Seite 25 von 27

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 26.02.2014 14:18
von Chris Dee
pelle_rockt hat geschrieben:wenn es satire ist, soll es verwendet werden. wenn es um einen historischen bezug geht, warum nicht. wenn es aber nur darum geht sensastionsgeile und/oder ewig gestrige zu bedienen, dann lasst das hakenkreuz bitte weg.
Aber der Punkt ist doch gerade, dass Computerspiele und die damit verbundenen Magazine und Webseiten absolut null mit "Sensationsgeilheit" zu tun haben oder damit "ewig Gestrige zu bedienen". "Der Nazi" ist einfach eine nur eine von vielen stereotypischen Figuren in Spielen (naheliegender- und üblicherweise die Verkörperung des Bösen schlechthin und damit ein super Feindbild, das jeder sofort versteht), genau wie "der Zauberer", "der Drache", "das Einhorn" oder - zuletzt deutlich beliebter als der Nazi - "der arabische Terrorist". Das Hakenkreuz dient dabei einfach nur zur schnellen Rollen-Identifikation und zu sonst absolut nichts - und mit Verherrlichung hat das schon gar nichts zu tun. Und in jedem anderen Land auf der Welt rafft man das auch, nur in Deutschland - fast 70 Jahre nach dem Ende des Krieges - immer noch nicht. Es ist genau, wie es die Kolumne beschreibt: Durch das generelle Verbot, das sich die Mühe, den jeweiligen Einzelfall zu betrachten, gar nicht erst macht, hat dieses Symbol doch überhaupt erst seine völlig überhöhte Bedeutung bekommen. Und das kann doch wohl nun wirklich niemand gewollt haben, der bei halbwegs klarem Verstand ist ...

Kommentar

Verfasst: 26.02.2014 15:01
von Palace-of-Wisdom
Vielen Dank Jörg. Du sprichst mir aus der Seele. Ich habe die gleiche Meinung, etwas drastischer ausgedrückt im Forum vertreten - und einiges an Gegenwind geerntet. Es tut einfach weh wie man mit dem Medium Computerspiel umgeht. Ich war selten so einverstanden mit einem Artikel. Hier kann ich bei jedem Absatz sagen "stehe ich dahinter, sehe ich genauso."

Was mir wirklich in der Seele wehtut, ist der Umgang mit so einer Thematik und die Akzeptanz solcher Entscheidungen. Die meisten "Gamer" wissen wie die indirekte Zensur in Deutschland funktioniert, wie die Behörden arbeiten und warum die Puplisher ihre Titel für unseren Markt anpassen. Die Southpark Zensur News machen nun die Runde auf allen Gamingseiten, Podcasts und sonstigen Medien die sich mit Computerspielen befassen. Wenn irgendwo auf der Welt eine Ungerechtigkeit passiert, wird mit dem Finger darauf gezeigt. Wenn es aber um unser liebstes Hobby geht, nehmen die meisten es einfach hin. Wenn man im Ausland erzählt, was bei uns geschnitten wird und warum... Da lachen sich manche Leute kaputt. Weil es einfach peinlich ist, wie erwachsene Menschen bevormundet werden. Natürlich kann ich mir einfach die US Version importieren, natürlich kann ich einfach zur Seite schauen, wenn mich der Titel nicht interessiert. Trotzdem schockieren mich solche Meldungen. Diese Bevormundung ist wie ein Schlag in das Gesicht. Ich kann keinen Menschen verstehen der so etwas hinnimmt. Antworten wie "ach das bisschen was fehlt, ist doch nicht schlimm", bringen mich regelmäßig zum kopfschütteln. Wir schreiben das Jahr 2014 und es unverständlich, wie so etwas in Deutschland passieren kann. Das den drei anderen Medien viel mehr "künstlerische Freiheit" zugesprochen wird, ist die Sahnekirsche auf einem Berg voller Scheiße. Zensur und Verbote sind kein Mittel des Schutzes oder Vergangensheitsbewältigung. Es zeugt einfach von Hilflosigkeit und Faulheit, sich ernsthaft mit dem Thema auseinander zu setzen. Das Videospiel kann ein verdammt starkes Medium sein. Man kann hier die anderen drei Medien einbinden und nur hier, kann der Konsument wirklich interagieren und so entsteht noch mehr Immersion. Das kleine dumme Spiel ist schon lange erwachsen geworden und es handelt sich um eine Kunst, die ein Potential hat das die Vorstellungskraft vieler Kleingeister übersteigt. Dem entsprechend sollte man auch damit umgehen.


Ich wünsche mir einfach mal einen schonungslosen brutalen, verstörenden und perversen Antikriegsshooter. Einen von einem Format, dass jeder der ihn spielt denkt "bevor ich Berufssoldat werde und in den Krieg ziehe, kastriere ich mich selbst mit einem Löffel". Einen der zeigt zu welchen Greueltaten der Mensch fähig ist und eine richtig abschreckende Wirkung hat. Vielleicht nimmt man dann dieses Medium ein Stück ernster.


In 30 Jahren schauen wir vielleicht zurück und lachen über solche Geschichten. Die Welle ist nicht aufzuhalten, nur weil ein paar Idioten ein paar Eimer Sand auskippen.


-Amen-

Kommentar

Verfasst: 26.02.2014 17:23
von Experiment3xs
Das sind Worte wie sie besser nicht geschrieben werden könnten. Irgendwelche fremden Anzugträger bestimmen darüber was gut und was schlecht für mich ist. So scheint es ja schon lange für deren Seite gut zu sein.... Schein ist halt nicht sein. ;)

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 26.02.2014 17:36
von Marobod
Guter Kommentar.

Laß Dich, wie von einigen Kommentatoren suggeriert , in die rechte Ecke draengen.

Es ist und bleibt Unsinn soetwas in unserer Gesellschaft so dermaßen inkonsequent zu handhaben.

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 26.02.2014 20:15
von Chckn
...Habe keine Lust 25 Seiten durchzulesen....

Aber als wir damals RtCW gespielt haben, haben sich auch viele darüber aufgeregt. Mir war es egal das es zwei Versionen des Spiels gab. Denn am eigentlichen Spiel hatte sich ja nichts geändert. Den Hype habe ich schon damals nicht verstanden. Ob mit oder ohne Hakenkreuze. Das Spiel war dasselbe. Mir wäre es egal gewesen ob man sie drin gelassen hätte.

Habe Jahre später das Spiel nochmal "uncut" durchgespielt....war irgendwie das gleiche.

Achja und Nazi bin ich deswegen auch nicht geworden.

Kommentar

Verfasst: 26.02.2014 20:28
von Aravanon
Ich verweise diesbezüglich schlicht auf meinen Kommentar zur aktuellen Schnitthistorie des Spiels. Ich denke, da habe ich meinen Senf konzentriert dazu gegeben.

Ich habe zwar gerade ein unbestimmtes Deja-vú, aber abschließend: Ich bin Kunst- und Antiquitätengutachter in einem Auktionshaus. Wir verkaufen frei historische Stücke (lustigerweise auch viele Objekte mit Swastika vor dem 3. Reich) mit entsprechender Darstellung, sogar im direkten 3. Reich-Bezug, aber hier kommt das Absurde. Wir müssen die Bilder (wegen dem Abbildungsverbot) für den Katalog entsprechend retouchieren.

Verkaufen Ja, abbilden Nein.

Das ist etwa so sinnvoll wie legaler Verkauf von Heroin verbunden mit dem Verbot ein Bild davon bei eBay einzustellen.

Ferner bedeutet ein Verbot Verdrängung und wie man weiß ist Verdrängung so ziemlich genau das Gegenteil von Verarbeitung. So wird Deutschland dieses Volksstigma niemals überwinden können, wenn es sich nicht damit auseinander setzt, wobei ich das Gefühl habe, dass das nationale Interesse (ui, sei vorsichtig! Deutscher Nationalismus, böses, nur leider vollkommen missverstandenes Wortpaar) daran die Thematik zu verarbeiten ohnehin gegen Null tendiert.

Ich habe fertig.

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 26.02.2014 22:52
von PheonixMage
Auch auf die Gefahr hin klugscheisserisch da zu stehen:
Es gibt in Deutschland keine Verfassung.
Wir haben nur das Grundgesetz.
Auch wenn das nichts an der Aussageabsicht der Kolumne ändert, sollte man das so nicht schreiben.
Es gibt genug ungebildete hier in diesem Land, da muss man nicht noch mehr Verwirrung stiften, oder?
Ansonsten muss ich Hrn Luible zustimmen, ich verstehe das schon lange nicht mehr.

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 27.02.2014 00:43
von lex23
PheonixMage hat geschrieben:Auch auf die Gefahr hin klugscheisserisch da zu stehen:
Es gibt in Deutschland keine Verfassung.
Wir haben nur das Grundgesetz.
:lol: :lol: :lol: :lol:

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 27.02.2014 11:00
von Nuracus
Etwas weniger reißerisch: Das Grundgesetz IST die deutsche Verfassung :P darüber hinaus hat jedes Bundesland noch eine eigene Verfassung.

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 27.02.2014 15:19
von PheonixMage
Ich sehe das nicht so.
Unser Grundgesetz entspricht dem, was in anderen Ländern eine Verfassung ist.
Mehr aber nicht.
Da das Grundgesetz nie von der damaligen Bevölkerung ratifiziert wurde, kann es keine Verfassung sein. Jetzt nicht, und auch in Zukunft nicht.

Klar verstehe ich das es in der Kolumne nicht um unser Grundgesetz oder so geht, aber wir wollen doch bei der Wahrheit bleiben, oder?

Und ich sehe auch ein aus welchem Grund die Formulierung so gewählt wurde, ebenso verstehe ich das wir hier nicht in einem Forum des Bundestages oder ähnlichem sind.

Trotz allem sollte man nicht vereinfachen, oder verallgemeinern in dem Fall.
*just my 2 cents*

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 27.02.2014 19:33
von Nuracus
PheonixMage hat geschrieben:Ich sehe das nicht so.
Unser Grundgesetz entspricht dem, was in anderen Ländern eine Verfassung ist.
Mehr aber nicht.
Da das Grundgesetz nie von der damaligen Bevölkerung ratifiziert wurde, kann es keine Verfassung sein. Jetzt nicht, und auch in Zukunft nicht.
Uh, uhm ... wenn ich dich richtig verstehe, geht es dir jetzt um deine ganz persönliche Definition einer Verfassung. Ich kann mich nicht erinnern, dass eine Verfassung von irgendeiner Bevölkerung ratifiziert werden muss. Find dazu jetzt auch nichts.

Warum soll eine deutsche Verfassung was anderes sein als eine US-, französische oder japanische?

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 27.02.2014 22:51
von FuerstderSchatten
PheonixMage hat geschrieben: Da das Grundgesetz nie von der damaligen Bevölkerung ratifiziert wurde, kann es keine Verfassung sein. Jetzt nicht, und auch in Zukunft nicht.

Ist vielleicht auch besser so. Besonders wenn man so mitbekommt, was direkte Demokratie so tolles hervorbringt (natürlich nur das Beste im Menschen), sollte man davon Abstand nehmen.

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 28.02.2014 00:24
von Deuterium
FuerstderSchatten hat geschrieben:
Ist vielleicht auch besser so. Besonders wenn man so mitbekommt, was direkte Demokratie so tolles hervorbringt (natürlich nur das Beste im Menschen), sollte man davon Abstand nehmen.
Deshalb bin ich für eine Fremdherrschaft durch Aliens, oder sowas. Die Menschheit ist einfach zu unfähig sich selbst unter Kontrolle zu halten.

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 28.02.2014 01:16
von FuerstderSchatten
Deuterium hat geschrieben:
FuerstderSchatten hat geschrieben:
Ist vielleicht auch besser so. Besonders wenn man so mitbekommt, was direkte Demokratie so tolles hervorbringt (natürlich nur das Beste im Menschen), sollte man davon Abstand nehmen.
Deshalb bin ich für eine Fremdherrschaft durch Aliens, oder sowas. Die Menschheit ist einfach zu unfähig sich selbst unter Kontrolle zu halten.
Ja, kein System auf Erden ist perfekt, sollen die Aliens mal ran.

Re: Die Hakenkreuz-Hysterie

Verfasst: 28.02.2014 03:00
von Chris Dee
PheonixMage hat geschrieben:Ich sehe das nicht so.
Unser Grundgesetz entspricht dem, was in anderen Ländern eine Verfassung ist.
Mehr aber nicht.
Da das Grundgesetz nie von der damaligen Bevölkerung ratifiziert wurde, kann es keine Verfassung sein. Jetzt nicht, und auch in Zukunft nicht.
Das Grundgesetz IST die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. Nachzulesen etwa hier:
http://www.bundestag.de/bundestag/aufga ... index.html
Wenn Du unbedingt meinst, Dir Deine eigene Definition einer "Verfassung" basteln zu müssen, ist das Dein Problem.

Dass der Parlamentarische Rat 1949 davon ausging, dass die Sowjetische Besatzungszone bald wieder mit den anderen vereinigt sein würde, war der einzige Grund dafür, das Grundgesetz nicht damals schon "Verfassung" zu nennen, ändert aber nichts an dessen Legitimation. Offiziell wurde das Grundgesetz nach der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 zur "Verfassung des gesamten Deutschen Volkes" erklärt. "Ratifiziert" werden im übrigen nur völkerrechtliche Verträge, und zwar von Staaten und nicht von Bevölkerungen.