Die Kolumne enthält einige Denkfehler. Erstens handelt es sich hier mitnichten um Kunst (von wegen künstlerischer Freiraum) sondern um Produkte, die einem bestimmten Zweck dienen, nämlich der Unterhaltung von Spielern, die dafür Geld bezahlen. Es geht also in erster Linie um Unterhaltungsprodukte. Jeglicher künstlerischer Anspruch verpufft bereits an dieser Stelle. Sollte dennoch irgendein in Richtung künstlerische Ambition gearteter Gedanke den Schaffenden getrieben haben, dann müsste ich demjenigen Selbstbetrug vorwerfen. Schließlich ist schwer zu glauben, daß sich der Akkumulationsgedanke nicht mit jenem Anspruch beißen würde.
Somit ist das ganze lediglich eine Ware, die handelsüblichen Kriterien unterliegt und ob es irgendjemandem als Kunst erscheinen mag oder auch nicht ist in diesem Zusammenhang vollkommen Schnuppe.
Zumal bei der Erschaffung dieses Produktes nicht ein brillanter Geist seine Visionen realisieren will, sondern ein ganzes Kontingent an Personen nach bestimmten Vorgaben (Publisher, Aktionäre) dem Bestreben, Gewinne zu akkumulieren nachkommt. Auch das verträgt sich nur schwer mit der Welt der Kunst.
Die Tatsache, dass das Produkt zusätzlich noch Terminen unterworfen ist und dazu noch allerhand anderen Kriterien unterliegt (Gewinnmaximierung durch Massenkompatibilität und Vereinfachung der Inhalte und Handhabung des Produkts um den größtmöglichen Kreis an potentiellen Käufern zu erreichen) widerspricht sich ebenfalls mit dem Kunstgedanken.
Dass ein Spiel jetzt nicht den frei gesponnenen Ideen eines einzelnen kreativen Geistes entspringt (zumindest nicht bei den größeren Entwicklern/Publishern) ist somit geklärt. Dass es einer Menge Einflüsse Unterliegt ebenfalls.
Weil das Produkt Spiel also einer Reihe von Interessen unterliegt, die nicht künstlerischer Natur sind, sondern in erster Linie finanziellen Erwägungen unterliegen, muss es ein Gegengewicht geben, das sich mit diesen sehr einseitigen Interessen in der Waage hält.
Und da kommt jetzt der Spieler ins Spiel (uiuiui, was hab ich denn da geschrieben
). Denn dieses Gegengewicht bewirkt der Spieler, der seine Meinung in Communities zum Besten gibt.
Und wenn dabei mal ein Bioware dem Druck nachgibt muss man nicht irgendeinem verloren gegangenen Kunstgedanken hinterherweinen oder die unvollendete Vision des verhinderten Kreativen betrauern.
Dann muss man den Sieg über die gewaltige Macht des Marktes feiern und sich freuen, dass man als Kunde überhaupt noch in der Lage ist, diese verkrusteten Strukturen von unten aufzubrechen.
Oder regt man sich auch auf, wenn man bei Audi die Lampen aufgrund der Proteste vieler Verbraucher neu designet (nur ein theoretischer Gedanke)? Wohl kaum…
Zum Thema Crowdfunding:
Im Bezug auf die Einflussnahme der Spieler: Wovor hast du denn überhaupt Angst, Benjamin? Gefühlt ist der Großteil aller neuen (und das bereits seit Jahren) Titel lahm und einfallslos. Gerade für ältere Spieler ist dieser Eindruck dominierend (manche Indie-Geschichte mal ausgeklammert). Was können also ein paar Meinungen Schaden, die es gerne wieder inhaltlich tiefer und anspruchsvoller hätten? Denn das sind ja meistens die Forderungen, die man aus den ganzen Communities extrahieren kann. Da schreit jedenfalls selten jemand nach mehr Action und einfacheren Strukturen.
Und ich bin schon der Meinung, die Spender sollten bis zu einem gewissen Grad miteinbezogen werden. Der Entwickler kann, nein, sollte durch Umfragen, Vorschläge und Abstimmungen die Community ganz basisdemokratisch in seine Visionen miteinbeziehen. Nur dann wäre das System wirklich sinnvoll.
Aber das hat am Ende nicht wirklich etwas mit Bioware oder dem Ende von ME zu tun.