
Um mein Urteil vorweg zu nehmen: Ich habe noch kein abschließendes Urteil zu dem Buch, auch wenn sich meine Gedanken dazu eher negativ anhören. Wer den ersten Teil gelesen hat, sollte über die Fortsetzung nicht allzu überrascht sein, da die Geschichte quasi nahtlos weiter fortgeführt wird. Dennoch empfand ich das Buch nicht als lauwarmen Aufguss.
Die Hauptgeschichte beginnt eigentlich erst ab Seite 250 (/750) rum. Davor musste ich mich tatsächlich erst mal durchkämpfen (allerdings nicht durchquälen), denn die 249 Seiten davor kann man schwerlich als Geschichte, geschweige denn überhaupt als Plot begreifen. Handlung ist meilenweit keine sichtbar, wenn man darauf scheißt, was Lisbeth so zum Mittagessen einkauft.
Danach wird dem Leser von Larsson allerdings der Plot nur so vor den Latz geknallt. Stellenweise habe ich die Übersicht über die einzelnen Akteure verloren (jedoch nur für wenige Augenblicke, da die meisten Charaktere dann doch recht gut aufgrund ihrer Tätigkeit wiederzuerkennen sind), was allerdings auch den schwedischen Namen zuzuschreiben sein darf.
Gefreut hab ich mich dann auch, als dann die eigentliche Handlung aus dem Buchklappentext mal eingesetzt hat. Die Probleme die ich hatte, waren dann allerdings zwei: Erstens verschwindet Lisbeth erstmal für ihr Umfeld genauso wie für den Leser mit dem Akt des Mordes spurlos von der Oberfläche, was mich unheimlich genervt hat, weil sie auch für mich der interessanteste Charakter im ganzen Millenium-Universum ist. Je weiter die Handlung voran ging, wurde sie zweitens umso abstruser und unglaubwürdiger. Dagegen wirkt das erste Buch wie ein Tatsachenbericht. An und für sich ist das nicht mal schlimm, es ist ja nur eine Geschichte. Aber hatte ich bei dem ersten Buch noch teilweise das Gefühl, Larsson wollte eine glaubwürdige Story rüberbringen, so hat er für mich hier ein Werk abgeliefert, das ohne den politischen Hintergrund und die Involvierung Lisbeth Salanders in einem Atemzug mit solch geradezu lächerlichen Werken wie denen von Cody McFadyen und diversen Genrekollegen genannt werden könnte. In dem Zusammenhang sicherlich auch keine Meisterleistung. Andererseits besteht die Handlung zugegeben nicht bloß aus Gewalt, Sex (wenn auch zu großen Teilen) und seltsamen Morden und Mördern, sondern eben auch aus Beziehungen, Politik, fehlender Empathie und bietet daher mehr Tiefe. Was mich nicht dazu bringen wird, Larsson hinter McFadyen in meine Halle der triumphalsten Enttäuschungen aller Zeiten einzureihen.
Davon abgesehen muss ich aber auch sagen, dass die Handlung auch hier wieder ihre Längen hat und mir stellenweise ganze Erkenntnisse wie dreimal durchgekaut vorkamen (und das nicht bloß aus unterschiedlicher Sichtweise). Den Zusammenhang zwischen Lisbeth und Zala kann man mit etwas nachdenken auch problemlos vor der Auflösung erkennen, was eine zusätzliche - wenn auch eher kurze - Phase bringt, in der man sich auf der Spurensuche eher langweilt.
Bei den neuen Charakteren sind mir auch ein oder zwei ins Auge gesprungen, die ich allzu stereotyp fand, selbst für Stieg Larssons Feder, aus der die Menschen zumeist eher schwarz oder weiß als grau gezeichnet sind. Den blonden Riesen konnte ich am Ende natürlich am wenigstens leiden, vielleicht kann sich der ein oder andere denken, warum.
Nichtsdestotrotz habe ich das Buch mehr oder weniger in einem Rutsch durchgelesen und fand es trotz meiner eigenen Kritik nicht unlesenswert. Irgendwann hat es mich bei Laune gehalten. Und irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, das war Lisbeth Salanders Schuld.
