Wir haben im Rahmen des Spielkulturthemas "Film & Spiel" ein Gespräch mit dem Medienwissenschaftler Jürgen Sorg geführt, der beim DFG-Forschungskollegs "Medienumbrüche" der Uni Siegen arbeitet. Er beschäftigt sich intensiv mit den Verquickungen von Leinwand- und Bildschirmabenteuern, spielt derzeit am liebsten das Epos Shadow of the Colossus oder den Prügler Def Jam: Fight f...
Hier geht es zum gesamten Bericht: Film & Spiel
Film & Spiel
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Interview Jürgen Sorg
Einige sehr interessante Aspekte wurden hier angesprochen. Ich will aber erstmal ein Thema anschneiden, welches mich am meisten beschäftigt.
Ich finde, daß Spiele auf jeden Fall versuchen sollten, sich erzählerisch an den Ansprüchen zu orientieren, welche an Bücher und Filme gestellt werden. Sicherlich wird es da immer eine Vielfalt geben und Spiele in der Art von Tetris oder Pacman werden auch in Zukunft eine Menge Spaß machen, aber wenn es ausschließlich inhaltlose Titel gibt, wird unser kleines Hobby niemals auf eine größere Akzeptanz stoßen. Ich bin ein denkender Spieler, der Inspirationen braucht um begeistert zu werden. Für mich ist in den letzten zwei Jahren eigentlich kein Titel mehr erschienen, obwohl ich alles angespielt habe.
Die Folgen davon sind, daß Spiele nur noch kurzfristig Spaß machen oder mittelfristig nur dann, wenn sie einen noch viel inhaltloseren Multiplayer-Modus besitzen. Es macht mich selbst am traurigsten, wenn ich mich nicht an eine einzige Story oder Dramaturgie in den letzten Jahren erinnern kann, welche mich nachhaltig beeindruckt hat. Und es sind nunmal diese Elemente, welche einem Spiel eine Zeitlosigkeit verleihen.
Ansätze wie sie in Peter Molyneux's Fable 2 gemacht werden sind ein interessanter Punkt und haben ihrerseits einen Anspruch, weil sie spielerisch und atmosphärisch so originell sind, daß daraus wieder unvergessliche, dynamische Ereignisse entstehen können. Viel einfacher gestalten könnte man es allerdings, wenn man stattdessen einfach mal eine wirkliche Charaktertiefe und eine gut getimete Dramaturgie einsetzt. Leider kann man nur noch müde lächeln, wenn ein gut bezahlter PR-Fuzzi eines x-beliebigen Publishers einem etwas von "spannenden Stories" und "tiefgründigen Charakteren" erzählt, weil nicht einmal Half-Life 2 spannender als eine Telenovela erzählt werden konnte. Die Erzählkultur ist der Technikkultur gewichen.
Ich hoffe inständigst, daß kleinen Entwicklern Plattformen geboten werden können, um nicht-mainstreamige Spiele entwickeln zu können. In den anderen Medien wie Film, Buch und Musik gab es schon immer alternative Vertriebsmöglichkeiten, um den Erschaffern den benötigten Freiraum zu geben. Bei Spielen muß dies erst wieder erkämpft werden.
Ich finde, daß Spiele auf jeden Fall versuchen sollten, sich erzählerisch an den Ansprüchen zu orientieren, welche an Bücher und Filme gestellt werden. Sicherlich wird es da immer eine Vielfalt geben und Spiele in der Art von Tetris oder Pacman werden auch in Zukunft eine Menge Spaß machen, aber wenn es ausschließlich inhaltlose Titel gibt, wird unser kleines Hobby niemals auf eine größere Akzeptanz stoßen. Ich bin ein denkender Spieler, der Inspirationen braucht um begeistert zu werden. Für mich ist in den letzten zwei Jahren eigentlich kein Titel mehr erschienen, obwohl ich alles angespielt habe.
Die Folgen davon sind, daß Spiele nur noch kurzfristig Spaß machen oder mittelfristig nur dann, wenn sie einen noch viel inhaltloseren Multiplayer-Modus besitzen. Es macht mich selbst am traurigsten, wenn ich mich nicht an eine einzige Story oder Dramaturgie in den letzten Jahren erinnern kann, welche mich nachhaltig beeindruckt hat. Und es sind nunmal diese Elemente, welche einem Spiel eine Zeitlosigkeit verleihen.
Ansätze wie sie in Peter Molyneux's Fable 2 gemacht werden sind ein interessanter Punkt und haben ihrerseits einen Anspruch, weil sie spielerisch und atmosphärisch so originell sind, daß daraus wieder unvergessliche, dynamische Ereignisse entstehen können. Viel einfacher gestalten könnte man es allerdings, wenn man stattdessen einfach mal eine wirkliche Charaktertiefe und eine gut getimete Dramaturgie einsetzt. Leider kann man nur noch müde lächeln, wenn ein gut bezahlter PR-Fuzzi eines x-beliebigen Publishers einem etwas von "spannenden Stories" und "tiefgründigen Charakteren" erzählt, weil nicht einmal Half-Life 2 spannender als eine Telenovela erzählt werden konnte. Die Erzählkultur ist der Technikkultur gewichen.
Ich hoffe inständigst, daß kleinen Entwicklern Plattformen geboten werden können, um nicht-mainstreamige Spiele entwickeln zu können. In den anderen Medien wie Film, Buch und Musik gab es schon immer alternative Vertriebsmöglichkeiten, um den Erschaffern den benötigten Freiraum zu geben. Bei Spielen muß dies erst wieder erkämpft werden.
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@Ragism
In den letzten 2 Jahren kein Spiel mit Tiefe oder
guter Story gefunden?!Hmm.Komisch.
Beyond Good and Evil,Fahrenheit(zwar selber
noch nicht gespielt,aber scheint doch in Deine
gesuchte Kategorie zu fallen)
oder auch King Kong orientiert sich ja fast 1 zu 1 am
Film.
Shadow of the Colossus...sind nur wenige Beispiele
für Spiele mit Spieltiefe(Charaktertiefe),
oder Seele(BG and E) wie Jörg sagen würde.
Also ich glaube,da hast Du bestimmt einige gute Spiele
einfach übersehen oder nicht angespielt,es gibt ja noch so
viel mehr.
In einem Punkt gebe ich Dir aber Recht,dass es viele Spiele
gibt,die zwar auch sehr gut sind,aber das Augenmerk eher
auf Action liegt und die Story nur Beiwerk ist,ist wohl war.
Bei einigen Games wäre wohl viel mehr drin gewesen,wenn
die Story nur etwas komplexer oder spannender gewesen wäre
,oder der ein oder andere Held etwas mehr Format
abbekommen hätte.
In den letzten 2 Jahren kein Spiel mit Tiefe oder
guter Story gefunden?!Hmm.Komisch.
Beyond Good and Evil,Fahrenheit(zwar selber
noch nicht gespielt,aber scheint doch in Deine
gesuchte Kategorie zu fallen)
oder auch King Kong orientiert sich ja fast 1 zu 1 am
Film.
Shadow of the Colossus...sind nur wenige Beispiele
für Spiele mit Spieltiefe(Charaktertiefe),
oder Seele(BG and E) wie Jörg sagen würde.
Also ich glaube,da hast Du bestimmt einige gute Spiele
einfach übersehen oder nicht angespielt,es gibt ja noch so
viel mehr.
In einem Punkt gebe ich Dir aber Recht,dass es viele Spiele
gibt,die zwar auch sehr gut sind,aber das Augenmerk eher
auf Action liegt und die Story nur Beiwerk ist,ist wohl war.
Bei einigen Games wäre wohl viel mehr drin gewesen,wenn
die Story nur etwas komplexer oder spannender gewesen wäre
,oder der ein oder andere Held etwas mehr Format
abbekommen hätte.
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@ n2deep: Fahrenheit war für ein Spiel sehr gut erzählt, aber wenn es mit den Ansprüchen eines Filmes oder Buches beäugt worden wäre, wäre das Spiel vernichtend verrissen worden, weil die zweite Hälfte des Spieles einfach lächerlich war. Die Bewertungskriterien für Spiele belaufen sich auf kleingeistige Bedienungselemente, KI oder Grafik. Das wäre, als wenn ein Roman nach einigen wenigen Sätzen oder Tippfehlern bewertet werden würde, das ist der Punkt.
Beyond Good & Evil ist in der Tat eines der besseren Spiele, das hat mir richtig Spaß gemacht und ich war bis zum Schluß voller Begeisterung dabei. Sorry, daß ich den Titel vergessen habe ^^
Nichtsdestotrotz ist das eine Ausnahme. Das eine wirklich gute Spiel, das vielleicht im Jahr rauskommt, hilft der Quote und der Situation nur bedingt. Vielleicht bin ich wirklich zu frustriert und unfair, aber wenn ich mir ansehe, wie einfalls- und lieblos mit dem Medium umgegangen wird, welches das größte Potenzial besitzt, werde ich nunmal sehr ärgerlich.
Beyond Good & Evil ist in der Tat eines der besseren Spiele, das hat mir richtig Spaß gemacht und ich war bis zum Schluß voller Begeisterung dabei. Sorry, daß ich den Titel vergessen habe ^^
Nichtsdestotrotz ist das eine Ausnahme. Das eine wirklich gute Spiel, das vielleicht im Jahr rauskommt, hilft der Quote und der Situation nur bedingt. Vielleicht bin ich wirklich zu frustriert und unfair, aber wenn ich mir ansehe, wie einfalls- und lieblos mit dem Medium umgegangen wird, welches das größte Potenzial besitzt, werde ich nunmal sehr ärgerlich.
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Na was Fahrenheit angeht muss ich Dir das mit der 2ten Hälfte
einfach mal glauben,denn wie gesagt ich habe es "noch"nicht
gespielt.
Ich spiele viel Aktion -Adventure,von daher bin ich auch wie
Du immer an Spielen mit guter Story interessiert und ja,man
muss schon suchen,aber anders als Du habe ich da schon
ein paar gefunden,die meine Erwartungen erfüllt haben.
Richtig ist sicherlich,dass viel auf Mainstream und Sicherheit
hin produziert wird,um den Massenmarkt zu bedienen,dennoch
gibt es immer wieder Ausnahmetitel,auch wenn die ,wie Du schon
richtig sagst im Vergleich zu dem Mainstream recht rar gesäht sind.
Gerade fällt mir noch Prince of Persia-Sands of Time ein...
Naja,wir werden sehen was uns die neue Konsolengeneration so bringt,
glücklicherweise gibt es immer wieder Spieleschmieden,die
auch mal etwas ungewöhnliches,abseits des Mainstreams
versuchen und da setze ich drauf und sehe dem Ganzen
etwas positiver entgegen. :wink:
einfach mal glauben,denn wie gesagt ich habe es "noch"nicht
gespielt.
Ich spiele viel Aktion -Adventure,von daher bin ich auch wie
Du immer an Spielen mit guter Story interessiert und ja,man
muss schon suchen,aber anders als Du habe ich da schon
ein paar gefunden,die meine Erwartungen erfüllt haben.
Richtig ist sicherlich,dass viel auf Mainstream und Sicherheit
hin produziert wird,um den Massenmarkt zu bedienen,dennoch
gibt es immer wieder Ausnahmetitel,auch wenn die ,wie Du schon
richtig sagst im Vergleich zu dem Mainstream recht rar gesäht sind.
Gerade fällt mir noch Prince of Persia-Sands of Time ein...
Naja,wir werden sehen was uns die neue Konsolengeneration so bringt,
glücklicherweise gibt es immer wieder Spieleschmieden,die
auch mal etwas ungewöhnliches,abseits des Mainstreams
versuchen und da setze ich drauf und sehe dem Ganzen
etwas positiver entgegen. :wink:
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Narration im Film
Hi Jörg,
schöner Beitrag. Ich finde es gut, dass der akademische Diskurs auch populäre "Spielstätten" wie dieses Forum aufsucht.
Was den Vergleich zwischen Film und Spiel auf der Ebene der Narration und der Form angeht würde ich mir noch weitergehende Analysen wünschen.
a) Tetris erzählt bekanntermaßen nichts und ebensowenig Space Invaders. Die Narratologie "vernachlässigt" in meinen Augen diese Elemente bzw. stützt sich dann auf die Mehrheit der Spiele, die Gameplay und Story verschalten. Müsste man nicht kritisch den Umstand reflektieren, dass Narration die Games regelrecht auflädt - oftmals zu ungunsten innovativer Spielprinzipien?
b) Der Vergleich zwischen Film und Games stützt sich meist auf die Optik, manchmal auf die Technik, also den Einsatz von CG in Film oder von "Cutscenes" in Games. Interessant ist doch aber, dass Film seine Geschichte über die Kameraeinstellung erzählt, während im Game die vom Spieler geführte Einstellung der Kamera - mit Ausnahme von Cutscenes - keine narrative Bedeutung hat, sondern einzig der Orientierung bzw. Erkennung dient. Ist das nicht ein bemerkenswerter Unterschied zwischen beiden Medien? Mein Eindruck ist, dass genau aufgrund dieser Differenz die Versuche, Computerspiele im Film anklingen zu lassen, bisher enttäuschend waren.
c) Die Unterscheidungen hinsichtlich der Partizipation des Zuschauers/Gamers, also zwischen einem "lean forward"-Medium, wie die Games, und "lean back" wie der Film sind inzwischen zu häufig in Anschlag genommen worden und zu grob. Der Diskurs sollte hier voran schreiten - wie siehst du hier die Entwicklung? Wo findet man in dem Diskurs neue Impulse?
Beste Grüße
schöner Beitrag. Ich finde es gut, dass der akademische Diskurs auch populäre "Spielstätten" wie dieses Forum aufsucht.
Was den Vergleich zwischen Film und Spiel auf der Ebene der Narration und der Form angeht würde ich mir noch weitergehende Analysen wünschen.
a) Tetris erzählt bekanntermaßen nichts und ebensowenig Space Invaders. Die Narratologie "vernachlässigt" in meinen Augen diese Elemente bzw. stützt sich dann auf die Mehrheit der Spiele, die Gameplay und Story verschalten. Müsste man nicht kritisch den Umstand reflektieren, dass Narration die Games regelrecht auflädt - oftmals zu ungunsten innovativer Spielprinzipien?
b) Der Vergleich zwischen Film und Games stützt sich meist auf die Optik, manchmal auf die Technik, also den Einsatz von CG in Film oder von "Cutscenes" in Games. Interessant ist doch aber, dass Film seine Geschichte über die Kameraeinstellung erzählt, während im Game die vom Spieler geführte Einstellung der Kamera - mit Ausnahme von Cutscenes - keine narrative Bedeutung hat, sondern einzig der Orientierung bzw. Erkennung dient. Ist das nicht ein bemerkenswerter Unterschied zwischen beiden Medien? Mein Eindruck ist, dass genau aufgrund dieser Differenz die Versuche, Computerspiele im Film anklingen zu lassen, bisher enttäuschend waren.
c) Die Unterscheidungen hinsichtlich der Partizipation des Zuschauers/Gamers, also zwischen einem "lean forward"-Medium, wie die Games, und "lean back" wie der Film sind inzwischen zu häufig in Anschlag genommen worden und zu grob. Der Diskurs sollte hier voran schreiten - wie siehst du hier die Entwicklung? Wo findet man in dem Diskurs neue Impulse?
Beste Grüße