Star Wars Welt. Für mich die größte Stärke von Kotor.
Hauptstrang
Der Hauptstrang in einem Abenteuer in einem Rollenspiel sollte fesseln und einen stets dazu antreiben, diesen zu lösen. Die komplette BG Reihe hat mit Herr der Ringe zusammen die beste Hintergrundidee einer Fantasygeschichte, die ich kenne. In diesem Bereich ist BG unschlagbar und wird es auch bleiben. Oblivions Hauptquest ist belanglos und vollkommen überflüssig. Die größte Schwäche des Spiels. Kotors Hauptquest hat viele Wendungen und fesselt bis zum Schluß. Prädikat wertvoll.
Rollenspiel
Man sollte stets das Gefühl haben, einen echten Charakter zu spielen, mit all seinen stärken und Schwächen. Er sollte eigene Ziele und Grundsätze haben und als Spieler sollte man immer das Gefühl haben, echte moralische Entscheidungen zu treffen, ob in die eine oder andere Richtung. Bei BG II wird man immer wieder dazu gebracht, sich für seinen eigenen moralischen Weg zu entscheiden. Man hat immer das Gefühl, daß sich hinter den Entscheidungen echte Konsequenzen verbergen. Eines der wenigen Schwächen, was sich aber beim Computer noch nicht umsetzten lässt: Rollenspiel gleich Null. Egal ob man einen Paladin, Schurken oder Magier gespielt hat, man wurde immer gleich behandelt und hat immer die gleichen Sätze zur Auswahl gehabt. Das was für BG II gilt, gilt auch für Kotor. Man hatte immer das Gefühl, moralische Entscheidungen zu treffen, trotzdem gab es kein echtes Rollenspiel.
Auch bei Oblivion hat man Entscheidungen zu treffen, die man mit seinem Gewissen vereinbaren muss. Hier erreicht Bethesda nicht das Niveau von Bioware, trotzdem ist es nicht zu verachten.
Partyinteraktion
Eine Heldenparty sollte immer lebendig wirken. Man sollte immer das Gefühl haben, daß es sich um eine Gemeinschaft handelt. Hier konnte BGII mit Ansätzen von echtem Rollenspiel auftrumpfen. Die Nebencharaktere verhielten sich in verschiedenen Konstellationen differenziert und es kam immer wieder zu Spannungen. Auch bei Kotor ist dieser Biowaretypische Charakterschmaus vorhanden und sogar noch weiterentwickelt worden. Da es bei Oblivion keine Party gab, konnte man auch keine Partyinteraktion beobachten.
Das sind für mich Eckpunkte, an dem sich jedes Rollenspiel messen muss, egal ob auf Computer oder nicht. Leider scheinen diese Eckpunkte in den allermeisten Tests nur noch geringen Einfluß auf die Endergebnisse zu haben. Es ist natürlich nicht egal, ob die Technik nun Gut ist oder Scheisse. Aber man sollte nie vergessen, die technischen Dinge in den Kontext mit den wichtigsten Eckpunkten zu bringen. Überrangende Grafik bringt garnix, wenn ein FantasyRPG damit keine mittelalterliche Atmosphäre rüberbringen kann.
Auch die Story und die Interaktion ist allein nicht das Entscheidene. Ein Rollenspiel mit noch so guter Story ist einfach kein gutes Rollenspiel, wenn das Charaktersystem für die Katz ist. Usw. usf.
Da ist es mir auch egal, ob das Spiel nun aus den USA kommt oder aus Deutschland, hauptsache die oben angesprochenen Dinge stimmen. Auch D&D und DSA sind sich viel ähnlicher, als wohl beide Redaktionen zugebenn würden. Die Unterschiede zwischen diesen beiden Staaten sind doch eher gering, als gravierend, das sieht mit der asiatischen Kultur schon anders aus.