...wie hoch die Wellen hier wieder schlagen

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Ich finde es wirklich sehr beängstigend, wie wenig viele Zocker differenzieren können und das, obwohl nicht schwer zu verstehen ist, dass Spiele eben Spiele sind und nicht zwangsläufig etwas mit der Realität zu tun haben.
Deshalb möchte ich kurz meine Sichtweise erläutern, vielleicht gibt sie dem einen oder anderen einen Denkanstoß.
Zur Position der "Patrioten", die dieses Spiel geschmacklos finden:
Einige meiner Vorfahren haben auch in den beiden Weltkriegen gekämpft, einer meiner Familienangehörigen ist an der Ostfront gefallen. Er starb im Januar 1945 in der Slowakei, er war schon auf dem Rückzug nach Hause. Ich habe sogar seinen Gefallenenbrief hier. Ich weiß nicht, ob er an Massenerschießungen teilgenommen hat, ob er Todesmärsche von Deportierten begleitet hat und ich möchte es auch gar nicht wissen. Es war eine schlimme Zeit damals und über die organisierte Massentötung im 3. Reich brauchen wir nicht diskutieren. Unmenschlicher, verblendeter und gefühlloser geht es nicht mehr. Da hilft es auch nichts, zu sagen: "Aber es war ja nicht jeder ein Nazi, viele wussten nichts davon, man hatte doch gar keine Wahl, blablabla." - Nach jahrelanger Indoktrination im siegesgewissen Taumel, auf einer Aufbruchsstimmung mitschwimmend in den Krieg zu ziehen ist eine Sache. Diese jungen Soldaten wussten vielleicht nicht alle, was ihnen blüht und dass ihr Land etwas furchtbar Falsches tat. Insofern kann man dieser Position einschränkend zustimmen.
Aber es ist eben eine ganz andere Sache, Zivilisten mutwillig zu erschießen oder sogar zu quälen und systematisch Leben zu vernichten.
Und das haben die Nazis nunmal gemacht. Also kann man sagen: Die Nazis haben unvorstellbare Verbrechen begangen. Und die Nazis waren Deutsche. Also haben die Amerikaner, als sie (viel zu spät) in den Krieg eingriffen, etwas Gutes getan, als sie dem ein Ende machten. Das heißt nicht, dass jeder Wehrmachtssoldat ein Monster war. Aber wollen wir hier über Schuld und Sühne jedes Einzelnen zu Gericht sitzen? Und wollen wir, nur weil einige Soldaten in den Krieg mussten, obwohl sie nicht wollten, und nicht an Kriegsverbrechen teilgenommen haben, wollen wir deswegen gleich die Nazis schönreden ? Ich denke nicht.
Fakt ist doch, Krieg empfinden wir als etwas sehr Schlimmes, denn es sterben Menschen für Ideologien oder Politik, obwohl sie vielleicht nur zu Hause bleiben und ihr Leben leben wollen. Ob der Krieg dem menschlichen Wesen nun inhärent ist, ist diskussionswürdig und diese Frage würde wohl auch den Rahmen sprengen, allerdings gehört der Krieg - historisch gesehen - zur Menschheit dazu. Daher ist es nur folgerichtig, dass die Beschäftigung mit dem Krieg ebenfalls zur Menschheit dazu gehört.
Nicht jeder Soldat war also ein Monster, viele haben sich in einem aufgezwungenen Krieg heldenhaft benommen und sich an ihre Kameradschaft geklammert, manche haben sich sogar kurzzeitig dem Krieg verweigert (man denke an den Weihnachtsfrieden von 1914) und es gab sogar einen Untergrund, der die Nazi-Herrschaft beenden wollte.
Aber "entehren" wir jetzt deswegen ihr Andenken, weil wir auf humoristische Weise mit einem ernsten Thema umgehen? Zeigen wir nicht so auch, dass wir uns endlich davon distanzieren konnten? Zeigen witzige Spiele oder Filme für den 2. Weltkrieg nicht, dass das Leben weitergegangen ist und auch die übrigen Nationen diese Zeit verarbeiten und verarbeitet haben?
Ich glaube, mein Angehöriger, der Wehrmachtssoldat war, hatte mit den virtuellen Soldaten aus irgendeinem Spiel nichts zu tun. Und wenn er heute geboren wäre, würde er Computer zocken und Nazis abknallen, so einfach ist das.
Ich bin übrigens ebenfalls Geschichtsstudent. Und ich lebe auch gerne in Deutschland, ich mag deutsches Bier, das Sauerland und Ostwestfalen, dicke Bohnen mit Mettwurst und deutsche Autos. Ich mag aber auch schottisches Ale und die Toskana und ich finde den Trailer zu Furious 4 trotzdem spaßig

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Um es mit Ruhrpott-Slang zu sagen: Wer dat Spiel nich vonne Realität unterscheiden kann und meint, unsere Vorfahren werden dadurch schlecht gemacht, der hat ein an Kopp!