Spielejournalismus am Endpunkt?

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Jörg Luibl
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Re: Spielejournalismus am Endpunkt?

Beitrag von Jörg Luibl »

Hi organica,

deine Beiträge sind natürlich willkommen - auch wenn sie Rassismus, Sexismus in alten Spielen etc. betreffen. Es ging nicht darum, dass diese Themen angesprochen wurden, sondern um die Art und Weise, wie ein User eine alte Debatte zum Spielejournalismus wieder entfachen wollte, die ich mit ihm bereits an dieser Stelle im Forum ausführlich palavert hatte.

Warum sollte uns die Diskussion ansonsten stören? Wir haben z.B. die Perspektive der Frau innerhalb der Spielkultur schon vor 15 Jahren thematisiert, darunter einige Gastbeiträge wie "Das dumme Geschlecht: Frauen in Spielen" https://www.4players.de/4players.php/di ... piele.html - übrigens lange vor und anders als Sarkeesian. Weil du den Sexismus in Metal Gear erwähntes, zitier ich mal Seite 5 von meiner Kritik an Tomb Raider Underworld aus dem Jahr 2008:

"Das fängt schon bei Kleidung und Animationen von Lara an und hört bei ihren naiven Kommentaren mit Rehblick auf: Warum muss sie wie ein Schimpanse ihren nur von einem Fetzen Neopren geteilten Hintern immer wieder penetrant in die Kamera strecken? Soll das sexy sein? Nichts gegen attraktive Polygonladys, aber hier wird Lara einfach billig inszeniert. Man muss sich fragen, ob man das Image als Sexsymbol oder als Videospielcharakter stärken will. Für Lara wäre Letzteres wesentlich wichtiger, denn die Zeit, in der man mit polygonalen Titten und Ärschen vielleicht noch faszinieren konnte, weil es neu war, sind eindeutig vorbei."
https://www.4players.de/4players.php/di ... world.html

Aber es stimmt, dass Sexismus in der Spielebranche allgemein damals noch kein Thema war - so eine Betrachtung von Lara findest du vermutlich in kaum einem Magazin von anno 2008; schon gar nicht gedruckt; und auch online müsste man suchen. Die Spielepresse und das digitale Feedback über Influencer, YouTuber etc. haben sich natürlich entwickelt, die Gesellschaft hat anderen Antennen ausgefahren: Wenn diese Lara Croft heute genauso "arschig" zurückkehren würde, könnten wir sicher sein, dass es mehr als nur ein, zwei kritische Stimmen geben würde.

Grundsätzlich sind alle neuen Perspektiven auf alte Spiele ein Gewinn - auch die, die ich nicht teile. Nur muss man auch respektieren, wenn wir mit unseren 20 Jahren Erfahrung und vor allem unserer Position als Test- und News-Magazin nicht jeden Ansatz aus der Filmkritik oder den Game Studies sinnvoll finden. Oder wenn aus unserer Sicht der Rassismus bisher eben kein Leitmotiv oder strukturelles Problem der Spielewelt war - was noch lange nicht heißt, dass es keinen gegeben hätte.

Wir haben im Talk dargelegt, wie unsere Arbeitsweise bei 4Players ist und was wir über das Thema Remaster und Remakes denken. Dabei stehen praktische, aber auch spielkulturelle Blickwinkel im Vordergrund, die etwas mit Mentalität, Zeitgeist und Tradition zu tun haben. Selbst das entwickelt sich ständig und hängt natürlich immer vom jeweiligen Standpunkt des Testers ab. Alte Spiele spalten genauso wie neue.;)
ThomasRaptor
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Re: Spielejournalismus am Endpunkt?

Beitrag von ThomasRaptor »

Sehr gute Worte, organika!

Und wenn ich von Spielejournalismus rede, meine ich nicht zwangsweise 4players. Ich bin gerade deshalb in diesem Forum, weil ich hier noch Potential sehe im Vergleich zu den deutschsprachigen Mitbewerbern. Jörgs Videos und Texte gehen schon in eine gute Richtung. Das habe ich hier auf den ersten Seiten auch geschrieben.

Rassismus blind auszuschließen bzw. überhaupt die Möglichkeit dessen, ist sehr irritierend. In seiner Position als langjähriger Chefredakteur hätte ich mir ein offeneres Verhalten gewünscht. Hier wurde ja versucht, diese Beobachtungen direkt auszureden.

Und ja, Themen entwickeln sich manchmal: Remaster und Remakes, Rassismus, Street Fighter 2, MGS, Wolfgang M. Schmitt, Otto-Filme, Spielejournalismus.

Und wenn sich die Spieletester als Spielekritiker bezeichnen, dann handelt auch dementsprechend. Mich ärgert es, wenn diese Begriffe scheinbar als Synonym verwendet werden (auch bei Film-Youtube-Kanälen). Ja, es klingt besser, sich als "Kritiker" zu betiteln. Das erinnert vom Terminus her an große Literaturkritiker wie Marcel Reich-Ranicki. Mir geht es hier eben auch um Genauigkeit in der Sprache.

Ich wäre gerne bereit, hier weiter zu diskutieren. Wenn jedes Wort aber sofort als zerstörerischer Angriff berwertet wird, ist eine Diskussion kaum möglich- oder gar die Cahnce einen neuen Diskurs zu gestalten.
Zuletzt geändert von ThomasRaptor am 07.10.2020 11:04, insgesamt 1-mal geändert.
ThomasRaptor
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Re: Spielejournalismus am Endpunkt?

Beitrag von ThomasRaptor »

4P|T@xtchef hat geschrieben: 07.10.2020 10:45 Hi organica,

deine Beiträge sind natürlich willkommen - auch wenn sie Rassismus, Sexismus in alten Spielen etc. betreffen. Es ging nicht darum, dass diese Themen angesprochen wurden, sondern um die Art und Weise, wie ein User eine alte Debatte zum Spielejournalismus wieder entfachen wollte, die ich mit ihm bereits an dieser Stelle im Forum ausführlich palavert hatte.
Du hast lediglich ein paar Sätze hier geschrieben. Die angekündigte, große Bestandsaufnahme zum Spielejournalismus blieb leider aus.
Es wurden demnach wenige Sätze mit einem User (Habe ich keinen Namen? So wie organika) gewechselt.
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Jörg Luibl
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Re: Spielejournalismus am Endpunkt?

Beitrag von Jörg Luibl »

Spannend, dass jemand auf einen "Diskurs" und "Genauigkeit in der Sprache" pocht, der nicht richtig liest. Nur um mir zu unterstellen, ich würde Rassismus "blind ausschließen". Und gleichzeitig eine "große Bestandsaufnahme" verlangen? Das wird langsam unverschämt. Meine Offenheit hat übrigens dafür gesorgt, dass wir überhaupt bis zu dieser Stelle diskutiert haben. Nur ist meine Geduld mit dieser Art von Diskussion vorbei.

Das nächste Mal sprechen wir auf 4Players.de über den Status quo der Spielepresse.
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