11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

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4P|BOT2
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11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von 4P|BOT2 »

Im vierten und letzten Teil der Interview-Reihe mit Pawel Miechowski (Partnerships Manager) von den 11 bit studios geht es um die unterschiedliche Entwicklung von Deutschland und Polen als Standort für Spiele-Entwickler. Laut Miechowski setzten viele Entwickler aus Deutschland zu stark auf den Mobile-Markt und Browsergames.4Players: In Polen gibt es mittlerweile viele große und teilweise auch sehr...

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Kajetan
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von Kajetan »

"Das organische Wachstum könnte der Schlüssel sein."

Ja, das könnte der Hauptgrund sein.

Man merkt an seinen Antworten übrigens schön, dass sich Miechowski sehr gut mit der Branchensituation in Deutschland auskennt. Denn es war dort wirklich so im Laufe der letzten 10-15 Jahre.

Firmen wie Bigpoint oder Gameforge sind mit irren Summen überschüttet worden, weil die Investoren sich hier immense Wachstumsraten versprochen haben. Diese Firmen haben dann alles an Arbeitskraft aufgesaugt, was auf dem Markt verfügbar war. Aber wie alle Booms, so ging auch dieser zu Ende und als die Blase geplatzt ist, mussten besgte Unternehmen haufenweise Stellen abbauen. Beide existieren immer noch, backen aber sehr viel kleinere Brötchen und beschäftigen in Deutschland zunehmend junge, gut ausgebildete Leute aus Südeuropa, die mangels dortiger Alternativen zähneknirschend die teilweise nur noch kümmerlich zu nennenden Gehälter akzeptieren, mit denen die Geschäftsführungen versuchen ihre Gewinnspanne hochzuhalten.

Deutsche Videospielentwickler ... sind entweder in andere Branchen abgewandert, arbeitslos oder versuchen ihr Glück bei den wenigen Firmen, die sich NICHT im Mobile/Browser-Bereich tummeln. Aber organisch gewachsen ist an der deutschen Szene nichts mehr. Da hat der Mobile-Boom für viel Verwerfungen gesorgt, wurde viel und über jede Nachhaltigkeit hinaus künstlich aufgebläht, weil sich einige Investoren das ganz große Geschäft erhofft haben und es auf Kosten aller anderen auch durchgezogen haben.

Auch mit ein Grund, warum ich beim Thema Börse einen dicken Hals bekomme und der Blutdruck steigt ...
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Jörg Luibl
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von Jörg Luibl »

Hinzu kommt der "Vorbildcharakter" von CD Projekt RED, die mit einer kreativen Vision und professioneller Strategie in einem sehr prestigeträchtigen Genre erfolgreich waren - plötzlich gab es ein "BioWare aus Polen". Das hat viele junge Spieldesigner inspiriert und zu Gründungen neuer Teams geführt. Wir werden spätestens zum Start von Cyberpunk 2077 mal die wichtigsten polnischen Studios in einem Special vorstellen.
Cheraa
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von Cheraa »

Vor guten 8 Jahren war der Mobile Boom wirklich extrem hoch. Die Existenzgrundlage der Konsolen wurde in Frage gestellt, denn ein Smartphone war ja nahezu so potent wie eine PS360 aber der potentielle Markt ja um Hunterte Millionen Kunden schwerer. Anno 2020 ist von diesem Hype nichts mehr vorhanden.

Zum zocken sind Konsolen da, Liebhaber haben Ihren Gaming PC und die Hausmütter ihr seit 8 Jahren laufendes Candy Crash.
johndoe711686
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von johndoe711686 »

4P|T@xtchef hat geschrieben: 17.08.2020 15:52 Hinzu kommt der "Vorbildcharakter" von CD Projekt RED, die mit einer kreativen Vision und professioneller Strategie in einem sehr prestigeträchtigen Genre erfolgreich waren - plötzlich gab es ein "BioWare aus Polen". Das hat viele junge Spieldesigner inspiriert und zu Gründungen neuer Teams geführt. Wir werden spätestens zum Start von Cyberpunk 2077 mal die wichtigsten polnischen Studios in einem Special vorstellen.
Warum hat es das dann nicht bei PB und Gothic 2 gegeben? Da dürften die Vorzeichen ja ähnlich gewesen sein. Das Bioware aus Polen, waren sie ja nicht von Anfang an. Im Gegenteil, Witcher 1 war ja eher was für "Liebhaber". Vielleicht weil die Zeit eine andere war bei G2. Oder weil PB sich, im Gegensatz zu CDPR, am großen Prestigeprojekt Gothic 3 dann verhoben hat.

Ich bin gespannt, wie CDP jetzt mit einem ganz anderen Setting und ohne den starken roten Faden der Vorlage Hexer von Riva mit CP2077 abliefern.
Zuletzt geändert von johndoe711686 am 17.08.2020 16:00, insgesamt 2-mal geändert.
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Kajetan
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von Kajetan »

4P|T@xtchef hat geschrieben: 17.08.2020 15:52 Hinzu kommt der "Vorbildcharakter" von CD Projekt RED, die mit einer kreativen Vision und professioneller Strategie in einem sehr prestigeträchtigen Genre erfolgreich waren - plötzlich gab es ein "BioWare aus Polen". Das hat viele junge Spieldesigner inspiriert und zu Gründungen neuer Teams geführt. Wir werden spätestens zum Start von Cyberpunk 2077 mal die wichtigsten polnischen Studios in einem Special vorstellen.
Man sollte da in erster Linie People Can Fly erwähnen, die vor allem im erweiterten Shooter/Action-Genre ein Inkubator für ne ganze Reihe anderer Studios waren.
johndoe1732438
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von johndoe1732438 »

Das Durchschnittsgehalt für Spieleentwickler in Deutschland liegt bei 3580€/monatlich

Durchschnittslohn (über alle Berufe hinweg) in Deutschland sind bisschen über 3000€/monatlich.
Durchschnittslohn (über alle Berufe hinweg) in Polen sind bei 824€/monatlich.

Selbst wenn du das 3x von dem Durschnittslohn aus Polen in Polen kriegst, verdienst du immer noch weniger als in Deutschland aber gut für polnische Verhältnise.
Ich habe direkt nach der Uni in einem "Start-Up" gearbeitet und schon 3333€/monatlich verdient (als Software-Entwickler). Die Gehälter in Deutschland sind somit ein Witz...
Cheraa
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von Cheraa »

CD ProjectRED scheint ja um 2008/2009 rum finanziell sehr schlecht gestanden zu haben. Letztlich hat sie die Fortsetzung gerettet welche sich auf PC und 360 gut verkauft hat.

The Witcher 3 war dann der große Durchbruch, auch Dank der Konsolen, wo in Summe die meisten Einheiten verkauft wurden.

PC: ~12 million
PS4: ~ 10.8 million
Xbox One: ~ 4.3 million
Nintendo Switch: ~ 700,000
Total: ~28.3 million
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Kajetan
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von Kajetan »

Ryan2k6 hat geschrieben: 17.08.2020 15:58 Warum hat es das dann nicht bei PB und Gothic 2 gegeben? Da dürften die Vorzeichen ja ähnlich gewesen sein.
Das Potential war auf jeden Fall da.

Aber PB fehlte eine professionelle Strategie. Das war immer nur das Durchwurschteln von einem Projekt zum nächsten. Dieser unbedingte Willen jetzt etwas auf die eigenen Füße zu stellen, fehlte bei PB. War ja auch nie nötig. Es gab immer einen Publisher, der das nächste Projekt finanziert hat. Und der dann Schuld war, wenn die Sache in die Hose ging :)

Bei PB bestand nie der Zwang die eigene Komfortzone zu verlassen. CDP musste (!) in die Vollen gehen, natürlich mit dem Risiko, dass alles auseinanderfällt. Aber ohne Risiko passiert halt auch nix ...
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Solon25
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von Solon25 »

Die Interview Reihe hat mir gut gefallen, gerne mehr davon (aber nicht in pur abdriften lassen^^) :)
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v3to
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von v3to »

Serenity7 hat geschrieben: 17.08.2020 16:04 Das Durchschnittsgehalt für Spieleentwickler in Deutschland liegt bei 3580€/monatlich
Entwickler oder Programmierer und wurden bei den Zahlen Indie-Studios berücksichtigt? Soweit ich das aus dem Freundeskreis mitbekommen habe, hinken die Gehälter für die kreativen Bereiche deutlich hinterher. Wenn auch wohl nicht mehr in dem Ausmaß, wie vor 10 Jahren, wo Studios etwa auf Einzelhandels-Niveau bezahlten.
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SethSteiner
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von SethSteiner »

"Laut Miechowski setzten viele Entwickler aus Deutschland zu stark auf den Mobile-Markt und Browsergames."

Sags ja immer wieder. Gerade bei Mobile, das ist einfach keine eierlegende Wollmilchsau, es gibt keine Garantien und man ist vermutlich besser auf dem normalen Videospielmarkt beraten als dem hochumkämpften Gacha-Clash of Kings-Klonmarkt. Wobei die letzte News zum Thema Entwicklung in Deutschland mit dem Problem der Finanzierung da natürlich irgendwo im Weg steht.
johndoe1732438
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von johndoe1732438 »

v3to hat geschrieben: 17.08.2020 16:18
Serenity7 hat geschrieben: 17.08.2020 16:04 Das Durchschnittsgehalt für Spieleentwickler in Deutschland liegt bei 3580€/monatlich
Entwickler oder Programmierer und wurden bei den Zahlen Indie-Studios berücksichtigt? Soweit ich das aus dem Freundeskreis mitbekommen habe, hinken die Gehälter für die kreativen Bereiche deutlich hinterher. Wenn auch wohl nicht mehr in dem Ausmaß, wie vor 10 Jahren, wo Studios etwa auf Einzelhandels-Niveau bezahlten.
2min gegoogelt. Ich habe als Softwareentwickler direkt nach der Uni (nicht Spieleentwicklung) 3333-4000€ verdient bis ich ins Management gewechselt bin (und da ging es steil bergauf).
Wie schätzt du das Gehalt? Ich kenne keine Spieleentwickler, aber die meisten deutschen Studios sind meines Wissens pleite.
Es würde mich brennend interessieren, wie viel die Kollegen von "Bluebyte" und "Sun Flowers", die zu Ubisoft gehören verdienen. Auch würde es mich interessieren, wie viel die Entwickler bei Rockfish bekommen, die Everspace entwicklet haben und nun an den (unfangreicheren) Nachfolger dran sind.
johndoe1732438
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von johndoe1732438 »

SethSteiner hat geschrieben: 17.08.2020 16:24 "Laut Miechowski setzten viele Entwickler aus Deutschland zu stark auf den Mobile-Markt und Browsergames."

Sags ja immer wieder. Gerade bei Mobile, das ist einfach keine eierlegende Wollmilchsau, es gibt keine Garantien und man ist vermutlich besser auf dem normalen Videospielmarkt beraten als dem hochumkämpften Gacha-Clash of Kings-Klonmarkt. Wobei die letzte News zum Thema Entwicklung in Deutschland mit dem Problem der Finanzierung da natürlich irgendwo im Weg steht.
Der Markt für Mobile Markt ist aber größer als der echte Gamingmarkt, weil jeder "Depp" ein Smartphone hat und die Möglichkeit hat, zu spielen.
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SethSteiner
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Re: 11 bit studios - Interview, Teil 4: Warum deutsche Entwickler auf das falsche Pferd gesetzt haben

Beitrag von SethSteiner »

Serenity7 hat geschrieben: 17.08.2020 16:27 Der Markt für Mobile Markt ist aber größer als der echte Gamingmarkt, weil jeder "Depp" ein Smartphone hat und die Möglichkeit hat, zu spielen.
Stimmt aber ein großer Markt bedeutet nicht, dass man dort auch etwas umsetzt. Beispiel aus dem Film-Business. Man sollte annehmen, Star Wars auf dem chinesischen Markt spielt tonnenweise Geld in die Kassen. Stattdessen war das was von dort kam ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ein paar Millionen Dollar sind zwar nett, keine Frage aber wenn die Einnahmen so, 1, 2 Prozent ausmachen eher traurig. Vor allem wenn weit kleinere Märkte beim doppelten landen. Der Mobilemarkt ist riesig aber erst mal muss man Aufmerksamkeit bekommen und das allein ist schon schwer, dann müssen die potentiellen Konsumenten die App auch installieren wollen, dann müssen sie bei dieser App auch hängen bleiben und dann noch genug Geld ausgeben. Das sind alles sehr große Filter. Auf dem normalen Videospielmarkt mag man bestimmte Spiele sehr lange spielen aber viele andere haben ein Anfang und ein Ende, wodurch man immer wieder neue Spiele kauft. Spielt man ein Mobile Game, fordert das einzelne Spiel aber schon ordentlich Aufmerksamkeit. In den letzten circa 6, 7 Jahren habe ich genau 4 Titel auf meinem Handy gehabt. Davon hat 1 Titel irgendwas wie 3 Euro bekommen (Quizduell Premium) und ein 2. Spiel (Azur Lane) mehr sowas bei 20. In derselben Zeit habe ich sicher hunderte Spiele für PC/Konsole/Handheld gesammelt, davon ein guter Anteil im Bereich 40 Euro. Auf diesem Markt haben von mir zumindest bedeutend mehr Firmen profitiert.