Plor hat geschrieben:Ich finde es durchaus legitim, auch kritische oder satirische Genres darauf abzuklopfen, inwiefern sie trotz ihres kritischen Ansatzes Klischees kolportieren.
Absolut. In der allgegenwärtigen, mittlerweile (sagen wir seit Tarantino) mainstreamfähigen Zitateseligkeit wird gerne mal genau jenes als postmoderne Brechung missverstanden, was sich von der vermeintlich karikierten Exploitation tatsächlich überhaupt nicht unterscheidet. Viele bloße Genrewerke (von der Fantasy-"Parodie" über Zombietrash bis zum Torture-Porn) spekulieren nur noch auf das Triggern bestimmter "Höhöhö"-Momente beim Rezipienten. Ironisch lesen kann man fast alles, was aber zu oft eine reine Rezipientenleistung bleibt, während das Werk selbst allenfalls Schmalspur-Reflektion betreibt - wenn überhaupt. "Kritischer Ansatz" wäre da oftmals schon eine sehr gnädige Einschätzung. Und selbst wenn man gerade keine Lust hat, jeden noch so obskuren Grindhouse-Flick nach kulturkritisch fruchtbaren Aspekten abzuklopfen: Trash entschuldigt noch lange keine schlechte Unterhaltung, nur weil er sich selbst als Trash ausweist.
Bei Saving Private Ryan ist der Effekt ein ähnlicher, allerdings ungleich problematischerer, weil das Werk selbst ganz offensiv (man könnte auch sagen: heuchlerisch) eine gewisse Haltung für sich proklamiert, nämlich die des Antikriegsfilms, die weder auf Augenzwinkern noch Schenkelklopfen abzielt, sondern vielmehr bierernst genommen werden will. Im Gegensatz zu irgendeinem beliebigen kontemporären Blaxploitation-Abklatsch wird bei Saving Private Ryan ja ganz explizit ein kritischer Anspruch erhoben, an dem sich der Film dann halt auch messen lassen muss. Deshalb halte ich den Film ebenfalls für ein gutes Beispiel, Starship Troopers dagegen weniger, weil die Brechung da so eindeutig und auf so vielen Ebenen erfolgt, dass es schon durch's Megafon schreit. Auch GTA finde ich diesbezüglich tendenziell eher unproblematisch - klar, auch da kann man mit vollem Recht das eine oder andere kritisieren, aber dennoch ist ein GTA (meiner Erfahrung nach, ohne den Fünften jetzt gespielt zu haben) reflektierter als 90% der restlichen Spiele.
Was 300 angeht: Der Film und der Comic übten auf mich gerade deshalb eine gewisse Faszination aus, weil sie sich in Sphären bewegen, in denen die Luft langsam dünn wird. Das Zwiespältige an beiden ist, dass sie ihre hochproblematisch auslegbaren Inhalte gar nicht erst zu kaschieren versuchen, sondern die gruselig-verführerische Anziehungskraft faschistoider Ästhetik mit einer Konsequenz zelebrieren, die sie dazu geeignet macht, Beifall aus der falschen Ecke zu bekommen. Auf der einen Seite bin dann ich, der dann mit immer noch recht mulmigem Gefühl im Bauch sagt "Hui, das lässt wohl niemanden kalt - gute Leistung, die Herren Miller und Snyder". Auf der anderen Seite sind dann aber z.B. diese Identitären Idioten, die sich dort tatsächlich ihr beschissenes Lambda-Emblem abgeguckt haben.