Viele haben wohl an einen truen suxxxezzor zu den letzten Ami-RPGs erwartet. Diese Erwartung konnte gar nicht aufgehen, denn Deutschland ist, was das angeht, ein Entwicklungsland. Die großen Hersteller investieren doch lieber in billige Ost-Entwickler als in deutsche Standorte. Da ist die Gewinnmarge viel größer und kann man den Aktienbesitzern auch viel besser klar machen. Es ist nicht Take 2, die das Spiel publishen, auch nicht Atari, EA und ActiBliz sowieso nicht. Es ist eben "nur" dtp. Verwiesen sei da nur mal auf
diesen Artikel. Das ist die traurige Situation des deutschen Entwicklungsstandortes und unsere Politik schafft da nicht gerade positive Anreize, etwas daran zu ändern.
Sind deutsche Spiele deswegen schlecht? Nicht unbedingt. Kommt drauf an, was man will. BioWare ist z. B. ziemlich generisch, auch wenn die Technik stimmt und Eye Candy vorhanden ist. Trotzdem gilt, kennt man BG2, weiß man wie der Hase bei BioWare läuft. Alle Spiele bauen auf dieselben Zutaten und Komponenten und überraschen tun sie niemanden mehr. BioWare ist eine erfolgreiche Fortsetzungsgeschichte auf zugegeben hohem Niveau. Man kann es auch gut finden, das ist vollkommen richtig und legitim. Ich kauf mir auch Dinge von herstellern, wo ich schon von vorneherein weiß, was mich erwartet. Aber es überrascht niemanden mehr und manchmal möchte man das.
Drakensang wird vll nicht Blockbuster-Kino, aber sicher etwas anderes als der übliche Schmou aus Übersee. Ich denke nicht, daß die Entwickler hier arglistige Täuschung der Fans betrieben haben, das Blaue vom Himmel versprochen haben um es letztendlich dann doch nicht einzuhalten. Die Kommunikationslinie war eigentlich immer ziemlich deutlich, was das angeht. Es wurde immer gesagt, daß das Spiel nicht nur an die Hardcore-Fraktion gerichtet sein soll. Daß Regeln vereinfacht werden sollen. Daß gewisse Dinge eingeschränkt wurden. Nur werden diese Aussagen von der Spielepresse natürlich nicht im Detail recherchiert und auch nicht an ihre Besucher weitergereicht (Geht auch gar nicht). Es gibt ein FirstFacts, ein Preview und einen Test. Zwischendurch vll mal eine Newsmeldung, sofern der Publisher eine Pressemitteilung verschickt. Da fehlen einfach 80% der Gesamtkommunikation.
Das Problem gerade bei alten Spieleveteranen: Sie wollen natürlich keine Qualitätsabstriche haben. Wenn man dann aber mal was anderes als die erfolgreich ausgetretene Masche haben will, muss man sich eben auch mit scheinbar unbequemen Titeln auseinandersetzen. Das ist in allen kreativen Bereichen so, Film, Literatur, etc. Es kommt nicht jedes Jahr ein Witcher, der Dinge ein bißchen anders macht. Gothic war auch ein scheiß unbequemes Spiel, als es raus kam (Steuerung! Das gleichzeitig erschienene Rune konnte das schon besser. Und in Teil 2 wurde es auch nur marginal verbessert, im Prinzip ist es aber immer noch derselbe schei* geblieben). Die Frage ist, wo die eigene Schmerzgrenze liegt und das kann kein P/Review beantworten. Wenn man sich ausreichend im Vorfeld zu einem Titel informiert und auch mal ein bißchen mehr liest, als die ständigen, generischen P/Reviews, dann kriegt man schon ein ganz guten Einblick und weiß auch, ob man sowas will. Jede Publikation der Spielepresse frönt immer einem Idealspieler, daran werden die Tests festgemacht. Beim einen ist es Gruppe xy mit Vorliebe ab, beim nächsten macht sich der Tester selbst zum Ideal. Zumindest ich hab aber das Problem, daß ich nie dem Ideal entspreche und deshalb brauch ich einfach mehr Infos.
Zum Witcher als "wohltuende Ausnahme", die Verkauszahlen wurden zwar mit 600.000 Titeln bejubelt, aber eigentlich finde ich das eher ernüchternd. Klar ist das auf dem PC eine gute Zahl. Aber der Hammer sind sie auch nicht. Ich hätte auf mindestens eine Millionen gehofft. Das hat sogar das miese Dungeon Lords letztlich geschafft. Die meisten der Witcher-Verkäufe stammen zudem scheinbar aus Osteuropa, nicht aus dem Westen. Kommt überhaupt genug Geld wieder rein, um die Entwicklung zumindest einmal wieder auf +/- 0 zu bringen? Schließlich wurde an dem Ding seit 2003 oder so gearbeitet und die osteuropäischen Verkäufe dürften nicht das ganz große Geld bringen. Ich bin mir auch ziemlich sicher, daß jetzt das Witcher-Franchise ziemlich ausgelutscht werden wird. In 3-5 Jahren beginnt das gleiche Trübsal mit den innovationslosen, ausgelutschten Rollenspielen von vorne. Vielleicht greift man auch einfach mal zu den anderen Produkten. Mir zumindest gehen die Ami-Produkte zunehmend auf den Senkel und ich bin mittlerweile bereit, auch mal andere Produkte auszuprobieren.
Ich denke, daß Drakensang so ein Produkt ist, daß man ausprobieren kann. Ich will nicht in 20 Jahren immer noch D&D spielen und rumheulen, wie dämlich langweilig doch das alles ist, weil es immer dasselbe ist. Ich hätte gerne Vielfalt, was die Rollenspielsystem angeht. Und dann kann ich auch damit leben, daß Drakensang jetzt am Anfang nicht gleich wie Oblivion ist. Solange es ein paar Dinge anders macht wie Oblivion, reicht mir das vollkommen. Ich werde meinen Spaß haben, das kann ich nach dem bisherigen Wissensstand bereits abschätzen. Und in der Fortsetzung wird's dann noch besser. War bei Baldur's Gate auch so.