Obelus hat geschrieben:Erst, wenn eine entsprechende Bandbreite im durchschnittlichen Repertoire der Veröffentlichungen zu erkennen sein wird, kann sich das Spiel wirklich emanzipieren.
Wir haben diese Bandbreite. Wir können heute nicht mehr über Computerspiele reden, ohne die Indies dazuzurechnen, die mittlerweile ein ungeheuer wichtiges und in ihrer Gesamtheit auch kommerziell erfolgreiches Gegengewicht zu den AAA-Titeln bilden. Beides ergänzt sich ideal, und zusammen entsteht eine wirklich fantastische Auswahl, die schon jetzt sehr viele spielerische Interessen abdeckt. Wer sucht, der findet hier. Auch Anspruch.
Und wenn wir hier über "emanzipieren" sprechen, müssen wir Spiele auch als etwas Besonderes wahrnehmen und sie selbsbewusst so schätzen, wie sie sind. Freilich nicht kritiklos. Spiele müssen aber nicht dasselbe leisten wie (gute) Bücher und Filme. Gerade erzählerisch müssen sie das nicht, vielleicht kommen sie da eines Tages mal hin, wer weiß. In Ansätzen blitzt es ja jetzt schon auf. Filme haben sich nicht mit "lästigem" Gameplay rumzuschlagen und können sich voll auf die Story konzentrieren. Spiele haben dank der interaktiven Einbindung ganz andere Möglichkeiten, auch auf der Gameplayebene zu punkten, oder mit kunstvollem Leveldesign, oder mit packenden Aufgaben etc. pp. Ich warne deshalb immer davor, Spiele über dasselbe Brett zu bügeln wie Buch und Film (äh, also "warne" in Anführungszeichen

) . Spiele brauchen für mich nicht zwingend eine inhaltliche Tiefe wie Filme und Bücher, um ernstgenommen zu werden und erwachsen (whatever that means) zu sein. Und was die 50+ - Generation oder irgendwelche selbtsernannten Hochkulturprediger und Kunstexperten zu meinem kindischen Hobby sagen, geht mir ja sowas von am verlängerten Rückrad vorbei. Dass wir das Gefühl haben, wir hinken den etablierten Medien hinterher, liegt eben auch an unserer Wahrnehmung und an unseren übertriebenen Erwartungen, dass Spiele wie eine eierlegende Wollmilchsau alle Vorzüge von guten Filmen und Büchern (auf demselben inhaltlichen Niveau) bieten sollen, darüberhinaus aber noch spitzenmäßiges und flüssiges Gameplay und massig Interaktion. Und tolle Technik sowieso.
Natürlich ist gerade inhaltlich bei Spielen noch eine ganze Menge Luft nach oben - gar keine Frage, da bin ich voll bei dir! - , aber dieser Ruf nach Anerkennung und Augenhöhe mit den etablierten Kunstformen läuft imo ins Nirvana, wenn wir nicht die Eigenständigkeit des "Aktes des Spielens" gegenüber dem Lesen und dem Filmschauen berücksichtigen und Gleichmacherei mit Medien betreiben, die ganz andere Stärken und Schwächen haben - und vor allem ganz andere Bedürfnisse bedienen.