Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Amerika"

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Kajetan
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von Kajetan »

NomDeGuerre hat geschrieben: 03.01.2021 09:35 Hab das Memo nicht gespritzt, aber bestimmt wieder irgendwas mit Pizzabäckerkellern und Kinderpornos.
Auch, aber Gründe werden mittlerweile nicht mehr gesucht. Es wird einfach behauptet und solange man es behauptet, ist es auch so. Pippi-Langstrumpf-Denken halt ...
Ich muss ehrlich sagen, dass meine Toleranz da mitunter bei Brechts schweren Eisenhämmern in fremden Fressen liegt.
Der Vorwurf der Sezzession wird ja gerne dem rechten Lager zugeordnet, weil diese ständig davon reden. Aber wenn man genau zuhört, findet das nur im Tonfall und in der Ernsthaftigkeit eines beleidigten Teenagers statt, den seine Eltern zwar ankotzen, der aber dennoch nicht auszieht, weil er dann alleine putzen, kochen, seine Sachen saubermachen muss UND dafür auch noch alleine zahlen müsste.

Im linken Lager hingegen ist die Frustration über die seit Jahren irrlichternde GOP mittlerweile so groß, dass vor allem bei jungen Aktivisten immer mehr der Sezzessionsgedanke Anhänger findet. Aber diesmal nicht als beleidigtes Gewhine, sondern als konkrete, rational durchdachte politische Maßnahme. Denn die Dems-Staaten stellen 70% der US-Wirtschaftsleistung, alleine Kalifornien könnte als eigener G20-Staat auftreten. Man hat immer weniger Lust sich noch länger von der GOP auf der Nase herumtanzen zu lassen UND dann auch noch deren kaputte Bundesstaatshaushalte zu subventionieren. Ohne Hilfen aus Washington wären fast alle GOP-Staaten pleite. Wenn die USA sich tatsächlich aufspalten, dann wird das nicht von Rechts ausgehen, sondern von Links. Und das schneller, als wir hier uns vorstellen können.

Und sollte die GOP, so unwahrscheinlich das auch wäre, mit ihren Umsturzplänen erfolgreich sein ... wird das noch schneller passieren.
Zuletzt geändert von Kajetan am 03.01.2021 12:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Melcor
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von Melcor »

Kajetan hat geschrieben: 02.01.2021 00:45
Unterhaltungsfirmen folgen gesellschaftlichen Entwicklungen, sie setzen selbst keine Agenden, weil sie nur Geld verdienen wollen. Und ein Twitter-Shitstorm ist KEINE gesellschaftliche Entwicklung. Sondern nur ein Twitter-Shitstorm. Meist nur in irgendeiner mehr oder minder kleinen Wahrnehmungsblase, deren Themen ausserhalb dieser Blase nur selten Relevanz haben. Und wenn diese Themen relevant sind, dann folgt der Twitter-Shitstorm lediglich einer breiten, gesellschaftlichen Entwicklung und nicht die gesellschaftliche Entwicklung dem Herumbrüllen einiger weniger im Internet.
Sorry, aber diese Einstellung ist vollkommen veraltet. Social Media ist keine Blase mehr, Social Media ist bereits länger Forum der gesellschaftlichen Diskussion wo alle relevante Menschen beteiligt sind. Dazu ein ganz aktuelles Beispiel:

Indie Horrogame "Sense - A Cyberpunk Ghost Story" wurde für die Switch angekündigt:




Nun folgte direkt ein gewaltiger Twitter Shitstorm, weil manche die Brüste der Protagonistin zu groß fanden. So weit so üblich, nur ein Problem innerhalb der eigenen Wahrnehmungsblase - schert im echten leben ja niemanden? Falsch. Denn schließlich befinden sich Entwickler und Publisher auch auf Twitter und bekamen schnell Morddrohungen und Doxxing-Versuche. Der Publisher sah sich genötigt, eine offizielle Stellungsnahme zu veröffentlichen:



Schließlich sprangen jetzt auch noch "professionelle Journalisten" ( :lol: ) auf den Zug auf und unterstellten dem Publisher, die ganze Aufregung wäre nur Marketing (Tweets mittlerweile gelöscht: https://archive.vn/Es1Ha). Blöd nur, dass der Publisher alle Nachrichten dokumentiert hat:




Fassen wir also zusammen. wir haben jede Menge Spieler involviert ( auf beiden Seiten), Journalisten, Entwickler und Publisher. Das sind so gut wie alle relevanten Parteien. Inwiefern ist das noch eine Wahrnehmungsblase? Natürlich kann man sagen der gute alte Herr Otto Normalverbraucher kriegt davon nichts mit. Aber genauso gut könnte man das von allen Geschehnissen sagen. Wer beispielsweise keine Nachrichten liest, kriegt ja auch nichts von der Welt mit.

Und wenn dieses neue, sinnbildliche Bücherverbrennen eine breite, gesellschaftliche Entwicklung ist, dann ist doch das Herumbrüllen umso wichtiger.
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SethSteiner
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von SethSteiner »

Und das alles nur wegen harmloser Brüste :(
Paulaner
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von Paulaner »

Melcor hat geschrieben: 04.01.2021 02:33
Sorry, aber diese Einstellung ist vollkommen veraltet. Social Media ist keine Blase mehr, Social Media ist bereits länger Forum der gesellschaftlichen Diskussion wo alle relevante Menschen beteiligt sind.
"Alle relevanten Menschen" wären demnach ein paar Leute, die Morddrohungen versenden und ein paar Journalisten, die ihren Beruf falsch verstanden haben (oder richtig, wenn es ihnen nur um Klicks geht). Weiß nicht. Ich glaube eher, dass sich alle relevanten Menschen überhaupt nicht an diesen Twitter-Spielchen beteiligen.
Zuletzt geändert von Paulaner am 04.01.2021 08:52, insgesamt 1-mal geändert.
Darkdepths
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von Darkdepths »

Wow, aber ziemlich nice wie die Entwickler/der Publisher darauf reagiert hat! Ich wünschte mehr Unternehmen würden sich so gegen den Twitter Mob stellen.

Aus meiner Sicht würde ich Twitter als Entwickler nicht zu viel Beachtung schenken.
Wie häufig gab es einen "Shitstorm" wegen einem Spiel oder Film nur um Festzustellen das es eine laute Minderheit war die keine Auswirkung auf den Verkauf haben.


Ironischerweise scheinen sich die kleinen Firmen stärker dagegen zu wehren, die Großen rudern sofort zurück sobald nur etwas "Kritik" kommt...
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Melcor
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von Melcor »

Paulaner hat geschrieben: 04.01.2021 08:49
Melcor hat geschrieben: 04.01.2021 02:33
Sorry, aber diese Einstellung ist vollkommen veraltet. Social Media ist keine Blase mehr, Social Media ist bereits länger Forum der gesellschaftlichen Diskussion wo alle relevante Menschen beteiligt sind.
"Alle relevanten Menschen" wären demnach ein paar Leute, die Morddrohungen versenden und ein paar Journalisten, die ihren Beruf falsch verstanden haben (oder richtig, wenn es ihnen nur um Klicks geht). Weiß nicht. Ich glaube eher, dass sich alle relevanten Menschen überhaupt nicht an diesen Twitter-Spielchen beteiligen.
Damit meinte ich hier auch speziell Publisher, Entwickler sowie News-Schreiber und einer relativ großen Anzahl an Menschen, zumindest für ein kleines Indiespiel, welches sich auf Steam weniger als 20.000 mal verkauft hat.

Aber auch daneben twittern alle großen Politiker, Stars, Wissenschaftler und so weiter sehr fleißig. Dachte, das wäre seit Trump klar. Mittlerweile streiten sich eben Politiker nicht nur im Parlament, sondern auch online.
Zuletzt geändert von Melcor am 04.01.2021 10:37, insgesamt 1-mal geändert.
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Kajetan
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von Kajetan »

Melcor hat geschrieben: 04.01.2021 02:33 Sorry, aber diese Einstellung ist vollkommen veraltet. Social Media ist keine Blase mehr, Social Media ist bereits länger Forum der gesellschaftlichen Diskussion wo alle relevante Menschen beteiligt sind. Dazu ein ganz aktuelles Beispiel:
Und doch beschreibst Du nur das extrem laute Geschrei einer extrem kleinen Gruppe, die zudem auch keinen gesellschaftlichen Fortschritt auslöst, sondern mit Gewaltdrohungen Leute zu einer ganz bestimmten Handlung zwingt, welches diese OHNE diese Gewaltandrohung gar nicht getan hätten und auch künftig ohne Gewaltandrohung nicht tun würden.

Das ist kein gesellschaftlicher Wandel, das ist nur Twitter-Geschrei. Welches manchmal Folgen hat, viel öfters aber nicht.
Zuletzt geändert von Kajetan am 04.01.2021 11:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von CritsJumper »

Ui - Ragnar Tørnquist! Ich dachte es dauert viel zu lange bis das MMO zu langweilig wird. Hatte verpasst das Draugen auch von denen war. Bin froh das jetzt wieder Wert auf Story gelegt wird. Mal schauen ob der Action Teil dazu passt und ob eine schöne Geschichte und Dialoge umgesetzt werden. Freue mich drauf.
Melcor hat geschrieben: 04.01.2021 02:33 Inwiefern ist das noch eine Wahrnehmungsblase? Natürlich kann man sagen der gute alte Herr Otto Normalverbraucher kriegt davon nichts mit.
Nicht nur der. Auch alle Gamer die wahrscheinlich nicht auf die Empörungswelle aufspringen würden, wurde der Beitrag wahrscheinlich nicht angezeigt. Weil der Algorithmus zum Feed nun mal nur bei den Betrachtern sitzt oder diese über Hashtags nach schlagen.

Frag dich doch mal selbst: Wie oft gehst du auf die Twitterseite deiner Freunde (oder Institutionen wie Game Developer) und liest nach was wann wer in den letzten 24 Stunden so noch geschrieben hat?

Der Großteil nutzt nur die Funktion des Vorsortieren Feeds. Deswegen ist es auch nur eine Blase. Wobei diese auf jeden einzelnen zugeschnitten wird und mit der Nutzung angepasst wird. Selbst die besten Freuden, und Partner haben eine jeweils für sich optimierte Blase.
Zuletzt geändert von CritsJumper am 04.01.2021 15:41, insgesamt 1-mal geändert.
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Sharkie
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von Sharkie »

Melcor hat geschrieben: 04.01.2021 10:36 Damit meinte ich hier auch speziell Publisher, Entwickler sowie News-Schreiber und einer relativ großen Anzahl an Menschen, zumindest für ein kleines Indiespiel, welches sich auf Steam weniger als 20.000 mal verkauft hat.

Aber auch daneben twittern alle großen Politiker, Stars, Wissenschaftler und so weiter sehr fleißig. Dachte, das wäre seit Trump klar. Mittlerweile streiten sich eben Politiker nicht nur im Parlament, sondern auch online.
Mit "Filterbubble" ist nicht gemeint, dass Leute mit gegenläufiger Meinung nicht twittern (bzw. sich über andere soziale Medien äußern) würden. Sondern, dass ihre Äußerungen aufgrund entsprechender Algorithmen jener sozialen Medien überproportional stark die Leute erreichen, die ohnehin eine ähnliche Meinung vertreten, während jene, die eine entgegengesetzte Meinung vertreten, unterproportional erreicht werden.

Hinzu kommt noch die allgemeine menschliche Tendenz, sich eher mit Inhalten zu beschäftigen, welche die eigene Position stützen, als mit solchen, welche ihr widersprechen.

Dass das keine absolute Isolierung gegenüber jeglichen Gegenstandpunkten bedeutet, ist klar. Aber das Phänomen gibt es und es kann entsprechende Effekte produzieren, wie beispielsweise die gefühlte Wahrnehmung, man würde eine Mehrheitsmeinung vertreten, während man tatsächlich nur den Standpunkt einer kleinen, aber sehr lautstarken und sehr stark im sozialen Kommunikationskanal meiner Wahl vetretenen Kleingruppe vertritt.

Edit: Zu Deinem Punkt "Politiker streiten sich online": Das stimmt ja, es widerspricht aber nicht der Annahme eines Filterblaseneffekts. Dieser besteht hier darin, dass die Anhänger eines bestimmten Politikers (für den Algorithmus z.B. erkennbar daran, dass sie besagtem Politiker sowie einer Anzahl assoziierter Politiker und Medien im entsprechenden sozialen Medium folgen) überproportional mit Reaktionen (z.B. kommentierenden Re-Tweets) konfrontiert werden, welche Zustimmung der vom jeweiligen Politiker vertretenen Position implizieren. Angenommen, ich bin Trump-Fan und folge Trump, diversen assoziierten Republikanern (ggü. einer kleinen Anzahl demokratischer Politiker) und zusätzlich zwölf Trump unterstützenden Bloggern sowie einer Handvoll redaktioneller Medien verschiedener politischer Ausrichtung, dann haben diese zwölf Blogger (und jene, die in ihren Blogs kommentieren) einen relativ erheblichen Einfluss darauf, wie sich das (vermeintliche) "allgemeine Stimmungsbild" in meiner Timeline bei oberflächlicher Betrachtung darstellt.
Zuletzt geändert von Sharkie am 04.01.2021 16:40, insgesamt 1-mal geändert.
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Usul
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von Usul »

Wobei diese Filterblase auch bisweilen sehr überbewertet wird. Denn auch ohne Internet gab es solche Effekte. Die meisten haben z.B. auch vor 20 Jahren entweder die FAZ oder die TAZ gelesen, aber nicht beides. Jeder erschafft sich seine eigene "Filterblase" - die Algorithmen der sozialen Netzwerkplattformen machen dieses (natürliche und auch notwendige) Verhalten meines Erachtens nur richtig deutlich. Gleichzeitig hat man durch sie aber viel mehr Möglichkeiten, diese Blase zu vergrößern oder gar zu verlassen. Daß das oftmals nicht geschieht, ist in meinen Augen nicht die Schuld der sozialen Netzwerke - sondern letztendlich der Eingeschränktheit von uns Menschen. Wir mögen unsere Welt nun einmal simpel und einfach.

Zu diesem Thema ein (leider etwas älterer) Artikel:
https://www.sueddeutsche.de/wissen/erke ... -1.3254772
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Sharkie
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von Sharkie »

Usul hat geschrieben: 04.01.2021 16:39 Wobei diese Filterblase auch bisweilen sehr überbewertet wird. Denn auch ohne Internet gab es solche Effekte. Die meisten haben z.B. auch vor 20 Jahren entweder die FAZ oder die TAZ gelesen, aber nicht beides. Jeder erschafft sich seine eigene "Filterblase" - die Algorithmen der sozialen Netzwerkplattformen machen dieses (natürliche und auch notwendige) Verhalten meines Erachtens nur richtig deutlich. Gleichzeitig hat man durch sie aber viel mehr Möglichkeiten, diese Blase zu vergrößern oder gar zu verlassen. Daß das oftmals nicht geschieht, ist in meinen Augen nicht die Schuld der sozialen Netzwerke - sondern letztendlich der Eingeschränktheit von uns Menschen. Wir mögen unsere Welt nun einmal simpel und einfach.

Zu diesem Thema ein (leider etwas älterer) Artikel:
https://www.sueddeutsche.de/wissen/erke ... -1.3254772
Hab den Artikel gerade mal überflogen. Die Kernthese "Die Filterbubble ist kein [primär] technologisches, sondern ein anthropologisches Problem" unterschreibe ich voll und ganz.

Allerdings würde ich schon einen Unterschied machen zwischen traditionellen redaktionellen Medien, die eine gewisse politische Schlagseite haben (FAZ oder TAZ), und der heutigen Landschaft der sozialen Medien bzw. Blogs, in denen es diverse Kommunikatoren gibt, die trotz eines journalistischen Anstrichs letztlich lupenreine Propaganda für die eine oder andere Seite verbreiten (was man m.M.n. weder einer FAZ, noch eine TAZ vorwerfen könnte). Solche Kanäle verfügen heute über ein größeres Reichweitenpotenzial als je zuvor und docken somit an eine (sicherlich so schon immer vorliegende, da menschliche) allgemeine Bereitschaft an, Behauptungen Glauben zu schenken, die faktisch falsch oder zumindest grob verzerrend sind, solange sie das eigene Weltbild stützen. Hinzu kommen die Möglichkeiten, die das Internet für breit angelegte Desinformationskampagnen bietet, Stichworte "Trollfabriken", "Falschmeldungen verbreiten sich schneller, als sie widerlegt werden", usw.

Es ist natürlich ein wichtiger Punkt, dass die sozialen Medien sowie das Internet im Allgemeinen gleichzeitig die Möglichkeit bieten, sich auch mit entgegengesetzten Standpunkten auseinanderzusetzen. Deshalb würde ich auch jeden, der sich immer nur in der eigenen Filterblase suhlt, für sein fehlgeleitetes Informationsverhalten verantwortlich machen.
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Melcor
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von Melcor »

Kajetan hat geschrieben: 04.01.2021 10:59 Und doch beschreibst Du nur das extrem laute Geschrei einer extrem kleinen Gruppe, die zudem auch keinen gesellschaftlichen Fortschritt auslöst, sondern mit Gewaltdrohungen Leute zu einer ganz bestimmten Handlung zwingt, welches diese OHNE diese Gewaltandrohung gar nicht getan hätten und auch künftig ohne Gewaltandrohung nicht tun würden.

Das ist kein gesellschaftlicher Wandel, das ist nur Twitter-Geschrei. Welches manchmal Folgen hat, viel öfters aber nicht.
Von so etwas großem wie gesellschaftliche Fortschritt rede ich aber gar nicht, sondern von direkten Folgen für das relevante Thema. Zu oft sind Leute vor einem Twitter Mob eingeknickt. Und wäre Social Media für die Gesellschaft egal, würden weniger Länder ganze Armeen von Online Shitpostern befehlen.


Die Wahrnehmungsblase ist denke ich auch ein bisschen umfangreicher als ihr denkt. Twitter passt die Trends natürlich via Algorithmus an die persönliche Aktivität an, aber genauso populär sind die allgemeinen landesweiten Trends. Daneben sollte man nicht das gezielte Retweeting von entgegengesetzten Meinungen unterschätzen. Damit wird dann häufig aus der eigenen, ähnlich gesinnten Gefolgschaft rekrutiert um einen Shitstorm auszulösen. Man wird also denke ich, zumindest nach meinen persönlichen Erfahrungen, häufiger mit entgegengesetzten Meinung konfrontiert als in klassischen Medien. Denn wie Usul erwähnte findet ja auch dort eine gewisse Selektion statt. Natürlich geschieht das aber nicht für einen Dialog, sondern um Shitstorms zu instigieren. Im Sinne von Quote Tweets wie: "Look at this idiot, ratio that asshole!"
Es ist einfach ein perfektes System. Egal wie absurd und verrückt die eigene Idee, man findet genug Menschen um sich bestätigt zu fühlen. Und man findet auch schnell genug genauso verrückte auf der Gegenseite, um sich ein klares Feindbild zu verschaffen und sich so weiter bestätigt zu fühlen. Strohmänner sind nicht mehr nötig.

Sharkie hat geschrieben: 04.01.2021 16:22 Hinzu kommt noch die allgemeine menschliche Tendenz, sich eher mit Inhalten zu beschäftigen, welche die eigene Position stützen, als mit solchen, welche ihr widersprechen.
Du unterschätzt das Bedürfnis der Menschen, wütend zu sein und gezielt Inhalte zu suchen, die sie in Rage versetzen. Damit verkauft sich ja die Boulevardpresse seit Ewigkeiten. Die Hälfte von Trumps Followern folgt ihm nur, um Kommentare unter jedem Tweet zu setzen, was er doch für ein Idiot sei.
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von CritsJumper »

Usul hat geschrieben: 04.01.2021 16:39 Wobei diese Filterblase auch bisweilen sehr überbewertet wird.
Spoiler
Show
Ja zum einen natürlich. Aber mein Lieblingsargument dagegen sind die Billiarden von Einträgen und Sensorinformationen die nur ein Computer auswerten und vergleichen kann, über die Datenspur eines jeden Einzelnen. Dann wird der Nutzer sogar live Vermessen und man kann den Avartar des Nutzers (etwa so etwas wie Zielgruppen-Schublade), durch AB-Tests automatisiert verfeinern.

Das geht nur mit vielen Daten, mit vielen Sensoren und nur wenn man besonders viel über diese Menschen weiß. Genau das ist neu. Weder die FAZ noch die TAZ, wusste damals von jeder Leserin oder jedem Leser wie viel Geld die verdienen, wo die Wohnen, was die gerade Lesen, welche Internetseiten die Heute angeschaut haben oder wie viele Sekunden bestimmte Bilder und Artikel betrachtet wurden.. und vieles mehr.

Das steht in keinem Verhältnis. Auch Wissen die Zeitungen es heute immer noch nicht wenn man die Papierversion liest, oder den Artikel im RSS Feed Reader. Es gibt da schon einen Unterschied zwischen aktuell populären Medien und traditionellen Blasen. Der ist meiner Meinung nach so groß das es sich nicht lohnt diese beiden Dinge miteinander zu vergleichen.
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SethSteiner
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Re: Dustborn - Interview, Teil 1: Politische Themen, die Macht von "Desinformation" und die "Geteilten Staaten von Ameri

Beitrag von SethSteiner »

Ist es nicht eher so, dass die hälfte von Trumps Followern ihm quasi folgt wie Bild und sich aufregen will, weil er so tut als gäbe es Probleme die gar nicht wirklich existieren oder zumindest nicht wie dargestellt? Die andere Hälfte regt sich zwar auch auf aber zumindest ist das ja eine verständliche Reaktion und bricht ja eben den Cricle Jerk auf, den es ohne sie gäbe. Allerdings ist es ja noch mal ein Unterschied zwischen den Falschinformationen und Halbwarheiten der Springerpresse oder autokratischen Parteien und Politiker und dem Kunstgewerbe, wenn es ins Kreuzfeuer politischer Aktivisten gerät.