Videospiele Kunst? Oder doch nicht?

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Hardtarget
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Beitrag von Hardtarget »

spätestens wenn das hier erscheint : http://www.gametrailers.com/video/e3-09-the-last/50352

wird sich die frage wohl niemand mehr stellen.....
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Wulgaru
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Beitrag von Wulgaru »

Die Frage muss sich auch jetzt im Grunde keiner mehr stellen. Last Guardian wird bestimmt ein absolut großartiges Kunstwerk, aber schon die indirekten Vorgänger sind ja bereits welche. Es kommt bei der Kunstdebatte in erster Linie darauf an, wie Spiele außerhalb der Gamerschaft wahrgenommen werden.

Gerade durch die Downloadgames haben in den letzten Jahren viele Entwickler die Möglichkeit kreative Ideen umzusetzen, wenn aber in der Öffentlichkeit nicht über Last Guardian oder Fragile Dreams geredet wird, sondern über Gewaltszenen im neuen COD, wird sich das Image der Games auch nicht ändern.

Das ist eben der Nachteil an der momentanen Shooterlastigkeit im Mainstream. Öffentlich werden nur Gewaltspiele wahrgenommen. Daher ist die Existenz der Wii für die Gaming-Szene glaube ich sehr wichtig. Nur wenn eine Basis da ist, kann sich das Verhältnis Gaming und Öffentlichkeit langsam verschieben.
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Bluewoodtree
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Beitrag von Bluewoodtree »

Das kann man schlecht pauschalisieren, finde ich. Wie in jeder Branche gibt es auch hier Spezialfälle und schwarze Schafe.
Manche Spiele sind eben "mehr Kunst" als andere.

Es kommt natürlich auch darauf an, wie man Kunst definiert. Für mich ist Kunst etwas, das durch menschliche Kreativität geschaffen wurde und etwas darstellt, das im besten Falle die Fantasie des Betrachtes/Konsumenten anregt und ihn dazu bringt, sich gedanklich damit zu beschäftigen.

So gesehen ist dann jedes Buch, jeder Film, jede Skulptur, jedes Videospiel usw. Kunst.
Wieviel Kunst letztendlich aber darin steckt, ist dann dadurch gegeben, wieviel kreative Arbeit darin steckt. Denn nicht jedes lieblos dahingekritzelte
Manuskript ist gleich Kunst.

Und natürlich spielt auch der kulturelle Aspekt eine Rolle. Da Videospiele noch relativ jung sind, ist halt noch nicht die große kulturelle Prägung gegeben. Aber nichtsdestotrotz zweifel ich nicht daran, dass sich das nicht irgendwann ändern wird.
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DM1664
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Beitrag von DM1664 »

@Wulgaru

Das stimmt alles was du schreibst. Allerdings ist es wie bei allem. Wenn ich so z.B. an die Metalszene denke, wird diese in der Öffentlichkeit als gewaltverherrlichend, rassistisch usw. wahrgenommen und immer wieder in Verbindung zu irgendwelchen Amokläufen gebracht. Jeder der sich wenigstens ein bißchen damit auskennt, weiß dass das Humbug ist.

Genauso verhält es sich m. E. mit Videospielen. Unnötige Gewalt wird in Videospielen von der weit verbreiten Meinung groß geschrieben...wird diese Theorie von so einigen Politikern und Medien (ich denke grad an Frontal 21) unterstützt und das auch nur bei voranggegangen Ereignissen (z.B. Gewalt von Jugendlichen). Ansonsten interessiert es, auf gut Deutsch, keine Sau wie sich derzeit die Videospiel-Szene entwickelt.

Wahrscheinlich wird sich das Gesamtbild der Videospiele in der Öffentlichkeit von allein verändern, spätestens dann, wenn einflussreiche Persönlichkeiten selber die Gelegenheiten hatten in ihren jungen Jahren an der "Szene" Anteil zu nehmen. Aber dafür sind, wie Ikar zurecht geschrieben hat, Videospiele sicherlich noch zu jung.
"Zitate in der Signatur sind wirklich albern und überflüssig."
P. Machinery

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Worrelix
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Re: Videospiele Kunst? Oder doch nicht?

Beitrag von Worrelix »

@ "Was ist Kunst?"
Kunst ist das, was der Schaffende als solche bezeichnet.
Dies muß er nicht explizit tun, es reicht, wenn er es der Öffentlichkeit präsentiert.

So kann der Künstler beispielsweise ein Pissoir auf den Boden legen und sagen: "Das ist mein Kunstwerk" - und Zack: schon ist Kunst, was eben noch Gebrauchsgegenstand war.

Wieviel der Künstler selbst zu seinem Kunstwerk beiträgt oder ob er die jeweilige Kunst beherrscht, ist völlig irrelevant für die Frage, ob es denn Kunst ist.

Natürlich gibt es Kunst, die gefällt und welche, die nicht gefällt (wem auch immer).
Ebenso gibt es gute wie schlechte Kunst.
Oder Kunst, bei der sich der Künstler mit Metaphern und großartige Bedeutungen und Interpretationen, die auf eine umfangreiche Aussage hindeuten, ganz, ganz viel gedacht hat - aber ebenso gibt es auch Kunst, wo der Künstler einfach das Schaffen /das Kunstwerk schön findet oder schlicht aus seinem eigenen Selbstverständnis meint: "Das muss so sein.", ohne sich jetzt großartig was dabei zu denken.

Fazit: Die Rezipienten (Zuschauer, Betrachter, Hörer ...) können gar nicht beurteilen, ob etwas Kunst ist, sondern nur, ob es ihnen zusagt.


@ "Spiele=Kunst?"
Ja klar, wieso sollten nur Film, Buch, Bild und Ton Kunst sein und eine interaktive Mischung dieser Künste plötzlich keine mehr sein?


@ "Hakenkreuze"
Hakenkreuze müssen nicht sein.
Ein Wolfenstein mit "Wolfssekte" wäre genausogut wie ein Wolfenstein mit "Nazis" - vor allem, wenn der Bezug durch ähnliche Namen, Zeit und Orten des Spiels und sonstige Symbolik deutlich auf "Wolfssekte=Nazis" verweist.

Aber:
Wenn der Hersteller (der Künstler/die Künstlergruppe) beabsichtigt, das Spiel so herzustellen, daß in dem Spiel Nazis als Nazis vorkommen und nicht als Metapher ("Wolfssekte"), die beim Spieler den Gedankengang "Wolfssekte => Nazis" ausläsen soll - sprich: wenn das nicht die originale Intention des Herstellers ist, dann sollte meines Erachtens auch nicht eine "Wolfssekte" per Notlösung ins Spiel reingebracht werden müssen.
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breakibuu
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Beitrag von breakibuu »

Hardtarget hat geschrieben:spätestens wenn das hier erscheint : http://www.gametrailers.com/video/e3-09-the-last/50352

wird sich die frage wohl niemand mehr stellen.....
Nur weil ein Spiel anders ist als der Rest ist es keine Kunst.
Mit Kunst will man irgendetwas ausdrücken und das tun Spiele einfach nicht.
Die Entwickler wollten weder mit Last Guardian, Okami oder Half-Life 2 irgendetwas vermitteln oder ausdrücken,
deswegen sind sie für mich auch keine Kunst.
Das einzige Spiel was auch nur annähernd in die Richtung Kunst geht wäre Metal Gear Solid.

Aber wie gesagt, das ist nur meine Definition von Kunst. Und die schließt weder Videospiele, noch Hollywood-Blockbuster oder J-Pop mit ein
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Wulgaru
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Beitrag von Wulgaru »

breakibuu hat geschrieben: Das einzige Spiel was auch nur annähernd in die Richtung Kunst geht wäre Metal Gear Solid.

Aber wie gesagt, das ist nur meine Definition von Kunst. Und die schließt weder Videospiele, noch Hollywood-Blockbuster oder J-Pop mit ein
Ich kenne zwar nur Teil 1 und 2, aber das sind im Grunde nur normale Actionfilme meiner Meinung nach. Cineastisch okay, aber nichts was einem Stirb Langsam nicht auch bieten würde. Ich sehe die Aussage von MGS nicht und habe ehrlich gesagt Zweifel daran das sich das in den letzten beiden Teilen geändert hat.

Wenn Kunst für dich etwas ausdrücken bzw. aussagen muss, kannst du aber nicht die gesamte Videospiellandschaft über einen Kamm scheren. Killer 7 und No More Heroes drücken etwas aus, andere Spiele könnten genannt werden.
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breakibuu
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Beitrag von breakibuu »

Wulgaru hat geschrieben:
Ich kenne zwar nur Teil 1 und 2, aber das sind im Grunde nur normale Actionfilme meiner Meinung nach. Cineastisch okay, aber nichts was einem Stirb Langsam nicht auch bieten würde. Ich sehe die Aussage von MGS nicht und habe ehrlich gesagt Zweifel daran das sich das in den letzten beiden Teilen geändert hat.

Wenn Kunst für dich etwas ausdrücken bzw. aussagen muss, kannst du aber nicht die gesamte Videospiellandschaft über einen Kamm scheren. Killer 7 und No More Heroes drücken etwas aus, andere Spiele könnten genannt werden.
Naja, bei MGS gehts ja um dem Willen zum Leben und sowas. Aber das ist halt alles nur oberflächlich.
Wie du schon sagtest, es geht primär um Krachbumm.
Zu Killer 7 und No More Heroes kann ich nix sagen, hab ich beides nie gespielt. Aber von dem was ich gesehen hab, ists jetzt auch nix besonderes - vom Grafikstil her mal abgesehen
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Wulgaru
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Beitrag von Wulgaru »

breakibuu hat geschrieben: Zu Killer 7 und No More Heroes kann ich nix sagen, hab ich beides nie gespielt. Aber von dem was ich gesehen hab, ists jetzt auch nix besonderes - vom Grafikstil her mal abgesehen
Bei beiden Games handelt es sich um beißende Grotesken. Killer 7 durchaus auf die gesamte japanische Gesellschaft zielend, beide Spiele auf jeden Fall allgemein auf die NERD/Gaming-Culture bezogen. Gerade wenn man weiß nach welchen Belohnungs-, Motivations- und Gewaltstrukturen Videospiele funktionieren, fällt einem das auf.

Ich bin bei Games auch eher einer von der "Lasst die Kirche mal im Dorf" - Fraktion, aber diesen beiden Spielen einen Kunststatus abzusprechen dürfte schwer fallen.
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breakibuu
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Beitrag von breakibuu »

Wulgaru hat geschrieben: Ich bin bei Games auch eher einer von der "Lasst die Kirche mal im Dorf" - Fraktion, aber diesen beiden Spielen einen Kunststatus abzusprechen dürfte schwer fallen.
Oder du interpretierst einfach nur ein bisschen viel in die Spiele hinein.
Ich mein, mit nem bisschen Biegen könnte ich auch in Gears of War eine Kritik an einer männlich dominierten Gesellschaft hineininterpretieren
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-Keule-
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Beitrag von -Keule- »

breakibuu hat geschrieben:
Wulgaru hat geschrieben: Ich bin bei Games auch eher einer von der "Lasst die Kirche mal im Dorf" - Fraktion, aber diesen beiden Spielen einen Kunststatus abzusprechen dürfte schwer fallen.
Oder du interpretierst einfach nur ein bisschen viel in die Spiele hinein.
Ich mein, mit nem bisschen Biegen könnte ich auch in Gears of War eine Kritik an einer männlich dominierten Gesellschaft hineininterpretieren
Wer Herr der Ringe mit Naziideologie zusammenbringt interpretiert zu viel (und ist wahrscheinlich unterbelichtet), aber bei No More Heroes sind die angesprochenen Aspekte doch eher von der >In your face!< Sorte. Wie viel man den Spielen nun zuschreibt (Killer 7 hab ich nie gespielt) sei jedem selbst überlassen, aber zumindest unter meine Vorstellung von Kunst fallen sie definitiv.
TitsMcghehey
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Beitrag von TitsMcghehey »

Videospiele und Kunst? Dazu sag ich nur soviel:

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Das ist für mich Kunst:

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Chibiterasu
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Beitrag von Chibiterasu »

Goddamn Electric hat geschrieben:Videospiele und Kunst? Dazu sag ich nur soviel:

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Das ist für mich Kunst:

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Naja, mich lassen beide Bilder ziemlich kalt - aber wo soll hier der große Unterschied sein außer in der Entstehungs-Technik??

van Gogh hat ebenso üben müssen und jahrelang seinen Stil weiterentwickelt. Mir persönlich gefällt der Pointillismus trotzdem nicht.

Die Programmierer und 3D-Modeler des Axt-Spiels (Manhunt..?) haben auch ihr Handwerk gelernt und bringen so ihre Ideen auf den Bildschirm. Die mir auch nicht zusagen.

Für mich steht das Ganze eigentlich gar nicht zur Diskussion, da brauch ich nicht krampfhaft irgendwelche Indie-Spiele nennen um davon überzeugt zu sein, dass Spiele Kunst sind.
Wundert mich sehr, dass Spieler in diesem Forum das noch anders sehen.

Wie hier schon gesagt wurde, subsummiert das Videospiel mehrere Kunstformen wie Musik, Film, Buch und erweitert sie um die Interaktivität.
Wieso soll das dann keine Kunst mehr sein?

Für mich ist alles was irgendwie mit dem Ziel Leute zu unterhalten und in ihnen Emotionen auszulösen erschaffen wurde Kunst.

Ob es einem zusagt entscheidet dann der persönliche Geschmack - aber deswegen ist es doch nicht weniger Kunst.

Wie kreativ ein Werk ist, ist eine andere Sache. Der Kapitalismus verwässert den Kunstgedanken natürlich stark, weil sehr auf Erwartungshaltung des Konsumenten Rücksicht genommen wird.

Da seh ich dann auch Spiele wie Killer 7 als wertvolleren kulturellen Beitrag als ein CoD MW 2.

Und Kunst mit Können gleichzusetzen geht überhaupt schnell schief, weil gerade das Dilettantische sehr charmant sein kann und mich sehr oft am allermeisten bewegt.
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Worrelix
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Beitrag von Worrelix »

-Keule- hat geschrieben:Wer Herr der Ringe mit Naziideologie zusammenbringt interpretiert zu viel...
Wirklich?

Ich meine jetzt nicht die Absicht des Autors - Tolkien hat das Verständnis des HdR als Abbild realer Kriege irgendwo ausdrücklich verneint.


Aber faschistoide Grundgedanken sind in Fantasie Szenarien gang und gebe:
Elfen hassen Orks und sehen verachtend auf die niederen Menschen herab und Trolle sind eh alle Freiwild, obgleich sie doch ein (wenn auch nur ein wenig) Bewußtsein jenseits von "was fresse ich heute?" haben und mit Menschen, elfen, orks & Co kommunizieren können.

Womit ich jetzt nicht den jeweiligen Autoren faschistoide Züge unterstellen möchte - "damals" war es halt so (Die meisten Fantasy Szenarien sind ja inspiriert vom Mittelalter), und es ist immerhin noch keine hundert Jahre her, daß man als Politiker Sätze sagen konnte wie:

"Jeder Schuss ein Russ, jeder Stoß ein Franzos, jeder Tritt ein Britt, jeder Klapps ein Japs."

... wenn sich das heutzutage ein Politiker/eine Partei erlauben würde ...
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Wulgaru
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Beitrag von Wulgaru »

Es gibt genauso gut Interpretationen von HDR als Abbild des zweiten Weltkrieges Sauron aka Hitler. Tolkien hat sich davon in seinem letztem Vorwort ganz klar distanziert. Er hat gesagt, wenn die Handlung ein Abbild der Realität wäre, hätten die "Guten" den Ring eingesetzt. Dies sei aber nicht der Fall.

Da Tolkien ja vor allem in der 68er Zeit aufgekommen ist, kann man da auch jede Menge Natursehnsuchts-Hippie Motive hinein interpretieren.
Oder man sieht es einfach als gutes Buch. :wink:
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