tamberlane hat geschrieben:Jim Panse hat geschrieben:...Es geht nicht darum ob wir die Realität so wahrnehmen wie sie ist oder nicht sondern darum, dass Wissenschaft absolut nichts mit Glauben zu tun hat.
Das kannst du empirisch nicht beweisen. Rein logisch ist es genauso absurd, an eine explodierte Singularität zu glauben, wie an transzendente Wesen, die unsere Umwelt für uns unsichtbar gestalten bzw. gestaltet haben.
BTT: mich würde interessieren, was passiert wäre, hätte das Spiel die Evolutionstheorie durch den Kakao gezogen.
Eben darum bin ich mit Dürr gekommen, da ich über die Ethnologie zur Wissenschaftstheorie gekommen bin.
1. Semester Ethonlogie: Wir nehmen die Welt durch eine "Brille" wahr, diese Brille wird uns seit unserer Geburt durch Familie und Gesellschaft aufgesetzt. Wir lernen das und akzeptieren das als einzig gültige Wahrheit. In dem Fall der westl. modernen Gesellschaft ist "das" in aller Regel ein stark wissenschaftlich geprägtes Weltbild. Wir selber haben das nie überprüft, können wir ja auch gar nicht. Es kam schon das Argument mit Erde eine Scheibe usw. - derjenige der so überzeugt davon ist, dass die Welt eine Kugel ist, die um die Sonne kreist usw. war ja auch bestimmt schon im Weltall um das zu überprüfen. Und selbst wenn er da war er hat nunmal die "Brille" auf die er seit der Kindheit gelernt hat zu ignorieren und seine Sicht der Dinge als die einzig richtige wahrnimmt (wahrnehmen muss). Die unbewußte Brille muss also durch eine bewußt aufgesetzte Brille ersetzt werden und das sind klare wissenschaftliche Regeln, wie man sich auf eine wissenschaftliche "Wahrheit" einigt. Es gibt keine objektive Wahrnehmung (also keine "Brille") der Mensch muss alles in einen Kontext setzen und Maßstäbe anlegen um die Welt in einen Bezug zu sich selbst zu bringen.
Die magische Sichtweise vieler Völker, ebenso wie die Religion, ist ein funktionierendes Modell um mit der Welt umgehen zu können, das ist nur eine andere "Brille" durch die man sieht.
Es ist eurozentristisch und absolut überheblich zu behaupten die eigene Brille ist die bessere Brille, wobei es schon fast menschlich ist, nahezu jedes Volk nimmt sich selbst als die wahren Menschen wahr und sieht die eigenen Götter als die einzig wahren an. Und alleine schon die Tatsache, dass die Wissenschaft das auch gerne tun möchte stellt sie in die Ecke der Religionen - umso heftiger die Wissenschaft sich also dagegen wehrt Religion zu sein, umso eher ist sie dort anzusiedeln.
Selbst die Methodik niemals eine wissenschaftlich Wahrheit als wahr unzusehen, sondern immer nur als Theorie, bzw. Arbeitsgrundlage zu sehen ist Teil der wissenschaftlichen Brille - Es gibt keine Objektivität! An einige Dinge muss man einfach glauben (Kausalität von Ursache und Wirkung z.B.) damit das Modell funktioniert.
Ja die Wissenschaft ist ein gut funktionierendes Modell die Welt zu erklären und ja die Wissenschaft hat viele große Dinge hervorgebracht, die Religionen nicht hervorbringen können, aber eine Wertung darf man sich nicht erlauben, solange man die Welt mithilfe eines dieser Konstrukte interpretiert. Und da man nicht objektiv sein kann, also ohne Brille auf die Welt sehen kann (evtl. tun Authisten, wo es stark ausgeprägt ist genaus dies, wer weiß), kann man auch nicht beurteilen welches Erklärungsmodell das bessere, oder richtige ist.
SardoNumspa hat geschrieben:Schnell weitermachen. Die Diskussion ist jedenfalls hundert mal spannender als die News von der USK-Inquisition.
Zur Wissenschaft: Also den Nimbus der Objektivität, Neutralität und Gegenstandsangemessenheit als Gegenpol zur willkürlichen Ideologie der Religionen hat die Wissenschaft doch schon lange verloren. Das ist doch spätestens seit Foucault und Co ein alter Hut, oder? Spätestens seit den ideologischen Grabenkämpfen der späten 60er, die auch voll im Feld und im Namen der Wissenschaft ausgetragen wurden. Gilt natürlich für die Geisteswissenschaften in noch stärkerem Maße als für die Naturwissenschaften, ist klar. Trotzdem bin ich Fan der Wissenschaft, insb. weil natürlich die Prozessdokumentation, also der sicht- und nachprüfbare Weg zum Ziel, hier so großgeschrieben wird. Aber die klare Dichotomie Ideologie vs. Wissenschaft ist nicht aufrechtzuerhalten, im Gegenteil, Wissenschaft ist durchzogen von Ideologie (Lobbyismus, Forschungsinteressen, Geldströme, Selbstprofilierung etc). Dass ist nicht zu vermeiden, ist nicht schlimm, man sollte sich nur im Klaren darüber sein und es mit der Wissenschafts-Heiligsprechung incl. blindem Vertrauen nicht übertreiben.
Richtig, die Diskussion ist extrem spannend. Und der Grund dafür, dass ich mein Studium hingeschmissen habe war die mangelnde Freiheit in dem wissenschaftlichen Betrieb. Wenn ich hätte promovieren wollen, dann hätte ich die Theorien meines Doktorvaters beackern müssen und seine "Brille" aufsetzen müssen. Eine Freiheit der Forschung kann ich da nicht erkennen - wer seinem Doktorvater nicht in den A**** kriecht kann evtl. promovieren, aber Forschungsgelder, oder gar eine Stelle an einer Uni wird er nie bekommen und ernstgenommen werden selbst bezahlte Forschungen nicht.
mfg tyler