Liest sich wirklich gut und kann dem nur zustimmen.TGfkaTRichter hat geschrieben:Normalerweise teste ich keine Spiele in den betreffenden threads, aber da ich danach gefragt wurde, will ich hier mal eine Ausnahme machen. (Wem das Ganze zu lang ist, am Ende gibt es ein Fazit.)
- Grafik
Die Grafik von DS ist gut, nicht überragend aber alles in allem gelungen. Hier und da stören arg matschige Texturen und detailarme Charaktermodelle, allerdings reichen diese Störungen nie so weit, als dass sie damals wie bei Gothic 3 den Gesamteindruck empfindlich stören können. Dafür sind die (oberirdischen) Schauplätze liebevoll und recht abwechslungsreich umgesetzt. Das kann man für die zahlreichen Dungeons leider nur bedingt sagen. Sie sind zwar rein technisch gesehen nicht schwächer als die Schauplätze unter Tageslicht, bestehen jedoch oft aus sich wiederholenden Elementen und bieten wenig Abwechslung fürs Auge. Es ist nicht so schlimm wie seinerzeit in Oblivion, aber dennoch auffällig.
- Musik und Sound
Die Musik ist durch die Bank weg gut und passt immer hervorragend zur jeweiligen Situation. Auch die Soundeffekte wissen zu überzeugen. Egal ob es sich um das Plätschern kleiner Bäche (Hallo PB!) oder das Rauschen des Windes handelt, alles klingt echt und sehr atmosphärisch. Leider schleichen sich ab und an Fehler in der Sounddarstellung ein, die dafür sorgen, dass z.B. nach einem Quickload die Soundeffekte auf einmal viel lauter bzw. leiser als zuvor sind. Hierbei handelt es sich wahrscheinlich um einen der wenigen Bugs und ein Fix per Patch wäre wünschenswert. Auch die Sprecher sind an und für sich sehr gut, nur leider hört man sie zu selten. Wie damals in BG2 ist immer nur der erste Teil eines Dialoges vertont, den Rest muss man wohl oder übel selbst lesen, das sollte im Jahr 2008 eigentlich nicht mehr vorkommen und ist auch durch die große Masse an Texten nur bedingt zu entschuldigen.
- Atmosphäre
DS passiert auf dem P&P DSA und das merkt man. Die Dialoge sind DSA typisch ein wenig gestelzt und eine lustige Mischung aus „normaler“ Sprache und hochtrabenden Formulierungen, wie man sie von diversen Mittelaltermärkten kennt. Die Welt ist bunt und im Verhältnis zum Witcher oder Gothic recht sauber, märchenhaft und voll von bekannten Fantasygestalten. Auf den Straßen Ferdoks tummeln sich Zwerge und gelegentlich Elfen, als Gegner kommen die klassischen Bekannten, nämlich Oger, Orks, Goblins und allerlei Getier wie Riesenratten oder Wölfe zum Einsatz. Hier lässt Drakensang leider jede Überraschung vermissen. Man trifft auf genau die Viecher, mit denen man sich schon in unzähligen RPGs zuvor geprügelt hat. Allerdings wissen dafür die Schauplätze zu überzeugen. Die Städte und Wälder von DS sind wunderbar atmosphärisch und, was das wichtigste ist, immer aus einem Guss. Ob man die Atmosphäre von Drakensang mag, ist jedem selbst überlassen, aber man kann dem Spiel nicht vorwerfen, dass es seiner atmosphärischen Linie nicht konsequent treu bleibt.
Ein Extralob verdienen in diesem Zusammenhang die Texte des Spiels. Sämtliche Dialoge sind (abgesehen von den DAS typischen Elementen) hervorragend geschrieben und werden von der Qualität der Dokumente im Spiel noch übertroffen. Das Tagebuch eines Zwerges, das einen längst vergessenen Krieg beschreibt, gehört zu den besten Texten, die ich jemals in einem Spiel zu Gesicht bekommen habe. In dieser Kategorie kann DS locker mit den ganz Großen mitspielen und braucht sich auch vor den Textern aus dem Hause Bioware nicht zu verstecken.
- Handlung und Charaktere
In dieser für RPGs wichtigen Kategorie schwächelt DS leider, teilweise sogar ziemlich stark. Die Haupthandlung an sich ist okay, aber es fehlt zum einem an einem wirklich guten Antagonisten, der im Spieler den Wunsch weckt, ihn auf jeden Fall besiegen zu wollen und zum anderen an einem pers. Bezug des Hauptcharakters mit der Handlung. Zwar muss man zu Beginn noch den Mord an einem Freund aufklären, aber die auf diese Aufklärung folgende, große Hauptquest tritt man ganz klassisch an, weil man eben auserwählt ist, das hätte man eleganter lösen müssen. Vor allem die Bioware Titel zeigen immer wieder, wie man solche Dinge besser machen kann. Dafür bieten einige der Nebenquests interessante Subplots, die einem teilweise für die Schwächen der Haupthandlung entschädigen, sie aber nie vergessen machen.
Bei den Charakteren verschenkt DS entsetzlich viel. Das Spiel bietet viele, sehr faszinierende, teilweise angenehm abgefahrene Nebencharaktere (z.B. einen gelangweilten Kobold, der ein buntes Tierchen-wechsel-dich Spiel mit ein paar armen Holzfällern spielt und später einen Alchemieshop übernimmt) und eigentlich auch sehr interessante Hauptchars, aus denen nur leider viel zu wenig gemacht wird. Die Gefährten, die den Hauptchar. auf seiner Quest begleiten haben jeder für sich Potential für eine eigene kleine Geschichte zusammen mit einer pers. Nebenquest, wie es in Kotor der Fall war, nur leider macht das Spiel nichts daraus. Man kann sich zwar mit jedem seiner Gefährten unterhalten, aber leider sagen sie immer dasselbe. Eine Entwicklung innerhalb der Beziehungen ist nicht zu erkennen, was sehr, sehr schade und ein großer Kritikpunkt ist. Die Figuren an sich sind vorhanden, es wird nur leider nichts draus gemacht.
- Balancing
Wieder keine Glanzkategorie. Das Spiel hat nur einen Schwierigkeitsgrad, der für erfahrene Spieler teilweise zu leicht und für Anfänger gerade gegen Ende definitiv zu schwer ist. Außerdem ist Drakensang voll von eher leicht zu besiegenden Gegnergruppen, denen man ohne Spezialfähigkeiten entspannt zu Leibe rücken kann, die dann aber abgewechselt werden durch sehr haarige Bossfights, die selbst einen Baldurs Gate Veteranen zu fordern verstehen. Generell wird das Spiel ab Halbzeit deutlich schwerer und die Kämpfe werden interessanter, allerdings mögen manche den Sprung, den das Spiel dort macht, als ein wenig zu extrem empfinden. Gegen Ende wird das Spiel definitiv schwer und fordernd. Es ist dabei nicht unfair, könnte aber Anfänger in den Wahnsinn treiben. Gut ist hingegen, dass man von einer Ausnahme abgesehen, immer nur Quests bekommt, die man mit dem aktuellen Level auch lösen kann.
- Quests
Hier kann DS fast durchgehend brillieren. Es gibt viele Quests, von denen die meisten interessant und abwechslungsreich gestaltet sind. Außerdem bietet das Spiel tolle aufeinander aufbauende Questreihen, die sich teilweise über viele Spielstunden hinweg erstrecken. So muss man z.B. erst der Stadtgarde eines kleinen Dörfchens dabei helfen, einen Goblinangriff zurückzuschlagen, dann wird man vom Anführer der Garde losgeschickt, um den Stützpunkt der Goblins zu finden. Nachdem dies getan ist, muss man feststellen, dass einem die Garde nicht beim Angriff helfen kann, da die drei Mächtigen der Stadt sie nahe beim Dorf behalten wollen, also muss man diese drei überzeugen, was zu drei weiteren Quests führt, von denen einige sogar interessante Hintergründe über die Geschichte des Dorfes verrät, ehe man endlich mit der Garde im Rücken den Goblins den Gar ausmachen kann. Vorbildlich.
Leider ist auch hier nicht alles perfekt, denn so abwechslungsreich die Quests auch sind, so fällt doch negativ auf, dass man die meisten nur auf eine Weise lösen kann. Ab und an kann man sich mal für zwei verschiedene Fraktionen entscheiden oder sich aus einem Kampf rausreden, aber das war’s dann auch schon als Wahlfreiheit. Das ist ein bisschen wenig.
- Gameplay und Charakterentwicklung
Auch hier ist DS sehr stark. Kommen wir zuerst zur Charakterentwicklung. Diese Kategorie kann man schnell mit dem Wort perfekt abhandeln. Die Möglichkeiten der Charakterentwicklung sind fantastisch. Nach jeder gelösten Aufgabe und durch jeden besiegten Gegner erhalten die Chars Steigerungspunkte, die recht frei über unterschiedliche Attribute, Waffengattungen und Zaubersprüche verteilt werden können, vorausgesetzt, die betreffende Fähigkeit wurde bei einem der zahlreichen Lehrmeister bereits erlernt. Die sehr langsam aufsteigende Stufe bestimmt nur den Höchstwert, auf den diese Fähigkeiten gesteigert werden können.
Das Gameplay von DS ist zu großen Teilen ebenfalls sehr gelungen. Alle Aktionen im Spiel werden über Proben ausgeführt, deren Gelingen vom Würfelglück, aber vor allem von den Werten der Chars abhängen. Leider nimmt sich das Spiel auch außerhalb der Kämpfe genüsslich Zeit für jede Probe und jede Aktion. Dass im Kampf selbst die Rundendauer, die durch die Ausführung einer Aktion verlangt wird, genau eingehalten wird, ist verständlich, aber wieso kann das Spiel nicht die Probe, die zum Ernten einer Heilpflanze nötig ist, innerhalb von einer Sekunde abhandeln und nicht innerhalb von 5 bis 6 Sekunden? 5 bis 6 Sekunden klingen jetzt nicht nach viel, aber auf die Dauer kann das nerven. Was ebenfalls nerven kann und es auch tut, sind die teilweise langen Laufwege gemischt mit dem ziemlich gemütlichen Lauftempo der Chars. Man muss ja nicht immer wie bei Oblivion sofort überallhin schnell reisen können, aber gelegentlich hätte man sich eine solche Abkürzung doch sehr gewünscht.
Was auch nerven kann und es auch ganz sicher tut ist die Tatsache, dass man seinen Gefährten alles erklären muss. Es gibt praktisch keine automatischen Verhaltensregeln für die NPCs und wenn man sie alleine lässt, greifen sie entweder wahllos einen Gegner an oder machen gar nichts. Zwar geht die Kontrolle der Party gut von der Hand und Aktionen lassen sich mit Leichtigkeit stapeln, dennoch kommt man sich teilweise wie ein Kindermädchen vor, dass eine ziemlich debile Rasselbande im Griff behalten muss. In diesem Kontext verwundert es auch nicht weiter, dass es keine festen Formationen oder ähnliches gibt. Da man weiter hinten im Spiel jedoch sowieso jede seiner Aktionen planen muss und weiter vorne die Gegner noch nicht so fordernd sind, ist dieser Kritikpunkt nicht ganz so vernichtend, wie er unter anderen Umständen hätte werden können.
Auch ein Kritikpunkt in diesem Kontext ist das Design der Dungeons, die oft einen Tick zu lang sind, meistens von den immergleichen Gegnern bevölkert werden und von wenigen Ausnahmen abgesehen keine interessante Rätsel oder sonstige gute Ideen bieten. Hier wäre weniger, dafür aber durchdachter, sicherlich mehr gewesen.
- Fazit
DS ist im Groben und Ganzen ein gutes Spiel geworden, das nicht nur durch seine tech. Sauberkeit überrascht. Das Kampfsystem ist gut, das Gruppenmanagment leider nicht, der Charakteraufbau brilliant, die Quests meistens abwechslungsreich und die Atmosphäre gelungen. Leider schwächelt das Spiel leicht im Balancing und in der Story und verschenkt enorm viel Potential in der Gestaltung der einzelnen Spielfiguren. Außerdem können die Dungeons weder an den Abwechslungsreichtum noch an die spielerische Klasse der Oberweltabschnitte heranreichen. Insgesamt gesehen ist DS eine klare Kaufempfehlung für Freunde klassischer Party-RPGs und das nicht nur aus Mangel an Alternativen.
Ich habe das Gefuehl, es liegt an unserem "Blick der Dinge", weswegen wir mit dem krawall-Schreibstil der Marke BILD nichts anfangen koennen.
Fazit meinerseits: Ich gehoere nicht zu Bodos Zielgruppe.
Leider schaetze ich auf der Seite einen Redakteur ganz besonders, dieser verfasst aber selten Tests, daher werde ich wohl leider trotzdem hin und wieder mal vorbeischauen, wenn es wieder ein Spiel gibt, worueber ich mich Informieren moechte.
Und, Bodo braucht sich nicht wundern, wenn man mit ihm hart ins Gericht geht. "Wer immerzu schweigt, der bejaht" oder auch:"Wer schweigt, scheint zuzustimmen" Alte Sprichwoerter, aber sie bringen es auf den Punkt.