Brannigan hat geschrieben: ↑22.01.2020 05:43
Was, wenn Depression nur nüchternes Denken ist?
Serious Lee hat geschrieben: ↑22.01.2020 08:00
Depressionen können das Denken mindestens ebenso vernebeln. Der Gedanke rührt nur daher, weil es so einen pragmatischen Eindruck macht, wenn jemand emotional gleichgültig reagiert. Allenfalls ist es eine andere Perspektive, aber garantiert nicht der Zustand der einzigen, allumfassenden Wahrhaftigkeit.
Nur mal so als Anekdote dazu geworfen: Mir ist aufgefallen, das ich in den Zeiten, wo die Depression gerade nicht so schlimm ist, natürlich zum Einen im Schnitt besser gelaunt und mit mehr Zuversicht und mehr Lebensmut durch den Tag wandele. Aber mir ist auch aufgefallen, das ich vermehrt Dinge tue, auf die ich einfach gerade Bock habe - auch wenn ich sie mit meinen moralischen Vorstellungen nicht ausreichend deckungsgleich bekomme, das ich damit zufrieden wäre. Aber es ist mir in diesen Zeiten öfter egal, und dann genieße ich das auch.
Ganz blöd gesagt: Ich kaufe dann auch mal ein Produkt, mit dessen Eigenschaften ich eigentlich nicht einverstanden bin. In den Zeiten, wo die Depression schlimmer ist, da stell ich solche Sachen wieder zurück ins Regal und grüble darüber, "
warum es so einen Scheiß überhaupt noch gibt - obwohl doch alle wissen, das es jede Packung davon einer der vielen Tropfen auf dem nur noch handwarmen Stein sind."
Damit möchte ich auf keinen Fall sagen, das Depression einen "die Wahrheit" sehen lässt. Die ist ja sowieso subjektiv. Man kann da bestenfalls von der eigenen Wahrheit sprechen. Eine Auswirkung auf mein Verhalten hat es auf jeden Fall, sowohl negative Auswirkungen als auch positive... aber die positiven wären dann sehr indirekt, zumindest so wie ich das in diesem Kontext meine. Ich könnte mir auch vorstellen, dass das Wissen um solche Umstände auch seinen Teil zu dem Stress beiträgt, der dann am Ende zu einer Depression führt. Und daher wäre es natürlich verständlich, wenn man diesen Stress lieber vermeiden will, wenn es einem sowieso schon schlecht geht.
Tja, hm... welcher Lebensstil wäre mir wohl lieber? Depressiv, aber mehr im Einklang mit meinem tatsächlichen Gewissen? Oder gute Laune und ein dynamisches Gewissen, das sich anpasst um die gute Laune nicht einknicken zu lassen? Wenn man nur wüsste, wo die goldene Mitte ist und wie man da hin kommt...
(Das ist natürlich nur meine Perspektive. Da ist sicherlich jeder anders, so wie auch jede Depression anders zu sein scheint.)
Wenn man bis zum Hals in der Scheiße steckt, sollte man nicht den Kopf hängen lassen.