Kommentar: Das Problem der Allmacht

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Jörg Luibl
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von Jörg Luibl »

Ubisoft macht in Far Cry 3 einen ähnlichen, aber fataleren Fehler hinsichtlich der Regie, denn er wirkt dort wesentlich länger nach.

Der Einstieg ist ein sehr mächtiges Mittel für die Immersion, weil der die Tür zu einem Erlebnis öffnet - vor allem, wenn man dort einen zurückhaltenden und nervösen Charakter aufbaut, den man aktiv begleitet. Bei der Flucht stimmt die Dramaturgie noch. Als man dann gerettet wird und im Lager bei Partystimmung als auserwählter Krieger aufwacht, hat man fast das Gefühl, dass ein komplett anderer, wesentlich primitiverer Film abläuft. Es ist vollkommen unverständlich, dass man die wichtigen Zwischenschritte ignoriert hat, die daraus ein harmonisches Ganzes gemacht hätten.

Tolles Motion Capturing, schwache Dramaturgie. Ein typisches Missverhältnis in vielen Videospielen.
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muecke-the-lietz
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von muecke-the-lietz »

4P|T@xtchef hat geschrieben:Ubisoft macht in Far Cry 3 einen ähnlichen, aber fataleren Fehler hinsichtlich der Regie, denn er wirkt dort wesentlich länger nach.

Der Einstieg ist ein sehr mächtiges Mittel für die Immersion, weil der die Tür zu einem Erlebnis öffnet - vor allem, wenn man dort einen zurückhaltenden und nervösen Charakter aufbaut, den man aktiv begleitet. Bei der Flucht stimmt die Dramaturgie noch. Als man dann gerettet wird und im Lager bei Partystimmung als auserwählter Krieger aufwacht, hat man fast das Gefühl, dass ein komplett anderer, wesentlich primitiverer Film abläuft. Es ist vollkommen unverständlich, dass man die wichtigen Zwischenschritte ignoriert hat, die daraus ein harmonisches Ganzes gemacht hätten.

Tolles Motion Capturing, schwache Dramaturgie. Ein typisches Missverhältnis in vielen Videospielen.
Das Witzige ist ja auch, dass es so viele Spiele gibt, die ohne diesen ganzen Motion Capturing Unfug auskommen und die gewollten Emotionen trotzdem immer noch hundert mal glaubwürdiger rüberbringen.

Klar, ein Heavy Rain lebt unter anderem auch von seiner genialen Technik, würde die gewünschten Emotionen aber auch ohne transportieren, einfach weil die einzelnen Szenen auch mal in die Tiefe gehen. Da geht es aber auch ab einem gewissen Punkt einfach um die Konsequenz, eine Szene so auszuspielen, wie es ihr gebührt. Aber es gibt einfach soviele Spiele und Filme, welche die tatsächlich wichtigen Szenen immer nur anreißen, um mehr Zeit für Sinnlosigkeiten wie die hunderttausendste Verfolgungsjagd und ein übertrieben aufgeblasenes Finale zu haben.

Warum haben vor allem Spielemacher immer so eine Angst vor einer sinnvollen Dramaturgie? Ist es die Angst den Spieler zu langweilen oder gar zu überfordern? Ist es die Angst davor, dass die Spieler die Szenen gar nicht zu schätzen wissen und einfach auf "Überspringen" drücken?

Sorry, aber dem kann man ja ausweichen, indem man diese Szenen einfach mit der nötigen Hingabe gestaltet, denn wichtige dramaturgische Szenen, die einem beispielsweise den Übergang vom Schwächling zum Helden glaubhaft erläutern, müssen ja nicht zwangsmäßig langweilig sein, aber sie brauchen halt schon ihren Platz. Und diesen Platz muss man solch einem wichtigen Punkt in der Erzählung einfach einräumen, denn sonst zerfällt die ganze Geschichte zu einem Haufen unsinniger Storyelemente, die im einzelnen dann tatsächlich langweilig werden, einfach, weil sie keinen starken Kontext haben und somit jegliche Brisanz verlieren.

Aber gut, sei es drum. Es gibt ja nun auch genügend Macher, die dieses Problem erkannt und auf ihre eigene Art und Weise gelöst haben.
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Jörg Luibl
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von Jörg Luibl »

Es fehlt schlicht und ergreifend die nötige Sensibilität für eine kohärente Regie. Das ist ja kein Hexenwerk: Viele und vor allem viel ältere Spiele haben ja demonstriert, wie man es besser macht.

Selbst ein Killzone oder ein Gears ist erzählerisch zwar flacher, aber deutlich konsequenter in der Regie. Die Immersion ist dort entsprechend größer, weil sich all das Pathos authentischer anfühlt. Man ist von Anfang an der toughe Held. Far Cry ist auf den ersten Blick wesentlich interessanter als klassische Military-Shooter, weil es den Spieler verletzlich macht. Und es ist auf den zweiten Blick enttäuschender, weil es damit nur blendet.

Vielleicht beruht diese plötzliche Plumpheit in der Regie aber auch auf Angebot und Nachfrage. Die Oberflächlichkeit zieht Kaufkraft magisch an - und noch schlimmer: Sie stößt Presse nicht oft genug ab.

Aber die Spielewelt hat sich weiter bewegt. Es tut sich was.
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muecke-the-lietz
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von muecke-the-lietz »

4P|T@xtchef hat geschrieben:Es fehlt schlicht und ergreifend die nötige Sensibilität für eine kohärente Regie. Das ist ja kein Hexenwerk: Viele und vor allem viel ältere Spiele haben ja demonstriert, wie man es besser macht.

Selbst ein Killzone oder ein Gears ist erzählerisch zwar flacher, aber deutlich konsequenter in der Regie. Die Immersion ist dort entsprechend größer, weil sich all das Pathos authentischer anfühlt. Man ist von Anfang an der toughe Held. Far Cry ist auf den ersten Blick wesentlich interessanter als klassische Military-Shooter, weil es den Spieler verletzlich macht. Und es ist auf den zweiten Blick enttäuschender, weil es damit nur blendet.

Vielleicht beruht diese plötzliche Plumpheit in der Regie aber auch auf Angebot und Nachfrage. Die Oberflächlichkeit zieht Kaufkraft magisch an - und noch schlimmer: Sie stößt Presse nicht oft genug ab.

Aber die Spielewelt hat sich weiter bewegt. Es tut sich was.
Die Spielewelt bewegt sich aber auch manchmal vor und zurück. Wo es in der letzten Generation noch genügend Mainstream Titel gab, bei denen Charakterentwicklung eine wichtige Rolle spielte, bei denen mit Situationen gearbeiten wurden, die teilweise schwer zugänglich waren, oder einfach mit Pathos um sich geschmissen wurde, das aber oft elegant, sind es vor allem die Indie Titel dieser Tage, die diese Tradition weiterführen.

Es gibt doch tatsächlich nur ein paar Ausnahmen im Mainstream Bereich, bei denen ebenfalls charakterliche Tiefen beleuchtet werden und Emotionen der Motor der Story sind.

Und gerade diese Kausalität zwischen Plumpheit und Erfolg ist wohl das größte Drama dieser Zeit.

Mir geht es ja immer darum, dass ich auch in einer großen Produktion etwas tolles erwarte und nicht nur Grafik und BumBum.
Denn diese Aufgabe können ja nicht nur die kleinen Studios übernehmen. Selbstverständlich kann ein kleineres Budget oft der Motor für intelligente und geniale Ideen sein, aber es kann eben auch eine Bremse bei Technik und Umfang sein. Muss nicht aber kann.
Außerdem sollen sich gerade "die Großen" auch mal wieder ein bisschen anstrengen müssen und nicht immer nur Durchschnittschrott beim Spieler abladen.

Wie gesagt, es bewegt sich was, ich hoffe nur, dass die Mainstream Industrie das auch mitbekommt.
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muecke-the-lietz
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von muecke-the-lietz »

außerdem kann es nicht sein, dass ein binding of isaac eine cleverere und elegantere story hat als eine großproduktion ala far cry 3. denn beim erstgenannten steht die story ja nicht mal im mittelpunkt sondern ist lediglich ein rahmen. bei letzterem wird sie einem geradezu ins gesicht geschlagen und aufgeblasen wie ein riesiger balon um dann im entscheidenen moment zu platzen.
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Jörg Luibl
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von Jörg Luibl »

Das meinte ich, mit dem Weiterbewegen. Es geht im Kleinen voran, spricht sich rum, kommt gut an und die Großen werden das nicht ignorieren können. :wink:

Mal abwarten, was ein TripleA-Abenteuer wie The Last of Us hinsichtlich Regie und Dramaturgie leisten wird. Auch Naughty Dog hat, wie Ubisoft im Vorfeld zu Far Cry 3, einiges versprochen:

Als Kritiker muss man die Messlatte hochlegen, sonst wird sich nie etwas ändern. Wir pushen uns und machen alles Menschenmögliche, um diese Story umzusetzen - aber wir hoffen, dass der Rest der Branche das auch sieht und selbst versucht, das zu machen. (...) Es wird ein absolut umwerfendes Erlebnis, das man in diesem Genre, mit diesen Charakteren, mit dieser Entwicklung und allem und nie gesehen hat.

Ich drücke die Daumen. Und selbst wenn es nicht klappt: Gerade nächstes Jahr kommen viele erzählerisch interessante Titel.
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von 2komma9 »

Naughty Dog...sehr zwiespältig. Technisch gut, Design gut, Chraktere gut, Handlung gut...trotzdem läuft man durch eine Kulisse. 1.000 Jahre unberüherte Gemäuer und im nächsten Moment kommt aber schon eine Horde von Gegner mit Kalaschnikovs...

Da wird quasi Spiel und eigentliches Gameplay getrennt. Ich weiß nicht ob das Last of Us endlich besser macht, ich bin mit Uncharted nie warm geworden. Es hat mir einfach keinen Spaß gemacht. Far Cry 3 dagegen macht mir sehr viel Spaß. Aber es stimmt, das Ding ist ein Assassins Creed: Call of the Uncharted. Die Story ist bislang was ich mitbekommen habe so ziemlich das dämlichste. Es wird alles zusammengebaut ohne zu prüfen ob zwei einzelne gute Ideen zusammen auch eine gute Idee ergeben.
Bei den Simpsons gab es eine Folge wo Homer etwas erfinden wollte und die Hilfe der Kinder benötigte, jeder sollte einfach irgendwas sagen, raus kam fluoreszierender Popel usw. Genauso geht es mir in Far Cry 3. Ich frage mich ist es eine Verbalhornung der Amerikaner wie Duty Calls? Leider befürchte ich das es das nicht ist.

Es wäre natürlich schön das man ein offeneres Spielprinzip mit einer authentischen Story verbinden könnte, wenn ich mich entscheiden muss, dann wähle ich trotzdem das Spiel. In diesem Fall sehe ich auch Far Cry 3 und Assassins Creed 3 vor Uncharted. Ich kann den ganzen Trigger Kram leider nicht mehr sehen. Und ob das Last of Us besser macht, man dort nicht auch wieder allmächtig ist und mal eben Horden von Gegnern ermordert, nebenbei irgendwelche Objekte holt und die Begleiterin schützt, das sehe ich ehrlich gesagt auch nicht. Selbst optisch absolut reduzierte Spiele wie die Blackwell Serie und Gemini Rue schaffen es mehr Eindruck zu hinterlassen. Und auch El Shaddai, Vanquish usw. sind mit ihrer künstlichen Beschränkung interessanter. Naughty Dog verweigert sich nämlich auch irgendetwas wegzulassen, alles was in modernen Shootern wie Gears of War zu finden ist, sieht man darin auch. Allerdings im besseren Rahmen. Fragt sich nur, guckt man eher auf das Bild oder denen Rahmen?

Ich würde ja auch gerne sehen das der Mist wie die Story von Far Cry 3 etc. sich nicht mehr wiederholt, solange ich damit aber, nachdem ich resigniert habe Sinnhaftigkeit darin zu entdecken, mehr Spaß habe, werde ich auch weiterhin solche Spiele kaufen.
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muecke-the-lietz
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von muecke-the-lietz »

@ Jörg
Naughty Dog opfert aber des Öfteren gutes Gameplay für gute Dramaturgie, aber The Last of Us ist immerhin ein Hoffnungsträger, ebenso wie das angekündigte Watchdogs, aber da steckt ja meines Wissens wieder Ubisoft hinter.

Allerdings muss man Ubisoft ja auch lassen, dass sie zwar in ihren AAA Produktionen stellenweise ganz schön Mist bauen, aber bei mittelgroßen Spielen wie Outcast, Dust und Rayman ganz oben mit dabei sind. Und auch Beyond Good & Evil ist und bleibt ein Geniestreich.
Und man muss ja auch feststellen, dass die AC Reihe, obwohl spielerisch über weite Strecken belanglos, storytechnisch ziemlich einmalig ist und es in der Dramaturgie immer nur an einigen Stellen hapert. Solche Schnitzer wie in der hier besagten Szene sind zwar stellvertretend für einige Oberflächlichkeiten, aber nicht für die Story als solche. Denn die wurde ja eigentlich immer klasse erzählt, zumal Geschichtsstunde, SciFi und klassische Unterhaltung selten so nah beieinander liegen.

Naja, und der gesamte Indie Bereich ist ohnehin nicht nur eine preiswerte, sondern auch eine innovative Alternative zum heutigen Mainstream. Und man muss ja auch gestehen, dass es vorher niemals so viele schrullige Spiele gab, die jedem so einfach zugänglich waren.
Und da vertraue ich einfach mal auf deinen Optimismus, dass die großen Publisher diesen Bereich einfach nicht ignorieren können.
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Jörg Luibl
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von Jörg Luibl »

Bei The Last of Us muss man natürlich abwarten, inwiefern sich Naughty Dog erzählerisch weiter entwickeln und von Uncharted emanzipieren kann. Auch Beyond von David Cage macht neugierig.

Watchdogs hat mich nach den letzten Spielszenen eher ernüchtert...

Aber man kann sich jetzt schon auf kleinere Storytelling-Ansätze im Jahr 2013 freuen: Neben Amnesia: A Machine for Pigs bin ich unheimlich gespannt auf Everybody's Gone to Rapture. Wer weiß, ob Telltale in der zweiten Staffel von The Walking Dead nicht auch nochmal zulegt.

Das Spielejahr 2013 wird jedenfalls spannender (und hoffentlich qualitativ besser) als dieses.
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3nfant 7errible
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von 3nfant 7errible »

muecke-the-lietz hat geschrieben:
Warum haben vor allem Spielemacher immer so eine Angst vor einer sinnvollen Dramaturgie? Ist es die Angst den Spieler zu langweilen oder gar zu überfordern? Ist es die Angst davor, dass die Spieler die Szenen gar nicht zu schätzen wissen und einfach auf "Überspringen" drücken?
Ja, und daran sind nicht nur die Call of Duty Gamer schuld, die liebend gerne auf jegliche Tiefe verzichten und einfach nur die totale Action haben und losballern wollen, sondern auch die selbsternannten oldschool Hardcore-Gamer. In den letzten Jahren hat sich nämlich der Effekt der Überkompensation eingestellt, dh jedesmal wenn etwas das Tempo rausgenommen wird und sich zB Zeit für eine Cutscene genommen wird, wird gleich "interaktiver Film" geschrien. Wird eine Szene besonders gut inszeniert, wird gleich CoD-Dreck gebrüllt. Das ist lustig, da sogar in den nerdigen, hardcorigen 90ern eine gute Inszenierung von jedermann gelobt wurde, sowohl von der Presse als auch von den Spielern. In dem gefeierten HL wurden die gescripten Sequenzen als geradezu revolutionär beschrieben. Heute sind es die gleichen Leute, die sowas plötzlich furchtbar finden, und das nur weil es inzwischen ein Markenzeichen der CoD-Serie geworden ist.
Die Anzahl derer, die nur oberflächliche Action haben wollen, wächst genauso wie die Gruppe der Hipster-Gamer, die sich mit aller Macht gegen alles stellen was angeblich "mainstream" ist., selbst dann wenn es eigentlich etwas positives ist. Für wen sollte man diese gute Dramaturgie also bringen? Die einen interessiert es nicht, die anderen sehen darin paradoxerweise etwas schlechtes, billige Effekthascherei.


Bei The Last of Us muss man natürlich abwarten, inwiefern sich Naughty Dog erzählerisch weiter entwickeln und von Uncharted emanzipieren kann.
das sollte theoretisch kein Problem sein. Uncharted ist nunmal beabsichtigterweise ein recht leichtherziges Abenteuer im Stile von Indiana Jones. Den Indy Filmen nimmt man ja auch nicht übel, dass sie kein ultra-ernstes Drama sind. Eine ernstere Note hat Spielberg in seinen anderen Filmen angeschlagen. Ja, jetzt muss man schauen ob ND auch so wandlungsfähig ist
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von console_cc »

Minute 12:00 bis 14:00 beschreibt wunderbar wie wichtig es für ein Spiel ist Machtlosigkeit und Zielsetzung zu spüren: Sequelitis - Mega Man Classic vs. Mega Man X (YouTube)
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muecke-the-lietz
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von muecke-the-lietz »

4P|T@xtchef hat geschrieben:Bei The Last of Us muss man natürlich abwarten, inwiefern sich Naughty Dog erzählerisch weiter entwickeln und von Uncharted emanzipieren kann. Auch Beyond von David Cage macht neugierig.

Watchdogs hat mich nach den letzten Spielszenen eher ernüchtert...

Aber man kann sich jetzt schon auf kleinere Storytelling-Ansätze im Jahr 2013 freuen: Neben Amnesia: A Machine for Pigs bin ich unheimlich gespannt auf Everybody's Gone to Rapture. Wer weiß, ob Telltale in der zweiten Staffel von The Walking Dead nicht auch nochmal zulegt.

Das Spielejahr 2013 wird jedenfalls spannender (und hoffentlich qualitativ besser) als dieses.
Klar, auf den Nachfolger des kongenialen Amnesias freut sich wohl jeder Fan des ersten Teils und Everybody's Gone to Rapture ist auch mittlerweile zu so einem omnipräsenten Begriff geworden. Diese beiden Titel werden wohl nächstes Jahr über so einige Belanglosigkeiten hinwegtrösten, die sonst so aus der Spieleindustrie kommen. Und es sind ja auch noch eine Menge interessanter Kickstarter/Crowdfunding Produktionen in Aussicht, aber wie gesagt, von dieser Seite aus muss man sich eh keine Gedanken machen, da wird man schon versorgt.

Watchdogs wirkte in der Ballerszene zwischen den Autos, ich denke, diese Szene wolltest du ansprechen, tatsächlich ein wenig platt und ausgelutscht, aber der Rest hat einfach schon mal Lust auf mehr gemacht, vor allem die Vermengung von Single- und Multiplayer in einer großen Online Stadt macht schon mal neugierig. Aber letztlich wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird, von daher mache ich mir mal noch nicht allzu große Hoffnung.

Naja und The Last of Us erinnert mich derweil ein wenig an den Film The Road, gerade was diese Figurenkonstellation anbelangt. Und auch die Dynamik in den Kampfsituation wirkt derweil beeindruckend, auch wenn es natürlich alles ein wenig nach script ausschaut, aber das kann man erst wissen, wenn es soweit ist. Fakt ist, Naughty Dog zeigt zumindestens den Mut, noch etwas neues zu schaffen, während alle anderen sich den ewig gleichen Neuauflagen zufrieden geben.
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AlastorD
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von AlastorD »

4P|T@xtchef hat geschrieben: Selbst ein Killzone oder ein Gears ist erzählerisch zwar flacher, aber deutlich konsequenter in der Regie. Die Immersion ist dort entsprechend größer, weil sich all das Pathos authentischer anfühlt. Man ist von Anfang an der toughe Held. Far Cry ist auf den ersten Blick wesentlich interessanter als klassische Military-Shooter, weil es den Spieler verletzlich macht. Und es ist auf den zweiten Blick enttäuschender, weil es damit nur blendet.

Vielleicht beruht diese plötzliche Plumpheit in der Regie aber auch auf Angebot und Nachfrage. Die Oberflächlichkeit zieht Kaufkraft magisch an - und noch schlimmer: Sie stößt Presse nicht oft genug ab.
Ist so eine Regie nicht völlig überflüssig sobald der Spieler die Kontrolle hat?
Wir reden hier von nem normalen Shooter, insofern macht es für mich wenig unterschied ob die Figur ein tougher Held oder oder ein verletzlicher Mensch ist, sobald ich die Kontrolle habe hängt alles davon ab wie gut ich treffe, der einfache Mann ist da genauso effektiv wie der Soldat. Spielerisch macht das keinen Unterschied oder hat jemand grossartige spielerische Unterschiede zwischen dem Wissenschaftler Gordon Freeman, dem Soldaten Adrian Shephard und dem Wachmann Barney Calhoun bemerkt?

Und vielleicht stößt diese Plumpheit auch deshalb nicht ab weil sich die sogenannte gute Regie immer öfter als Kitsch entpuppt?
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3nfant 7errible
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Re: Kommentar: Das Problem der Allmacht

Beitrag von 3nfant 7errible »

@ Alastor:

Jemandem zu erklären warum man eine gute Regie und eine gewisse Glaubwürdigkeit haben möchte, ist nicht so einfach, wenn demjenigen sowas total wurscht ist (woran natürlich auch nichts falsches ist). Aber ich versuchs mal :Häschen:


Der Grund, wieso Bioshock zB für mich so wahnsinnig gut funktioniert hat, lag in den ersten Minuten des Spiels.... Du bist dieser zufällige, nichts ahnende Typ, der im Flugzeug sitzt, den Absturz überlebt, sich auf diese kleine Insel mitten im Ozean rettet und dann irgendwie nach Rapture ohne Rückfahrtkarte gelangt. Von da an willst du einfach nur noch raus aus diesem Albtraum. Da ist es dann auch egal wie verrückt und überdreht die Welt von Bioshock ist, zumindest der Einstieg aber und die Motivation des Protagonisten ist glaubwürdig und man kann sich gut darauf einlassen.
Mit dem Soldaten, der auf dem Schlachtfeld und der amerikanischen Flagge im Herzen lachend ins feindliche Feindfeuer rennt, oder dem Held, der so mir nichts dir nichts mal eben die ganze Galaxie vor übermächtigen Aliens oder Dämonen aus der Hölle rettet, hab ich schon mehr Probleme. Dazu gibts vermutlich auch andere Ansichten, aber naja, Geschmäcker sind halt verschieden.
Sehr persönliche Motivationen funktionieren für mich am besten, je simpler und ursprünglicher, desto besser zb die gute alte Rache. Da wären vor allem Max Payne (1 & 2) oder Kratos zu nennen. Jaja eigentlich simple, straighte Actionspiele mit relativ simpler Story, aber holy shit.... wie die umgesetzt sind! Da ist es dann auch egal, ob man es mit der ganzen Noir Yorker Unterwelt oder übermächtigen Göttern und Titanen aufnimmt. Kitsch, Pathos, mag sein, aber sie entfachen auch ein Feuer im Spieler durch die perfekt sitzende Regie, das Storytelling, das brachiale Gameplay und sogar durch den Soundtrack.

Wenn es aber so ist wie bei FC3, in der Einführung zittert und flennt der Protagonist noch rum nachdem sein Bruder eine Wache tötet, aber paar Minuten später rennt er in feindliche Lager und schnetzelt sich mit seiner Machete gekonnt durch ganze Gruppen von üblen Piraten, ohne das der Charakter irgendeine Art von nachvollziehbarer Entwicklung durchmacht, dann fühlt sich das ganze Spiel einfach nicht richtig an. Irgendwas fehlt, man wird damit nie wirklich richtig warm. Verstehe es oder nicht, aber es sind so Kleinigkeiten, die für manche den Unterschied zwischen einem grossen Erlebnis oder einer Enttäuschung ausmachen.
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Das Biebo
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Re: Kommentar

Beitrag von Das Biebo »

Kajetan hat geschrieben:Man darf von Spielen, die für den schnellen, unkomplizierten Nebenher-Konsum produziert werden, nicht erwarten, dass sie sich plötzlich TATSÄCHLICH als das entpuppen, was das Marketing dem Kunden vorgauckeln möchte. Solche TripleA-Produktionen erfüllen dann ihren Zweck am Besten, wenn sie eine anstrengungslos wirkende Illusion erzeugen, der Spieler würde etwas erleben. Dass er in Wirklichkeit nur ausgelutschen Pfaden folgt, deren Ausgetretenheit man mit großem Aufwand kaschieren muss, das spielt keine Rolle. Die Zielgruppe für solche Produkte (Spiel möchte ich dazu nicht sagen) kümmert das alles auch nicht, weil sie einfach nur anstrengungslos bespasst werden möchte. Was übrigens in Ordnung ist.

Es ist ja auch ziemlich vergebliche Liebesmühe über den fehlenden Anspruch in Michael Bays Transformer-Verfilmungen zu wehklagen :)
Demnach sind billigste Arena Shooter wie Painkiller also auch keine Spiele. Man wird ja nur anstrengungslos "bespasst" indem man die linke Maustaste gedrückt hält und via wasd durch lineares Texturgelände rennt. Frag mich echt wie sich Fans solcher "Spiele" zwei Türen weiter über kaschierte Freiheitslosigkeit und fehlenden Anspruch den Mund fuselig reden können.
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