Kaum zu glauben, dass auch das dritte Video dieser fürchterlich schlechten, einseitigen, erbärmlich "recherchierten" und einfach rundum unterirdischen Videoreihe solch eine Diskussion vom Zaun bricht. Es handelt sich doch offensichtlich um nichts weiter, als Propaganda einer frustrierten Harcore Neo Feministin, die sich auch gerne mal die Fakten so zurecht biegt und verdreht, dass sie ihre Message unterstützen. Sowas wie Objektivität wird mann da nicht mal mit einem Elektronenmikroskop finden können. Aber vermutlich produziert sie genau das, was die Leute die ihr die ganze Kohle in den Allerwertesten gestopft haben, hören wollen. Von daher, mission accomplished. Nur sollte man meinen, dass diese ganze heiße Luft die aus ihrem Mund kommt dem Rest der Welt herzlich egal sein könnte...
PS: Indem ich hier kommentiere mach ich mich natürlich genauso "schuldig", diesem Unfug unverdiente Beachtung zu schenken. Aber ich habe beschlossen mich über den Unsinn den die Frau verzapft nur noch lustig zu machen und nicht mehr aufzuregen. Das schont den Blutdruck und versaut einem nicht den Tag.
PPS: Ich finde es überraschend, dass Jennifer Hale sich für das Video hergegeben hat. Femshep, was ist nur aus dir geworden !!!1elf :wink:
Spielkultur: Jungfrau in Nöten: Tropes vs. Women 3 verfügbar
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Re: Spielkultur: Jungfrau in Nöten: Tropes vs. Women 3 verfü
(zuerst einmal, ich habe jetzt nicht alle 74 Seiten der Diskussion gelesen, sodass mir nicht ganz klar ist, wie wir jetzt zu dieser Evolutions-Diskussion gekommen sind und was sie eigentlich bewirken soll... daher einfach mal meine Meinung zum Video:)
Ich hatte bisher eigentlich vermieden, mir die Videos anzuschauen. Die Diskussion darüber hatte ich zwar im Ansatz verfolgt, aber einerseits sagte ich mir, dass bereits zu erwarten sein würde, dass das eigentliche Endprodukt, die Videos nicht so tiefgründig sein würden wie es das Thema verdient. Nun bin ich allerdings schwach geworden und habe mir doch alle drei Videos hereingezogen, und im Nachhinein muss ich sagen: Es war besser als erwartet. Ich habe auch einige der Kritik-Videos angeschaut, und die darin vorgebrachten Punkte haben mich einfach nie wirklich überzeugt.
Dementsprechend möge man mir bitte verzeihen dass ich auf alle Videos statt nur das letzte eingehe.
Der erste Teil gefiel mir - entsprechend meiner niedrigen Erwartungen - sehr, sehr gut. Zwar war es mehr oder weniger nur eine Erklärung, die man zur Hälfte bereits heraus bekommen hätte, indem man zehn Minuten auf TV Tropes nachliest (gleiches gilt für "Women in Refrigerators" in Teil 2), und auch der Rest wurde bereits hinreichend behandelt, aber einfach nur als Zusammenfassung ohne wesentliche neue Erkenntnisse - ok. Kann ich akzeptieren. Eine gute Einleitung ins Thema. Den geschichtlichen Hintergrund mochte ich auch sehr, mir war beispielsweise die Verbindung von Mario/Jumpman vs. Donkeykong zu Popeye nicht bekannt, oder die Geschichte von Crystal von der Heldin ihres eigenen Spiels zur Damsel für Starfox. Auch teilweise sehr gute Beispiele, mir gefiel z.B. der Aspekt von Princess Zelda in männlicher Verkleidung und dass sie, sobald sie ihre femininen Eigenschaften zurückgewinnt, sofort wieder in ihre Rolle der Damsel in Distress gezwungen wird.
Der zweite Teil mit moderneren Titeln war immer noch gut, rein vom Informationsgehalt auch stärker als der erstere, einige Aspekte wurden allerdings wirklich etwas oberflächlich behandelt. Beispielsweise Ico - ich habe es selbst nicht gespielt, da ich schon immer reiner PC-Gamer bin, aber rein vom gehörten scheint es ja doch etwas differenzierter heran zu gehen. Aber wie gesagt, das kann ich selbst nicht bescheinigen. Bei Dishonored konnte ich auch nicht vollständig zustimmen, einerseits, da es eben keine klassische Helden, sondern eher Anti-Helden-Geschichte ist, andererseits, weil die Damsel in diesem Fall auch schon relativ früh im Spiel befreit wird.
In diesem Falle würde ich also sagen, ja, die Grundstruktur wurde genutzt, aber eben nicht so sehr ausgenutzt wie anderswo.
Oder Shadows of the Damned, dass ja in sich sehr satirisch angelegt ist - auch hier, selbst nicht gespielt - aber die gezeigten Szenen haben das schon ziemlich gut gezeigt.
Oder Hotline Miami, dass sich mit dem gesamten Thema von Heroismus in Videospielen auseinandersetzt.
Das bringt mich zu einem meiner Hauptkritikpunkte, es wurde sehr wenig differenziert und gesehen, in wie weit von der Formel abgewichen wurde und was dies wieder für eine Wirkung hat. Das wäre für mich persönlich einfach interessanter gewesen als diese Checkliste "Spiel x benutzt den Tropus, Spiel y benutzt den Tropus, ..."
Dafür war die Betrachtung der einzelnen Kombinationen und Methoden sehr gut, vor allem die Stelle über "Mercy Killings" - ich stimme nicht ganz zu, dass es hier um die reine Legitimierung von Gewalt geht, der Spieler soll definitiv Empathie empfinden und unter dem Moment leiden, das Problem liegt nur wieder darin, dass diese Entscheidung einerseits als richtig und heldenhaft dargestellt wird (die Frau dankt dem Protagonisten dafür, dass er sie tötet) und dass es wieder um die Emotionen des Spielers für diese Person statt um die Gefühle der Person an sich geht. (der Protagonist beraubt sich in Form der Tötung der objektifizierten Frau praktisch seines Eigentums)
Der dritte Teil gefiel mir nun am wenigsten, weil sich mehr oder weniger alle Probleme wieder auftaten:
- Die Bedeutsamkeit/das Auftreten der ganzen Sache - ich persönlich empfinde es ok, solange es in Klassikern und deren Hommagen auftritt. Niemand dürfte wirklich erwarten, dass Princess Peach plötzlich zum starken Charakter wird (wobei ich beispielsweise zustimme, dass ihr eigener Plattformer definitiv sexistisch war). Oder auch Titel wie Super Meat Boy. Das heißt nicht, dass man die Story deshalb nicht in Frage stellen darf, aber man kann glaube ich nicht hoffen, dass sich irgendetwas daran ändern wird. Wir werden keinen düsteren und erwachsenen Reboot der Mario-Franchise sehen. Und auch von einem Super Meat Boy erwarte ich dementsprechend nichts anderes. Oder von einem Fat Princess (ich sehe hier sogar eine Umkehr des Prinzips, da das eine Team seine Prinzessin entsprechend den kulturellen Erwartungen praktisch weniger attraktiv und damit weniger lohnenswert zu retten macht, mal ganz davon abgesehen, dass in einem Capture the Flag, in dem Prinzessinen die Flaggen sind doch schon ein satirischer Ansatz erkennbar ist, der eben auf genau dies anspielt)
Kritisch wird es eher, wenn angeblich erwachsene Spiele mit scheinbar tiefgründiger Handlung genau die selben Mechaniken nutzen wie zahllose Groschenromane zuvor. Man muss die Groschenromane nicht abschaffen, aber sollte dafür sorgen, dass ernsthaftere Werke sich nicht auf die selben billigen Aufhänger stützen.
Das führt aber zum generellen Problem mit der Kritik solcher Betrachtungen, die einer "erwachsenere" Herangehensweise ans Thema fordern: Die Spieler befürchten, dass man ihnen etwas von "ihrem" Medium wegnimmt und sehen nicht, dass es darum geht, etwas hinzuzufügen. Darum kann ich zu jedem Kritiker, der Punkte wie "Es muss in Spielen um Spaß gehen, und wenn wir tiefgründig werden, haben wir keinen Spaß mehr" oder "Das ist halt ein Bestandteil der Gaming-Kultur und den können wir nicht wegnehmen" oder "Die meisten Spieler sind männlich und wollen halt einfach keine starken Frauencharakter sehen" nur sagen: Darum geht es nicht. Es geht nicht darum, etwas wegzunehmen, es geht darum, etwas hinzuzufügen. (Mal ganz von den Definitionen von "Spaß" und "Genuss" ab zu sehen. Klar machen deprimierende Themen keinen "Spaß". Tragödien machen auch keinen Spaß und wir gehen trotzdem ins Theater. Und wenn wir "Spaß" nur dann haben können, wenn sexistische und rückständige Tropen in unseren Geschichten verwendet werden, läuft definitiv etwas falsch, egal wie man es dreht.)
- Die Sicht auf Parodien/Ironie. Ich stimme dem prinzipiellen Punkt zu, dass es nicht reicht auf den toten Fisch auf dem Fußboden zu zeigen und zu sagen, haha, ein toter Fisch, metaphorisch gesprochen. "Es ist Ironie" ist keine vernünftige Ausrede. Und auch ernsthafte Parodien können oft einen ganzen Rattenschwanz von Folgen hinter sich herziehen (wieder sehr gut illustriert an Eartworm Jim und Castle Crashers, deren Pointe eigentlich darin besteht, dass dem männlichen Protagonisten sein "wohlverdienter Lohn" weggenommen wird). Ich würde allerdings doch sagen, dass man solche Geschichten anders betrachten muss als die, in denen das Prinzip "straight" genutzt wird. (Hat eigentlich schon mal irgendjemand gemerkt, dass unser deutsches Vokabular für narrative Theorien weit weniger ausgereift und aussagekräftig ist als das englische?
) Stichwort beispielsweise wieder Shadows of the Damned. Und ich denke auch nicht, dass eine solche Parodie das Prinzip komplett umkehren muss um erfolgreich zu sein. Es reicht schon wenn alles scheinbar gespielt wird wie immer und der Spieler am Ende trotzdem dasitzt und sich denkt "ok, eigentlich war das gerade alles ziemlich lächerlich".
- Mir gefiel der Aspekt bezüglich männlicher Gender-Rollen nicht. Denn, so unglaublich das klingen mag, Feminismus handelt nicht nur von Frauen und dem Schubladendenken, dass sie erfahren.
Die "wenn man Männer in Opferrollen packt ist es nicht so schlimm, weil es gibt keine Tradition in deren Licht man das sehen muss". Das Problem ist genauso da, es hat nur eine andere Legitimierung. Die weibliche Damsel in Distress impliziert, dass Frauen prinzipiell das schwächere Geschlecht sind und diese Opferrolle für sie normal ist. Die männliche stellt eine Machtlosigkeits- bis hin zur Kastrationsfantasie dar. Wird ein Mann zum Opfer, so stellt das seine Männlichkeit infrage, er versagt in seiner Rolle als Mann. (Man siehe beispielsweise das Beispiel Spelunky: Doch, die männliche Damsel dort ist genauso schlimm wie die weibliche, weil sie gezielt verweiblicht/lächerlich gemacht werden muss, um als solche zu funktionieren. Damit wird mehr oder weniger auf die Angst vor/Belächelung von Männern, die Genderqueer sind, eingespielt.) Auch dass nicht darauf eingegangen wird, dass durch die Damsel in Distress der männliche Protagonist in diese Rolle des Retters gezwungen wird, mit all den sexistischen Aspekten die daran hängen.
- Die Zusammenlegung mit dem Prinzip der Familienrettung, in der die Mutter stirbt und das Kind entführt wird. Ich stimme zu, dass die Mutter als Damsel/Woman in a Fridge gelten kann. Beim Kind, weniger, da meiner Meinung nach einer der Hauptbestandteile des Damsel in Distress-Prinzips darin liegt, dass die Bindung des Spielers zur Entführten oft allein auf körperlicher Anziehung basiert. Das ist bei einem Kind nicht der Fall. Während auch hier das Problem eines Mädchens als schwach und wehrlos dargestellt auftreten kann, handelt es sich nicht um das selbe Preisdenken, wohl aber um das selbe Entmännlichungs-Denken.
Ein Spiel das meiner Meinung nach sehr gut mit dem "wehrlosen Mädchen" spielt ist die The Walking Dead-Reihe. Achtung, Spoiler:
- Mehr zum Charakter und typischen Eigenschaften der Frauen, die in diese Rollen gezwungen werden. Das eigentliche Problem ist ja nicht das Prinzip einer Frau, die gerettet werden muss, sondern was dieser Charakter bereits für Eigenschaften hat und welche ihm dadurch auferlegt werden.
Mehr dazu wenn ich auf einige der genannten Kritikpunkte eingehe.
- Der Alternativvorschlag am Ende des dritten Videos. Es kommt mir falsch vor zu sagen, dass sich das Problem löst, einfach nur indem man die scheinbare Damsel in die Heldin verwandelt. Das ist einfach nur eine normale Geschichte mit weiblicher Heldin auf die man eine - wenn man es genau betrachtet, überflüssige - Vorgeschichte draufpackt. Das löst das Problem nicht, das hinterfragt nichts, es umgeht es einfach nur. Da gefällt mir der Ansatz von Braid eher noch.
Oder Monkey Island, wobei dort die Ernsthaftigkeit der Situation fehlt (bzw. überhaupt nicht beabsichtigt ist, was also fehlt ist ein Spiel, das ernsthaft sein will und diese Umkehr der Verhältnisse benutzt).
Kritikpunkte/Gegenargumente, die ich in anderen Videos gehört habe und denen ich definitiv nicht zustimmen konnte:
- Das "Spieleentwickler machen es nicht mit Absicht. / Sie sind nicht von Natur aus Sexisten." Das ist richtig, und ich glaube mich sogar erinnern zu können, dass Anita Sarkeesian das sogar im ersten Video betont hat. Das ändert nichts daran, dass diese Prinzipien inhärent sexistisch sind. Und man kann nicht einfach sagen "ich bin kein Sexist, darum darf ich sexistische Methoden benutzen". Es geht nicht einmal darum, ob es Absicht ist oder ihnen überhaupt bewusst ist, was sie damit anstellen. Es geht nicht darum, die Leute als Sexisten und Misogynisten darzustellen und das wars dann. Es soll zum Nachdenken und Ändern angeregt werden.
- Das "Man kann das gleiche über die Rollen von Männern sagen." Eigentlich exakt mein Kritikpunkt, nur wird hier angehängt "aber das ist total sinnlos und keiner macht es, also sollen die Frauen sich mal nicht aufregen". Ich habe beispielsweise ein sehr schönes Kritikvideo gesehen, in dem der Kommentator meinte, er könnte die Szenen aus Dragons Lair in genau die andere Richtung interpretieren, dass Männer nur wertlose Kraftprotze sind, die selbst für die einfachsten Aufgaben die Unterstützung intelligenter Frauen brauchen und der Tod eines Mannes als normal, hinnehmbar bis hin zu komisch angesehen wird, der einer Frau jedoch nicht.
Und ja, richtig, das ist völlig korrekt. Damit hat der Kommentator eigentlich nur bestätigt, dass wir über solchen Sexismus in Videospielen reden müssen denn ja, es wirkt tatsächlich in zwei Richtungen.
(Eine genauere Analyse des Problemes des Todes von Männern in Spielen für alle, die mir in diesem Punkt widersprechen wollen:)
- Das "Die Damsel in Distress ist ein Ausdruck von Sorge von Seiten des Mannes, nicht von Objektifizierung." Jein. Es ist meiner Meinung nach korrekt, dass prinzipiell nichts gegen das Plot-device der entführten Frau einzuwenden ist - inwieweit mir Frau Sarkeesian da zustimmt, sei einmal dahingestellt. Das Problem ist, wie die Sache ausgeführt wird. Um kurz auf die wichtigsten Problempunkte einzugehen:
a) Die Bindung zur Damsel soll meist durch reine körperliche Attraktion gewonnen werden. Das Problem ist, dass wir überzeugt sein sollen, dass diese Person rettenswert ist, einfach nur weil sie uns optisch gefällt. Darunter fällt auch, dass wir sie nur deshalb retten sollen, weil sie eine Frau ist. Das entspringt der Tatsache, dass die Entführung der Damsel meist selbst die Exposition des Spieles darstellt, obwohl es eigentlich das stimulierende Moment sein sollte - kurz, wir bauen keine emotionale Bindung zu der Figur auf, wir retten sie nicht, weil wir für sie sorgen, sondern weil wir sie rein optisch als rettenswert sehen (und damit wieder objektifizieren, inklusive all der Aspekte Ent-Maskulinisierung, Preisdenken, etc.)
b) Die Damsel hat mitunter keine andere Eigenschaft als ihr permanentes Bedürfnis, gerettet zu werden. Das assoziiert sie, und damit Frauen generell, mit einer gewissen "Nervigkeit" und schlägt nur umso mehr in die "Frauen sind Ballast, den ein Mann ertragen muss (um männlich zu sein)"-Kerbe.
c) "Damseling" entmachtet eigentlich starke weibliche Charaktere auf eine Art und Weise, die kein männliches Äquivalent besitzt. Wie im zweiten Video dargelegt, wird die Befreiung des männlichen Protagonisten aus einer Gefangenschaft als Akt von Heroismus, gleichzeitig aber als Selbsverständlichkeit betrachtet. Die Damsel hingegen muss auf eben diesen Helden warten.
Ein Spiel, dass für mich persönlich sehr gut mit dem Prinzip der Damsel in Distress umgeht und diese Punkte größtenteils umschifft, ist The Witcher 2. (Achtung, Spoiler für so ziemlich die ganze Handlung.)
- Das "Feminismus ist scheiße blabla ich kenne sogar Frauen, die Feminismus nicht mögen blabla."-Argument. Seufz. Es widerstrebt mir, diesen Leuten/Frauen Dummheit vorzuwerfen, also erhoffe ich einfach, dass sie das falsche unter Feminismus verstehen. Ich will zunächst klar stellen, ja, ich bezeichne mich selbst als pro-feministisch. Ich würde mich als Feminist bezeichnen, wenn nicht ein gewisser Vorbehalt gegenüber Männern bestände, die sich so bezeichnen. Für mich heißt Feminismus: Unabhängig von (physischem) Geschlecht, Gender, sexueller Orientierung, Hautfarbe, körperlichen Vorteilen und Nachteilen, etc., sollte jeder erwachsene, geistig zurechnungsfähige Mensch für sich und in gegenseitigem Übereinkommen mit anderen mit diesen tun und lassen können was er will, und er sollte frei von Diskriminierung, Vorurteilen oder jeglichen benachteiligenden, lächerlich machenden oder marginalisierenden Darstellungen sein. Echter Feminismus bedeutet nicht, dass Frauen es besser haben sollen als Männer (Ich selbst bin beispielsweise auch gegen die Frauenquote, einfach weil sie nur eine andere Form von Diskriminierung ist. Sie a) wird alle Frauen in Führungspositionen immer ins Licht stellen, sie wären "Quotenfrauen" b) impliziert dass Frauen nur so in Führungspositionen kommen können, also wieder irgendwie unterlegen sind und c) bekämpft nicht die eigentlichen Ursachen. Es stimmt beispielsweise, dass Männer eher bereit sind, ihr Famlienleben für die Karriere zu opfern. Der Punkt ist nur, wenn ein Mann sein Familienleben für die Karriere opfert, heißt das lediglich, dass er weniger Zeit für sie hat und schlimmstenfalls noch zusätzliche Belastung auf seine Frau umlagert. Eine Frau, die ihre Familienleben für die Karriere opfert hingegen muss sich meist damit abfinden, ÜBERHAUPT KEINE Kinder zu haben. Und dieses Problem wird nicht plötzlich von der Frauenquote gelöst.). Echter Feminismus ruft nicht zu totaler oder temporaler sexueller Abstinenz auf, genausowenig zu totaler Promiskuität. Echter Feminismus hat nichts gegen den Verkauf sexueller Gefälligkeiten oder Pornografie.
Echter Feminismus erlaubt jedem, unabhängig von all den zuvor genannten Merkmalen, zu tun und zu lassen, was er will, ohne irgendwelche Repressionen oder soziale Ächtung befürchten zu müssen.
Ich hatte bisher eigentlich vermieden, mir die Videos anzuschauen. Die Diskussion darüber hatte ich zwar im Ansatz verfolgt, aber einerseits sagte ich mir, dass bereits zu erwarten sein würde, dass das eigentliche Endprodukt, die Videos nicht so tiefgründig sein würden wie es das Thema verdient. Nun bin ich allerdings schwach geworden und habe mir doch alle drei Videos hereingezogen, und im Nachhinein muss ich sagen: Es war besser als erwartet. Ich habe auch einige der Kritik-Videos angeschaut, und die darin vorgebrachten Punkte haben mich einfach nie wirklich überzeugt.
Dementsprechend möge man mir bitte verzeihen dass ich auf alle Videos statt nur das letzte eingehe.
Der erste Teil gefiel mir - entsprechend meiner niedrigen Erwartungen - sehr, sehr gut. Zwar war es mehr oder weniger nur eine Erklärung, die man zur Hälfte bereits heraus bekommen hätte, indem man zehn Minuten auf TV Tropes nachliest (gleiches gilt für "Women in Refrigerators" in Teil 2), und auch der Rest wurde bereits hinreichend behandelt, aber einfach nur als Zusammenfassung ohne wesentliche neue Erkenntnisse - ok. Kann ich akzeptieren. Eine gute Einleitung ins Thema. Den geschichtlichen Hintergrund mochte ich auch sehr, mir war beispielsweise die Verbindung von Mario/Jumpman vs. Donkeykong zu Popeye nicht bekannt, oder die Geschichte von Crystal von der Heldin ihres eigenen Spiels zur Damsel für Starfox. Auch teilweise sehr gute Beispiele, mir gefiel z.B. der Aspekt von Princess Zelda in männlicher Verkleidung und dass sie, sobald sie ihre femininen Eigenschaften zurückgewinnt, sofort wieder in ihre Rolle der Damsel in Distress gezwungen wird.
Der zweite Teil mit moderneren Titeln war immer noch gut, rein vom Informationsgehalt auch stärker als der erstere, einige Aspekte wurden allerdings wirklich etwas oberflächlich behandelt. Beispielsweise Ico - ich habe es selbst nicht gespielt, da ich schon immer reiner PC-Gamer bin, aber rein vom gehörten scheint es ja doch etwas differenzierter heran zu gehen. Aber wie gesagt, das kann ich selbst nicht bescheinigen. Bei Dishonored konnte ich auch nicht vollständig zustimmen, einerseits, da es eben keine klassische Helden, sondern eher Anti-Helden-Geschichte ist, andererseits, weil die Damsel in diesem Fall auch schon relativ früh im Spiel befreit wird.
Spoiler
Show
...und später wieder gefangen wird, also ok, von daher vielleicht doch nicht so anders.
Oder Shadows of the Damned, dass ja in sich sehr satirisch angelegt ist - auch hier, selbst nicht gespielt - aber die gezeigten Szenen haben das schon ziemlich gut gezeigt.
Oder Hotline Miami, dass sich mit dem gesamten Thema von Heroismus in Videospielen auseinandersetzt.
Spoiler
Show
Hooker ist keine klassische Damsel und es regt den Spieler dementsprechend zum Nachdenken an, wenn sie stirbt: Ich habe bisher dutzende getötet ohne irgendeinen Grund. Gibt mir dieses Rachebedürfnis für den Tod einer Person, den ich a) selbst zu verantworten habe und die b) nicht einmal von mir gerettet werden wollte, WEIL ICH EBEN NICHT DER HELD BIN, irgendeine Legitimation noch mehr Blut zu vergießen? Es ist eine Groteske auf diesen Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt, der in einer klassischen Heldengeschichte einfach endet, wenn der Held sein Glück gefunden hat, es aber eben in der Realität nicht tut.
Dafür war die Betrachtung der einzelnen Kombinationen und Methoden sehr gut, vor allem die Stelle über "Mercy Killings" - ich stimme nicht ganz zu, dass es hier um die reine Legitimierung von Gewalt geht, der Spieler soll definitiv Empathie empfinden und unter dem Moment leiden, das Problem liegt nur wieder darin, dass diese Entscheidung einerseits als richtig und heldenhaft dargestellt wird (die Frau dankt dem Protagonisten dafür, dass er sie tötet) und dass es wieder um die Emotionen des Spielers für diese Person statt um die Gefühle der Person an sich geht. (der Protagonist beraubt sich in Form der Tötung der objektifizierten Frau praktisch seines Eigentums)
Der dritte Teil gefiel mir nun am wenigsten, weil sich mehr oder weniger alle Probleme wieder auftaten:
- Die Bedeutsamkeit/das Auftreten der ganzen Sache - ich persönlich empfinde es ok, solange es in Klassikern und deren Hommagen auftritt. Niemand dürfte wirklich erwarten, dass Princess Peach plötzlich zum starken Charakter wird (wobei ich beispielsweise zustimme, dass ihr eigener Plattformer definitiv sexistisch war). Oder auch Titel wie Super Meat Boy. Das heißt nicht, dass man die Story deshalb nicht in Frage stellen darf, aber man kann glaube ich nicht hoffen, dass sich irgendetwas daran ändern wird. Wir werden keinen düsteren und erwachsenen Reboot der Mario-Franchise sehen. Und auch von einem Super Meat Boy erwarte ich dementsprechend nichts anderes. Oder von einem Fat Princess (ich sehe hier sogar eine Umkehr des Prinzips, da das eine Team seine Prinzessin entsprechend den kulturellen Erwartungen praktisch weniger attraktiv und damit weniger lohnenswert zu retten macht, mal ganz davon abgesehen, dass in einem Capture the Flag, in dem Prinzessinen die Flaggen sind doch schon ein satirischer Ansatz erkennbar ist, der eben auf genau dies anspielt)
Kritisch wird es eher, wenn angeblich erwachsene Spiele mit scheinbar tiefgründiger Handlung genau die selben Mechaniken nutzen wie zahllose Groschenromane zuvor. Man muss die Groschenromane nicht abschaffen, aber sollte dafür sorgen, dass ernsthaftere Werke sich nicht auf die selben billigen Aufhänger stützen.
Das führt aber zum generellen Problem mit der Kritik solcher Betrachtungen, die einer "erwachsenere" Herangehensweise ans Thema fordern: Die Spieler befürchten, dass man ihnen etwas von "ihrem" Medium wegnimmt und sehen nicht, dass es darum geht, etwas hinzuzufügen. Darum kann ich zu jedem Kritiker, der Punkte wie "Es muss in Spielen um Spaß gehen, und wenn wir tiefgründig werden, haben wir keinen Spaß mehr" oder "Das ist halt ein Bestandteil der Gaming-Kultur und den können wir nicht wegnehmen" oder "Die meisten Spieler sind männlich und wollen halt einfach keine starken Frauencharakter sehen" nur sagen: Darum geht es nicht. Es geht nicht darum, etwas wegzunehmen, es geht darum, etwas hinzuzufügen. (Mal ganz von den Definitionen von "Spaß" und "Genuss" ab zu sehen. Klar machen deprimierende Themen keinen "Spaß". Tragödien machen auch keinen Spaß und wir gehen trotzdem ins Theater. Und wenn wir "Spaß" nur dann haben können, wenn sexistische und rückständige Tropen in unseren Geschichten verwendet werden, läuft definitiv etwas falsch, egal wie man es dreht.)
- Die Sicht auf Parodien/Ironie. Ich stimme dem prinzipiellen Punkt zu, dass es nicht reicht auf den toten Fisch auf dem Fußboden zu zeigen und zu sagen, haha, ein toter Fisch, metaphorisch gesprochen. "Es ist Ironie" ist keine vernünftige Ausrede. Und auch ernsthafte Parodien können oft einen ganzen Rattenschwanz von Folgen hinter sich herziehen (wieder sehr gut illustriert an Eartworm Jim und Castle Crashers, deren Pointe eigentlich darin besteht, dass dem männlichen Protagonisten sein "wohlverdienter Lohn" weggenommen wird). Ich würde allerdings doch sagen, dass man solche Geschichten anders betrachten muss als die, in denen das Prinzip "straight" genutzt wird. (Hat eigentlich schon mal irgendjemand gemerkt, dass unser deutsches Vokabular für narrative Theorien weit weniger ausgereift und aussagekräftig ist als das englische?

- Mir gefiel der Aspekt bezüglich männlicher Gender-Rollen nicht. Denn, so unglaublich das klingen mag, Feminismus handelt nicht nur von Frauen und dem Schubladendenken, dass sie erfahren.
Die "wenn man Männer in Opferrollen packt ist es nicht so schlimm, weil es gibt keine Tradition in deren Licht man das sehen muss". Das Problem ist genauso da, es hat nur eine andere Legitimierung. Die weibliche Damsel in Distress impliziert, dass Frauen prinzipiell das schwächere Geschlecht sind und diese Opferrolle für sie normal ist. Die männliche stellt eine Machtlosigkeits- bis hin zur Kastrationsfantasie dar. Wird ein Mann zum Opfer, so stellt das seine Männlichkeit infrage, er versagt in seiner Rolle als Mann. (Man siehe beispielsweise das Beispiel Spelunky: Doch, die männliche Damsel dort ist genauso schlimm wie die weibliche, weil sie gezielt verweiblicht/lächerlich gemacht werden muss, um als solche zu funktionieren. Damit wird mehr oder weniger auf die Angst vor/Belächelung von Männern, die Genderqueer sind, eingespielt.) Auch dass nicht darauf eingegangen wird, dass durch die Damsel in Distress der männliche Protagonist in diese Rolle des Retters gezwungen wird, mit all den sexistischen Aspekten die daran hängen.
- Die Zusammenlegung mit dem Prinzip der Familienrettung, in der die Mutter stirbt und das Kind entführt wird. Ich stimme zu, dass die Mutter als Damsel/Woman in a Fridge gelten kann. Beim Kind, weniger, da meiner Meinung nach einer der Hauptbestandteile des Damsel in Distress-Prinzips darin liegt, dass die Bindung des Spielers zur Entführten oft allein auf körperlicher Anziehung basiert. Das ist bei einem Kind nicht der Fall. Während auch hier das Problem eines Mädchens als schwach und wehrlos dargestellt auftreten kann, handelt es sich nicht um das selbe Preisdenken, wohl aber um das selbe Entmännlichungs-Denken.
Ein Spiel das meiner Meinung nach sehr gut mit dem "wehrlosen Mädchen" spielt ist die The Walking Dead-Reihe. Achtung, Spoiler:
Spoiler
Show
Die Bindung zu Clementine wäre wahrscheinlich eine andere, wenn sie ein Junge wäre, und damit wurde bereits gerechnet. Wäre es ein Junge, so entstände eine Vater-Sohn-Beziehung, die darauf hinausläuft, dass Lee dem Jungen das Überleben versucht beizubringen. Stattdessen wird es zum Kernpunkt der Handlung, wie er stattdessen versucht, Clementine vor all diesen Dingen zu beschützen und sie als das zu erhalten, was sie zunächst ist: ein normales Mädchen. Daraus nimmt die ganze Reihe eigentlich ihre Dramatik: Während die ganze Gruppe der Überlebenden um ihn herum stirbt, versucht Lee Clementine als eine Art Fackel der Hoffnung und Menschlichkeit zu beschützen und weiter zu treiben - und demensprechend auch die Wendung, als ihm Chuck auf dem Zug sagt, dass es sinnlos ist, dass er nicht hoffen kann, sie so zu beschützen, dass er sie nicht von der Katastrophe um sie fernhalten kann und sie darauf vorbereiten muss. Lee muss ab diesem Zeitpunkt akzeptieren, dass er sie nicht davor bewahren kann, sich zu verändern, nicht mehr das kleine unschuldige Mädchen zu sein, wenn er tatsächlich will, dass sie überlebt. So gesehen der eine Analogie für den Konflikt zwischen dem Versuch, ein gewisses Ideal (von Menschlichkeit und Unschuld) zu bewahren und dem reinen Überleben an sich, der sich durch die ganze Reihe zieht.
Mehr dazu wenn ich auf einige der genannten Kritikpunkte eingehe.
- Der Alternativvorschlag am Ende des dritten Videos. Es kommt mir falsch vor zu sagen, dass sich das Problem löst, einfach nur indem man die scheinbare Damsel in die Heldin verwandelt. Das ist einfach nur eine normale Geschichte mit weiblicher Heldin auf die man eine - wenn man es genau betrachtet, überflüssige - Vorgeschichte draufpackt. Das löst das Problem nicht, das hinterfragt nichts, es umgeht es einfach nur. Da gefällt mir der Ansatz von Braid eher noch.
Spoiler
Show
Obwohl auch das kritisch zu betrachten wäre. Das Prinzip wird zwischen der Prinzessin und Tim zwar umgekehrt, indem sie eigentlich vor ihm flieht, sie fällt aber trotzdem in die Arme eines anderen klischeehaften Helden.
Kritikpunkte/Gegenargumente, die ich in anderen Videos gehört habe und denen ich definitiv nicht zustimmen konnte:
- Das "Spieleentwickler machen es nicht mit Absicht. / Sie sind nicht von Natur aus Sexisten." Das ist richtig, und ich glaube mich sogar erinnern zu können, dass Anita Sarkeesian das sogar im ersten Video betont hat. Das ändert nichts daran, dass diese Prinzipien inhärent sexistisch sind. Und man kann nicht einfach sagen "ich bin kein Sexist, darum darf ich sexistische Methoden benutzen". Es geht nicht einmal darum, ob es Absicht ist oder ihnen überhaupt bewusst ist, was sie damit anstellen. Es geht nicht darum, die Leute als Sexisten und Misogynisten darzustellen und das wars dann. Es soll zum Nachdenken und Ändern angeregt werden.
- Das "Man kann das gleiche über die Rollen von Männern sagen." Eigentlich exakt mein Kritikpunkt, nur wird hier angehängt "aber das ist total sinnlos und keiner macht es, also sollen die Frauen sich mal nicht aufregen". Ich habe beispielsweise ein sehr schönes Kritikvideo gesehen, in dem der Kommentator meinte, er könnte die Szenen aus Dragons Lair in genau die andere Richtung interpretieren, dass Männer nur wertlose Kraftprotze sind, die selbst für die einfachsten Aufgaben die Unterstützung intelligenter Frauen brauchen und der Tod eines Mannes als normal, hinnehmbar bis hin zu komisch angesehen wird, der einer Frau jedoch nicht.
Und ja, richtig, das ist völlig korrekt. Damit hat der Kommentator eigentlich nur bestätigt, dass wir über solchen Sexismus in Videospielen reden müssen denn ja, es wirkt tatsächlich in zwei Richtungen.
(Eine genauere Analyse des Problemes des Todes von Männern in Spielen für alle, die mir in diesem Punkt widersprechen wollen:)
Spoiler
Show
Der Tod von Frauen in Videospielen stellt einen emotionalen Verlust, einen materiellen Verlust und einen Verlust der Männlichkeit für den männlichen Protagonisten dar. Der Spieler soll Empathie empfinden, jedoch vorrangig dafür, dass hier eine Frau gestorben ist - das ist jedoch keine reale Empathie, es ist ein Gefühl persönlichen Versagens, da man "sein Eigentum" nicht beschützen konnte. Das führt zum materiellen Verlust: Der Spieler und sein Charakter verlieren, was ihnen "rechtmäßig versprochen" wurde. Dies führt nun zum Verlust der Maskulinität: Der Mann hat in seiner gender-assoziierten Rolle als Beschützer versagt und soll diese verlorene Männlichkeit durch einen ebenfalls mit Maskulinität assoziierte gewaltsamen Rachefeldzug wiederherstellen. (Die Metapher, dass Peach eigentlich nur ein Spielball im Kampf zwischen Mario und Bowser ist, stimmt durchaus.)
Dem steht nun der Tod eines männlichen Charakters gegenüber: Er ist erneut ein Verlust von Maskulinität, jedoch für den Sterbenden. Der Mann wird nicht als besitzbares Objekt gesehen. Bestenfalls kann der Verlust eine Gruppenmitgliedes durch Versagen des Gruppenführers in RPGs, militärischen Squads, etc. entmännlichend auf diesen wirken, jedoch meistens als Versagen in einer Führungsposition, nicht als Beschützer einer Position.
Dies ist nun der Punkt, ein Mann ist nur für sich allein verantwortlich und wenn er stirbt, so tut er dass, weil er persönlich physisch versagt (erneut, diese physische Überlegenheit wird als typisch männlich betrachtet) oder weil er sich zu feminin verhält (der klassische Twist eines Charakters, der den Helden verrät stellt genau das dar: der Protagonist war zu leichtsinnig, er hat jemandem vertraut, wohingegen ewiges Misstrauen und Einzelgängertum als besonders männlich betrachtet wird. Bonuspunkte für einen Verrat durch eine Frau.) Der Tod eines Mannes ist also sowohl das Resultat aus dem Versagen in der zugewiesenen Genderrolle, als auch eine weiterer Verlust dieser Maskulinität, so gesehen eine symbolische Kastration. (das Resultat aus dem Tod des Helden ist das weitere Leiden der Damsel - durch seinen Tod kann er seinen scheinbaren Beschützerauftrag nicht wahrnehmen, wird also weiter seiner Männlichkeit beraubt)
Das hat eine ähnliche Wirkung wie "Women in Fridges". Während dieses dem Helden seine Männlichkeit raubt und ihn zwingt sie wiederherzustellen, raubt die Entbehrlichkeit und Kurzlebigkeit männlicher Charaktere diesen ihre Männlichkeit, um die des Helden dadurch zu erhöhen - er überlebt, woran alle anderen versagen, und tritt am Ende als Alpha-Tier hervor. (Kurzes Beispiel: Was ist eines der bekanntesten Klischees von Action-Filmen? Dass alle Gegner furchtbar schlechte Schützen sind und vom kleinsten Treffer sterben, während der Held die schwersten Verletzungen wegsteckt.)
Dem steht nun der Tod eines männlichen Charakters gegenüber: Er ist erneut ein Verlust von Maskulinität, jedoch für den Sterbenden. Der Mann wird nicht als besitzbares Objekt gesehen. Bestenfalls kann der Verlust eine Gruppenmitgliedes durch Versagen des Gruppenführers in RPGs, militärischen Squads, etc. entmännlichend auf diesen wirken, jedoch meistens als Versagen in einer Führungsposition, nicht als Beschützer einer Position.
Dies ist nun der Punkt, ein Mann ist nur für sich allein verantwortlich und wenn er stirbt, so tut er dass, weil er persönlich physisch versagt (erneut, diese physische Überlegenheit wird als typisch männlich betrachtet) oder weil er sich zu feminin verhält (der klassische Twist eines Charakters, der den Helden verrät stellt genau das dar: der Protagonist war zu leichtsinnig, er hat jemandem vertraut, wohingegen ewiges Misstrauen und Einzelgängertum als besonders männlich betrachtet wird. Bonuspunkte für einen Verrat durch eine Frau.) Der Tod eines Mannes ist also sowohl das Resultat aus dem Versagen in der zugewiesenen Genderrolle, als auch eine weiterer Verlust dieser Maskulinität, so gesehen eine symbolische Kastration. (das Resultat aus dem Tod des Helden ist das weitere Leiden der Damsel - durch seinen Tod kann er seinen scheinbaren Beschützerauftrag nicht wahrnehmen, wird also weiter seiner Männlichkeit beraubt)
Das hat eine ähnliche Wirkung wie "Women in Fridges". Während dieses dem Helden seine Männlichkeit raubt und ihn zwingt sie wiederherzustellen, raubt die Entbehrlichkeit und Kurzlebigkeit männlicher Charaktere diesen ihre Männlichkeit, um die des Helden dadurch zu erhöhen - er überlebt, woran alle anderen versagen, und tritt am Ende als Alpha-Tier hervor. (Kurzes Beispiel: Was ist eines der bekanntesten Klischees von Action-Filmen? Dass alle Gegner furchtbar schlechte Schützen sind und vom kleinsten Treffer sterben, während der Held die schwersten Verletzungen wegsteckt.)
a) Die Bindung zur Damsel soll meist durch reine körperliche Attraktion gewonnen werden. Das Problem ist, dass wir überzeugt sein sollen, dass diese Person rettenswert ist, einfach nur weil sie uns optisch gefällt. Darunter fällt auch, dass wir sie nur deshalb retten sollen, weil sie eine Frau ist. Das entspringt der Tatsache, dass die Entführung der Damsel meist selbst die Exposition des Spieles darstellt, obwohl es eigentlich das stimulierende Moment sein sollte - kurz, wir bauen keine emotionale Bindung zu der Figur auf, wir retten sie nicht, weil wir für sie sorgen, sondern weil wir sie rein optisch als rettenswert sehen (und damit wieder objektifizieren, inklusive all der Aspekte Ent-Maskulinisierung, Preisdenken, etc.)
b) Die Damsel hat mitunter keine andere Eigenschaft als ihr permanentes Bedürfnis, gerettet zu werden. Das assoziiert sie, und damit Frauen generell, mit einer gewissen "Nervigkeit" und schlägt nur umso mehr in die "Frauen sind Ballast, den ein Mann ertragen muss (um männlich zu sein)"-Kerbe.
c) "Damseling" entmachtet eigentlich starke weibliche Charaktere auf eine Art und Weise, die kein männliches Äquivalent besitzt. Wie im zweiten Video dargelegt, wird die Befreiung des männlichen Protagonisten aus einer Gefangenschaft als Akt von Heroismus, gleichzeitig aber als Selbsverständlichkeit betrachtet. Die Damsel hingegen muss auf eben diesen Helden warten.
Ein Spiel, dass für mich persönlich sehr gut mit dem Prinzip der Damsel in Distress umgeht und diese Punkte größtenteils umschifft, ist The Witcher 2. (Achtung, Spoiler für so ziemlich die ganze Handlung.)
Spoiler
Show
Jeder der The Witcher 2 gespielt hat, dürfte wissen, dass die Story, nunja, sehr, sehr deprimierend ist. Und dafür finde ich sie genial. Sie hat einfach etwas so derartig fatalistisches und hoffnungsloses, sie stellt diese ganze scheinbare Wahlfreiheit in Spielen und die dualistische Schwarzweißmalerei derart in Frage, dass ich einfach nur sagen kann: Hut ab, CD Project.
Wodurch wird dies aber nun erreicht? Nun, dadurch dass viele Standard-Prinzipien aus dem Fantasy-Bereich genommen und dann auf den Kopf gestellt werden. Die Welt des Hexers ist, das kann man durchaus sagen, einfach nur voll von verachtenswerten Arschlöchern. Man steht immer vor der Frage, wie lässt es sich lösen, wie kann man die Mehrheit beschützen und den meisten etwas gutes tun, nur damit einem das Spiel einen fetten Tritt in die Fresse verpasst und lacht "Von wegen!".
Ich habe persönlich noch kein Spiel erlebt, bei dem ich am Ende dastand und über die Antagonisten meinte "Ok. Ja. Ich stimme euch zu. Ich kann euch besser verstehen als so ziemlich den gesamten Rest dieses großen Haufens menschlicher Scheiße."
Aber zurück zur Damsel in Distress. Wir haben mehre entsprechende Momente in The Witcher 2 und jeder davon ist ein Schlag ins Gesicht.
Im Prolog wird man, falls man Aryan La Valette getötet hat, seine Mutter aus dem Kerker befreien. Tapfer betritt Geralt die Kammer, bekämpft den diabolischen Foltermeister und will sie gerade herausführen... als der Botschafter Shilard Fitz-Österlin die Kammer betritt. Der Arsch. Aus Nilfgaard. Und siehe da, plötzlich ist jemand anderes der Held, befreit die Damsel in Distress und wird sie sich im Folgenden zu Nutze machen.
Am Ende des ersten Aktes wird Triss zur Damsel in Distress, was den Handlungsbogen bis kurz vor Ende des Spieles liefern wird, aber der Unterschied ist: Zu Triss hat man tatsächlich eine emotionale Verbindung. Triss ist nützlich, sie ist selbst mächtig und nicht nur ein Klotz am Bein. Mehr noch, bevor sie von Letho entführt wird, schlägt er Geralt - es ist keine "Sie war nur eine schwache Frau, die einen starken Beschützer gebraucht hätte"-Situation. Geralt ist vorher schon kastriert und Triss hätte ohnehin keine Chance gehabt. So wird Letho als übermächtiger Charakter dargestellt, ohne dass es auf Kosten von Triss geht. DAS ist eine effektive Nutzung des Prinzips.
In Roches Handlungsstrang wird Ves zur Damsel in Distress, und im weiteren Sinne die Elfen-Frau, welche Loredo festgehalten und geschwängert hatte - diese stellt dann die Umkehrung in Form von "will nicht gerettet werden" - dar. Auch hier also: Kein Happyend. Geralt gewinnt nichts, vor allem keine Frau, er setzt nur eine endlose Spirale schrecklicher Ereignisse fort.
In Iorveths Strang haben wir eine klassische Situation, wir können uns entscheiden die Elfen-Frauen im brennenden Turm zu retten, triumphaler Dankes-Sex und... upps, Flotsam ist an Kaedwen gefallen und sämtlichen nicht-menschlichen Bewohnern geht es nun noch beschissener. Shit happens.
Den zweiten Akt kann man mehr oder weniger überspringen, davon abgesehen dass zu erwähnen wäre, dass auch Saskia und Ves als starke Charaktere etabliert werden und dennoch verlieren. Aber das ist eigentlich der Punkt: Jeder der Hauptcharaktere verliert. Permanent. Weil sie nicht gegen Individuen oder den einen Bösewicht kämpfen, sondern gegen ganze Systeme. So gesehen ist das ganze Spiel ein Abgesang auf diese klassische Idee, dass der Held ein paar Köpfe einschlagen muss, vielleicht gar ganze Armeen niedermetzelt und alles wird gut. Aber so funktioniert die Welt des Hexers nicht. Jede Entscheidung, jeder Kampf bringt nur noch mehr Leid und verbessert wenig.
Dann schließlich der dritte Akt, in dem wir vor die Entscheidung gestellt werden, wen wir retten: Triss, um sie vor den Nilgaardern zu retten? Philippa Eilhart auf Iorveths Weg, um Saskia zu befreien? Anais auf Roches Weg, um den Thron von Temeria zu besetzen?
Alle drei sind so gesehen eine Damsel in Distress für sich, aber es gibt kein optimale Entscheidung. Jede von den drei stellt zudem irgendeine Abweichung vom klassischen Prinzip ab.
Retten wir Triss, so lassen wir den Kollaps von Temeria zu oder dass Saskia als Drache weiterhin kontrolliert werden kann. Wir riskieren eine ganze Nation für diese eine Person oder spielen unseren Feinden eine gefährliche Waffe UND eine versklavte Person zu. Retten wir sie jedoch nicht, kommt es zu einer ganzen Hexenjagd im Land und unzählige unschuldige Frauen sterben (Das ist auch einer der beeindruckenden Punkte an The Witcher 2, all diese Gewalt gegen Frauen verkommt nie zu dem genannten "Women in Fridges". Diese Frauen werden nicht über ihre Beziehung zu anderen definiert, sondern sind Persönlichkeiten für sich.)
In diesem Fall wird sie am Ende von Letho gerettet - nichts war mit "sie wartet nur auf ihren Helden und nur dieser kann sie retten".
Philippa ist geblendet worden, nach dem Prinzip reiner körperlicher Anziehung also nicht wirklich rettenswert und gehört zudem zu den Antagonisten. Retten wir sie, können wir zwar Saskia befreien, lösen aber die Hexenjagd durch die Nichtrettung Triss aus.
Anais stellt eine doppelten Seitenhieb auf die Damsel dar. Erst retten wir sie so bereits, und dann sollen wir sie König Radovid übergeben. Wir retten sie praktisch aus den Händen des einen, der sie als reines machtpolitisches Werkzeug betrachtet und geben sie dann gleich in die Hände des anderen. (Zudem zeigt sie Tendenzen, das Schwert selbst in die Hand nehmen zu wollen und wirkt bereits im Prolog willensstärker als ihr Bruder Boussy.)
Kurz gesagt, wir haben drei Damsel's, aber egal welche wir retten, wir kriegen nicht das klassische Happy End.
(Erwähnenswert ist auch noch Yennefer als Gesamt-Motivation für Geralt. Wie die Geschichte ausfällt und zu bewerten ist, werden wir wohl erst mit Wild Hunt sehen.)
Wodurch wird dies aber nun erreicht? Nun, dadurch dass viele Standard-Prinzipien aus dem Fantasy-Bereich genommen und dann auf den Kopf gestellt werden. Die Welt des Hexers ist, das kann man durchaus sagen, einfach nur voll von verachtenswerten Arschlöchern. Man steht immer vor der Frage, wie lässt es sich lösen, wie kann man die Mehrheit beschützen und den meisten etwas gutes tun, nur damit einem das Spiel einen fetten Tritt in die Fresse verpasst und lacht "Von wegen!".
Ich habe persönlich noch kein Spiel erlebt, bei dem ich am Ende dastand und über die Antagonisten meinte "Ok. Ja. Ich stimme euch zu. Ich kann euch besser verstehen als so ziemlich den gesamten Rest dieses großen Haufens menschlicher Scheiße."
Aber zurück zur Damsel in Distress. Wir haben mehre entsprechende Momente in The Witcher 2 und jeder davon ist ein Schlag ins Gesicht.
Im Prolog wird man, falls man Aryan La Valette getötet hat, seine Mutter aus dem Kerker befreien. Tapfer betritt Geralt die Kammer, bekämpft den diabolischen Foltermeister und will sie gerade herausführen... als der Botschafter Shilard Fitz-Österlin die Kammer betritt. Der Arsch. Aus Nilfgaard. Und siehe da, plötzlich ist jemand anderes der Held, befreit die Damsel in Distress und wird sie sich im Folgenden zu Nutze machen.
Am Ende des ersten Aktes wird Triss zur Damsel in Distress, was den Handlungsbogen bis kurz vor Ende des Spieles liefern wird, aber der Unterschied ist: Zu Triss hat man tatsächlich eine emotionale Verbindung. Triss ist nützlich, sie ist selbst mächtig und nicht nur ein Klotz am Bein. Mehr noch, bevor sie von Letho entführt wird, schlägt er Geralt - es ist keine "Sie war nur eine schwache Frau, die einen starken Beschützer gebraucht hätte"-Situation. Geralt ist vorher schon kastriert und Triss hätte ohnehin keine Chance gehabt. So wird Letho als übermächtiger Charakter dargestellt, ohne dass es auf Kosten von Triss geht. DAS ist eine effektive Nutzung des Prinzips.
In Roches Handlungsstrang wird Ves zur Damsel in Distress, und im weiteren Sinne die Elfen-Frau, welche Loredo festgehalten und geschwängert hatte - diese stellt dann die Umkehrung in Form von "will nicht gerettet werden" - dar. Auch hier also: Kein Happyend. Geralt gewinnt nichts, vor allem keine Frau, er setzt nur eine endlose Spirale schrecklicher Ereignisse fort.
In Iorveths Strang haben wir eine klassische Situation, wir können uns entscheiden die Elfen-Frauen im brennenden Turm zu retten, triumphaler Dankes-Sex und... upps, Flotsam ist an Kaedwen gefallen und sämtlichen nicht-menschlichen Bewohnern geht es nun noch beschissener. Shit happens.
Den zweiten Akt kann man mehr oder weniger überspringen, davon abgesehen dass zu erwähnen wäre, dass auch Saskia und Ves als starke Charaktere etabliert werden und dennoch verlieren. Aber das ist eigentlich der Punkt: Jeder der Hauptcharaktere verliert. Permanent. Weil sie nicht gegen Individuen oder den einen Bösewicht kämpfen, sondern gegen ganze Systeme. So gesehen ist das ganze Spiel ein Abgesang auf diese klassische Idee, dass der Held ein paar Köpfe einschlagen muss, vielleicht gar ganze Armeen niedermetzelt und alles wird gut. Aber so funktioniert die Welt des Hexers nicht. Jede Entscheidung, jeder Kampf bringt nur noch mehr Leid und verbessert wenig.
Dann schließlich der dritte Akt, in dem wir vor die Entscheidung gestellt werden, wen wir retten: Triss, um sie vor den Nilgaardern zu retten? Philippa Eilhart auf Iorveths Weg, um Saskia zu befreien? Anais auf Roches Weg, um den Thron von Temeria zu besetzen?
Alle drei sind so gesehen eine Damsel in Distress für sich, aber es gibt kein optimale Entscheidung. Jede von den drei stellt zudem irgendeine Abweichung vom klassischen Prinzip ab.
Retten wir Triss, so lassen wir den Kollaps von Temeria zu oder dass Saskia als Drache weiterhin kontrolliert werden kann. Wir riskieren eine ganze Nation für diese eine Person oder spielen unseren Feinden eine gefährliche Waffe UND eine versklavte Person zu. Retten wir sie jedoch nicht, kommt es zu einer ganzen Hexenjagd im Land und unzählige unschuldige Frauen sterben (Das ist auch einer der beeindruckenden Punkte an The Witcher 2, all diese Gewalt gegen Frauen verkommt nie zu dem genannten "Women in Fridges". Diese Frauen werden nicht über ihre Beziehung zu anderen definiert, sondern sind Persönlichkeiten für sich.)
In diesem Fall wird sie am Ende von Letho gerettet - nichts war mit "sie wartet nur auf ihren Helden und nur dieser kann sie retten".
Philippa ist geblendet worden, nach dem Prinzip reiner körperlicher Anziehung also nicht wirklich rettenswert und gehört zudem zu den Antagonisten. Retten wir sie, können wir zwar Saskia befreien, lösen aber die Hexenjagd durch die Nichtrettung Triss aus.
Anais stellt eine doppelten Seitenhieb auf die Damsel dar. Erst retten wir sie so bereits, und dann sollen wir sie König Radovid übergeben. Wir retten sie praktisch aus den Händen des einen, der sie als reines machtpolitisches Werkzeug betrachtet und geben sie dann gleich in die Hände des anderen. (Zudem zeigt sie Tendenzen, das Schwert selbst in die Hand nehmen zu wollen und wirkt bereits im Prolog willensstärker als ihr Bruder Boussy.)
Kurz gesagt, wir haben drei Damsel's, aber egal welche wir retten, wir kriegen nicht das klassische Happy End.
(Erwähnenswert ist auch noch Yennefer als Gesamt-Motivation für Geralt. Wie die Geschichte ausfällt und zu bewerten ist, werden wir wohl erst mit Wild Hunt sehen.)
Echter Feminismus erlaubt jedem, unabhängig von all den zuvor genannten Merkmalen, zu tun und zu lassen, was er will, ohne irgendwelche Repressionen oder soziale Ächtung befürchten zu müssen.
- mr archer
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Re: Spielkultur: Jungfrau in Nöten: Tropes vs. Women 3 verfü
Danke! Das war von vorn bis hinten lesenswert. Manchmal lohnt sich das Warten in einem Thread eben doch. Ich fand natürlich die Passage zu Witcher 2 besonders toll :wink:Fiddlejam hat geschrieben: ...
- SethSteiner
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Re: Spielkultur: Jungfrau in Nöten: Tropes vs. Women 3 verfü
@Fiddlejam
Sehr langer aber guter Text. Btw. beschreibt all das was du zu deiner Einstellung sagst nicht am ehesten einen Egalitarier?
Sehr langer aber guter Text. Btw. beschreibt all das was du zu deiner Einstellung sagst nicht am ehesten einen Egalitarier?
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Re: Spielkultur: Jungfrau in Nöten: Tropes vs. Women 3 verfü
Eher nein, da ich es keineswegs als "alle Menschen sollen gleich sein" sehe. Keineswegs. Ich sehe durchaus die Notwendigkeit und Unabwendbarkeit von sozialen Unterschieden und unterschiedlichen Chancen entsprechend gegebener Faktoren.
Mein Denken bezüglich Gleichheit ist so gesehen rein auf Gender, Sexualität und Co. beschränkt.
Natürlich gibt es dort wieder verschiedene Interessengruppen, aber diese sollte man nicht wirklich im Sinne von "wir sind gegen das was Gruppe B macht" verstehen. Die Agenda von LGBTQ-Aktivisten, Feministinnen und all den anderen ist nicht wirklich so verschieden. Der größte Unterschied ist halt, wofür sie vorrangig kämpfen, und der Feminismus konzentriert sich halt zunächst auf Frauen.
Da schien mir der Hexer einfach rundum runder (was für ein unglaublich schlechtes Wortspiel) und ich denke, gerade für solche Themen kann man viel daraus lernen.
Das beginnt mit dieser Dekonstruktion der Heldenfantasie durch die Ausnutzung der Illusion, Wahlmöglichkeiten zu haben (ähnlich wie The Walking Dead: nur dass es halt dort eine "manchmal haben wir einfach keine Wahl, selbst wenn wir es glauben"-Situation war, und hier ein "jede Wahl ist eine schlechte, und jeden Vorteil den wir uns erkämpfen haben wir auf Kosten eines größeren entstehenden Leides"), geht weiter mit dem erfrischenden Ansatz bezüglich Welten mit "grauer Moral" (klassische Version: Das ist unser Antiheld. Er tötet Menschen, aber er hat eine sehr schwierige Kindheit und er würde niemals einen Hund treten, oder wie ich es gerne nenne die "Schwarweißmalerei im Schafspelz. Der grau ist." The Witcher: Hier haben wir einen verachtenswerten Rassisten, Mörder und Vergewaltiger. Im nächsten Kapitel haben wir einen noch verachtenswerteren Rassisten, Mörder und Vergewaltiger. Du willst sie töten? Noch nicht. Nooooch nicht. Und dann: Viel Spaß mit DEM BLUT UNZÄHLIGER UNSCHULDIGER AN DEINEN HÄNDEN. Es ist deprimierend. Wirklich deprimierend. Und es fühlt sich unglaublich gut an) und der wirklich vernünftige Umgang mit Sexualität, weil es einfach offen darüber spricht und offen damit umgeht. Das ist ja eigentlich die Ironie an der ganzen Sache wenn wir über einen erwachsenen Umgang mit Sexualität sprechen: Je mehr man sie bedeckt hält und in einem hübschen Körbchen versteckt hält das erst geöffnet wird, wenn die richtige romantische Stimmung erreicht ist und die vollbusige Geliebte unseres strammen Helden ihm sinnlich ins Ohr flüstert "Mach mich zur Frau, tapferer Recke", desto schmutziger, perverser und umso mehr zum Tabu wird sie ja eigentlich. Da wirkt eine Welt wie die des Hexers einfach durch diese beinahe Omnipräsenz weit authentischer. Und darum dachte ich mir bei den Kritiken, die meinten es wäre Softporn nur "Dann ist Mass Effect Mommy-Porn der übelsten FanFiction-Sorte."
Der Umgang mit sexueller Gewalt genauso.
Ich meine, das muss man sich mal überlegen, die Möglichkeit die weibliche Bevölkerung der belagerten Städte zu vergewaltigen wurde von Königen und Feldherren über die Jahrhunderte immer wieder als alternative Bezahlung ihrer Soldaten eingesetzt. Das blenden wir in den meisten Spielen die in solchen Epochen großzügig aus. Stellt euch allein mal vor, wir würden in jedem Total War Teil von den Verbrechen hören, die unsere Soldaten begehen, nachdem sie dann ihre große Feldschlacht geschlagen haben. Der ach so große Alexander von Mazedonien ließ in den von ihn eroberten Städten die gesamte männliche Bevölkerung im wehrfähigen Alter töten und verkaufte Kinder und Frauen in die Sklaverei. Im zweiten Weltkrieg sind mehr Zivilisten umgekommen als Soldaten. Das sind all die Dinge, von denen wir nie hören, wenn wir nur unsere Schachfiguren auf den Weltkarten umherschieben.
Wenn man so darüber nachdenkt, würde das eigentlich ein geniales Konzept für ein Spiel ergeben. Ein Strategiespiel, in dem uns Kriegsverbrechen vor Augen geführt werden. Kein AAA-Titel, eher so ein kleine Indie-Titel in Richtung "Papers Please", in dem man Kriegsminister ist und all diese Statistiken einmal vorgesetzt bekommt und im krassen Kontrast die staatlich geförderte Propaganda meinetwegen am Ende jedes Zuges. Man kann versuchen, die Greueltaten zu vermeiden, man kann genau so gut weitere unmenschliche aber effektive Befehle erteilen. Die Frage ist nun, kann der Spieler den Krieg so effektiv gewinnen? Was wenn sein Versuch, seine Menschlichkeit zu bewahren nur zu einem weiteren militärischen Rückschlag und dadurch zu noch mehr Opfern führt? Oder soll er seine Prinzipien verraten und einen unmenschlichen, aber vielleicht kriegsentscheidenden Schlag ausführen (Stichwort Atomwaffen und Co.)?
Mein Denken bezüglich Gleichheit ist so gesehen rein auf Gender, Sexualität und Co. beschränkt.
Natürlich gibt es dort wieder verschiedene Interessengruppen, aber diese sollte man nicht wirklich im Sinne von "wir sind gegen das was Gruppe B macht" verstehen. Die Agenda von LGBTQ-Aktivisten, Feministinnen und all den anderen ist nicht wirklich so verschieden. Der größte Unterschied ist halt, wofür sie vorrangig kämpfen, und der Feminismus konzentriert sich halt zunächst auf Frauen.
Danke. Ich finde persönlich, dass Witcher 2, obgleich technisch teilweise hinkend, rein von der Story her ein sehr eindrucksvolles Beispiel für das ist, was wirklich "erwachsene" Spiele sein können. Ich habe es mir während des GOG-Summersales gekauft und wenig später Mass Effect 2 und ich muss sagen, ich war massiv enttäuscht von Mass Effect. Das Writing war einfach... meh. Ich verstehe wirklich nicht, was einige in der Reihe sehen und sie als große Offenbarung feiern. Es kam mir im Vergleich einfach vor wie ne Story die sehr gern erwachsen wäre, aber dann nicht die Eier in der Hose hat, es durchzuziehen. Begonnen bei den lächerlichen Romanzen (ich habe Tali genommen, weil sie so ziemlich die einzige war, die mich wirklich als Charakter interessierte, aber da war dann auch nicht viel dahinter) über die "Muahaha, ich bin so böse"-Renegade und "Fürchtet euch nicht, hier kommt der Ritter ins strahlender Rüstung"-Paragon-Optionen bis hin zu einigen der Charaktere... (Miranda. -.- Oh Gott, Miranda. Irgendein Bioware-Schreiberling dort draußen hat ein ernsthaftes Problem mit seinem Frauengeschmack.) Mir haben eigentlich nur so fünf der Squadmates als Charaktere wirklich gefallen, das waren Mordin, Tali, Garrus, Thane und Legion (der meiner Meinung nach viel zu spät im Spiel auftrat. -.-)mr archer hat geschrieben:Danke! Das war von vorn bis hinten lesenswert. Manchmal lohnt sich das Warten in einem Thread eben doch. Ich fand natürlich die Passage zu Witcher 2 besonders toll :wink:
Da schien mir der Hexer einfach rundum runder (was für ein unglaublich schlechtes Wortspiel) und ich denke, gerade für solche Themen kann man viel daraus lernen.
Spoiler
Show
Dinge die der Hexer jedoch lernen könnte: Trinken, und zwar mit seiner UNTERlippe und Dialoge führen, während man sich nicht nur starr mit den immer gleichen Animationen gegenübersteht. Das ist so ein Punkt, den ich einfach nicht verstehe, wie es beispielsweise ein Assassins Creed schafft, Dialoge zu haben während Personen nebeneinander laufen und anderswo alle immer dastehen müssen als würden sie auf einen Proktologen warten, der ihnen den gottverdammten Besen aus dem Arsch zieht. (Das beste Argument wäre wahrscheinlich, dass in nicht-geskripteten Gesprächen sehr lange Zeiten entstehen können, in denen der Spieler sich überlegt, welche Antwortmöglichkeit er wählen will und in der Zeit die Figuren endlos im Kreis laufen müssten. Aber auch The Walking Dead hat das durch zeitliche Begrenzungen geschafft.)
Der Umgang mit sexueller Gewalt genauso.
Ich meine, das muss man sich mal überlegen, die Möglichkeit die weibliche Bevölkerung der belagerten Städte zu vergewaltigen wurde von Königen und Feldherren über die Jahrhunderte immer wieder als alternative Bezahlung ihrer Soldaten eingesetzt. Das blenden wir in den meisten Spielen die in solchen Epochen großzügig aus. Stellt euch allein mal vor, wir würden in jedem Total War Teil von den Verbrechen hören, die unsere Soldaten begehen, nachdem sie dann ihre große Feldschlacht geschlagen haben. Der ach so große Alexander von Mazedonien ließ in den von ihn eroberten Städten die gesamte männliche Bevölkerung im wehrfähigen Alter töten und verkaufte Kinder und Frauen in die Sklaverei. Im zweiten Weltkrieg sind mehr Zivilisten umgekommen als Soldaten. Das sind all die Dinge, von denen wir nie hören, wenn wir nur unsere Schachfiguren auf den Weltkarten umherschieben.
Wenn man so darüber nachdenkt, würde das eigentlich ein geniales Konzept für ein Spiel ergeben. Ein Strategiespiel, in dem uns Kriegsverbrechen vor Augen geführt werden. Kein AAA-Titel, eher so ein kleine Indie-Titel in Richtung "Papers Please", in dem man Kriegsminister ist und all diese Statistiken einmal vorgesetzt bekommt und im krassen Kontrast die staatlich geförderte Propaganda meinetwegen am Ende jedes Zuges. Man kann versuchen, die Greueltaten zu vermeiden, man kann genau so gut weitere unmenschliche aber effektive Befehle erteilen. Die Frage ist nun, kann der Spieler den Krieg so effektiv gewinnen? Was wenn sein Versuch, seine Menschlichkeit zu bewahren nur zu einem weiteren militärischen Rückschlag und dadurch zu noch mehr Opfern führt? Oder soll er seine Prinzipien verraten und einen unmenschlichen, aber vielleicht kriegsentscheidenden Schlag ausführen (Stichwort Atomwaffen und Co.)?
- the curie-ous
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Re: Spielkultur: Jungfrau in Nöten: Tropes vs. Women 3 verfü
Gab es mal.Fiddlejam hat geschrieben: Wenn man so darüber nachdenkt, würde das eigentlich ein geniales Konzept für ein Spiel ergeben. Ein Strategiespiel, in dem uns Kriegsverbrechen vor Augen geführt werden. Kein AAA-Titel, eher so ein kleine Indie-Titel in Richtung "Papers Please", in dem man Kriegsminister ist und all diese Statistiken einmal vorgesetzt bekommt und im krassen Kontrast die staatlich geförderte Propaganda meinetwegen am Ende jedes Zuges. Man kann versuchen, die Greueltaten zu vermeiden, man kann genau so gut weitere unmenschliche aber effektive Befehle erteilen. Die Frage ist nun, kann der Spieler den Krieg so effektiv gewinnen? Was wenn sein Versuch, seine Menschlichkeit zu bewahren nur zu einem weiteren militärischen Rückschlag und dadurch zu noch mehr Opfern führt? Oder soll er seine Prinzipien verraten und einen unmenschlichen, aber vielleicht kriegsentscheidenden Schlag ausführen (Stichwort Atomwaffen und Co.)?
Zwar nicht in der Ausführung wie du es beschreibst, aber es gab ein Strategiespiel wo man auf Seiten der NATO-Streitkräfte aufpassen sollte, wie man sich in einer Mission verhält.
Ich krieg es nicht mehr ganz zusammen (ist auch schon eine Ewigkeit her), kamen jedoch durch dein Verschulden Unschuldige um, wurde dies sofort in den Medien behandelt, welche ständig das Geschehen beobachtet haben. Abhängig von der Berichterstattung wurde daraufhin deine Mission u.a. bewertet und entsprechend belohnt/bestraft. Es kam also nicht nur darauf an ob die Ölraffinerie erfolgreich zerstört wurde, sondern auch ob das naheliegende Dorf evakuiert bzw. verschont wurde.