sPIELkULTUR!(?) und Zukunft der Spiele

Hier geht es um Spieldesign oder Game Studies, Philosophie oder Genres!

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jiyu
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sPIELkULTUR!(?) und Zukunft der Spiele

Beitrag von jiyu »

Es gab von seiten 4Players diverse Versuche eine Art Feuilleton für Spieler zu etablieren.
Leider sind die entsprechenden Beiträge derart von Kommentaren und Beifallsbekundungen überrannt worden, dass sich 4Players scheinbar entschlossen hat, wieder die Tests in den Mittelpunkt zu stellen, um einer Überhitzung der Massen vorzubeugen. :anbet:

Die offizielle Begründung von Jörg liest sich leicht anders, aber so ist halt das Business heutzutage. :wink:
http://forum.4pforen.4players.de/viewto ... pielkultur

Ganz verhindern lässt sich die Diskussion um die ominöse sPIELkULTUR aber nicht, wie diese Posts zeigen.
http://forum.4pforen.4players.de/viewto ... &start=420

Da Diskussionen im Kommentarbereich aber früher oder später versanden, ist hier der Versuch die bereits erwähnte Überhitzung wieder etwas anzufeuern
(Beitragsschreiber erhalten den offiziellen Titel "Hüter des Feuers" :twisted: ).


Statt einer langen Einleitung, die sowieso keiner liest, ein Video zur Einstimmung.
http://www.4players.de/4players.php/tvp ... Video.html

und ein kleines Spiel
http://armorgames.com/play/4850/small-worlds

Fragen, die mich beschäftigt haben, diesen Thread zu starten:

Wie können sich Spiele weiter entwickeln, als Medium reifer werden?

Warum sind bestimmte Aspekte, wie z.B. "Abenteuerlust" in Spielen so unterrepräsentiert?

Gibt es bei Spielen tatsächlich eine Sättigung in der Breite, die eventuell zu einer Erweiterung in der Tiefe des Spielerlebnisses führen?

Los geht's!
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Mindflare
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Beitrag von Mindflare »

Danke erstmal für diesen Thread!

Zu Beginn etwas zu schreiben ist allerdings etwas schwierig, da kein strittiger Punkt zur Diskussion existiert. Vielleicht kann ich das ja mit meinen Antworten auf deine Fragen ändern.

Wie können sich Spiele weiter entwickeln, als Medium reifer werden?
Als erstes fällt mir dabei die Aktuelle Entwicklung ins Auge. In letzter Zeit vermischen sich die einzelnen Gernres immer mehr. Reine Shooter werden zum Beispiel rar und immer weiter mit anderen Elementen (aus RPGs, Adventures) angefüllt. Selbst Rennspiele erhalten stellenweise eine Open-World Komponente. Dies könnte tatsächlich dazu führen, dass in Breite bald vieles gesättigt ist, worauf ich unten nochmals eingehe.
Nun aber zur eigentlichen Frage: Meiner Meinung nach müssten Spiele mit ihren Nutzern altern, um zu reifen. Hier ist natürlich ein Problem für den "reifen" Nutzer, dass er nicht die primäre Zielgruppe ist. Viele Personen, die ein gewisses Alter erreichen, verlassen nunmal auch das Hobby Spiel. In wiefern sich dies in zukunft ändern wird, vermag ich leider nicht zu sagen. Mit meinen 26 Jahren ist mir auf jeden Fall noch nicht danach, auf dieses Hobby zu verzichten. Was bedeutet dies aber für die Spiele? Hinter dem Ruf nach Innovationen versteckt sich trotzdem immer noch irgendwo die Sehnsucht nach etwas bekanntem. Monkey Island aufwuchs, vermisst Point& Click Adventures, andere suchen Jump'n'Runs. Viele (mich eingeschlossen) würden zugunsten der Tradition auf den Aspekt der Reifung verzichten.
Damit ist aber immer noch nicht klar, wie diese Reifung aussehen könnte. Aus meiner Sicht steht die vertiefung der Immersion ganz oben. Statt des oben genannten breitflächigen Erlebnisses möchte ich lieber komplett ein einem lineareren Konzept abtauchen. Dabei ist diese Linearität nicht auf die Gestaltung der Story bezogen, sondern etwa auf das Spielziel oder Steuerungskonzept. Heavy Rain ist sicherlich der vielversprechendste Ansatz in dieser Richtung. Immersion ist aber nicht mir Handlungsfreiheit gleichzusetzen. Auch eine straff organisierte Missionsfolge kann es schaffen, dass man in die Handlung eingesogen wird. Egal welches Genre gerade betrachtet wird, die Charaktere müssen glaubwürdig sein!

Warum sind bestimmte Aspekte, wie z.B. "Abenteuerlust" in Spielen so unterrepräsentiert?
Es ist anzunehmen, dass die meisten Personen Spiele spielen, um sich zu messen. Ob in Reflexen bei Beat'em'Ups, Bestzeiten in Rennspielen oder einfach in moderneren Kategorien wie Gamescores. Abenteuerlust wird dadurch befriedigt, etwas unbekanntes zu entdecken. Durch das Internet entsteht hierbei aber das Problem, dass die Orte für alle verfügbar sind. Es gibt also weniger anerkennung für das Aufsuchen an sich. Erst mit bestehen einer Challenge gewinnt das Erreichte an Wert. Gerade das ist aber einem Abenteuerspiel eher abträglich, welches man doch lieber in seinem ganz eigenen Rhythmus genießt. Freies Entdecken wird als von vergleichbaren Achievements dominiert. Ohne diese würde eine dynamisch generierte Welt das Problem des Internets umgehen. Leider wird dies wohl nicht von der Mehrheit gewünscht.

Gibt es bei Spielen tatsächlich eine Sättigung in der Breite, die eventuell zu einer Erweiterung in der Tiefe des Spielerlebnisses führen?
Die Entwicklung in die Breite, wie sie in letzter Zeit sattfindet, ist in absehbarer Zeit begrenzt. Kombiniert man noch mehr Elemente, mischen sich zwangsläufig welche hinzu, die ein Teil der Spieler ablehnt. In einen Shooter fügt sich ein Levelsystem noch gut ein, wenn dann aber eine Stadplanung oder ein Rennmodus (zwangsläufig) hinzukäme, würden bestimmt mehr Leute das Produkt ablehnen, als dadurch gewonnen würden. Als andere Grenze sehe ich einfach die Technischen möglcihkeiten, gerade im Sandbox Bereich. Welche Entscheidungen können noch möglich sein und wie persistent bleiben die Auswirkungen in der Welt?
Hier möchte ich die Frage stellen: Kann ein Spiel ZU konsequent sein?
Die Antwort überlasse ich euch erstmal und widme mich der Spieltiefe. Hat diese überhaupt abgenommen? Für Simulationen wälzten wir damals Handbücher, um überhaupt einen Einstieg in das Spiel zu schaffen. Die heutige Technik ermöglicht einblendbare Hilfen und übersichtliche Statistiken. Früher musste man diese mit Stift und Papier selbst erstellen. Ein Zeichen von Tiefe, oder einfach umständlich? Ich bevorzuge den neuen Weg. Kein Spiel wurde dadurch einfacher, nur komfortabler. Anspruch bedeutet ja nicht, sich quälen zu müssen.
Löst man sich nun aber von Simulationen, ist schon eine Orientierung an der Breiten Masse zu sehen. Die meisten Spiele sind so konzipert, dass jeder das Ende sieht, und somit Spaß an der Handlung hat. Dies zu bewerten fällt mir sehr schwer. Scheitern frustriert und Spiele sollen Spaß machen. Allerdings ist das Belohnungsgefühl größer, wenn ich weiß, dass es nicht jeder geschafft hat. Schwierigkeitsgrade sind ein probates Mittel. Allerdings ist es schade, dass diese zum Großteil erst nach einmaligem Abschluss der Spieles freigeschaltet werden. Ich bin allerdings kein Fan von multiplen Durchgängen in kurzer Zeit. In dieser Richtung ist aber keine andere Entwicklung zu erwarten.
Abschließend würde ich sagen: Tiefe entsteht durch Immersion (in Verbindung mit einer gereiften Präsentation).
goodbye
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saxxon.de
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Beitrag von saxxon.de »

Ich bin grad erst hier auf den Thread gestoßen und hab leider momentan nicht die Zeit, hier loszulegen. Wollt nur schonmal meine Anwesenheit verkünden und sagen: Sehr schön, jiyu ! Hoffen wir, dass der Thread eine ähnliche Qualität erreicht wie der HR-Thread :)

Werd mich beizeiten hier mal richtig einlesen und gerne beteiligen.
"The saloon doors stopped swinging /
The piano player stopped playing /
In the shadows / I could hear Archaic Spanish phrases /
The preacher stood up from his table; in his right hand he held a bible /
And in his left, the business end of a Winchester rifle"
Clutch - A Quick Death in Texas

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jiyu
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Beitrag von jiyu »

saxxon.de hat geschrieben:Ich bin grad erst hier auf den Thread gestoßen und hab leider momentan nicht die Zeit, hier loszulegen. Wollt nur schonmal meine Anwesenheit verkünden und sagen: Sehr schön, jiyu ! Hoffen wir, dass der Thread eine ähnliche Qualität erreicht wie der HR-Thread :)

Werd mich beizeiten hier mal richtig einlesen und gerne beteiligen.
Hallo Saxxon.de,
schön Dich auch hier zu treffen. Was die Qualität angeht: Wenn hier alle so diskutieren, wie Mindflare mit seinem Post, steigern wir die Qualität aus dem HR-Thread noch mal ein Stück. :)
Vandyre
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Beitrag von Vandyre »

Was diese Fragen schwierig macht, ist die Tatsache, dass Spiele heterogen sind. Es gibt nicht das Spiel, es gibt nicht das Genre, es gibt nicht das richtige Konzept. Ich glaube es war Espen Aarseth (wenn es jemand anderes war, bitte korrigiert mich!), der sagte, dass jedes Spiel ein eigenes Medium ist. Na dann herzlichen Glückwunsch! :roll:
Wie soll man sich den Fragen also nähern? Jede Frage genrespezifisch betrachten? Ich glaube, dann verzetteln wir uns und kommen nicht weit. Besonders, weil es auch innerhalb der Genres genügend Unterschiede gibt.
2. ist es problematisch, dass das Rad seh oft neu erfunden werden muss. Mich würde mal interessieren, wie viele verschiedene Engines es schon gegeben hat. Die Zahl ist sicherlich, proportionell zu den bisher erschienen Spielen, sehr hoch. Man könnte meinen, das ist sehr unwirtschaftlich, aber die Entwickler kochen lieber ihr eigenes Enginesüppchen. Aber das macht die Sache nicht nur teuer, sondern auch fehleranfällig und es ist sehr zeitintensiv. Allerdings zwingt der Grafikfetischismus schon fast zu so einer Entwicklung.
3. muss man immer den Spieler im Auge haben. Und der ist sehr schwer zu berechnen. Außerdem muss durch die gestiegenen Entwicklungskosten eine größere Masse an Menschen erreicht werden und das geht nunmal nur, indem man ein möglichst massentaugliches Spiel auf den Markt bringt. Das hemmt natürlich auch.

Wie können sich Spiele weiter entwickeln, als Medium reifer werden?

Nun, was bedeutet denn reifer? Heißt das erwachsener? Es ist sicherlich ein weg für eine neue (oder die alte) Zielgruppe, aber dabei darf es nicht bleiben. Worauf kann man Reife also beziehen?
Zum einen wäre da das Gameplay. Ich weiß nicht ob es wegen des großen Medienbruders Film ist, aber Spiele orientieren sich zu sehr an den Filmen bzw. an der Realität. Hier fehlt es irgendwie an Mut und auch an Experimentierfreude. Was ich damit meine? Zum Beispiel der Faktor Zeit: wir kennen es höchstens aus Load/Save-Sequenzen und Zeit vorspulen, wenn es mal wieder länger dauert und langweilig wird. Hier zeigt Braid zum Beispiel, wie Zeitmanipulation aus einem mehr oder weniger normalem Sidescroller ein außergewöhnliches Spiel macht.
Oder ein anderer Aspekt wäre die Raummanipulation a la Portal. Daraus ließe sich einiges machen, wie ich finde. Was ebenfalls zum Thema Raum passt ist das Einbinden des Faktors Höhe, was auch als "vertical gameplay" bezeichnet wird. Die Wertigkeit in Spielen liegt in meinen Augen viel zu oft auf Realismus. Spiele müssen nicht und sollten auch nicht unbedingt real sein.

Zweitens könnte man den Faktor Technik nennen. Hiermit meine ich nicht zwangsläufig Grafik. Hier bestimmt nämlich auch zu oft der Fotorealismus das geschehen. Hab mal einen Kommentar gelesen, der besagte, dass die Grafik nur zu Marketingzwecken zu gebrauchen ist. Ist was wares dran. :lol:
Was lässt sich mit Technik noch machen? Da wäre die das Thema KI. Die verhält sich oft strunzdoof oder manchmal auch zu schlau/aggressiv. Eine gesunde Mischung zu finden ist sehr schwierig und wird noch zu wenig erreicht.
Ein anderer Technikaspekt ist die Physik. Leider ist PhysiX Nvidia-Exklusive, weswegen sich die wenigsten Entwickler an die Sache rantrauen. Schließlich würden sie dann die ganzen ATI-Nutzer außen vor lassen bzw. nur ein halbgares Spiel präsentieren. Kein Wunder, dass es bisher kaum berücksichtigt wird. Vielleicht schafft da DirectX11 ein bisschen Freiraum.

Als letzten Aspekt möchte ich mal den Punkt Story nennen. Auch hier gibt es mehrere Möglichkeiten. Man muss den Aspekt nicht nur auf Thriller, Drama oder ähnliches beziehen. Auch Humor/Komik kommt zu kurz. Auch hier lässt sich in meinen Augen noch einiges machen.

Warum sind bestimmte Aspekte, wie z.B. "Abenteuerlust" in Spielen so unterrepräsentiert?

Ich würde gar nicht mal sagen, dass "Abenteuerlust" unterrepräsentiert ist. In meinen Augen gibt es viele Spiele/Genres, die diesen Aspekt abdecken, wenn auch nicht unbedingt vorrangig. Man kann hier diverse Rollenspiele nennen (Gothic, Elder Scrolls-Reihe, BG, NWN etc.), Action-Adventures (Tomb Raider, Uncharted, Mafia) oder auch Strategiespiele (Anno, CIV, etc.). Das sind natürlich keine Indiana Jones-Spiele, aber der Aspekt "Entdecken" ist vielfältig und auch vielseitig abgedeckt. Ich glaube ein reines "Finde ein neue Welt und erkunde sie"-Spiel wäre auf Dauer vielleicht zu eintönig, langweilig, arbeitsintensiv und, was wahrscheinlich sehr wichtig ist: sehen die Entwickler überhaupt einen Markt für solche Spiele?
Die Frage, die man sich dann noch stellen kann, ist, was kann man überhaupt in Spielen entdecken? Gegenständer? Raum? Geschichte? Fremde Welten und Völker? In meinen Augen gibt es das alles.

Gibt es bei Spielen tatsächlich eine Sättigung in der Breite, die eventuell zu einer Erweiterung in der Tiefe des Spielerlebnisses führen?

Na ja, welche Spiele sind schon "breit" und in wie weit wird das genutzt? Ich glaube nicht, dass mehr Möglichkeiten = besser ist. Natürlich würde es mehr Spielereien seitens des Spielers zulassen, aber zum einen hemmt es den Spielfluss und zum anderen lässt sich über Sinn und Unsinn diskutieren. Hier interessiert mich sehr, wie Mafia 2 das Ganze löst. Mass Effect 2 scheint ja eher als ein negatives Beispiel gesehen zu werden (bezüglich Planeten scannen, Minispielchen). Ich kann bezüglich ME2 noch nichts sagen, da ich noch nicht so weit bin. Aber es zeigt, wie Anspruch und Umsetzung aneinander vorbeisegeln können. Das in meinen Augen blöde bei solchen Spielereien ist, dass sie vielleicht 1-3 mal noch Spaß machen. Aber danach werden sie lästig. Muss man sie nicht zwangsweise durchführen stellt sich durchaus die Frage, ob Entwicklungskosten in diese Richtung gerechtfertigt sind.
Die Spieltiefe hängt auch immer vom Spieler ab. Der eine kann eher in eine tolle Story abtauchen, der andere ist lieber in einer offenen Welt unterwegs.

So, sehr langes Teil. :lol: Mal sehen, wer sich das alles durchliest und dann auch noch darauf eingeht. Aber es bestätigt ja schon, was ich in meiner "Einführung" geschrieben habe.
Zur Lesesucht (Lesen von Romanen; Beyer 1794):
"Die erzwungene Lage und der Mangel aller körperlicher Bewegung beim Lesen, in Verbindung mit der so gewaltsamen Abwechslung von Vorstellungen und Empfindungen führt zu Schlaffheit, Verschleimung, Blähungen und Verstopfungen in den Eingeweiden, namentlich zu Hypochondrie, die (...) namentlich bey dem weiblichen Geschlecht, recht eigentümlich auf die Geschlechtsteile wirkt." (Spindler: Unter dem Pflaster. 1984)
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Pater Souter 1622 über Schach: "Es lehre den Straßenräuber Fallstricke zu spannen, ,macht den Frieden verhaßt und reizt zu den Waffen.' Nicht selten ist es Gegenstand der Beichte. (Ehn; Strouhal: Luftmenschen)
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jiyu
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Beitrag von jiyu »

Ich lese mir hier alles durch! :wink:
Aber vor Samstag schaffe ich das wohl nicht mehr.
Danke schon mal für die fundierten Beiträge. :Buch:
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Mindflare
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Beitrag von Mindflare »

Vandyre hat geschrieben:Warum sind bestimmte Aspekte, wie z.B. "Abenteuerlust" in Spielen so unterrepräsentiert?

Ich würde gar nicht mal sagen, dass "Abenteuerlust" unterrepräsentiert ist. In meinen Augen gibt es viele Spiele/Genres, die diesen Aspekt abdecken, wenn auch nicht unbedingt vorrangig. Man kann hier diverse Rollenspiele nennen (Gothic, Elder Scrolls-Reihe, BG, NWN etc.), Action-Adventures (Tomb Raider, Uncharted, Mafia) oder auch Strategiespiele (Anno, CIV, etc.). Das sind natürlich keine Indiana Jones-Spiele, aber der Aspekt "Entdecken" ist vielfältig und auch vielseitig abgedeckt. Ich glaube ein reines "Finde ein neue Welt und erkunde sie"-Spiel wäre auf Dauer vielleicht zu eintönig, langweilig, arbeitsintensiv und, was wahrscheinlich sehr wichtig ist: sehen die Entwickler überhaupt einen Markt für solche Spiele?
Die Frage, die man sich dann noch stellen kann, ist, was kann man überhaupt in Spielen entdecken? Gegenständer? Raum? Geschichte? Fremde Welten und Völker? In meinen Augen gibt es das alles.
In den Rollenspielen jagt man meist doch eher dem nächsten Level oder dem Loot hinterher, als der Lust, etwas zu entdecken. Automap und Qucksave nehmen zudem auch jedem Dungeon seinen schrecken. Gerade Zeigt ja Heavy Rain sehr schön, wie Konsequenzen in der Handlung eingebunden sein können. Dort natürlich in anderer Weise, als es in einem Abenteuerspiel denkbar wäre. Mir fehlt aber der Zwang, mich in den aktuellen Spielen z.B. für einen Gang zur Erkundung zu entscheiden. Man kann ja immer wieder zurück und den anderen anschauen. Ich möchte hier knappen Proviant, wirklich tödliche Fallen und Ähnliches. Das macht ein Spiel ja nicht sofort unfair oder schwer. Vielmehr gewinnt jede Entdeckung an Wert, da man eben nicht alles absuchen kann.
Action Adventures vermitteln manchmal den Geist eines Abenteuers schon recht gut. Die meisten sind trotzdem in ein recht Enges Korsett aus Story- und Levelgrenzen gezwängt.
Dein Beispiel mit Anno oder Civ finde ich allerdings sehr gut. Bei letzterem entscheidet auch mal der Erste Scout, der sich in unbekanntem Territorium bewegt, über die Startchancen einer Zivilisation. Auch danach entdeckt man immer mehr Neues.

Dem Rest deines Textes kann ich vollkommen zustimmen! Besonders der Einleitung.
goodbye
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jiyu
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Beitrag von jiyu »

Wie können sich Spiele weiter entwickeln, als Medium reifer werden?

Zuerst ist das Problem einer Definition von Reifung angesprochen worden. Ich denke, dass ein Aspekt unterschwellig bereits in beiden Kommentaren vorhanden war: Vielfalt.
Dies wäre wohl auch meine Definition von "reifer". Computerspiele ermöglichen dann vielfältigere Spielerlebnisse. Erlebnis hatte ich hierbei ganz allgemein verstanden, durchaus nicht konträr zu Immersion.
Ein Problem hierbei ist sicherlich, dass Computerspiele sich immer noch vornehmlich an ein jüngeres Publikum wenden. Vielfalt würde hier nicht bedeuten, dass Spieler sich weniger an ein jüngeres Publikum richten, sondern dass parallel dazu ein Angebot für ältere Spieler existiert. Dies kann sich ja nicht nur in der Hardcore-Strategiespielen oder Nintendo-Spielchen für den "Silver Gamer"äußern.
Immersion und Glaubwürdigkeit der Figuren spielen dabei sicherlich eine Rolle. Dragonball Z hat sicherlich keine gute Charakterzeichnung, aber für Zwölfjährige ist es deswegen noch nicht unglaubwürdig.

Was Vandyre ziemlich gut deutlich gemacht hat, ist das Computerspiele momentan an vielen Fronten kämpfen. weder bei Gameplay noch bei Technik oder Story hat man das Gefühl, dass hier aus dem Vollen geschöpft wird. Das lässt zum einen natürlich Raum für Verbesserung, zum anderen fallen mir für das Medium Film nicht sofort derartige Verbesserungsmöglichkeiten ein. Als Beispiele sind ja bereits Braid und Portal genannt worden. Mehr "entdecke die Möglichkeiten" als Imitation der Umwelt. :wink:
Für die "abstrakte Revolution" bei Computerspielen! Kampf dem Naturalismus! :lol:

noch ein anderer Aspekt:
Bei Filmen hat man oft das Gefühl dass man in die reale Welt zurückkehrt wenn sie in enden, ebenso bei Büchern. Jetzt kommt für mich aber erst entscheidende Prozess. Beschäftigen sie mich auch noch danach? Das hängt sicherlich davon ab. Ich könnte aber sowohl zu Büchern als auch für Filme jeweils 10 aufzählen, die mich noch lange darüber hinaus beschäftigt haben. Wie ist das aber bei Spielen? Manchmal, aber selten. ob ich 10 zusammengekommen bin ich mir aber nicht sicher trotz langer "Computerspielkarriere". Das ist sicherlich auch ein Aspekt von Reifung, im ganz klassischen Sinn als Erwachsenwerden verstanden. Das Spiele einem Anregungen für das eigene Leben geben können. dafür müssen sie aber wirklich mit ihren Nutzern reifen.
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jiyu
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Beitrag von jiyu »

Warum sind bestimmte Aspekte, wie z.B. "Abenteuerlust" in Spielen so unterrepräsentiert?

Challenge finde ich hier ganz passend. in Spielen geht es meist darum etwas zu tun um etwas anderes zu erreichen. Ich erledige eine Quest um dafür eine Belohnung zu erhalten, ich fahre ein Autorennen um Erster zu werden... die Tätigkeiten sind kein Selbstzweck! Aber umso etwas Ähnliches geht es bei Abenteuerlust. Ich tue etwas nur um diese Tätigkeit zu "erleben".
Oblivion hat das sicher, aber insgesamt ist es doch eher selten. Was mir hierbei noch einfällt, wäre "Outcast", meines Erachtens unerreicht in der Konstruktion von fremden Welten und Völkern. Hier kommt natürlich wieder das Problem der Glaubwürdigkeit im Spiel. Je mehr man gesehen hat umso anspruchsvoller wird man natürlich, umso ausgefeilter müssen die Konstruktion sein um zu überzeugen.
Ansonsten ist noch Schönheit wichtig. Bisher ist es oft so, dass schöne Welten konstruiert werden, aber nicht essenziell in das Spiel eingebunden.
Schönheit ist eher Beiwerk. Dabei nutzen selbst massentaugliche Filme, wie Avatar, diesen Aspekt massiv. Ich denke hier geht es nur zum Teil um Entdecken, und wenn dann wohl wirklich eher um die Entdeckung eines "Raumes". Dieser Raum muss es aber auch wert sein. Nicht durch einen Gegenstand dem er enthält oder durch eine Belohnung die man für seine Entdeckung bekommt, sondern durch etwas, das der Raum selber darstellt: Schönheit.
Das wäre dann das genaue Gegenteil von Challenge.
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alex9k
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Beitrag von alex9k »

Wie können sich Spiele weiter entwickeln, als Medium reifer werden?

Da sehe ich 2 ganz wichtige Faktoren :

Entwicklungskosten
Machen wir doch erstmal eine kleine Zeitreise wenige Jahre zurück zur Playstation 1. Weiß jemand, wieviele Titel für diese Konsole erschienen sind? Knappe 8.000. Das ist schon eine ganze Menge und klar ist auch, dass von diesen Titeln auch sehr viele die Mülltonne als Zielgruppe haben, aber andererseits enstand dadurch auch eine sehr große Vielfalt an Spielen. So wurden aus dieser Masse an Games auch ganz neue Genres geboren, wie z.B. Resident Evil den Survival-Horror begründet hat, oder Worms eine eigene Art vom Rundenstrategie. Ähnlich war es bei der Playstation 2 (z.B. wurde mit Devil May Cry eine Art stylisches Hack ' n Slay geboren), die zwar mit gut 4.500 Titeln immer noch sehr viele Spiele im Angebot hatte, aber dennoch sind das schon ca. 2.500 Titel weniger, als bei der Vorgänger-Generation. Zum Vergleich : Diese 2.500 Titel sind immer noch mehr als das 4-Fache von der Games-Anzahl der Playstation 3 (gut 600) und wir reden hier von einer Abnahme.

Woran liegt das?

Selbstverständlich hat das diverse Gründe, aber ich denke, dass nur 2-3 von schwerem Gewicht sind.
Zum einen ist natürlich klar, dass Entwickler gelernt haben, was gut ankommt und was nicht - starke Genres haben sich also rauskristallisiert. Zum anderen sind Genres auch teilweise verschmolzen. Wie Mindflare ja schon festgestellt hat, gibt es heute z.B. kaum noch reine Shooter, so findet man dort schon recht oft RPG-Elemente (ich erinnere mich da an die Präsentation von Borderlands : "The RPG and FPS made a baby").
Diese Entwicklung finde ich aber durchaus spannend und ich befürchte kaum, das reine Genres deswegen aussterben.
Ein anderer Grund für die abnehmende Games-Vielfalt sind aber wohl die gestiegenen Entwicklungskosten. Zu Pionierzeiten der Videogames bestand ein großes Entwicklerteam noch aus wenigen Bekannten, die sich in der Garage zusammengesetzt haben und heute arbeiten teilweise schon mehrere hunderte an einem Titel und investieren Gelder im dreistelligen Millionenbetrag. Auch wenn die Branche wächst und wächst, schwimmen Entwickler deswegen (noch) nicht in Geld. Von daher ist auch klar, dass man bei großen Investitionen auch möglichst auf der sicheren Seite sein will. Deswegen wird nur zu gern auf alt bewährtes gesetzt. Ein gutes Beispiel dafür ist Uncharted 2 : Es sieht toll aus, es macht viel Spaß und hat auch eine ganz nette Story - aber viel weiter entfernt von Innovation ist kaum möglich. Das heißt glücklicherweise nicht, dass es gar keine mutigen Entwickler mehr gibt (siehe Quantic Dream), aber sie sind im Vergleich zu vorherigen Generationen deutlich seltener geworden.
Bis man keine durchschlagende Möglichkeit gefunden hat, Entwicklungskosten deutlich zu reduzieren, wird dieser Prozess wohl noch weitergehen - aber ich bin sicher, dass sich eine so kreative Branche früher oder später etwas einfallen lassen wird.

Die erste Antwort, auf unsere Hauptfrage wäre also : Die Entwicklungskosten müssen irgendwie gesenkt werden.

Die Industrie ist sich dessen auch schon bewusst, so gab z.B. Yoshinori Kitase (Produzent von Final Fantasy 13) bereits zu, die Crystal Tools-Engine sei ein Fehler gewesen und man hätte besser bereits vorhandene Technologie weiterentwickelt. Zur Erinnerung : Das Spiel hatte viel Kritik erfahren wegen einiger vermisster Spielinhalte und sehr linearem Spielablauf, was seitens Square Enix mit zu hohen Entwicklungskosten begründet wurde. Andererseits setzen heute viele Entwickler auf die aktuelle Unreal Engine. Diese hat nämlich einige Vorteile, die das Entwickeln erleichtern, wie z.B. eine eigene, relativ leicht zu erlernende Sprache (UnrealScript) und eine UVM (Unreal Virtual Machine) (VMs haben idR. auch einige Vorteile, die das Entwickeln leichter und die Software universell machen, d.h. sie läuft auf möglichst vielen Systemen). Das alles hat die Folge, dass bestehende Technik und Hardware länger ausgereizt werden soll, als bisher. Viele Entwickler sind bislang auch davon ausgegangen, dass neue Generationen von Spieleplatformen immer bessere Grafik bieten müssen, was zu dem derzeitigen Dilemma in Sachen Ausgaben/Gewinn-Verhältnis geführt hat. Dass das nicht der Fall sein muss, hat Nintendo mehr als eindrucksvoll mit Wii und DS (Tabelle in der Mitte) gezeigt.

Aber nun zu einem weiteren Punkt zur Frage, wie Spiele sich weiterentwicklen könnten.

User generated Content
Weils so lustig ist, machen wir doch wieder eine Zeitreise. Diesmal ins Jahr 1998 und folgende, zurück zu Half-Life 1. Zu diesem Spiel gab es haufenweise Mods die das Spiel enorm aufgewertet haben und zudem (größtenteils) kostenlos waren. Teilweise sind daraus sogar ganze Spiele entstanden, wie z.B. Counter-Strike. Und auch zu anderen Games gab es zu der Zeit viel aus der Modder-Szene zu berichten. Ganz vorne mit dabei auch Titel wie z.B. Unreal Tournament, Quake 3, sowie auch Starcraft und Warcraft 3. Vorallem letztere haben wohl maßgeblich die Genres Tower Defense und DotA geprägt, aus denen sich ebenfalls eigene, teils kostenpflichtige Spiele entwickelt haben. Überhaupt gibt es bei Warcraft 3 eine schier gigantische Masse an kleineren Mods, die allein durch den Editor erstellt werden konnten (z.B. RPG-Maps) und (neben der hohen Beliebtheit des Multiplayers) einen nicht geringen Anteil dazu beitragen, das Game bis heute am Leben zu halten.
So viele Mods kann man für akutelle Spiele lange suchen. Natürlich gibt es sie weiterhin, nur hat die Vielfalt und die Masse abgenommen - wahrscheinlich aus den gleichen Gründen, mit denen auch die Industrie selber zu kämpfen hat. Aber auch hier wird momentan, vorallem von Sony ein interessantes Konzept verfolgt : Play Create Share. Die Grundidee ist wohl kaum eine neue, im Prinzip das gleiche wie die Custom Maps zu Warcraft 3, aber ein guter Weg um zum einen Communites zu beleben und zum anderen, das Spiel fast kostenlos (für beide Seiten) aufzuwerten. Aber auch andere Entwickler haben diese Idee im Auge,wie z.B. die Macher von Dante's Inferno. Sollten sich diese Konzepte als Erfolg herausstellen, so werden wir in Zukunft wohl des öfteren auf Games mit solchen Features treffen, die dieses auch noch weiter vertiefen. Somit bliebe den Fans der Games in Zukunft mehr von ihrem Spiel zu erwarten, als zusätzliche, kostenpflichtige und oft eher bescheidene DLCs.

Die zweite Antwort auf die Hauptfrage wäre also : Man sollte den Gamern möglichst viele Optionen geben, eigene Contents zu entwickeln.
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Kajetan
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Beitrag von Kajetan »

dinex9r hat geschrieben:Die erste Antwort, auf unsere Hauptfrage wäre also : Die Entwicklungskosten müssen irgendwie gesenkt werden.
Das ist ganz einfach: Think smaller!

Vor allem die Majors sind in einem selbstverschuldeten Teufelskreis gefangen, weil jedes neue Spiel BESSER und TOLLERER aussehen muss wie das vorhergehende. Da sitzen dann eben 300 Graphiker, Animationskünstler und Shader-Progger rum und wollen natürlich für ihre Arbeit adäquat bezahlt werden. Sicher, man kann bereits fertige Engines einkaufen. Man kann fertige Middleware einkaufen. Man kann bessere Projektplanungs-Methoden verwenden. Man kann bereits fertige Texturen einkaufen. Man kann Einzelarbeiten in Ländern mit geringen Löhnen outsourcen. Man kann auf Procedural Content setzen, den man vielleicht nur noch etwas nacharbeiten muss. Dennoch müssen die Spiele jedes Jahr noch bombastischer werden, weil die Käuferschicht,. für die die Majors ihre Produkte entwickeln, danach verlangt. Tut ein Major das nicht, gibt es massiven Backslash aus schlechter Mundpropaganda und entsprechenden Presseberichten, wo es überall einstimmig heisst: "Meh, sieht ja sowas von 2008-ig aus!". Ergo ... explodieren die Budgets.
Die Industrie ist sich dessen auch schon bewusst, so gab z.B. ...
Richtig. Man weiß es. Aber man kann nichts tun, da bei den börsennotierten Majors nicht die Entwickler und Branchenkenner das Sagen haben, sondern die Investoren, die nur Interesse an kurzfristigen Gewinn- und Umsatzzielen haben. Egal wie, egal welche Folgen dies nach sich zieht.

Sprich, von den Majors darfst Du keine Lösung dieses Problems erwarten. Da musst Du zu denjenigen schauen, die dieses Problem gar nicht erst haben, weil sie oft genug nicht in der Lage sind, für ihre Spiele wenigstens sechsstellige Beträge auszugeben. Nischen-Publisher, Indie-Entwickler, Küchentisch-Progger. DORT sehe ich die Zukunft des Computerspiels, denn nur DORT hat man die Freiheit auf etablierte Konventionen und Schubladen zu scheissen, neue Dinge zu umzusetzen, kontroverse Ideen zu verwirklichen, zu experimentieren.
Aber nun zu einem weiteren Punkt zur Frage, wie Spiele sich weiterentwicklen könnten.
User generated Content
Hängt direkt mit dem ersten Problem zusammen. Kreativ sein wollende User haben nur eine Grenze vor sich: Ihre eigene Kreativität! Man moddet um des Moddens willen, man lebt sich aus, man verfolgt unbedrängt die eigene Idee, egal wie schräg oder kaputt oder dumm oder grenzgenial diese auch sein mag. Je mehr Freiheiten der User beim Erstellen eigener Inhalte hat, umso kreativer kann er werden. Und mit "Freiheit" meine ich nicht das Anbieten komfortabler Dev-Tools und fleissige Unterstützung durch die Entwickler, sondern die Freiheit überall dort etwas zu verändern, wo er etwas verändern will. Das ganze Spiel kann umgekrempelt werden, komplett verändert werden, zu etwas gemacht werden, dass selbst der eigene Entwickler nicht mehr wiedererkennt. Und, ganz wichtig, der Modder sollte für seine non-kommerziellen Werke auch inhaltliche Narrenfreiheit haben! Nichts ist schlimmer für den kreativen Prozess als irgendein Anwalt, der einem mit einem Stapell voller Unterlassungserklärungen rumwedelt und alles verbietet, was nicht bei Drei auf den Bäumen ist. Der größte Bremser für User Generated Content ist ein vollkommen aus den Ufern geratenes Urheberrecht, das grundlegende Entstehungsprozesse kulturellen Schaffens erstickt und verhindert. Niemand, NIEMAND erschafft etwas Neues so aus dem luftleeren Raum. Alle stehen sie nur auf den Schultern von Riesen, alle schauen sie überall ab, lassen sich inspirieren und kopieren das, was ihnen gefallen hat, fügen ihr eigenes kleines Licht zur Summe des Lichts hinzu.

Von daher ... nach meiner Meinung sind die zwei größten Hindernisse in der Entwicklung des Computer-Spieles der Zwang der Major Publisher zum sicheren, planbaren Milliarden(!)-Umsatz (ab einer gewissen Konzern-Größe unabdingbar) und ihr Versuch, mit juristischer Unterstützung alles aus dem Weg zu räumen, was diesem Ziel auch nur theoretisch im Wege stehen könnte.
https://seniorgamer.blog/
Senior Gamer - Deutschlands führendes Gamer-Blog für alte Säcke!
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jiyu
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Beitrag von jiyu »

Ich halte mal fest:

Think smaller!
Kleinere Budgets, Indie-Entwickler

Don't think copyright-orientated!
Mehr Freiheiten für User Generated Content

Ich denke, dass beide Richtungen bereits umgesetzt werden. Zum ersten Punkt: Xbox Live Arcade und Playstation Network gehen auf den Konsolen in diese Richtung, auf dem PC gibt es das, soweit ich es überblicken kann, eigentlich schon immer (min. 90er Jahre).
Zum zweiten Punkt: Dass es nicht mehr so viele Mods für ein einzelnes Spiel gibt, wie seinerzeit für HL, mag sein, auch wenn ich mir da nicht sicher bin. Es liegt sicherlich auch daran, dass heute nahezu jedes Spiel einen Editor mitgeliefert bekommt, was natürlich die Kräfte nicht gerade bündelt.
Aber wird dort denn in der Modderszene so rigoros durchgegriffen, was copyright angeht? Man hört zwar immer wieder von hoffnungsvollen Fanprojekten, die eingestellt werden mussten, weil irgendein Publisher noch Rechte von annodunnemal im Schrank liegen hat :evil: . Aber wenn die Spiele mit Editor rausgehen, ist die Politik der Publisher doch eher ignorant bis unterstützend.

Wenn wir schon bei wirtschaftlich-juristischen Zusammenhängen sind. Beispiel aus der Filmindustrie: Christopher Nolan.
Sein erster größerer Film (Memento) hat ein Budget von 4,5 Mill. und spielt knapp 40 Mill. ein. Nächster Film (Insomnia) knapp 2 Jahre später Budget 45 Mill, Einspielergebnis 110 Mill.
Ergebnis: Nehmen Sie Platz, hier ist der Regiestuhl für den neuen Batman plus 150 Mill. zu ihrer Verfügung. 8)
In Hollywood werden kleinere Filme vorfinanziert (15 Mill. scheint hier die Grenze), die auch mal alternative Erzählweisen ausprobieren, und im Erfolgsfalle werden diese Leute auf Triple A Produktionen angesetzt.

Valve hat in der Vergangenheit ja ähnliches mit den Portal-Team gemacht. Es scheint aber keine sehr verbreitete Strategie zu sein. Sind die Umsätze in der Spieleindustrie noch nicht diesselben, oder sind einfach keine 4,5 Mill. über? mit 5-10 Mill. müsste man doch was ordentliches produzieren können? Sind sie in Hollywood risikofreudiger :roll: oder ist es wirklich so, dass ein Spiel nichts einbringt, sich nicht verkauft, wenn es nicht von einem Heer von Leuten produziert und noch mal genauso vielen Marketinglern promoted wird?
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pahell
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Re: sPIELkULTUR!(?) und Zukunft der Spiele

Beitrag von pahell »

Derzeit ist es so, dass Entwicklerstudios mit hunderten von Mitarbeitern an einem Projekt sitzen, es aber nicht hinbekommen, an ein Acht-Mann-Projekt wie beispielsweise Portal ansatzweise heranzukommen. Hier liegt das Problem an der derzeit stark verbreiteten Kreativitäts- und Innovationsfeindseligkeit im Massenmarkt. Es wird Wert darauf gelegt, Spiele möglichst simpel zu gestalten um ein größeres Publikum zu erreichen. Durch dieses Verhalten wird jedoch die Entwicklung des noch jungen Mediums Spiel stark ausgebremst. Daraus ist zu schließen, dass unabhängige Entwickler immer wichtiger werden.

Außerdem spielen Entwicklerstudios wie Team ICO ebenfalls eine sehr große Rolle. An der Spitze dieses Teams ist ein Mann: Fumito Udea. Kein Investor, sondern ein Visionär. Und genau solche Leute braucht diese Branche. Menschen die einem Ziel nachgehen, immer etwas neues entwickeln und immer wieder sich selbst übertreffen.
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alex9k
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Beitrag von alex9k »

@Kajetan

Ich glaub du siehst das zu eng. Ich habs ja schon gesagt. Die Spiele dieser Konsolengeneration tun sich optisch größtenteils nur wenig. Klar sieht man da Unterschiede, aber Sprünge wie z.B. von Far Cry zu Crysis sind da nicht zu erwarten. Und weil die Entwicklungskosten so stark gestiegen sind, sagen viele Entwickler und Publisher, dass sie auf einer neuen Generation vorerst gar nicht oder nur sehr wenig entwickeln würden.

Was die Community angeht, sieht man sehr häufig nur 2 Extrema :
1)Der Teil, der einfach voll auf Grafik abfährt und, wie du schon sagtest, immer besseres sehen will.
2)Der Teil, der nichts neues sehen will, sondern nur gute Spiele haben will und (zumnidest wird das behauptet) dem die Grafik völlig wurscht ist.
Gibt es denn da keinen Mittelpunkt?
Ich für meinen Teil sehe das so : Solang eine Bombastoptik im Rahmen des Möglichen ist, ist nichts daran verwerflich, wenn man diese auch durchsetzen will - ganz im Gegenteil. Ich finde auch, dass das Auge mitspielt ;). Dieser Rahmen meint aber auch, dass das Spiel selber nicht unter der guten Grafik zu leiden hat. Falsch wäre z.B. das, was Square Enix gemacht hat : Viel zu sehr auf Technik gesetzt und am Ende ists Spiel (laut eigenen Angaben) nicht mal fertig geworden. Sony selber hat mit God of War 3 oder Uncharted 2 gezeigt, dass und wie es auch anders geht.
(Auch wenn FF13 natürlich mehr Spielzeit bietet : überschätzt den Umfang vom technischen Aufwand nicht).

Und was das Urheberrecht angeht : da hast du völlig Recht - es ist aus den Ufern geraten. Ich selber sprech schon immer von einer Urheber-Diktatur ;)
Aber um ganz ehrlich zu sein : Ich glaube kaum, dass dies der größte Bremser von UGC ist. Wenn man von diesem Content möglichst viel sehen will, müssen die Leute auch in der Lage sein, möglichst schnell und leicht diesen erstellen zu können. Die haben mit moderner Technik die gleichen Probleme, wie die Entwickler : neue Technik erfordert mehr Aufwand und der muss irgendwie zu bändigen sein. Also ist es essentiell, dass, wenn man viel UGC haben will, die Tools möglichst leicht und einfach zu bedienen sind. Das Einschätzen vom Maß zwischen Einfachheit und Komplexität solcher Tools für die entsprechenden Spiele überlass ich aber den Entwicklern.

@jiyu & Isamu - was Risikofreudigkeit und Innovation angeht :
Ja, ich denke Hollywood wird da momentan risikofreudiger sein - die haben im Laufe der Jahre genug Kohle angeschaufelt, um sich solche Sachen zu wagen. Bei der Spieleindustrie kann ein geflopptes Spiel schon für den Untergang eines Studios sorgen. Irgendwann werden die sich aber schon noch ein dickeres Polster heranentwickelt haben, sodass man dass auch häufiger sieht. Das heißt aber jetzt nicht, dass es sowas gar nicht gibt. Denkt mal an EAs "Mirror's Edge", oder an Quantic Dreams "Fahrenheit", was sogar, trotz eher mäßigen Verkaufszahlen einen (wenn auch inoffiziellen) Nachfolger "Heavy Rain" bekommen hat, oder From Softwares Demon's Souls, wobei wir hier generell den Publísher Atlus nennen können, der ohnehin schon den Ruf hat, sehr speziell zu sein. Und natürlich darf mank, wenn man sowas redet, den Herrn Molyneux nicht vergessen. Ansonsten hast du ja selber Team ICO erwähnt.
Gut, wir sehen hier keine schiere Masse an mutigen Entwicklern, aber immerhin : es gibt sie!

Und ich denke, mit dem Wachsen der Branche und des Marktes, werden auch solche Entwickler in Zahl und Größe mitwachsen, sowie auch mehr unabhängige und ehrenamtliche Entwickler sich neuer Spiele annehmen.

Dabei sei aber angemerkt, dass man Innovation auch nicht überschätzen sollte. Wenn ich Dikussionen darüber les, kommt mir oft der Eindruck, dass viele Spieler nur noch innovative Games wollen. Ich meine, solange es Innovation gibt, kann es doch auch ruhig Entwickler geben, die auf bestehendes und gut funktionierendes Setzen, wie es z.B. Naughty Dog mit "Uncharted 2" getan hat. Ich wär da für ein gesundes "sowohl als auch" :-)
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Alking
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Re: sPIELkULTUR!(?) und Zukunft der Spiele

Beitrag von Alking »

jiyu hat geschrieben: Warum sind bestimmte Aspekte, wie z.B. "Abenteuerlust" in Spielen so unterrepräsentiert?
Das ist eine Frage, die ich mir schon seit Jahren stelle.

Wo sind die "Adventure" hin? Warum gibt es sowenige Spiele, in denen ich ein Abenteuer erlebe? Filmvorlagen könnten zum Beispiel Indiana Jones Filme seien oder auch Tomb Raider. Ich hätte gerne eine Spiel, in dem ich ein Abenteuer erlebe, Rätsel löse, Action bekomme, Schätze finde und irgendwas weltbewegendes selber "bewege". Sowas fehlt mir und gibt es bis dato wohl nur bei Uncharted.
Diese klassischen Adventure sind einfach untergetaucht, leider. Ich hoffe dass da bald nachgebessert wird. Denn ein Game, in dem ich wirklich Abenteuerhungrig vor dem TV sitze, was mich fesselt und wirklich voran treibt in der virtuellen Welt was tolles zu durchleben, das fehlt mir noch.
Sicher kommen einige Games dran, aber eben nicht in ausgewogener Perfektion.
Xbox Series X (25.07.21 - 20.01.2022) | PlayStation 5 (ab Release)
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