flopsy hat geschrieben: ↑19.06.2021 08:41
Na ja, wenn man hier immer wieder liest, dass die Leute nie im Leben und egal was passiert niemals einen Account beim Epic Store machen werden und die geschenkten Spiele dort beinahe als Verführungsversuche des Bösen ansehen, dann geht das alles doch schon gut in Richtung Hass.
Naja, es ist wohl ziemlich eindeutig ein "Verführungsversuch" - das streitet ja nichtmal Epic ab. Die geben die Kosten dafür sogar ganz offen als Werbungskosten an. Ob es jetzt der "des Bösen" ist, ist sicher eine subjektive Einschätzung.
(ich habe übrigens dank Unreal-Engine seit langer Zeit einen Epic-Account und will deren Spiele unter den aktuellen Bedingungen trotzdem nicht... weder die zu Kaufenden, noch die Kostenlosen)
Leon-x hat geschrieben: ↑19.06.2021 09:13
Ich versuch nur Logik dahinter zu verstehen warum eine Sache okay aber die Andere innerhalb einer Plattform (ohne Hardwarebindung) viel schlimmer erscheint.
Vielleicht übersehe ich was.
Du übersiehst das nicht, denn wir hatten das Thema ja nun schon ein paar Mal - du liest nur scheinbar ein bisschen um die Antworten drumherum.
Ich machs also nochmal gaaanz ausführlich - nicht nur, was deine Frage angeht, sondern auch meine allgemeine Kritik an Epic und warum das keineswegs so ein grundloses "Gehate" oder "Steam-Fanboyism" ist, wie hier im Thread mehrfach dargestellt.
(Achtung, das wird jetzt keine kleine Abhandlung - und eigentlich wollte ich mich aus diesen Epic-Debatten mittlerweile wirklich raushalten... aber hey, so hab ich wenigstens ein Beitrag zur zukünftigen Verlinkung
)
Es ist und bleibt der Unterschied: entscheide ich mich für eine komplett geschlossene Plattform, wie eben eine Videospielkonsole oder auch ein iPhone, dann ist bereits vorher, bevor ich nur einen Cent da rein investiert habe, völlig klar, dass meine Nutzungsmöglichkeiten und sämtliche Distributionswege auf diese Plattform vom Betreiber vorgegeben werden. Das kann man mögen, einfach weil man sich in diesem "walled garden" wohl fühlt (etwa wegen einer guten Qualitätskontrolle, aus Support-Gründen, Sicherheit bei der Zahlung, Datenschutz, weiterreichende Garantie... whatever...) oder weil man die exklusiven Vorteile die daraus entstehen - wie eben die exklusiven Games - ggf. mit Kloß im Hals - akzeptiert (so würde es mir gehen, wenn ich mir eine Konsole kaufen würde). Unbestreitbar - und eben DER Unterschied - bleibt aber, dass man vorher genau wusste, auf was man sich einlässt, was das Konzept hinter diesen Plattformen ist. Die Regeln, die sich nicht geändert haben, lagen vor der Entscheidung, vor dem Kauf, vor der Bindung klar auf dem Tisch. Ich persönlich fände sie einigermaßen blöd, aber solange alle die Spielregeln kennen, soll jeder mit seinem Geld machen dürfen, was er möchte.
Auf dem PC oder beispielsweise einem (AOSP-)Android-Smartphone hingegen trifft (bisher) nichts davon zu. Kaufst du dir einen PC, gehst du, völlig zurecht, davon aus, dass du damit machen kannst, was du willst. Es gibt keinen "Plattformbetreiber" - nein, auch nicht Microsoft, es gibt niemanden, der dich daran hindert bzw. praktisch daran hindern kann, für deine Software den besten Preis zu suchen, sie von diversen Quellen zu beziehen, Werbeblocker zu installieren, Adult-Inhalte zu installieren, deine Hardware außerhalb der Spezifikationen zu betreiben, deine Hardware, dein OS, deine Anwendungen oder deine Spiele in einem vom Hersteller nicht vorgesehenem Rahmen zu modifizieren. Du stehst halt, im Gegensatz zur Sicherheit des walled garden, alleine da, wenn du es vermasselst - aber du kannst es tun und niemand kann dich daran hindern.
Mit den Vor- und Nachteilen dieser Offenheit geht eben auch eine gewisse Wahlfreiheit einher und hier wird es - auch ganz ohne Epic, dazu kommen wir gleich - etwas schwieriger und sicher auch subjektiver. Denn natürlich hätte ich ganz persönlich sehr gern die Option, all meine Titel dort zu kaufen, wo ich sie halt, den Umständen entsprechend, am liebsten kaufen würde. So hätte ich am liebsten all meine Singleplayer-Games aufgrund der einfachen Archivierung dank fehlendem DRM auf GoG, ich hätte alle meine Multiplayer-Games aufgrund des Feature-Reichtums und der hohen potenziellen Mitspielerzahl gern auf Steam. Würden sich meine Umstände ändern, weil ich beispielsweise komplett auf Linux umsteige oder meine Games innerhalb meiner Wohnung streamen will oder muss, wäre hingegen Steam dank Proton und Game-Streaming die konsequente Wahl. Nun hab ich diese Wahlfreiheit praktisch trotzdem nicht... weil Steam zuerst da war, weil Steam "zu groß" ist. Und ich stimme jedem einzelnen Steam-Kritiker inkl. Epic/Sweeney zu, wenn sie sagen: gegen diese starke Marktstellung, vielleicht sogar marktbeherrschende Stellung (nicht Monopol...) sollte langsam mal etwas getan werden. Denn während Steam diese Stellung ja gar nicht wirklich aktiv forciert hat (indem es beispielsweise Geld für Exklusiv-Deals gezahlt hat) hat sich natürlich über Jahrzehnte hinweg das "wir veröffentlichen bei Steam, haben dort die meisten Nutzer und den geringsten Aufwand - der Rest ist uns egal" in den Publisher-Köpfen durchgesetzt und das kann nur dann aufgeweicht werden, wenn jemand den Markt durchrüttelt, der auch die finanzielle Power im Rücken hat. Aus wirtschaftlicher Sicht kann ich den Publishern ja ihr bisheriges Verhalten nicht einmal übel nehmen... jeder soll seine Produkte da verkaufen können, wo es für ihn Sinn macht (weshalb es mich auch nicht so wirklich stört, dass es EA-Titel eben lange Zeit nur bei Origin gab, Ubi-Titel bei uPlay, Blizzard-Titel im Battle.net), aber aus Gamer-Kunden-Sicht ist es natürlich schade - auch schon lange vor dem EGS - das ich nicht frei wählen darf und mich so ggf. mit technisch, funktionell oder auch manchmal tatsächlich in Bezug auf Kundensupport mit qualitativ schlechteren Plattformen rumärgern muss. Ich will also, im Kern, die Offenheit, die Freiheit, die Wahloptionen, die ich in Bezug auf alles andere auf meiner Plattform habe, auch bei der Spieldistribution.
Und (Achtung: Auftritt Epic) bei der Ankündigung des Epic Games Store dachte ich tatsächlich, naiv wie ich war, Epic würde das auch wollen. Würde wollen, dass der Markt dynamischer wird, dass die Wahlfreiheit ein wenig zurück kommt, wollte mit reichlich Geld im Rücken den ziemlich festgefahrenen Markt aufweichen, eine wirkliche Konkurrenz darstellen. Nur... hat man seine finanziellen Mittel eben nicht primär dafür genutzt, um in direkte Konkurrenz zu treten, sondern einem direkten Konkurrenzkampf komplett aus dem Weg zu gehen, indem man einfach ein eigenes Sortiment geschafft hat - die Exklusivtitel. Logisch, wenn ich andere dafür bezahle, dass es ihre Produkte nur bei mir gibt, trete ich nicht in einen direkten Kampf um Kunden mit irgendwem. Ich muss mich nicht um die Qualität oder die Funktionen meiner Plattform scheren (und: diese Denkweise sieht man dem EGS in der Tat an), ich muss mir nichts einfallen lassen, damit Kunden bei mir kaufen wollen - sie müssen halt sowieso, wenn sie dieses Produkt eben haben wollen. Man hat also... und damit bekommen wir den Bogen zum Einstieg - einen Walled-Garden auf einer eigentlich offenen Plattform geschaffen. Etwas, dass beispielsweise Microsoft auch schon das ein oder andere Mal versucht hat und damit jedesmal glücklicherweise gescheitert ist. Während man MS aber bei diesen Versuchen eigentlich immer mit lauter Kritik entgegen getreten ist, ist das bei Epic für viele irgendwie völlig egal, weil Steam ja böse ist und überhaupt. Dabei wird weder einbezogen, mit welchen Mitteln Epic sich hier - im Gegensatz zu Steam - daran versucht Marktanteile zu gewinnen, noch findet das völlig widersprüchliche Verhalten von Epic irgendeine Beachtung. Denn man darf eins nicht vergessen... der walled garden, den sie auf iOS (meiner Meinung nach zu Unrecht) wegklagen wollen unterscheidet sich im wirtschaftlichen Kern nur sehr unwesentlich von dem, den sie - natürlich im viel kleinerem Rahmen - versuchen auf dem PC zu errichten. Hier versuchen sie eben die Regeln nachträglich zu ändern, die auf Konsolen und anderen geschlossenen Ökosystemen von Anbeginn bestehen - und das stößt halt auf Widerstand. Deshalb ist das auch nicht wirklich vergleichbar. Und natürlich... Epic möchte halt nicht langsam mit dem Vorschlaghammer sondern schnell mit der Abrissbirne auf den Markt und da muss man etwas tiefer in die Trickkiste greifen. Sieht man ja auch an dem 12%-Cut, der sich ja jetzt vor Gericht als nicht so wirklich tragfähig erwiesen hat und letztlich ebenfalls nur Werbungskosten - eben für die andere Seite - sind. Aber wenn ich selbst davon nur Nachteile habe, gibts jetzt auch nicht wirklich einen Grund, warum ich als Kunde dann solche Methoden gutheißen muss oder sollte. Zumal Epic ja durchaus über die Mittel verfügt auch auf andere Weise Leute in ihren Laden zu bringen... die "10 EUR Gutschein"-Aktionen kamen beispielsweise meiner Wahrnehmung nach immer super an und mit Fortnite hat man eben nicht nur eine riesige Geldquelle, sondern auch eine riesige Cross-Promotion-Werbefläche.
Und so kommt es zu der bizarren Situation, dass ich zwar Epics Grundansinnen total unterstütze - nämlich eine Alternative zu Steam zu schaffen, die den Markt aufbricht - ihre Methoden aber so bedenklich und schädlich finde, dass ich es dann doch deutlich vorziehen würde, wenn einfach alles so bliebe, wie es war. Und selbst wenn man mal diese eher subjektiven ideologischen/moralischen Aspekte auslässt, bleibt halt immernoch ein Store, der mir im Vergleich zur Konkurrenz nur Nachteile und keine Vorteile in Bezug auf Service, Funktionalität oder in diesem Fall sogar Datensicherheit bietet - und mir ist ehrlich gesagt nicht klar, wie man Steam aus welchen Gründen auch immer, derart verachten kann, dass man sich bei all diesen Dingen denkt "ach, egal, der Zweck heiligt die Mittel... Hauptsache Gaben verliert Geld". Das ist ein bisschen, wie sich selbst die Hand abzuhacken, weil einem der genutze Nagellack nicht mehr gefällt. Es bleibt ein Store, der zumindest mit seinem aktuellen Marktverhalten auch die Landschaft der Spieledistribution nicht wirklich verändert oder verändern will, weil er einfach in erster Linie sein eigenes abgeschottetes Süppchen kocht und sich von der Konkurrenz eher isoliert, als sie herausfordert. Epic verkauft ja, wie man an den Leaks der Gerichtsverhandlung gesehen hat, eigentlich nur genau diese Exklusiv-Titel. Wem soll das helfen? Welchen positiven Einfluss soll das haben? Ja, ich weiß, dass diese "Geldquelle" nun einige Publisher zu PC-Prts anregt, die wir sonst vielleicht nicht bekommen hätten, weil man unser Geld bisher offenbar nicht wollte oder brauchte (und laut einigen Beiträgen in diesem Thread sollten wir PC-User allein schon deshalb auf die Knie gehen und dankbar für die Knochen sein, die man uns dann oft Jahre später irgendwie hinwirft...), aber ich meine... abseits davon... so langfristig... ein Einfluss, der eben den ganzen Markt positiv verändert... öffnet? Einfach keinen. Keiner will dort Produkte kaufen, deshalb verkaufen sich nur die Dinge, die es woanders nicht gibt. Epic will Geld verdienen, also wird es vermehrt dafür sorgen, dass es Produkte woanders nicht gibt. Die erhoffte "Alternative" erweist uns allen also, zumindest mit ihrer aktuellen Marktausrichtung, einen Bärendienst.
Es ist doch völlig okay, wenn jemanden das drumherum nicht interessiert, er einfach nur ein Spiel kaufen will und ihm völlig egal ist wo... da sagt keiner was gegen. Aber einerseits dieser nicht wirklich passende Vergleich mit Konsolen und dieses "hey, wenn wir hier drüben bei Nintendo/MS/Sony im Konsolenlager damit zurecht kommen, müsst ihr das halt auch" und andererseits dieses "hey, ihr hated doch nur Epic, weil ihr verblendete Steam-Fanboys seid" muss halt einfach nicht wirklich sein. Weils einfach auch nicht so ganz passt.
Kajetan hat geschrieben: ↑19.06.2021 13:25
Richtig. Man ist faul und schlampig. Man denkt nicht über das nach, was man von sich gibt. Irgendwas nachplappern reicht, weil es doch jeder tut, nicht?
Ja, ich hatte ähnliches schon für die weiter vorn verwendete, mal wieder völlig falsche Verwendung des Begriffs "Monopol" kritisiert - das fiel aber wegen einer anderen Anmerkung im gleichen Beitrag (wohl zurecht) der "Aufräum-Schere" zum Opfer. Ich finde es ein wenig seltsam und auch ein wenig traurig, sich damit rauszureden, dass wir "hier ja nicht vor Gericht sind", wenn man einen rechtlichen Begriff nutzt, sogar im grundsätzlich richtigen Rechtsbereich, aber ihm einfach dann eine völlig neue Definition zuschreiben will, weil man hier ja "nur in einer Forumsdiskussion ist". Damit würde, wenn man das bei allen Forenthemen so machen würde, man einfach hier über nichts mehr wirklich reden können, weil jeder einfach seine eigene Definition auspackt und als Diskussionsbasis nutzt.