Sir Richfield hat geschrieben:
Tja, streng genommen *IST* er Opfer der von dir hier erwähnten Schmarotzer und ich sehe ihn nicht heulen...
So, dann mache ich es mal ganz konkret.
Ich war bei der CDV Software Entertainment AG tätig (Sudden Strike, Blitzkrieg usw.). Dort fand dann eines Tages eine große Kündigungswelle statt, weil die Bank die Kreditlinie gestrichen hat und die Firma mehr oder minder zahlungsunfähig war.
Hätte ich mir damals das Leben einfach gemacht, hätte ich einfach auf die phösen Raubkopierer schimpfen können, wegen denen die Spiele nicht genug Umsatz gemacht haben. Doch da ich ja in der Firma tätig war, wusste ich auch um die strukturellen Probleme, die mit dafür verantwortlich waren, dass zuviel Geld nutzlos zum Fenster rausgeworfen wurde. Bezüglich Kopien war ein Großteil der Führungsriege und der Producer sehr entspannt. Nicht wenige hatten selber als Schüler und Student kopiert wie die Weltmeister. Aktuelle Spiele der Konkurrenz fanden ratzfatz ihren Weg in die Büros ... als frisch veröffentlichte und gleich gezogene Warezversion. Nicht offiziell natürlich, man hat es auch nicht an die große Glocke gehängt, aber es fand statt. Vom einfachen QA-Mitarbeiter bis hin zu Abteilungsleitern.
Dort habe ich dann gelernt, warum Firmen einen Kopierschutz einsetzen. Nicht, weil man allen Ernstes daran glaubt damit die Umsätze hochhalten zu können, sondern weil man als börsennotiertes Unternehmen im Rahmen des Geschäftsplanes dazu verpflichtet ist alles zu unternehmen, um potentielle Risiken abzumildern oder auszuschalten. Und was gibt es einfacheres als Starforce auf die DVD zu packen, um damit bei den Investoren Eindruck schinden zu können? Gut, natürlich gab es auch Mitarbeiter in leitenden Positionen, die felsenfest davon überzeugt waren, dass Schulhofkopien mitverantwortlich für schlechte Umsätze sind. Einen Beweis konnte aber niemand liefern, was durchaus verwundert, hatten diese Personen doch perfekten Einblick in die laufenden Geschäftszahlen. Einer wurde sogar richtig zornig, als ich ihn auf diese Beweislücke hinwies. Seine Reaktion kann man nur umschreiben mit: "KETZER!!!!"
Von daher ... nach allem, was ich über dieses Thema weiß, haben private Kopien, Schwarzkopien (im Gegensatz zu den tatsächlichen Raubkopien, die unter der Hand oder ganz offen auf Flohmärkten gegen Geld verkauft (!) werden) höchstwahrscheinlich keinen meßbaren Einfluß auf den Umsatz. Wer kein Geld zahlen will, der würde auch kein Geld zahlen, wenn es keine Kopien geben würde. Wenn es einen Einfluß (sowohl positiv als auch negativ) hat, dann geht das höchstwahrscheinlich im statistischen Rauschen unter.
Was bleibt? Es bleibt in meinen Augen nur die Moral übrig. Hat man grundsätzlich etwas gegen Kopien oder steht man der Sache eher desinteressiert gegenüber, weil es für das Wohlergehen von Entwicklern und Firmen keine meßbaren Auswirkungen hat? Weil dafür ganz andere Faktoren eine Rolle spielen? Das muss jeder für sich selber entscheiden. Wer nicht kopieren will, der kopiert nicht. Wer meint das tun zu müssen, der soll das tun. Und solange es keinen Beweis für die Schädlichkeit von Kopien gibt, die es notwendig machen entsprechende Gesetze zu verabschieden, lehne ich auch alle Gesetze ab, die auf der unbewiesenen Behauptung basieren, Kopien seien schädlich.