yopparai hat geschrieben: ↑07.02.2021 23:43
(vor allem mit diesen technischen Anforderungen)
Sorry, dass ich das nochmal hochhole, aber ich stehe jetzt im letzten Dungeon und kann sagen, dass die technischen Anforderungen das geringste Problem der Reihe sind.
IMO trägt Ys mittlerweile zu viele Altlasten mit sich rum, die auch ein kleines Team wie Falcom richten könnte, wenn sie nur wollten.
Nehmen wir mal die Charaktere:
Adols Charakterisierung passt auf die Ecke eines Bierdeckels: Gutmensch, Abenteurer, Rothaarig
Das war's. Jedes Gruppenmitglied ist interessanter und hat mehr Tiefe. Klar, das sind auch nur wandelnde Tropes, aber wandelnde Tropes mit Ecken und Kanten!
Das Writing:
Die Textmenge wurde in jedem Ys immer mehr und es fühlt sich langsam an wie Cold Steel - nur mit Actionkampf. Aber es wird halt viel gesagt - ohne wirklich Inhalte zu übermitteln. Daher fühlt sich ein Großteil des Textes wie Zeitverschwendung an: Elipsen, Zusammenfassungen von Dinge, die vor zehn Minuten passiert sind, Erklärungen der nicht komplexen Story, damit auch ja jeder mitkommt usw. - Und, ganz schlimm, das japan-typische "Storytelling by spoonfeeding".
Soll heißen: Alles was du hörst hat Bezug zur Story. Es gibt keine zusätzliche Lore. Wenn du von einem legendären General hörst (ich ziehe mir die Beispiele aus den Fingern, also keine Spoiler
), den die ganze Welt kennt und der auf einmal verschwunden ist, wirst du ihn treffen. Meist ne Stunde später, im gleichen Kapitel. Wenn du im Tempel den Namen einer Heiligen hörst, den dieser Tempel anbetet - so wird die Heilige später auftauchen, ggfs. als wiedererweckter Endboss. Du erfährst also nur Dinge, die direkt mit der Story zu tun haben - meistens kurz bevor sie überhaupt relevant werden.
Das ist doch kein gutes oder glaubhaftes Storytelling.
Gut, Glaubhaftigkeit ist eh nicht Ys Stärke. Egal in welchem Aspekt. Da wirft man kostümierte Schurken in den Knast und später im Spiel stehen sie immer noch in ihren Kostümen da rum - beschweren sich aber über die harte Bergwerksmaloche die sie jetzt erdulden müssen. Im Kostüm. Mit Spitzenhut und Katzenhandschuhen.
In Cold Steel 1 hab ich Falcom noch gelobt, dass die Charaktere beim Schlafen tatsächlich einen Schlafanzug tragen und UNTER der Decke liegen. Solchen Luxus gibt's in Ys nicht mehr. Da liegt man in kompletter Rüstung auf dem Bettbezug. Immerhin: Ohne Waffen. Was daran liegt, dass die Waffen am Charakter nicht sichtbar sind. Da wird ein riesiger Zweihänder einfach mal eben aus dem Hintern gezogen.
Ebenso unglaubwürdig: Das Leveldesign. Ich rede hier nicht von den Fackeln, die in unerforschten Höhlen brennen, nein, das ist ein Klassiker. Aber keiner der Dungeons erweckt das Gefühl, dass dieser tatsächlich genutzt werden kann. Hurz, die meisten kann man ja nur mit den eigenen Spezialkräften bereisen. Spezialkräfte, die nicht jeder hat. Da teleportiert man sich durch einen Kanaleingang in einen Lagerraum - und in diesem Lagerraum ist nirgends eine Tür die andeuten würde, dass der Besitzer des Lagers diese benutzt. Ja, Details, aber sowas macht gutes Leveldesign aus.
Oder das Gefängnis, ein Ort der wichtig für das Spiel ist. Die Zellen sind vergleichsweise riesig, keinerlei Möbel in den Zellen - nur Adols Zelle hat ein Bett, damit er sich dort in Zwischensequenzen draufsetzen kann. Die einzelnen Zellentrakte sind Kilometer voneinander entfernt. Getrennt von riesigen Gängen mit nichts drin. Kein effektives Gefängnis. Und
hübsch ist es auch nicht. Weder von der Geometrie, von der Textur oder sonst was. Das zieht sich durch das gesamte Spiel: Es wirkt einfach, als hätte man keinen Bock gehabt.
Kommen wir zu den Skills: Alles nur Angriffsskills. Keine Buffs. Keine Heilung. Keine Debuffs. Alles nur Gekloppe. Man freut sich nicht, wenn man einen Feuerball lernt, sondern legt ihn einfach zu den zwei Dutzend anderen Feuerbällen die man hat. Im Zweifelsfall nutzt man halt immer den Skill, der den meisten Schaden macht. Spannend. Außer man hat es auf Trophäen abgesehen: Da nutzt man jeden Skill bis er das max. Level erreicht und dann nie wieder.
Last but not least: Die Musik.
Nein, ich beschwer mich nicht über den Musikstil. Das ist ein Markenzeichen von Ys, das ist in Ordnung. Ich beschwere mich über die mangelnde Abwechslung. Egal ob Kerker, Blumenwiese, Wüste oder Omas Rübenkeller: Ständig die gleiche Rockmusik ohne irgendwelche Varianz. Während ich in einem Castlevania / Bloodstained durchaus eine Bibliothek musikalisch von einem Labor unterscheiden kann, klimpert hier einfach alles sehr beliebig.
Ich kann mich noch an die alten 2D-Teile erinnern, da war das AFAIK nicht so. Da hörte sich ein Außengebiet anders an als eine Höhle.
Das einzig moderne am Spiel ist der Schwierigkeitsgrad: "Normal" ist sehr einfach.
Ich will nicht zu viel meckern. Das Spiel macht durchaus kurzweiligen Spaß. Ich habe halt nur das Gefühl, dass man sowohl keine Lust mehr hat, als auch zu sehr auf die falschen Altlasten setzt. Ich meine Dragon Quest baut ja auch auf klassische Spielprinzipien auf - trotzdem wirkte der letzte Teil deutlich moderner, als dieser Ys-Teil. Obwohl es ja eigentlich andersrum sein müsste.
Naja. Danke fürs Zuhören