Gewalt in Videospielen

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greenelve
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von greenelve »

Nanimonai hat geschrieben:
greenelve hat geschrieben:Bei American Psycho bekommt man eine Einsicht, in ein fremdes Denkmuster, das eines eiskalten Mörder. Es besteht aber immer die Distanz, es handelt sich um jemand anderes. Bei Hatred ist man aber selber der Psycho.
Das kann man durchaus in Frage stellen. Wir sind uns sicherlich alle bewusst, dass wir selbst nicht der langhaarige Killer mit der tiefen Stimme sind, wir steuern ihn lediglich.
Fraglich auch, ob die Identifikation mit den handelnden Personen in Spielen durch die Interaktivität wirklich stärker ist als in Filmen oder Büchern. Auf einem emotionalen Level tendiere ich dazu, das nicht zu sagen, da ich bei Filmen und Büchern schon deutlich mehr Tränen vergossen habe und innerlich aufgewühlter gewesen bin als bei jedem mir bekannten Spiel.
Filme und Bücher verstehen es deutlich besser Emotionen anzusprechen. Zudem stehen wir als Spieler uns bei Games auch selber im Weg. Anstatt das Werk als solches hinzunehmen werden auch technische Aspekte und die Mechaniken geachtet. Zweiteres ist Fluch und Segen zugleich, es sorgt für die Distanzierung zum Geschehenen und es sorgt zum Abstand, damit die Gefühlswelt überhand nimmt und Emotionen wirken können.
Wer setzt sich beim Lesen eines Buches mit Satzstruktur, Partizip und Prädikat auseinander, wie es bei Spielen mit der Technik gemacht wird?
Erst wenn man all das vergisst und sich auf das Spiel einlässt, entwickelt man auch eine emotionale Bindung und kann bei traurigen Stellen weinen.
Spiele sprechen einen auch immer direkt an. Bücher und Filme reden mit ihren eigenen Figuren, Spiele immer direkt mit dem Spieler. (es gibt bei Büchern Ausnahmen, wenn der Erzähler in dritter Person von sich und dem Leser erzählt, um ihn stärker einzubinden. Wird vor allem gern für Authentität gemacht)

Den Effekt gibt es auch bei Filmen, wenn Spezialeffekte, CGI, das Bild dominiert und man nur noch auf die schöne Grafik achtet. Horrorfilme können davon ein Lied singen, sind die alten Filme, von vor 20/30 Jahren, atmosphärischer als heutige, die Computereffekte benutzen.

ps: Was die Identifzierung und Distanzierung angeht, natürlich sind wir uns bewusst, nicht der Killer selber zu sein. Das ist die Fähigkeit des Differenzierens. Und bei einem "gesunden" Menschen klappt das auch. Dennoch lassen sich Fälle feststellen, wenn Leute den Überblick verlieren und ein Verschwimmen stattfindet. So gab es in den 1970ern eine Kung Fu Welle, ausgelöst durch Bruce Lee Filme...woraufhin Kampfsportclubs starken Zulauf verzeichnen konnten. Oder wer ist noch nie aus dem Kino gekommen und hat Szenen nachgespielt. Oder Sprüche. Aber immer wissend, was die Konsequenzen sind und welche Grenze, trotz der Verschmelzung von Realität und Fiktion, eingehalten werden muss. ....zumindest fast, wenn sich Leute auf der Straße umdrehen und auch die eigenen Freunde meinen, man benehme sich seltsam und solle es lassen.
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Seit wann ist es Sinn und Zweck der Kunst Tabus zu brechen? Kunst ist doch ein kreativer Prozess, oder dessen Ergebnis. Es gibt Kunstfreiheit, um Einschränkungen der Kreativität zu verhindern bzw. die darin zu Grunde liegende Meinungsfreiheit, der Künstler will etwas ausdrücken, zu schützen. Aber was ist mit Kunst, die keine Tabus bricht, hätte sie dann nicht ihren Sinn und Zweck verfehlt? :/

Und tabuisiertes und verfassungswidriges lässt sich doch auch über die schnöde Meinungsfreiheit thematisieren, es muss nicht immer ein Kunstwerk selbst sein.
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mr archer
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von mr archer »

Hm. Man sollte ja im Internet immer ein bisschen abwarten. Im Zweifelsfall lösche ich es morgen wieder. Aber das hier ist wohl das Facebook-Profil eines der Menschen hinter "Hatred":

https://www.facebook.com/people/Jarosła ... 5203576003

Auch interessant, wenn auch ebenfalls weiterer Unterlegung bedürftig, da als Quelle natürlich politisch eindeutig verortet:

http://fucknovideogames.tumblr.com/post ... -neo-nazis


Doch. Ich hab ein gutes Gefühl bei den Jungs.


Edit: Whatever. Das Ding geht gerade in den News-Spalten hoch wie eine Bombe. Morgen redet sowieso die gesamte Branche drüber. Angesichts des bereits gebrachten Zitats von der Spielseite (Politically correct - Nachtigall ick hör da trapsen) und der langsam reinkleckernden Recherchen zu den Menschen hinter dem Spiel lehne ich mich mal aus dem Fenster:

Frei.Wild

Das wird lustig.
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greenelve
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von greenelve »

Aus dem zweiten Link von mr archer
- it’s a game about glorifying violent racism and white supremacy.
Na da können wir doch gleich weiterreden: Was darf Kunst, was ist Kunst, wie vertritt man das Spiel noch als schützenswerte Kunst?
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mr archer
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von mr archer »

greenelve hat geschrieben:
Na da können wir doch gleich weiterreden: Was darf Kunst, was ist Kunst, wie vertritt man das Spiel noch als schützenswerte Kunst?
Kunst entsteht durch ihre Benennung als solche durch wen auch immer. Und Kunst darf prinzipiell erst mal alles.

Und wenn ich die Zeichen hier richtig deute - und, wie gesagt, da spricht im Grunde das Entwicklerstatement von der Spielwebseite schon Bände - dann darf sie mir im vorliegenden Fall vor allen Dingen den Buckel runter rutschen.

Und schützen muss man dieses Spiel sicher nicht. Die machen das geschickt. "Politically correctness" ein bisschen geißeln, hinten dran zur Absicherung ein Ironie-Grinsegesicht - und morgen um die Zeit fetzen sich in der zugehörigen 4p News wieder die PIler mit dem Rest der Welt. Wird bestimmt ein Hit.
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Deuterium
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von Deuterium »

Interessieren tut mich das Spiel jetzt nicht zwingend. Gewalt als Alleinstellungsmerkmal finde ich langweilig, gibt mir nix. Ich mag die Gewalt lieber als Stilmittel unter vielen anderen, die sich gegenseitig ergänzen. Und dieses gezwungene Anecken turnt mich nur noch weiter ab. Fast so sehr zumindest wie Blogs, die es sich zu Aufgabe machen über Rassismus, Sexismus, diverse irrationale "Phobien" in Videospielen zu berichten. Da fällt mir nur wieder auf, wie absolut unerotisch und anstrengend Politik und die Beschäftigung damit doch ist. Endlose Grabenkriege zwischen Leuten, die sich viel zu sehr für Belange interessieren, die sie genau genommen einen Scheißdreck angehen und Leuten, die alles und jeden auf einer politischen Unbedenklichkeitsskala einordnen müssen.
Aber gut, die Jungs scheinen doch irgendwie einen Punkt getroffen zu haben, wenn die Leute sich freudig in die nächste Diskussion ziehen lassen, die die Bekanntheit des Spiels noch weiter erhöht. Man nehme nur diesen Thread, ohne den ich wahrscheinlich erst bedeutend später, oder vielleicht gar nicht von besagtem Spiel erfahren hätte.
Aber gut, dass ich jetzt vor den Gefahren dieses rassistisch motivierten Schundwerks und seinen Machern gewarnt bin. Alles andere wäre ja freiwillige Erkenntniszurückhaltung gewesen...
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Achmedtheanimal
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von Achmedtheanimal »

mr archer hat geschrieben:Na, das sind doch mal sympathische Leute, die freundlichen Designer von Destructive Creations. Hier ihr Statement von der Spielwebseite zu ihren Beweggründen:

"The question you may ask is: why do they do this? These days, when a lot of games are heading to be polite, colorful, politically correct and trying to be some kind of higher art, rather than just an entertainment – we wanted to create something against trends. Something different, something that could give the player a pure, gaming pleasure. Herecomes our game, which takes no prisoners and makes no excuses. We say ‘yes, it is a game about killing people’ and the only reason of the antagonist doing that sick stuff is his deep-rooted hatred. Player has to ask himself what can push any human being to mass-murder."

Man hat es ahnen können - die gottverdammten Indyhipster, diese widerlichen Kulturmarxisten, mit ihrer abgefuckten Kunstkacke haben unsere braven Polen mit vorgehaltener Political correctness dazu gezwungen, dieses Spiel zu coden. Alles Notwehr im Namen des puren, reinen und ungetrübten Spielspaß! ARRGGH!
i lol'ed much
danke sehr
Armin
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von Armin »

Deuterium hat geschrieben: Aber gut, dass ich jetzt vor den Gefahren dieses rassistisch motivierten Schundwerks und seinen Machern gewarnt bin. Alles andere wäre ja freiwillige Erkenntniszurückhaltung gewesen...
lol gewarnt? Und wenn Du nicht "gewarnt" worden waerest, haettest Du es gespielt und vielleicht Spass gehabt? Oh nein...und was bitte ist "Erkenntniszurückhaltung"?
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Deuterium
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von Deuterium »

Armin hat geschrieben:
Deuterium hat geschrieben: Aber gut, dass ich jetzt vor den Gefahren dieses rassistisch motivierten Schundwerks und seinen Machern gewarnt bin. Alles andere wäre ja freiwillige Erkenntniszurückhaltung gewesen...
lol gewarnt? Und wenn Du nicht "gewarnt" worden waerest, haettest Du es gespielt und vielleicht Spass gehabt?
Ja, die Folgen wären verheerend gewesen. Das sind Flecken, die nie wieder rausgehen! Ich hätte dann vermutlich ins Kloster gehen müssen. Überleg doch mal: Du spielst völlig unbedarft ein Spiel, hast Spaß und plötzlich erzählt dir jemand, dass das Spiel eigentlich rassistisch motiviert ist und im Entwicklerteam ein polnischer Nationalist seine Zeit vergeudet, der in der gleichen Zeit auch sinnvollere Tätigkeiten ausführen könnte, wie beispielsweise Fackelmärsche organisieren, oder besoffen in dunklen Hinterhofkneipen rumlungern und über arbeitslose Kanacken abrotzten könnte. Schlimm!


Aber gut. Ich möchte noch ein bisschen auf die eigentliche Fragestellung des Threads eingehen, der gerade schon wieder bedenklich politisch wird. Ich bitte um Vergebung.

Ich habe es im ersten Beitrag schon angedeutet und eine neue Erkenntnis ist das natürlich auch nicht: Gewalt ist ein Stilmittel unter vielen. Gewalt kann humorvoll inszeniert werden, gezielt abstoßend, oder auch verherrlichend. Mischungen und Sprünge zwischen diesen Inszenierungen sind auch nicht ganz auszuschließen. Generell habe ich nichts gegen virtuelle Gewalt, eigentlich mag ich sie sogar. Der schockierende Effekt eines Splattergewitters nutzt sich aber rasant ab. Vielleicht erfreue ich mich noch die ersten Stunden an herumfliegenden Gliedmaßen und Gedärmen, gewöhne ich mich ziemlich schnell daran. Nach der Kennenlernphase eines Spiels, in der es ja vornehmlich um das Erlernen der Mechaniken, Kennenlernen der Charaktere, weiden an optischer Qualität und eben auch der Gewaltdarstellung, geht es mir persönlich in fortgeschrittenen Spielstunden eher um das Verfolgen der Geschichte gepaart mit der Überwindung von Herausforderungen. Ich tue mich immer schwer damit, Spiele abzuschließen, die nur aus Spielmechanik bestehen und andere Qualitäten vernachlässigen.
"Hatred" hört sich für mich genau nach so einem Titel an. Gewalt und Tötungsmechanik. Wie lange bliebe ein solches Spiel spannend? Eine Stunde? Zwei? Irgendwann nutzt sich der abstoßende Effekt der derben Gewaltdarstellung ab. Dann wird es öde. Reine Auslebung von Gewaltphantasien erscheint mir nicht sonderlich spannend.
Am Inhalt störe ich mich dabei nicht. Ich bin ja nicht verpflichtet, diese Spiele zu konsumieren. Wenn es mir zu dumpf wird, steige ich aus. Jeder Mensch soll selbst entscheiden können, wo er seine Grenze zieht.
Armin
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von Armin »

Ob das Spiel uns gefaellt, ist doch voellig irrelevant. Mir wird es sicher nicht gefallen, ich spiel nicht gerne Ballerspiele oder guck Horror/Gewaltfilme. Mir waren schon die Gewaltexzesse in Bioshock Infinite zu viel, ueber jene laecheln die meisten hier wohl nur muede, aber mir wuerde nie einfallen, sowas irgendjemandem zu verbieten.
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DextersKomplize
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von DextersKomplize »

Nanimonai hat geschrieben:
DextersKomplize hat geschrieben:Es sind nur Spiele.
Das ist zu leicht. Spiele stehen immer auch in einem Kontext, haben eine Semantik, Bedeutung, stehen für etwas, daher wird Hatred sicherlich vom Gewaltpotential her auch anders beurteilt werden als Tomb Raider oder Diablo.
Wenn es nur Spiele sind und es nur um die Mechanismen (also das spielerische dahinter) geht, dann ist KZ-Manager auch nur eine Aufbausimulation oder Hitler Diktator ein Strategiespiel.

Was ich mich aber selbst eben auch frage und noch nicht zu einer abschliessenden Antwort gekommen bin, ist die Frage nach der Grenze. Wie weit sollte ein Spiel gehen dürfen? Ist unter dem Deckel der Kunstfreiheit grundsätzlich alles (auch moralisch) erlaubt, was nicht verfassungswidrig ist und beschlagnahmt wird? Müssen wir da Unterschiede zwischen den "alten" Künsten und Videospielen machen? American Psycho war als Buch ähnlich kontrovers, wie es Hatred vielleicht auch als Spiel ist, dennoch wurde es weitestgehend akzeptiert (nachdem es wieder frei erhältlich war).
Spiel mal Postal, absurder und mehr in die Magengegend geht nicht. Für mich sind es tatsächlich nur Spiele und nen Hitler Simulator gibts ja zum Glück nicht, daher müssen wir das nicht als Vergleichsbeispiel heranziehen. Und Hatred find ich primär gut, weils nach ner Menge unkomplizierter Action aussieht. Und ich liebe es wenn die Umgebung so. schön mit kaputtgeht. Nur Leute vergasen in nem KZ Manager würde wohl eher weniger Spaß machen, weils spielerisch einfach nicht soviel hergibt.
Aber wie weit man gehen darf und was moralisch noch vertretbar ist, ist wahrlich ne gute Frage. Wo man die Grenze ziehen sollte, weiß ich auch nicht. Aber wahllos fiktive Leute umballern ist für mich was anderes als geschichtlichen Bezug zu nehmen und bspw Juden zu vergasen. Nu bin ich doch auf dein Beispiel eingegangen...
Mehr bekomm ich jetzt am Handy nicht raus.
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mr archer
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von mr archer »

Ich hab mir den Trailer nun gerade nochmal angeschaut - es ist einfach schlecht. Wie konnte der Typ, der den Einstieg gesprochen hat bitte die ganze Zeit über Ernst bleiben? Das Ganze möchte gern edgy sein, wirkt aber nur unbeholfen, plump und dämlich. Bemüht. Nichts weiter. Gähn.

Pubertärer Quatsch von Hohlbirnen für Hohlbirnen. Das fängt bereits beim Namen des Studios an. Wenn es nicht irgendwie auch traurig wäre könnte man drüber lachen.
Gast
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von Gast »

BTW: Die Gamestar bezeichnet es richtigerweise als das, was es ist, nämlich eine "kalkulierte Provokation" - fällt jedoch auf genau diese rein und widmet dem eine Kolumne.

Ich bin aber nicht prinzipiell gegen derartige Exploitation-Games. Provokation geht nämlich auch mit ernsten Hintergedanken und um eine Message zu transportieren - wie beim Sandy Hook Spiel - Hatred dagegen ist eher hohl, wenn nicht gar rechtsnationalistisch eingefärbt, wie mr archer oben schrieb.
Zuletzt geändert von Gast am 18.10.2014 16:25, insgesamt 2-mal geändert.
Nanimonai
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von Nanimonai »

DextersKomplize hat geschrieben:Für mich sind es tatsächlich nur Spiele und nen Hitler Simulator gibts ja zum Glück nicht, daher müssen wir das nicht als Vergleichsbeispiel heranziehen. Und Hatred find ich primär gut, weils nach ner Menge unkomplizierter Action aussieht. Und ich liebe es wenn die Umgebung so. schön mit kaputtgeht. Nur Leute vergasen in nem KZ Manager würde wohl eher weniger Spaß machen, weils spielerisch einfach nicht soviel hergibt.
Aber wie weit man gehen darf und was moralisch noch vertretbar ist, ist wahrlich ne gute Frage. Wo man die Grenze ziehen sollte, weiß ich auch nicht. Aber wahllos fiktive Leute umballern ist für mich was anderes als geschichtlichen Bezug zu nehmen und bspw Juden zu vergasen.
Ich habe die Beispiele deswegen genannt, weil sie existieren. Das ist zwar schon ein paar Jahre her, aber es gab damals Hitler Diktator und KZ Manager auf dem C64. Die haben auf ziemlich vielen Schulhöfen die Runde gemacht...

Was ist, wenn bei Hatred die Wahl der Zielpersonen eben nicht wahllos ist, sondern wenn es sich bewahrheitet, was hier von vielen vermutet wird und es ein rassistisch motiviertes Spiel ist?
Wäre das schlimmer? Ich meine, macht es dann noch einen Unterschied, ob wir "nur" einen irren Massenmörder spielen oder einen irren, rassistischen Massenmörder?

Es stellt sich auch die Frage, ob die politischen Ansichten eines Entwicklers für das Werk relevant sind, wenn das Werk an sich nicht als Transportmittel für diese politischen Ansichten gelten soll oder kann. Ganz allgemein gefragt. Sollte dann nicht erst mal das Kunstwerk für sich alleine stehen und betrachtet werden?
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mr archer
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von mr archer »

Nanimonai hat geschrieben:
Was ist, wenn bei Hatred die Wahl der Zielpersonen eben nicht wahllos ist, sondern wenn es sich bewahrheitet, was hier von vielen vermutet wird und es ein rassistisch motiviertes Spiel ist?
Wäre das schlimmer? Ich meine, macht es dann noch einen Unterschied, ob wir "nur" einen irren Massenmörder spielen oder einen irren, rassistischen Massenmörder?
Dazu zunächst mal die Anmerkung, dass der Rassismus-Vorwurf hier im Forum von keinem kam, sondern aus dem weiter oben verlinkten linken Kritikerblog stammt. Man sieht im Trailer einen weißen Mann, wie er unter anderem mehrfach in Nahaufnahme Schwarze erschießt. Weiße allerdings auch. Man kann das jetzt skandalisieren. Ich finde das eher uninteressant. Was ich in dem Zusammenhang interessanter finde ist die Frage, wieso der "Held" des Spiels aussieht wie aus dem Klon-Labor für Frontmänner drittklassiger norwegischer Kirchenanzündergrunzcorebands. Wieso kann der nicht Schwarz, Gelb oder Rot sein? Oder eine Frau? Dann schau ich mir das Bild der Entwickler von ihrer Seite an, guck mir so ihre T-Shirts an - und ja, dann stelle ich mir die Frage nicht mehr.
Nanimonai hat geschrieben:
Es stellt sich auch die Frage, ob die politischen Ansichten eines Entwicklers für das Werk relevant sind, wenn das Werk an sich nicht als Transportmittel für diese politischen Ansichten gelten soll oder kann. Ganz allgemein gefragt. Sollte dann nicht erst mal das Kunstwerk für sich alleine stehen und betrachtet werden?
Um das klarzustellen - ich verlange hier keine politische Gesinnungsprüfung für Entwickler. Ein Drittel des Teams, unter anderem sein umtriebiger CEO, waren vorher bei Area 51 auf dem Maschinendeck beschäftigt und haben dort unter anderem Necrovision zusammengeschraubt. Das spiel ich wirklich ausgesprochen gern und werde es auch weiterhin tun, auch wenn ich jetzt eine Ahnung davon habe, wie der Typ, der dort die Waffenmodelle gecoded hat, sonst so drauf zu sein scheint.

Im vorliegenden Fall gibt es nun aber den bereits zitierten "die bösen politisch korrekten Arthouse-Hipster versauen uns unser schönes Arbeitsfeld" - Sermon des werten Herrn Zilienski. Und wer dann als Antwort auf dieses offenbar tiefsitzende Problem den "puren Spielspaß" wieder ins Zentrum rücken möchte und darunter dann aber etwas wie "Hatred" versteht - dem möchte ich persönlich irgendwie nicht den Gefallen tun, sein Spiel rein werkimmanent zu betrachten.
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DextersKomplize
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Re: Gewalt in Videospielen

Beitrag von DextersKomplize »

Schonmal überlegt das der Charakter extra so aussieht wie er aussieht? Von Hass durchtrieben, fies, eher unsympatisch. Auch wenn wir es oben augenzwinkernd gesagt haben, mit sowas identifiziert man sich ja im echten Leben nicht wirklich. Wobei, wenn ich drüber nachdenke, "saubere" Helden in anderen Spielen sind auch kein Stück besser, weil völlig identifikationslos. Der Typ bei Hatred sieht aber eher aus wie ein Monster, ich finde das passt genau zu dem Charakter des Spiels und zu dem was er da tut.
Im Übrigen muss hohl nicht spaßfrei bedeuten ;) Kurzweilig wird es sicherlich!
Mit Rassismus hat das wahrlich nix zu tun, er ist doch wenn eher "weiß"(oder grau/bräunlich) und erschießt einfach wahllos alles und jeden. Man kann sogar sagen, wäre der Held nicht so wie er ist, sondern gezielt schwarz, weiß, gelb, wäre das viel näher an rassistischen Handlungen als in der Form wie es jetzt ist.
Und so in der Form ist er keiner von "uns", nur ein ausgegrenzter Typ der keinem Volk zuzuordnen ist.

Bzgl KZ Manger und Co:
Hätte ich nicht gedacht, aber gut, C64 ist lange her. Da gab's ne Menge Schund, der auch nicht so beachtet wurde wie Spiele heute. Die Grafik tat ihr übriges, auch wenn es bei dem Thema wohl egal ist wie es aussieht, das krasse ist ja schon allein das Spielprinzip.
Finde es ist aber tatsächlich ein Unterschied, denn das was man bei Hatred macht, richtet sich einfach gegen alle und bezieht sich wie gesagt nicht auf unsere Geschichte. Über die Sache mit dem KZ braucht man sicherlich keine Spiele. Das würde sich auch so in der Form heute keiner mehr wagen.

Was für politische Motive oder Gesinnungen die Entwickler haben, ist doch völlig irrelevant, für mich zumindest. Vllt 0,01% aller Spieler googlen überhaupt mal wie ein Entwicklerteam aussieht und wie ihr Background ist. Schliesslich geht es ums Vergnügen und nicht darum iwas besonderes in ein Spiel hinein zu interpretieren.
Die Aussagen der Entwickler
The question you may ask is: why do they do this? These days, when a lot of games are heading to be polite, colorful, politically correct and trying to be some kind of higher art, rather than just an entertainment – we wanted to create something against trends. Something different, something that could give the player a pure, gaming pleasure. Herecomes our game, which takes no prisoners and makes no excuses. We say ‘yes, it is a game about killing people’ and the only reason of the antagonist doing that sick stuff is his deep-rooted hatred. Player has to ask himself what can push any human being to mass-murder
find ich eher ironisch. Natürlich ist es provokant, aber es soll ja schliesslich auch so sein um Aufmerksamkeit zu erregen.
Wo ist eigentlich der Unterschied von dem Typen bei Watch Dogs, der auch alles abknallt, wo auch noch auf billigste Art und Weise versucht wird das alles zu rechtfertigen und dem Typ bei Hatred?
Richtig, Hatred verschleiert es nicht, sie verzichten auf den ganzen Blödsinn wie Hintergrundgeschichte und machen einfach ihr eigenes, kleines, fieses Game. Ich find das hervorragend. Ob das viele Spieler zum nachdenken bringen wird, wage ich allerdings zu bezweifeln. Darüber kann man auch so nachdenken, wenn man es denn möchte, bei der Regelmäßigkeit wo so etwas im echten Leben passiert.